Laryngorhinootologie 2000; 79(11): 673-674
DOI: 10.1055/s-2000-8303
HAUPTVORTRAG
Rubrik
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Indirekte Mikro-Phonochirurgie

W. Seidner
  • Berlin
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Publication Date:
31 December 2000 (online)

Einleitung

Pathologische Gewebsverdickungen an den Stimmlippen, ob tumorverdächtig oder nicht, werden fast ausschließlich mittels direkter Mikrolaryngoskopie in Intubationsnarkose oder auch in Jet-Beatmung operiert. Als vorteilhaft gilt dabei: Diagnostik ausgedehnterer Befunde, wichtig vor allem auch bei Tumorverdacht, beidhändiges Arbeiten in Ruhe, Möglichkeit exakter Blutstillung, gute Erreichbarkeit von Befunden auch an der vorderen Kommissur, in den Ventrikeln und im subglottischen Raum. Allerdings weiß jeder, der zahlreiche Stützautoskopien durchgeführt hat, dass sich die Befunde gar nicht immer leicht darstellen und operativ erreichen lassen und umliegende Gewebe manchmal erheblich traumatisiert werden. Außerdem ist der Betreuungs- und Kostenaufwand relativ hoch: stationäre Aufnahme, Allgemeinnarkose mit entsprechender Vorbereitung und Nachsorge. Als Hauptnachteil gilt: funktionelle Gesichtspunkte lassen sich nicht ausreichend berücksichtigen, das operative Vorgehen ist morphologisch orientiert. Die in der Phonochirurgie so bedeutsame Kontrolle des Schwingungsablaufs der Stimmlippen und die Hörbeurteilung des Stimmklanges können nicht stattfinden. Als Morphologe zu operieren und die Funktion dem Phoniater zuzuweisen ist meines Erachtens nicht korrekt. Denn wenn die Stimmfunktion nicht ständig beachtet und das Operieren dadurch nicht unentwegt modifiziert wird, ergeben sich nicht ausreichend gute Ergebnisse.

Ist die Otologie gegenüber der Laryngologie nicht einen wesentlichen Schritt voraus? Hörverbessernde Eingriffe in der Otologie orientieren sich stets an einer gründlichen audiologischen Diagnostik, und prä- und postoperative Funktionskontrollen einschließlich Vergleichen und Dokumentationen werden als unverzichtbar angesehen, sie gelten als Standard. Das lässt sich in der operativen Laryngologie nicht in gleichem Maße feststellen. Wir empfehlen deshalb in der Phonochirurgie, d. h. bei allen Eingriffen, die zur Verbesserung der Stimme durchgeführt werden, regelmäßige prä- und postoperative Stimmdokumentationen, z. B. genaue Hörbeurteilungen der Stimme, Tonbandaufnahmen, Messung von Sing- und Sprechstimmprofilen, aber auch gründliche mikro- oder lupenstroboskopische Schwingungsanalysen der Stimmlippen. Diese Untersuchungen ermöglichen Vergleiche und zwingen zu Schlussfolgerungen für das operative Vorgehen.

Literatur

  • 1 Rieß F, Wendler J. Katamnestische Erhebungen bei Patienten mit Stimmlippenknötchen und -polypen.  HNO Praxis. 1977;  2 111
  • 2 Seidner W, Erck C. Therapieergebnisse nach Abtragung von Phonationsverdickungen - Hörbeurteilungen und Messungen von Stimmumfangsprofilen. Med Diss Berlin; 1997
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  • 7 Wendler J, Seidner W. Methoden und Ergebnisse der Phonochirurgie.  Z Klin Med. 1991;  46 101-103
  • 8 Wendler J, Seidner W, Nawka T. Phonochirurgische Erfahrungen aus der Phoniatrie.  Sprache-Stimme-Gehör. 1994;  18 17-20

Prof. Dr. med. W . Seidner

Leiter der Abt. Phoniatrie und Pädaudiologie Univ.-HNO-Klinik Charité

Schumannstraße 20/21, 10117 Berlin

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