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DOI: 10.1055/s-0045-1808620
Abort nach transplazentarer BTV3-Infektion bei zwei Rindern
Einleitung Die Blauzungenkrankheit kann bei graviden Haus- und Wildwiederkäuern nach intrauteriner Infektion fetale Missbildungen und Aborte verursachen. Das Blauzungenvirus (BTV), ein Orbivirus, Familie Reoviridae, wird durch Stechmücken (Culicoides) übertragen. Von 2006 bis 2009 breitete sich der Serotyp BTV8 in Deutschland aus, während seit 2023 der Serotyp BTV3 das Seuchengeschehen bestimmt.
Material und Methoden Zwei abortierte Rinderfeten (#1, #2) wurden hinsichtlich der Abortursache pathomorphologisch, immunhistologisch und molekulargenetisch untersucht.
Befunde Fetus #1 (Scheitel-Steiß-Länge [SSL]: 39 cm; ca. 5. Trächtigkeitsmonat) wies einen hochgradigen Hydrocephalus internus und eine nichteitrige Meningoenzephalitis mit flächenhaften Nekrosen im verbliebenen Großhirn und im Hirnstamm auf. Immunhistologisch war BTV3 Antigen läsionsassoziiert in undifferenzierten Zellen nachweisbar. Außerdem lagen ein generalisiertes Unterhautödem und eine Hepatopathie mit irregulärer Architektur und brückenbildenden Nekrosen ohne immunhistologisch nachweisbares Virus vor. Bei Fetus #2 (SSL: 56 cm; ca. 6. Trächtigkeitsmonat) wurden eine Hydranenzephalie mit vollständigem Verlust des Hirngewebes und eine chronische, nichteitrige Pachymeningitis nachgewiesen. Immunhistologisch fand sich BTV3 Antigen nur in Sinusoidwandzellen der unveränderten Leber. In der Körperhöhlenflüssigkeit beider Feten wurden molekulargenetisch BTV3 Genomfragmente festgestellt.
Schlussfolgerungen Beide Rinderfeten wiesen nach transplazentarer BTV3 Infektion zentralnervöse Missbildungen in Form eines Hydrozephalus bzw. einer Hydranenzephalie auf. Bei Fetus #1 wurde BTV3 als teratogenes Agens läsionsassoziiert nachgewiesen. Bei Fetus #2 wurde zwar BTV3 im Gehirn immunhistologisch nicht nachgewiesen, dennoch ist eine Infektion als Ursache der Missbildung naheliegend. Pathogenetisch liegt wahrscheinlich eine Infektion permissiver neuronaler und/oder glialer Zellelemente vor, die eine nekrotisierende Entzündung mit konsekutiver Hohlraumbildung provoziert. Die Ausprägung der Läsionen ist mutmaßlich vom Infektionszeitpunkt und der –dauer abhängig. Die Ursache der Anasarka und der Hepatopathie von Fetus #1 bleiben unklar. Vergleichbar zu BTV8 muss auch für das aktuell zirkulierende BTV3 von einem ähnlichen teratogenen Potential und Spektrum an resultierenden, fetalen Missbildungen ausgegangen werden.
Publication History
Article published online:
13 June 2025
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