MALT (mucosa-associated lymphoid tissue)-Lymphome werden als Non-Hodgkin-Lymphome
(NHL) klassifiziert. In 60 - 70 % der Fälle wird eine Primärmanifestation im Gastrointestinaltrakt,
insbesondere im Magen, beobachtet. Extranodale Lokalisationen außerhalb des Magen-Darm-Traktes
wurden unter anderem in der Lunge, Ohrspeicheldrüse, Schilddrüse, Bauchspeicheldrüse,
im Bereich der Augen, der Haut und im Waldeyerschen Rachenring beschrieben. Eine primäre
Manifestation in den Brustdrüsen wird selten beobachtet (Thieblemont et al., J Clin
Oncol 1997; 15: 1624).
Wir berichten über den ungewöhnlichen Fall eines niedrig-malignen MALT-NHL mit synchronem
Befall beider Mammae und einer ossären Manifestation.
Fallbericht
Fallbericht
Die 35jährige Patientin stellte sich im Januar 1998 mit einem tastbaren Knoten in
der rechten Brust bei ihrem Gynäkologen vor. Die daraufhin durchgeführte Röntgenmammographie
in zwei Ebenen zeigte im oberen äußeren Quadranten der rechten und linken Brust jeweils
eine Herdbildung (Abb. [1a] u. [b]).
Unter der Verdachtsdiagnose eines beidseitigen Mammakarzinoms erfolgte die Exstirpation
beider Läsionen. Die histopathologische Aufarbeitung ergab überraschenderweise ein
niedrig-malignes NHL (MALT-Lymphom, monozytoides B-Zell-Lymphom/Marginalzonenlymphom)
beidseits.
Da das Staging (CT-Thorax, Abdomen, Becken, Schädel; Enteroklysma nach Sellink; endoskopische
Diagnostik des Magen-Darm-Traktes; laborchemische Untersuchungen, Sternalpunktion,
Beckenkammtrepanat) keine Hinweise auf eine extramammäre Lymphommanifestation ergab,
wurde die Diagnose eines beidseitigen primären MALT-Lymphoms der Brust gestellt.
Die Therapie bestand in einer perkutanen Telekobaltbestrahlung beider Mammae über
tangentiale opponierende Stehfelder bis zu einer jeweiligen Herddosis von 40 Gy.
Im Mai 1998 klagte die Patientin erstmalig über linksseitige Schulterschmerzen. Eine
konventionelle Röntgenaufnahme zeigte eine inhomogene und aufgelockerte Knochenstruktur
des proximalen Humerusschaftes mit angedeuteter Periostabhebung. In der Knochenszintigraphie
mit Tc99m-MDP bot das entsprechende Areal eine vermehrte Osteoblastenaktivität. Die
zusätzlich durchgeführte MRT der linken Schulter (Gyroscan T5-NT, Fa. Philips) demonstrierte
die vollständige Ausdehnung der ossären Infiltration: In der T1-Gewichtung (SE: TR 525 ms, TE 17 ms) Darstellung einer deutlichen Signalabsenkung
im Bereich der Metaphyse und proximalen Diaphyse unter Aussparung der Humeruskalotte;
in der T2-Gewichtung (TSE: TR 3565 ms, TE 120 ms) ohne und mit frequenzselektiver Unterdrückung
des Fettsignals fand sich eine mäßig gesteigerte Signalintensität mit signalreichem
Randsaum (Abb. [2 a] u. [b]).
Die Diagnose einer ossären Manifestation des bekannten NHL wurde histopathologisch
durch eine Probebiopsie bestätigt. Die Therapie bestand auch hier in einer perkutanen
Telekobaltbestrahlung bis zu einer Herddosis von 40 Gy.
Nach Abschluß des Re-Stagings lag das Tumorstadium CS II EA (O+), PS II EA (O+) vor.
Verlaufsuntersuchungen zeigten bisher keine Hinweise auf ein Rezidiv, des MALT-Lymphoms
der Mammae, die Lymphominfiltrationen des linken Oberarms ergaben kernspintomographisch
keine Progression. Weitere Organ- oder Lymphknotenmanifestationen waren bisher nicht
nachweisbar.
Diskussion
Diskussion
Primäre Lymphome der Brust sind relativ seltene Tumoren, ihr Anteil an allen malignen
Raumforderungen der Mammae liegt deutlich unter 1 %. Niedrig-maligne NHL, hierzu zählt
auch das in der Kasuistik vorgestellte MALT-Lymphom, werden am häufigsten beobachtet
(Liberman et al., Radiology 1994; 192: 157).
Eine primär extraintestinale Lokalisation der MALT-Lymphome liegt in ca. 30 % vor
(Zinzani et al., Ann Oncol 1997; 8: 883). Am häufigsten betroffen sind die Augen (Konjunktiven,
Tränendrüsen, Weichteilstrukturen der Orbitae), die Haut, die Lungen, die Speicheldrüsen
und die Schilddrüse; ein primärer Befall der Brüste ist selten (Thieblemont et al.,
J Clin Oncol 1997; 15: 1624). Die vorgestellte Patientin ist nach unserer Kenntnis
der erste Fall, bei dem ein MALT-NHL in beiden Mammae simultan auftrat.
Das röntgenologische Erscheinungsbild primärer oder sekundärer Lymphome der Mammae
ist unspezifisch; eine sichere Beurteilung der Dignität von Raumforderungen der Brustdrüse
ist mit keinem der zur Verfügung stehenden bildgebenden Verfahren möglich. In der
Röntgenmammographie imponieren sie als uni- oder multinoduläre oder als diffuse Verdichtungen
ohne Verkalkungen (Liberman et al., Radiology 1994; 192:157); ihr sonographisches
Muster ist sehr variabel (Jackson et al., Can Assoc Radiol J 1991: 42: 48).
Bei der Behandlung extraintestinaler MALT-Lymphome haben sich lokale (Exzision, Strahlentherapie,
lokale Applikation von alpha-Interferon) und systemische Maßnahmen als gleichwertig
erwiesen. Zinzani et al. fanden eine 5-Jahresüberlebensrate von 100 % und eine Rezidiv-freie
Überlebenszeit von 79 % (Zinzani et al., Ann Oncol 1997; 8: 883). Ein Krankheitsprogreß
wurde allerdings bei extraintestinaler Primärmanifestation früher beobachtet als bei
gastrointestinalem Befall (4,9 Jahre vs. 8,9 Jahre) (Thieblemont et al., J Clin Oncol
1997; 15:1624).
M. Bünning, G. Kemmeries, Bottrop
Abb. 1(a) Röntgenmammographie (kranio-kaudaler Strahlengang): Herdbildung im oberen äußeren
Quadranten der rechten Brust. (b) Röntgenmammographie (kranio-kaudaler Strahlengang): Herdbildung im oberen äußeren
Quadranten der linken Brust.
Abb. 2(a) MRT bei 0,5 Tesla; in der T1-Gewichtung (SE: TR 525 ms, TE 17 ms) Signalabsenkung des proximalen linken Humerus
unter Aussparung der Humeruskalotte. (b) MRT bei 0,5 Tesla; in der T2-Gewichtung (TSE: TR 3365 ms, TE 120 ms) mäßig erhöhtes Signal mit signalreichem Randsaum.