Nervenheilkunde 2025; 44(07/08): 517-518
DOI: 10.1055/s-0045-1809292
Abstracts

Spontane intrakranielle Hypotension (SIH): Verschiebung des demographischen Profils bei Liquorvenefisteln

L Krismer
1   Fachbereich Neurochirurgie, Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg
,
F Volz
1   Fachbereich Neurochirurgie, Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg
,
A El Rahal
1   Fachbereich Neurochirurgie, Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg
,
C Zander
2   Fachbereich Neuroradiologie, Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg
,
N Lützen
2   Fachbereich Neuroradiologie, Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg
,
H Urbach
2   Fachbereich Neuroradiologie, Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg
,
J Beck
1   Fachbereich Neurochirurgie, Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg
,
K Wolf
1   Fachbereich Neurochirurgie, Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg
› Author Affiliations
 
 

    Einleitung Die spontanen intrakraniellen Hypotension (SIH) wird durch spinale Liquorlecks verursacht: Ventrale Lecks (Typ 1) sind am häufigsten, gefolgt von Liquorvenefisteln (Typ 3), lateralen Lecks (Typ 2) und – selten – sakralen Lecks. Obwohl SIH häufig als seltene Erkrankung junger, schlanker Frauen gilt, fehlen bislang Analysen des demografischen Spektrums differenziert nach Lecktyp. Ziel dieser Studie war es, demografische Merkmale und bildgebende Befunde verschiedener Lecktypen zu vergleichen.

    Material & Methodik Wir führten eine retrospektive Analyse von Patient:innen mit SIH und nachgewiesenem spinalem Liquorleck durch, die zwischen 2018 und 2024 an unserem Zentrum diagnostiziert wurden. Erfasst wurden demografische Daten (Alter, Geschlecht, BMI), Leckmerkmale (Typ, spinales Segment) sowie radiologische Befunde (Bern-Score). Ein positives Ethikvotum lag vor (24-1296-S1-retro).

    Ergebnisse Es wurden 397 Patient:innen eingeschlossen (61 % weiblich, Alter 48,4 ± 14,5 Jahre, Spanne 11–89 Jahre, BMI 24,8 ± 4,6 kg/m²). Folgende Lecktypen lagen vor: ventrale Lecks (56,2 %), laterale Lecks (18,9 %), Liquorvenefisteln (20,7 %) und sakrale Lecks (4,3 %). Lecks traten zwischen C5/C6 und L2/3 auf. Ventrale Lecks zeigten eine Häufung im oberen Thorakalbereich (T1/2–T3/4; 42,2 %), während laterale Lecks und Liquorvenefisteln überwiegend im unteren Thorakalbereich lokalisiert waren (T8/9–T11/12; 49,3 % bzw. 46,3 %).

    Patient:innen mit Liquorvenefisteln waren älter (60,4 ± 16,0 Jahre) als jene mit ventralen oder lateralen Lecks (47,3 ± 12,3 Jahre bzw. 40,4 ± 10,4 Jahre; p<0,001). Das Geschlechterverhältnis war bei Liquorvenefisteln ausgeglichen (50/50 %), im Gegensatz zur weiblichen Dominanz bei lateralen Lecks (74,7 % weiblich; p=0,005) und ventralen Lecks (59,3 % weiblich; p=0,72). Der BMI war bei Patient:innen mit lateralen Lecks etwas niedriger (23,2 ± 3,7 kg/m²) im Vergleich zu jenen mit ventralen Lecks und Liquorvenefisteln (25,1 ± 4,8 kg/m² bzw. 25,6 ± 4,8 kg/m²; p<0,001). Der Bern-Score unterschied sich nicht zwischen den Lecktypen.

    Zusammenfassung SIH betrifft überwiegend Menschen im erwerbsfähigen Alter, überwiegend weibliche Patientinnen und Menschen mit einem durchschnittlichen BMI nahe dem Schwellenwert zum Übergewicht. Bemerkenswert ist jedoch, dass Patient:innen mit Liquorvenefisteln von diesem Profil abweichen: Sie sind signifikant älter und es findet sich keine Geschlechterdominanz – was bisherige Vorstellungen zum typischen SIH-Patienten infrage stellt.


    Interessenkonflikt

    Keine

    Publication History

    Article published online:
    16 July 2025

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