Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 1999; 34(4): 22-4
DOI: 10.1055/s-1999-10736-6
MINI-SYMPOSIUM
Georg Thieme Verlag Stuttgart ·New York

Laktat als Indikator der ischämisch-traumatischen Hirnschädigung

Übersetzung fehlt Ch. Metz
  • Klinik für Anästhesiologie, Klinikum der Universität Regensburg
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
28. April 2004 (online)

Preview

Die zerebrale Ischämie gilt als Hauptursache der sekundären Hirnschädigung nach schwerem Schädel-Hirn Trauma und bestimmt zu wesentlichen Teilen dessen Mortalität. So konnten in einer histopathologischen Untersuchung von Graham et al. an Patienten die an einem schweren Schädel-Hirn Trauma verstarben, in über 90 % der Fälle die Folgen einer zerebralen Ischämie nachgewiesen werden [1].

Eines der wichtigsten Ziele der Intensivüberwachung und -therapie ist daher die Prädiktoren einer zerebralen Ischämie zu erkennen und diese durch gezielte therapeutische Maßnahmen zu vermeiden. Zu diesem Zweck wird an neurotraumatologischen Zentren ein sogenanntes multimodales Neuromonitoring, basierend auf der kontinuierlichen Messung des zerebralen Perfusionsdruckes (CPP), der zerebrovenösen Oxymetrie und der transkraniellen Ultraschalldopplersonographie angewandt[2]. Damit ist es potentiell möglich, eine drohende globale zerebrale Minderperfusion mit dem Risiko der zerebralen Ischämie zu erkennen. Beim Gesunden besteht eine physiologische Koppelung von Hirndurchblutung (CBF) und Sauerstoffverbrauch des Gehirns (CMRO2 = CBF × AVDO2). So bedingt eine Abnahme des zerebralen Sauerstoffverbrauches, wie z. B. in Narkose eine proportionale Abnahme der Hirndurchblutung. Die Sauerstoffextraktion des arteriellen Blutes (AVDO2) bleibt dabei konstant. Bei Patienten mit schwerem Schädel-Hirn Trauma ist diese Koppelung von CBF und CMRO2 häufig gestört. In dieser Situation ist das Verhältnis CBF / CMRO2 variabel. Veränderungen der Hirndurchblutung führen demnach zu reziproken Veränderungen der AVDO2. Bei konstantem CMRO2 kann daher durch Berechnung der AVDO2 die Qualität der Hirndurchblutung beurteilt werden [5]. Allerdings haben klinische Studien gezeigt, daß die CMRO2 bei Patienten mit schwerem Schädel-Hirn Trauma mit begleitender schwerer Ischämie und konsekutiver Infarzierung von Hirnparenchym abfällt [4]. Dies ist am ausgeprägtesten im infarzierten Areal, betrifft aber auch das angrenzende Parenchym und kann sogar die kontralaterale Hemisphäre umfassen [6]. Unter diesen Bedingungen erlaubt die AVDO2 keine Rückschlüsse mehr auf die Hirndurchblutung.

Unterschreitet das Sauerstoffangebot den Sauerstoffverbrauch des Gehirns kommt es zu einer dramatischen Abnahme energiereicher Phosphate im Hirngewebe und einer gesteigerten anaeroben Glykolyse [7]. Zur Rückgewinnung dabei verbrauchter Reduktionsäquivalente an NAD+ wird Pyruvat als eigentliches Endprodukt der Glykolyse zu Laktat reduziert. Der Nachweis einer pathologischen Laktatbildung ist demnach ein Marker für eine manifeste zerebrale Ischämie [8]. Diese Akkumulation von Laktat kann in 3 verschiedenen Kompartimenten gemessen werden. Im Extrazellulärraum, im Liquor, sowie im zerebrovenösen Blut. Für wissenschaftliche Untersuchungen wird die regionale Laktatproduktion mittels eines methodisch sehr aufwendigen Mikrodialyseverfahrens direkt im Extrazellulärraum des Gehirns gemessen. Darüberhinaus kann die Laktatkonzentration im Liquor (z. B. über eine liegende externe Ventrikeldrainage) bestimmt werden. Schließlich wird Laktat aus dem Extrazellulärraum in das Blut aufgenommen. Zerebrovenöses Blut kann relativ einfach durch einen, retrograd über die Vena jugularis interna im Bulbus Venae jugularis plazierten Katheter gewonnen werden. Die jeweilige Laktatkonzentrationsdifferenz aus arteriellem und zerebrovenösem Blut repräsentiert die Laktatfreisetzung aus dem Gehirn.

Literatur

Dr. Christoph Metz

Klinik für Anästhesiologie

Klinikum der Universität Regensburg Franz-Josef-Strauß-Allee 11 D-93402 Regensburg