NOTARZT 2000; 16(2): 77-80
DOI: 10.1055/s-2000-157
EKG-BEISPIELE
EKG-Beispiele
Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Akute Rhythmusstörungen in der präklinischen Notfallmedizin Teil II

P. Rupp, E.  Höcherl
  • Abteilung für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Integrierte Nothilfe (Chefarzt: Dr. med. E. Höcherl),Sektion lntensivmedizin und Sektion Präklinische Dienste, Krankenhaus München Schwabing, München
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Publication Date:
31 December 2000 (online)

Bradykarde Rhythmusstörungen

Allgemeine Therapie bradykarder Rhythmusstörungen

Therapiepflichtige bradykarde Rhythmusstörungen werden zunächst mit Atropin (Atropin®) [3] [5] [6] in einer Dosierung von 0,5 mg bis maximal 2 mg intravenös behandelt (Abb. [1]) Atropin (Atropin®) wirkt vagolytisch, dadurch überwiegt der Einfluss des Sympathikus, die Sinusfrequenz nimmt zu und die AV-Überleitung wird verbessert. Bei AV-Block II Typ Mobitz und kompletter AV-Dissoziation ist die Gabe von Atropin wirkungslos, möglicherweise sogar schädlich, da durch die Zunahme der Sinusaktivität der Blockierungsgrad zunehmen kann. Die distalen Anteile des Erregungsleitungssystems werden nicht beeinflusst. Der Grund dafür liegt in der fehlenden parasympathischen Innervierung des HIS-Purkinje-Systems und des Ventrikelmyokards. Falls der Rhythmus durch die Atropinapplikation nicht ausreichend stabilisiert werden kann, ist ein Versuch mit β1-mimetischen Katecholaminen gerechtfertigt, um die Situation zu verbessern, beispielsweise mit Orciprenalin (Alupent®) [3] [5] [6] in einer Dosierung von 0,5 bis 1,0 mg intravenös. Betamimetika stimulieren die Impulsbildung im Sinusknoten; die Erregungsleitung im Vorhof, AV-Knoten und HIS-Purkinje-System nimmt zu und die Erregbarkeit heterotoper Automatiezentren steigt an. β1-mimetisch wirksame Katecholamine wirken außerdem positiv inotrop und steigern den myokardialen Sauerstoffverbrauch, was vor allem beim Vorliegen einer koronaren Herzerkrankung in Betracht gezogen werden muss. Im Erfolgsfall macht die sehr kurze Halbwertzeit dieser Substanzen eine wiederholte Gabe bzw. die kontinuierliche Infusion über Motorspritze notwendig. Die Gefahr speziell bei der Anwendung von Orciprenalin besteht in der Senkung des peripheren Widerstandes und möglichen Auslösung von Kammerflimmern. Bleibt auch die Gabe von Katecholaminen ohne ausreichende antibradykarde Wirkung, muss unverzüglich, auch präklinisch, mit einer externen transthorakalen Schrittmacherstimulation begonnen werden. Eine Stimulationsfrequenz von 60 - 70 Schlägen pro Minute ist im Normalfall ausreichend, um eine hämodynamische Stabilisierung zu erreichen. Unter Monitorkontrolle muss nach Wahl der Schrittmacherfrequenz die niedrigste wirksame Stimulationsenergie gewählt werden, als Anhalt können etwa 100 mA als Ausgangsenergiestufe dienen. In den meisten Fällen ist eine milde Analgosedierung, beispielsweise mit Morphin und Midazolam, notwendig.

Literatur

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Dr. med. P. Rupp

Abteilung für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Integrierte Nothilfe, Krankenhaus München-Schwabing

Kölner Platz 1, 80804 München

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