Gesundheitswesen 2000; 62(12): 665-669
DOI: 10.1055/s-2000-10432
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Hat die Public Access Defibrillation in Deutschland eine Chance? - Über das US-Modell, rechtliche Bedenken und deren Berechtigung

M. Seliger1 , M. Knorr2
  • Institut für Arterioskleroseforschung an der Universität Münster
  • , RA-Kanzlei Steege, Dortmund
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Publication Date:
31 December 2000 (online)

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Zusammenfassung

Problemstellung: Die Anzahl der Todesfälle mit plötzlichem Herztod kann durch eine größere Verbreitung halbautomatischer Defibrillatoren und einem öffentlichen, auch für medizinische Laien möglichen Zugang zu den Geräten nahezu sicher gesenkt werden; rechtliche Vorbehalte potenzieller Ersthelfer bzgl. des eigenen, nicht ausreichenden Schutzes vor zivil- und strafrechtlichen Konsequenzen infolge einer fehlerhaft durchgeführten Defibrillation können jedoch ein Hindernis für die Einführung dieses medizinischen Fortschrittsgedankens in Deutschland darstellen.

Methoden: Untersuchung der Berechtigung rechtlicher Vorbehalte in Deutschland nach Vergleich der konkreten medizinischen und rechtlichen Verhältnisse in den USA und Deutschland.

Ergebnisse: Durch konkrete gesetzliche Regelungen, die den medizinischen Laien und Ersthelfer vor Schadensersatzansprüchen Dritter oder erfolgreich defibrillierter, jedoch geschädigter Patienten schützen, ist die Voraussetzung zur Ausräumung rechtlicher Vorbehalte und zur Installierung eines erfolgreichen Frühdefibrillationssystems in den USA geschaffen worden; jedoch ist nur der ausgebildete Ersthelfer geschützt, der infolge eines leicht fahrlässig begangenen Fehlers einen Schaden verursacht hat. In Deutschland sind zwar Vorschriften vorhanden, die das Anwenden und Betreiben eines Defibrillators genau reglementieren, jedoch wären diese für das rechtliche Schutzbedürfnis des medizinischen Laiens und Ersthelfers bei einer Frühdefibrillation unzureichend. Eine Regelung zum Schutz vor Schadensersatzansprüchen Dritter und geschädigter, ehemals defibrillierter Betroffener sowie vor strafrechtlichen Konsequenzen fehlt gänzlich.

Schlussfolgerung: Die derzeit geltenden gesetzlichen Regelungen in Deutschland könnten rechtliche Bedenken potenzieller Ersthelfer nicht ausräumen. Hieraus folgt, dass eine Überarbeitung der betreffenden gesetzlichen Regelungen notwendig ist, um die Frühdefibrillation durch medizinische Laien mit Erfolg überregional in Deutschland einzuführen.

Does Public Access Defibrillation Stand A Chance in Germany? - The U.S. Model, Legal Reservations and their Justification

Purpose: The introduction of public access to defibrillation via automated external defibrillators makes it possible to reduce the incidence of sudden cardiac arrest cases. Since they may expect civil and criminal liability after negligence causing damage, many German potential First Responders might hesitate to use an AED.

Methods: After we demonstrate the medical reasons and compare the legal situation of Public Access Defibrillation between the USA and Germany we analyse a possible hesitation of German First Responders.

Results: More than 30 states of the USA provide immunity from civil liability after a public access defibrillation followed by damage due to negligence. However, only an AED-trained US-First Responder is granted immunity from civil liability. In Germany there is no immunity from civil and criminal liability in case of public access defibrillation with damage caused by negligence.

Conclusion: German law will not decrease any possible hesitation by First Responders. For a successful system of public access defibrillation, revision of the legal situation is mandatory.

Literatur

M. Seliger

Niesertstraße 15

48145 Münster