Einleitung
Einleitung
Das Aspergillom ist die häufigste pulmonale Manifestationsform einer durch Aspergillen
verursachten Erkrankung beim Menschen. Generell kann sich ein Aspergillom lediglich
bei vorbestehenden pulmonalen Missbildungen entwickeln, so insbesondere in Kavernen
oder Zysten, wie man sie bei chronischer Tuberkulose, Sarkoidose oder zystischer Bronchiektasie
antrifft. Lediglich mit der chirurgischen Entfernung und Sanierung der bronchopulmonalen
Malformationen kann eine definitive Heilung des pulmonalen Aspergilloms erzielt werden.
Indessen ist die chirurgische Sanierung, insbesondere bei älteren Patienten und vorbestehender
disseminierter Lungenerkrankung, oft risikoreich oder sogar kontraindiziert. Die medikamentöse
antimykotische Therapie ist in diesen Fällen zumeist wirkungslos, kostspielig und
mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden. Gelegentlich kommt es allerdings auch zur
spontanen Lyse des Aspergilloms, wie dies im nachfolgenden Fall eines Patienten mit
inoperablem Aspergillom beschrieben wird.
Anamnese
Anamnese
Im Januar 1997 erlitt der damals 79-jährige Patient rezidivierend Lungenembolien mit
anschließender abszedierender Infarktpneumonie im rechten Oberlappen. Trotz antibiotischer
Therapie verblieb ein chronisches pneumonisches Infiltrat mit einem mehrkammerigen
Kavernensystem. Wenige Monate später erfolgte eine erneute notfallmäßige Zuweisung
wegen rezidivierender Hämoptoe. Radiologisch zeigte sich jetzt im Bereich des ursprünglich
kavernös veränderten rechten Oberlappens eine homogene kugelige Raumfordung von 7
× 5 cm Durchmesser mit schmalem begrenzenden Luftsaum, aufsitzend auf dem oberen rechten
Hiluspol (Abb. [1]). Die Bronchoskopie ergab eine eitrige Sekretdrainage aus dem rechten Oberlappenbronchus
mit Nachweis von Aspergillen im Grampräparat und in der Kultur, serologisch hohe Titer
auf Präzipitine gegenüber Aspergillus fumigatus. Die Befunde waren somit charakteristisch
für ein pulmonales Aspergillom. Auf eine chirurgische Sanierung wurde wegen erhöhtem
operativen Risiko verzichtet und stattdessen eine perorale Therapie mit Itraconazol
eingeleitet, nach 8-monatiger Therapie jedoch wegen fehlender radiologischer Rückbildung
des Aspergilloms wieder abgesetzt. Im Frühjahr 1999 erneute notfallmäßige Hospitalisation
wegen akuter Verschlechterung des Allgemeinzustandes, Status febrilis, erneute Hämoptoe
und massiven eitrigen Expektorationen.
Abb. 179-jähriger Patient mit großem pulmonalen Aspergillom im kavernös veränderten rechten
Oberlappen nach abszedierender Infarktpneumonie.
Befunde
Befunde
81-jähriger Patient in stark reduziertem Allgemein- und Ernährungszustand (Gewicht
76,5 kg, Größe 183 cm, Bodymass-Index 22,8 kg/m2), klares Bewusstsein und allseits orientiert, kardial kompensiert, Herzfrequenz 100/min,
Blutdruck 145/75 mm Hg, Tachypnoe, 28/min, Dämpfung und abgeschwächtes Atemgeräusch
über dem rechten Oberfeld, fehlende Fußpulse beidseits. Labor: Hämoglobin 121 g/L,
Leukozyten 14,1 g/L (11 % Stabkernige, 77 % Segmentkernige, 2 % Eosinophile, 10 %
Lymphozyten, Thrombozyten 300 000), Elektrolyte, Kreatinin und Transaminasen normal,
C-reaktives Protein stark erhöht (240 mg/L) Blutgase: pO2 46,1 mm Hg, pCo2 34,1 mm Hg, pH 7,49, SaO2 76 %. Im Thoraxröntgenbild eine homogendichte Verschattung des gesamten rechten Oberfeldes,
mit Spiegelbildung in der Lungenspitze, außerdem disseminierte feinfleckige Herdbildungen
in beiden Unterfeldern (Abb. [2]).
Abb. 2Eitrige Lungengangrän mit Spiegelbildung des rechten Oberlappens.
Differentialdiagnose
Differentialdiagnose
-
Sekundäre Pneumonie des kavernös veränderten rechten Oberlappens
-
Aspergillom des rechten Oberlappens
-
Disseminierte Bronchopneumonien des rechten und linken Unterlappens.
Verlauf
Verlauf
Unverzügliche Therapie mit Breitbandantibiotika (Amoxiclavonat 3 × 1 g täglich); trotzdem
weiterhin quälender Husten mit massiven eitrigen Expektorationen, wodurch sich der
betagte Patient physisch zunehmend erschöpfte. Es erfolgte die perkutane Punktion
des rechten Oberlappens mit Aspiration von eitrigem Material und bakteriologisch Nachweis
von Staphylococcus aureus und Actinomyces israelii, hingegen keine Aspergillen. Unter
der Annahme eines gangränösen nekrotischen Zerfalls des rechten Oberlappens wurde
transthorakal eine Spüldrainage parascapulär von dorsal her eingelegt, worauf sich
ca. 1 Liter einer rahmig-eitrigen Flüssigkeit entleerte. Auch in diesem Material konnte
kulturell Actinomyces israelii, hingegen erstaunlicherweise kein Aspergillus fumigatus
mehr nachgewiesen werden. Die Spüldrainage wurde während insgesamt 30 Tagen belassen
mit täglicher Instillation von 250 ml physiologischer Kochsalzlösung. Der Allgemeinzustand
des Patienten verbesserte sich dabei von Tag zu Tag, die purulenten Expektorationen
bildeten sich eklatant zurück, offensichtlich seit dem die eitrige Flüssigkeit nun
durch die Drainage über ein Bülau-System nach außen entweichen konnte. Das initial
auf 241 mg/L stark erhöhte C-reaktive Protein normalisierte sich auf 8 mg/L. Im Thoraxübersichtsbild
war jetzt anstelle des rechten Oberlappens eine septierte große Höhle getreten mit
verdicktem basalen Randwall, weiterhin persistierten die disseminierten fleckigen
und konfluierenden Infiltrationen vor allem im rechten Unterfeld. Die ursprünglich
kugelige und als Aspergillom identifizierte Raumforderung war verschwunden (Abb. [3]).
Beurteilung: Gangrän des rechten Oberlappens
Abb. 3Gereinigte Höhle im rechten Oberlappenbereich nach perthorakaler Spüldrainage und
spontaner Lyse des Aspergilloms.
Diskussion
Diskussion
Bemerkenswert an diesem Fallbericht ist die spontane und vollständige Lyse eines riesigen
Aspergilloms des rechten Oberlappens im Anschluss an eine Infektion des vorbestehenden
Kavernensystems mit Staphylococcus aureus und Actinomyces israelii. Nachdem im vorgängigen
und mehr als 2-jährigen Verlauf eine stetige Größenzunahme des Aspergilloms zu verzeichnen
war, muss davon ausgegangen werden, dass die bakterielle Superinfektion die Lyse des
Mycetoms direkt verursacht oder zumindest gefördert hat. In der Literatur werden tatsächlich
gelegentlich spontane Lysen eines Aspergilloms beschrieben, so beispielsweise in einer
Studie von Singh [[1]], wo bei 49 Patienten mit pulmonalem Aspergillom über einen Zeitraum von 6 Jahren
tatsächlich in einem Fall eine spontane Lyse beobachtet wurde. In einer anderen Arbeit
von Garros [[2]] wurde anhand retrospektiver Untersuchung bei 31 Patienten sogar in 4 Fällen eine
spontane Lyse festgestellt; allerdings ohne dass hierbei besondere Begleitkomplikationen
beschrieben wurden.
Grundsätzlich ist die Therapie der Wahl bei pulmonalem Aspergillom nach wie vor die
chirurgische Entfernung des Mycetoms und auch der geschädigten und zumeist kavernös
veränderten Lungenstrukturen, welche ja in der Regel die Voraussetzungen für das Einnisten
des Mycetoms bilden. In einer Verlaufsstudie von el Oakley [[3]] wurde das Ergebnis der chirurgischen Entfernung des Aspergilloms retrospektiv untersucht
und es konnte gezeigt werden, dass von 24 Patienten nach einer mittleren Beobachtungszeit
von 17 Monaten noch 19 am Leben und symptomfrei waren. Zu einem ähnlichen Schluss
kommt eine Studie von Chen u. Mitarb. [[4]], in welcher 64 Patienten retrospektiv über 28 Jahre untersucht wurden. Bei inoperablen
Patienten sind die therapeutischen Möglichkeiten indessen nach wie vor beschränkt
und die Prognose entsprechend unsicher. Die parenterale Verabreichung von Amphotericin
B oder neuerdings die perorale Therapie mit Itraconazol bewirkt zwar gelegentlich
eine Verkleinerung des Aspergilloms; eine Beseitigung oder Abheilung ist bislang damit
aber in keinem einzigen Fall erzielt worden [[5]]. Etwas erfolgversprechender scheinen Behandlungstechniken, bei welchen das Antimykotikum
direkt in die Aspergillomhöhle appliziert wird. In einer Studie von Giron u. Mitarb.
[[6]] wurde bei 40 Patienten eine amphotericinhaltige Paste mittels CT-gesteuerter perkutaner
Injektion in die Aspergillomhöhle eingebracht. Allerdings konnte lediglich bei 3 Patienten
innerhalb einer Verlaufsbeobachtung von 6 - 28 Monaten das Aspergillom damit vollständig
beseitigt werden.
Zur Zeit ist die konservative Behandlung des pulmonalen Aspergilloms immer noch unbefriedigend.
Die Therapie der Wahl ist weiterhin die chirurgische Entfernung des Mycetoms und Sanierung
der Defekte. In inoperablen Situationen verspricht die lokale perkutane Injektion
von Amphotericin B eine prozentual allerdings eher bescheidene Heilungschance. Möglicherweise
ist der Behandlungserfolg mit lokalen Maßnahmen nicht nur durch das Antimykotikum
allein, sondern durch das mit dem Einführen der Paste verbundene anaerobe Milieu verantwortlich,
wodurch dem Mycetom die nutritive Grundlage entzogen wird. Dies könnte beispielsweise
auch in dem von uns geschilderten Fall geschehen sein, wo sich die Aspergillenhöhle
in eine eitrige Gangrän umgewandelt hatte.