Frau Chr. K., Jahrgang 1949, gebürtige Australierin, leidet unter einem Asthma. Die
Beschwerden, vorwiegend Husten und nächtliche Luftbeschwerden haben nach der 2. Schwangerschaft
1978 mit Nasenproblemen begonnen. Im Rahmen der Diagnostik ist eine Allergie auf Frühblüher,
Hausstaubmilben und Tierhaare festgestellt worden. Das Schlafzimmer ist daraufhin
saniert worden.
Bei der Erstvorstellung 1994 bestand ihre Therapie aus der topischen Anwendung sowohl
eines β-Agonisten als auch Glukokortikoid, einem Theophyllinpräparat, Acetylcystein
und DNCG. Trotz regelmäßiger (?) Einnahme bzw. Inhalation in der bisher verordneten
Dosis klagte Frau K. darüber, dass immer wieder in Abständen von wenigen Wochen starke
Luftnotanfälle auftreten würden, die nur mit hohen Dosen von Kortison abgefangen werden
konnten. Zusätzlich klagte sie über ständige Hustenattacken, vor allen Dingen in den
frühen Morgenstunden. Diese Verschlechterungen würden immer einige Zeit bis zu mehreren
Wochen nach Absetzen der Kortisontabletten auftreten. Typische Trigger konnten nicht
eruiert werden.
Die Untersuchung des basalen Kortisolspiegels klärte die Neigung zur Destabilisierung.
Der basale Kortisolspiegel lag bei 0,1 µg/dl. Der ACTH-Test, die Kortisolausscheidung
im Urin (Tab. [1]) sowie wiederholte Messungen des basalen Kortisolspiegels bestätigten die Nebennierenrindeninsuffizienz.
Wiederholte Gaben von Kortisonpräparaten mit großer supprimierender Potenz auf die
Hypothalamus-NNR-Achse müssen als wahrscheinliche Schädigung angenommen werden. Eine
Befragung zu zurückliegenden Therapien mit Kortison konnte zur Ursachenklärung nicht
beitragen.
Nach ausführlichen Einzelschulungen wurde die Therapie primär mit den bisherigen Therapeutika
nach Dosiskorrektur beibehalten. Als Ziel wurde ein stabiles Krankheitsbild bei möglichst
geringer Dauertherapie vereinbart. Nach und nach wurde die Therapie auf eine Basistherapie
mit einem topischen β-Agonisten, einem topischen (mittels Dosieraerosol über Spacer)
und systemischen Glukokortikoid und Theophyllin reduziert. Durch extrem langsame Reduktionsschritte
der systemischen Kortisondosis sollte versucht werden, die Körpereigenproduktion vielleicht
doch noch einmal anzuregen. Bei diesen Bemühungen war die Kortisonangst der Patientin
ein nachhaltiges Problem. Verständlicherweise war sie bestrebt, das Kortison möglichst
schnell wieder „loszuwerden”. Diese Angst wurde zusätzlich durch die Diagnose einer
deutlichen Osteoporose in der Densitometrie geschürt. Wiederholt musste sie deshalb
von der Notwendigkeit einer langsamen Reduktion der Kortisondosis bis zum Absetzen
überzeugt werden.
Verschiedene Versuche mit unterschiedlicher Geschwindigkeit beim ausschleichenden
Absetzen der systemischen Kortisontherapie waren leider zu Anfang erfolglos. Nach
unterschiedlich langen Zeitintervallen, d. h. bis zu maximal 2 - 3 Wochen nach Absetzen
der systemischen Glukokortikoidtherapie, kam es immer wieder zu Exazerbationen, die
eine höhere Dosis systemischer Steroide erforderlich machten.
Nach Umstellung von Budesonid auf Fluticason (DA mit Spacer) stabilisierten sich die
PEF-Werte zunehmend (Abb. [1]). Trotzdem kam es bei niedrigen Dosen des systemischen GKS immer wieder zu Exazerbationen.
Selbst eine langsame Reduktion über mehr als drei Monate und bis zu 1 mg Prednisolon
führte erneut zur Verschlechterung des Befindens und Absinken der Peak-Flow-Werte.
Eine nur leichte Dosisanhebung auf 4 mg mit erneuter Reduktion konnte eine erneute
Dekompensation nicht verhindern (Abb. [1]).
Die basalen Kortisolspiegel zeigten nach wie vor eine nahezu fehlende Eigenproduktion
der Nebenniere und erhärteten die Diagnose einer irreversiblen NNR-Insuffizienz. Es
galt jetzt, eine möglichst niedrige Dosis des systemischen GKS zu titrieren. Entsprechend
den Empfehlungen in der Literatur konnte bei der iatrogenen NNR-Insuffizienz auf die
Gabe eines Mineralokortikoids verzichtet werden [[1]]. Die Patientin wurde eingehend über die Problematik einer NNR-Insuffizienz einschließlich
der Gefahren in Stresssituationen aufgeklärt und mit einem Kortisonausweis versorgt.
Es bedeutete eine erhebliche Aufklärungsarbeit, die Patientin davon zu überzeugen,
dass sie mit ziemlicher Sicherheit lebenslang eine niedrige Dosis eines systemischen
Glukokortikoids zu sich nehmen müsse, um ihr Asthma einigermaßen stabil zu halten
und gleichzeitig den Bedarf des Körpers zu decken. Erst der zahlenmäßige Beleg, dass
sie zu Zeiten eines instabilen Asthmas im Jahresverlauf eine wesentlich größere Menge
Kortison zu sich genommen hatte, als jetzt zum Zeitpunkt eines beschwerdefreien Asthmaverlaufes
war ein ausreichendes Argument.
Langsam aber sicher stellten sich zwischenzeitlich die Zeichen einer abnehmenden Aktivität
des Asthmas ein (Abb. [1] u. [2]), kenntlich an der zunehmenden Verbesserung der nächtlichen Hustenattacken, der
Peak-Flow-Werte, den erreichbaren Dosen vor Exazerbation und den beschwerdefreien
bzw. -armen Intervallen. Eine erfolgreiche und anhaltende Stabilisierung konnte dann
endlich mit einer Minimaldosis von 3 mg Methylprednisolon erreicht werden. Zu diesem
Zeitpunkt benötigte die Patientin zur anhaltenden Stabilisierung neben dem systemischen
GKS 4 Hübe Fluticason à 0,25 mg und Fenoterol bei Bedarf. Im Verlaufe dieser Stabilisierung
konnten sowohl die tägliche Inhalationsfrequenz reduziert als auch die Therapiekosten
von anfänglich 18 DM auf knapp 6 DM pro Tag gesenkt werden.
Im Verlaufe der Behandlung nahm die Patientin 1994 auch an einer Gruppenschulung teil.
Bei weiteren Vorstellungen wurde die Problematik der Langzeittherapie mit Glukokortikoiden
wegen der schlechten Erfahrungen wiederholt vorsorglich angesprochen, um die Patientin
„bei der Stange” zu halten. Trotz aller intensiven Beschäftigung mit der Patientin
einschließlich Patientenschulung und Beschwerdefreiheit dank erfolgreicher Stabilisierung
gestaltete sich die Führung der Patientin schwerer als erwartet. Immer wieder musste
sie z. B. anlässlich von Rezeptnachforderungen auf vereinbarte Vorstellungen hingewiesen
werden. Ende 1998 musste dann bei der Ermittlung des Jahres-Medikamentenverbrauches
mit Schrecken festgestellt werden, dass die Patientin die Therapie im Verlaufe des
Jahres eigenmächtig beendet hatte. Die letze Verordnung der Atemwegstherapeutika datierte
vom Mai. Nur wenige Tage später, noch bevor Gelegenheit zur eigenen Aktivität bestanden
hatte, stellte die Patientin sich vor und klagte erneut über nächtlichen Husten und
leichte Luftnotanfälle. Sie gab jetzt auch mit Bedauern zu, in der anhaltenden Beschwerdelosigkeit
geglaubt zu haben, dass sie die Therapie nicht mehr nötig gehabt hätte. Die Inhalation
des Glukokortikoids hatte sie wegen anhaltender Beschwerdefreiheit eingestellt, das
systemische Steroid in der zuletzt ermittelten Dosis von 3 mg und die Therapeutika
zur Behandlung der Osteoporose aber weiter eingenommen. Die Überprüfung der verordneten
Dosen bestätigte diese Aussage.
Die Kontrollen belegten nach wie vor eine nahezu fehlende Eigenproduktion für Kortisol.
Die Kontrolle der Densitrometrie ergab jetzt gegenüber dem Befund von 1997 auch eine
deutliche Besserung der Osteoporose, nachdem die anfängliche Therapie mit Kalzium
und Vitamin D3 um ein Biphosphonat erweitert worden war.
Herr L. Pl., Jahrgang 1940, leidet seit frühester Kindheit unter einer Rhinokonjunktivitis
allergica und Asthma. Zum Zeitpunkt der Erstvorstellung 1983 hatte sich sein Asthma
erstmalig dermaßen verschlechtert, dass er die Treppen zu seiner Wohnung kaum mehr
steigen konnte. Sportliche Aktivitäten wie regelmäßiges Joggen und Radfahren, ja selbst
Spaziergänge hatte er einstellen müssen.
Die Allergietestung (Ruhrlandklinik Essen) ergab im Prick- und Intrakutantest stark
positive Reaktionen auf Hausstaubmilbe, Hund, Katze, Pferd, Gräser, Bäume (Birke,
Erle, Hasel, Eiche) und Roggenpollen, eine mittelstark positive Reaktion auf Alternaria
und Schimmelpilzgruppe M 11. Bei einem Gesamt-IgE von 374 U/ml war der RAST-Test auf
Hausstaubmilbe fraglich positiv. Die Lungenfunktion zeigte eine leichte Erhöhung des
Atemwiderstandes mit starkem Anstieg auf die Kontrolllösung, so dass eine bronchiale
Provokation unterbleiben musste.
Die umgehende Sanierung der Umgebung, d.h. Abschaffung des Hundes innerhalb von 2
Tagen, Beseitigung aller Teppichböden und Ersetzen durch Keramikböden, Wechsel von
Matratze und Bettwäsche waren nur von geringem Erfolg gekrönt. Auch eine dreijährige
Hyposensibilisierung gegen Frühblüher erbrachte allenfalls eine vorübergehende Milderung
der Beschwerden. Die intensive Reaktionsbereitschaft auf eine Allergenbelastung kam
darin zum Ausdruck, dass die saisonalen Beschwerden bereits um die Vorweihnachtszeit
begannen und bis Februar/März eskalierten.
Nur mit Hilfe aller (Salbutamol topisch und systemisch, DNCG, Theophyllin, Ketotifen,
Antihistaminika und systemische Glukokotikoide; topische Applikation s. unten) der
zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Atemwegstherapeutika bei gleichzeitiger Applikation
in verschiedenen Darreichungsformen und wechselnden Dosen waren die Atemwegsbeschwerden
einigermaßen zu mildern. Dazu zählte auch ein kurzzeitiger aber erfolgloser Versuch
mit parenteraler Gabe von Immunglobulinen.
Wiederholte Therapieversuche mit dem ersten Steroid zur topischen Anwendung (BDP)
als Dosieraerosol unter Verwendung des spezifischen Spacers führten immer wieder zu
massiver Heiserkeit bis hin zu völligem Stimmverlust und mussten beendet werden. Ein
Therapieversuch mit Budesonid nach dessen Einführung unter Verwendung des dazugehörigen
Spacers führte zu Besserung der Symptomatik, kenntlich auch am geringeren Verbrauch
von Salbutamol und Sinken der Medikamentenkosten (Abb. [6] u. [7]), musste aber leider auch wegen zu starker Heiserkeit abgebrochen werden.
Bei dem für Nebenwirkungen offensichtlich empfänglichen Patienten traten regelmäßig
die substanztypischen Nebenwirkungen auf. Bei dieser schon als Hilflosigkeit zu bezeichnenden
Polypragmasie musste versucht werden, die aufgetretenen Nebenwirkungen mit anderen
Medikamenten zu mildern, um die Therapie in dieser notwendigen Form beibehalten zu
können. Zeitweilig musste der Patient unter diesen Bedingungen bis zu 9 verschiedene
Therapeutika mehrfach täglich anwenden. Immer wieder mussten Therapieversuche wegen
Auftreten von unerträglichen Nebenwirkungen abgebrochen werden; hierzu zählte auch
ein Versuch mit einem lang wirksamen β-Agonisten (Serevent).
Erst mit Einführung des dritten inhalativen Steroids (Flunisolid über Spacer) trat
eine Wende ein. Diese Substanz konnte toleriert werden, was erstmals die Möglichkeit
zur vorsichtigen Reduktion der Therapie bot. Das systemische Glukokortikoid konnte
ausschleichend abgesetzt werden. Theophyllin und die systemische Applikation des β-Agonisten
konnten ebenfalls abgesetzt werden, bis für eine akzeptable Stabilisierung bei gleichzeitiger
Beschwerdearmut nur noch eine regelmäßige Inhalation von Flunisolid und Salbutamol
nötig war. Ausschließlich in den Frühjahrsmonaten musste die Therapie wegen der erhöhten
Allergenbelastung mit zusätzlicher Rhinokonjunktivitis und der Verschlechterung des
Asthmas vorübergehend in Dosis und Zahl der Substanzen gesteigert werden.
Der Wechsel von Flunisolid auf Fluticason (DA + Spacer) nach dessen Einführung führte
zur weiteren Stabilisierung des Asthmas und Besserung der Obstruktion, was in den
steigenden Peak-Flow-Werten zum Ausdruck kam. Erstmalig waren Beschwerden unter einer
alleinigen Inhalation von Fluticason in jeweils aktualisierter Dosis und regelmäßiger
Inhalation von Salbutamol nur noch in der Zeit von Februar/März zu verzeichnen.
Das mit dieser Verschlechterung verbundene Tal im Peak-Flow-Protokoll konnte 1996
alleine durch Steigerung der Dosis des inhalativen Steroids von 4 auf 5 Hübe à 0,25
mg abgeflacht werden (Abb. [3]). Im weiteren Jahresverlauf stabilisierte sich das Asthma bei Peak-Flow-Werten um
550 - 570 l/min, die Dosis konnte bis auf 2 Hübe Fluticason gesenkt werden. Im darauf
folgenden Jahr 1997 blieben die Beschwerden unter der Therapie mit 4 Hüben Fluticason
und 3 - 4 Hüben Salbutamol völlig aus. Auch dieser Patient glaubte bei anhaltender
Beschwerdefreiheit, die Therapie nicht mehr nötig zu haben und unterbrach die regelmäßige
Inhalation für wenige Wochen. Erneutes Auftreten von Beschwerden und gesunkene Peak-Flow-Werte
waren Anstoß, die Therapie wieder aufzunehmen (Abb. [4]). Im weiteren Verlauf und anhaltender Stabilität war es trotzdem schwer, den Patienten
zu einer ausschließlich bedarfsmäßigen Inhalation von Salbutamol zu überzeugen.
1998 kam es dann im Februar erstmalig wieder zu einer intensiven Beschwerdeentwicklung
mit deutlichem Peak-Flow-Abfall, die eine kurzzeitige Therapie mit einem systemischen
Steroid erforderlich machte. Offensichtlich reichte im Vergleich zu 1997 die erneut
angehobene Therapie auf 1 mg Fluticason (= 4 Hübe à 0,25 mg) nicht aus, das Krankheitsbild
stabil zu halten. Nach Beendigung der typischen Beschwerdezeit Februar/März konnte
die Therapie langsam auf 1 × 1 Hub Fluticason à 0,25 mg reduziert werden.
In der Absicht, 1999 einer erneuten Beschwerdeentwicklung durch rechtzeitige Therapiesteigerung
vorzubeugen, wurde die Dosis von Fluticason Ende Dezember auf 2 und im Januar auf
4 Hübe pro Tag angehoben. Gleichzeitig erhielt der Patient zusätzlich täglich 10 mg
Montelukast, verbunden mit dem Wunsch, die Notwendigkeit einer systemischen Glukokortikoidtherapie
verhindern zu können. Obwohl es auch jetzt zu einem kleinen Einschnitt in der Stabilität
des Asthmas kam, verspürte der Patient jetzt keinerlei Symptome (Abb. [5]). Weder Salbutamol noch systemische GKS waren in dieser Saison erforderlich.
Durch die zunehmende Optimierung der Therapie konnte die Belästigung durch die täglichen
Anwendungen deutlich gesenkt werden. Die durchschnittliche Inhalationsfrequenz (Abb.
[6]), gemessen an den Medikamentenverordnungen, sank von maximal 14 auf 3,5 Hübe; es
ist zu bedenken, dass Salbutamol kaum mehr nötig war, wegen des Verfallsdatums aber
wiederholt verordnet werden musste und ebenfalls in diese Rechnung eingeflossen ist.
Die tatsächlich aktuelle Inhalationsfrequenz liegt demnach noch niedriger. Die Medikamentenkosten
sind in Abb. [7] wiedergegeben.
Der Patient hat Angebote zur Gruppenschulung stets abgelehnt, war aber durch die Kurzschulungen
wiederholt in der Lage, eigenmächtig korrekt auf Veränderungen in seinem Krankheitsverlauf
zu reagieren.
Tab. 1Gemessene Hormonparameter zur Differenzialdiagnostik der NNR-Insuffizienz
|
Messwert |
Referenzbereich |
ACTH im Serum |
|
10 - 50 pg/ml |
Kortisol im Serum (nüchtern) |
< 0,1 µg/dl |
3,1 - 22,4 µg/dl |
Kortisol 60 Minuten nach ACTH |
< 0,1 µg/dl |
28,5 - 213,7 µg/dl |
Kortisol im 24-Std-Urin |
1,7 µg/dl |
> 20,0µg/dl |
Abb. 1Nach Umstellung des inhalativen Glukokortikoids auf Fluticason und langsamerer Reduktion
der systemischen Kortisondosis stellt sich eine zunehmende Stabilisierung des
Asthmas ein, kenntlich am Anstieg der Peak-Flow-Werte und Abnahme der Tagesschwankungen.
Skalierung links = Peak-Flow Werte in Liter, rechts Dosis = Methylprednisolon in mg.
Abb. 2Skalierung siehe Abb. [1]. Die Peak-Flow-Werte bleiben bei knapp 4 Hüben Fluticason à 0,25 mg, langsamer Reduktion
der systemischen Dosis des GKS bis auf minimal 3 mg Methylprednisolon und Fenoterol
200 bei Bedarf (im Verordnungszeitraum ca. 3 Hübe/Tag) anhaltend stabil.
Abb. 3Der Vergleich der Peak-Flow-Werte der Jahre 1995 - 1997 zeigt die zunehmende Stabilisierung
des Asthmas, kenntlich am Anstieg der Peak-Flow-Werte bei gleichzeitiger Abnahme der
Tagesschwankungen. Wahrscheinlich durch unterschiedliche Allergenbelastung kommt es
auch trotz Therapieanhebung zu Peak-Flow-Abfällen zur typischen Jahreszeit.
Abb. 4Die anhaltende Stabilität des Asthmas verleitet auch diesen Patienten zur vorübergehenden
Therapieunterbrechung. Beschwerdeentwicklung und Peak-Flow-Abfall veranlassen den
Patienten, die Therapie ohne Rücksprache wieder aufzunehmen.
Abb. 5Vorbeugende Dosissteigerung von Fluticason bei gleichzeitiger Applikation von Montelucast
1999. Bei nur leichtem Peak-Flow-Abfall ohne subjektive Beschwerden wird Salbutamol
oder Prednisolon in diesem Jahr nicht benötigt.
Abb. 6Mit zunehmender Stabilisierung sank die Zahl der täglich notwendigen Inhalationen,
berechnet am Verordnungsvolumen.
Abb. 7Medikamentekosten.
Diskussion
Die Erstdiagnose eines Asthmas erfordert die ganze Bandbreite der diagnostischen Möglichkeiten,
um potenzielle Auslöser eines Asthmaanfalls zu ermitteln und diesen im weiteren Krankheitsverlauf
möglichst effektiv vorbeugen zu können. Hier ist die Kompetenz des Pneumologen gefordert.
Die anschließende Schulung hat eine Verhaltensänderung zum Ziel. Krankheitsakzeptanz,
Therapiebereitschaft und Kortisonakzeptanz sind die Ziele einer Patientenschulung
und Voraussetzung für eine erfolgreiche Langzeittherapie in der Praxis [[2], [3]].
Die Domäne des Hausarztes besteht darin, den Patienten während der Langzeittherapie
zu führen, d. h. die optimale Basistherapie herauszufinden, regelmäßig zu aktualisieren
und erfolgte Exazerbationen zu analysieren, um zukünftigen Exazerbationen vorzubeugen.
Diese Aufgabe, verbunden mit der Notwendigkeit häufigerer Arzt-Patientenkontakte in
kürzeren Abständen kann der Pneumologe, obwohl fachlich prädestiniert, aus vielen
Gründen, oftmals alleine aus örtlichen Gegebenheiten nicht erfüllen. Kann der Hausarzt
dieses Ziel allerdings alleine nicht erreichen, ist auch hier die partnerschaftliche
Zusammenarbeit von Hausarzt und Pneumologe gefordert.
Die Kasuistik Pl.L. belegt eindrucksvoll die große therapeutische Potenz der topisch
anwendbaren Glukokortikoide, gleichzeitig aber auch die Problematik, wenn auf deren
Einsatz z. B. wegen Auftreten von Nebenwirkungen verzichtet werden muss. Das Auftreten
von Heiserkeit sollte Anlass zu einem versuchsweisen Wechsel auf ein anderes topisches
GKS sein, da diese Nebenwirkung nicht zwangsläufig bei allen Substanzen auftreten
muss, bevor auf diese hochpotente Therapie verzichtet wird. Es lohnt auch immer, über
eine Aktualisierung und damit Vereinfachung einer Therapie nachzudenken und in Zusammenarbeit
mit dem Patienten zu versuchen. Unterschiede in der Wirkstärke der topischen GKS erlauben
den Versuch mit einer höher potenten Substanz, um eine größere Stabilität zu erzielen.
Die größere Stabilität erlaubt dann eventuell eine Reduktion der Dosis und/oder Anwendungsfrequenz
und leistet einen wertvollen Beitrag zur Sicherung der Compliance.
Im geschilderten Fall hatte das wiederholte Auftreten von Heiserkeit bis zum Stimmverlust
unter BDP und Budesonid trotz Inhalation über Spacer zur Folge, dass die Beschwerden
des Patienten nur unter Einsatz von bis zu maximal 9 verschiedenen Therapeutika mit
mehreren Anwendungen pro Tag einigermaßen erträglich gemacht werden konnten; dabei
waren einige der Therapeutika erforderlich, um Nebenwirkungen zu mildern und den Einsatz
der anderen Substanzen überhaupt erst zu ermöglichen. Erst mit Einführung des dritten
GKS zur topischen Anwendung (Flunisolid) und Ausbleiben von Heiserkeit konnte eine
ausreichende Stabilisierung erreicht werden, die das ausschleichende Absetzen aller
anderen Substanzen bis auf Salbutamol und Flunisolid ermöglichte. Der versuchsweise
Wechsel auf Fluticason, von dem eine noch größere Wirkpotenz in Studien nachgewiesen
ist, ermöglichte eine weitere Therapiereduktion bis auf eine einmalige Tagesdosis
bei gleichzeitig erhaltender Stabilität. Die regelmäßig bzw. bedarfsmäßig angewandte
Inhalation von Salbutamol konnte bis auf wenige Ausnahmen unterbleiben. Gleichzeitig
mit der weiteren Stabilisierung reduzierte sich die ehemals ganzjährige Symptomatik
auf die Blütezeit der Hasel. Nur für diesen Zeitraum blieb ein Step-up mit Ausweitung
der Therapie erforderlich.
Das Streben nach anhaltender Stabilität und Einsparen von GKS, vor allen Dingen in
der systemischen Applikationsform, lohnt immer den versuchsweisen Einsatz anderer
Substanzen. Der frühzeitige Beginn einer begleitenden Therapie mit dem Leukotrienantagonisten
(Montelukast) hielt die Peak-Flow Werte auf einem hohen Niveau und verhinderte das
Entstehen von Beschwerden zur Zeit der Haselblüte. Die synergistische Wirkung erübrigte
im Jahr 1999 eine systemische GKS-Therapie.
Wider Erwarten aufgetretene Exazerbationen sollten einer intensiven Analyse unterzogen
werden, um diesen in Zukunft durch geeignete Maßnahmen vorbeugen zu können. Das vorliegende
Beispiel (Frau K.) weist auf die Notwendigkeit hin, in seltenen Fällen auch eine NNR-Insuffizienz
und die damit verbundene „Schutzlosigkeit” eines zu niedrigen Kortisolspiegels als
Möglichkeit von Exazerbationen in Erwägung zu ziehen. An eine solche, seltene Möglichkeit
muss auf jeden Fall gedacht werden, wenn bei sorgfältiger Anamnese kein Auslöser herauskristallisiert
werden kann und gleichzeitig eine längere Asthmakarriere mit häufigen Exazerbationen
und Notfallversorgungen und damit eher von unkontrolliertem Einsatz von systemischen
GKS in höheren Dosen auszugehen ist.
Es ist bekannt, dass die Gefahr einer iatrogenen NNR-Insuffizienz bei Verwendung niedriger
Dosen inhalativer GKS in der Langzeittherapie gering bzw. unwahrscheinlich ist; dies
haben zahlreiche Untersuchungen bestätigen können. Bei Patienten unter einer regelmäßigen,
systemischen GKS-Therapie wird eine NNR-Suppression im Vergleich zu alleiniger topischer
Anwendung eher möglich bzw. erwartet [[4], [5]]. Es existieren dagegen nur ganz spärliche Hinweise dafür, dass auch bei gelegentlichem
Einsatz von systemischen GKS eine Schädigung der Hypothalamus-NNR-Achse zu befürchten
ist [[5]]. Während wir bei wenigen und kurzen Phasen von selbst hohen Dosen systemischer
GKS mit zusätzlich niedriger Suppressionspotenz von einer Erholung der NNR-Rinde ausgehen
können [[6]], müssen wir bei wiederholten Therapiephasen auch eine Schädigung der Achse einkalkulieren
[[5]] und wie im vorliegenden Fall als mögliche Ursache wiederholter Exazerbationen in
Erwägung ziehen.
Zusätzlich weisen diese Kasuistiken darauf hin, dass die Applikationsformen offensichtlich
nicht einfach gegeneinander austauschbar sind. Bei Frau K. hat die Fortsetzung der
allerdings niedrig dosierten systemischen Anwendung nach Absetzen des topischen GKS
und bei Herrn Pl. die alleinige topische Anwendung selbst nach Dosisanhebung nicht
ausgereicht, eine Symptomentwicklung zu verhindern.
Es gibt immer wieder Patienten, bei denen wenige Einzelschulungen (Pl.L., [[7], [8]]) ausreichen, um eine Stabilität des Krankheitsbildes bei gleichzeitiger Fähigkeit
zum Selbstmanagement zu erzielen und bei denen sich die ausführliche und auch zeitaufwendige
Gruppenschulung erübrigt. Eigene Untersuchungen haben allerdings auch belegen können,
dass dieser Effekt bei vielen Patienten nur von relativ kurzer Dauer ist. Die Kombination
aus Kurz- und Gruppenschulung einschließlich gezielter Nachschulungen hat sich als
effektivste Möglichkeit erwiesen, eine länger dauernde Verhaltensänderung herbeizuführen
[[2], [3]].
Die beiden vorgestellten Kasuistiken bestätigen die erwähnten Untersuchungsergebnisse,
sind gleichzeitig aber auch Beleg dafür, dass eine intensive hausärztliche Betreuung
einschließlich Kurz- und Gruppenschulungen keine Garantie für eine lang anhaltende
gute Compliance sind. Trotz dieser Maßnahmen sowie besonders einer lang anhaltenden
Beschwerdefreiheit bzw. -armut, die die zwei Patienten vorher nicht gekannt hatten,
haben beide Patienten zumindest vorübergehend eigenmächtig ihre Therapie unterbrochen,
bzw. reduziert. Herr P.L. unterbrach seine Therapie zur Zeit eines Auslandsurlaubs
und wurde erst nach Rückkehr und erneutem Beginn von Peak-Flow-Messungen durch deren
Abfall an die Notwendigkeit einer regelmäßigen Therapie erinnert. Frau K. brach die
Inhalation des GKS ab, setzte jedoch die Therapie mit dem systemischen GKS fort. Erst
das Auftreten von Beschwerden erinnerte sie an ihre Therapie und unterlassene Vorstellungen
in der Praxis [[9], [10], [11]].