Z Geburtshilfe Neonatol 2025; 229(03): e94
DOI: 10.1055/s-0045-1808499
Abstracts
Neonatologie: Langzeit-Outcome

Phänotyp eines Reifgeborenen mit DYNC2H1-bedingter genetischer Skeletterkrankung (Asphyxierende Thoraxdysplasie/Kurzrippen-Polydaktylie-Syndrom)

P Fast
1   Universitätsklinikum Bonn, Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin, Bonn, Germany
,
M J Götz
1   Universitätsklinikum Bonn, Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin, Bonn, Germany
,
S Bağcı
1   Universitätsklinikum Bonn, Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin, Bonn, Germany
,
C Pantazis
1   Universitätsklinikum Bonn, Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin, Bonn, Germany
,
A Müller
1   Universitätsklinikum Bonn, Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin, Bonn, Germany
› Author Affiliations
 
 

Einleitung: Mutationen im DYNC2H1-Gen sind mit den autosomal-rezessiven Erkrankungen Asphyxierende Thoraxdysplasie (asphyxiating thoracic dystrophy; ATD) und Kurzrippen-Polydaktylie-Syndrom Typ 3 (short-rib polydactyly syndrome type 3; SRP Typ 3) assoziiert. Typische Symptome sind ein schmaler Thorax, kurze Extremitäten und eine Polydaktylie; die Verläufe sind variabel und können pränatal letal sein [1].

Material/Methoden: Kasuistik zur Darstellung des Verlaufs bei einem Reifgeborenen mit compound-heterozygoter DYNC2H1-Mutation.

Ergebnisse/Fallbericht: Im sonografischen Zweittrimesterscreening einer 32-jährigen Erstgravida zeigten sich stark verkürzte Extremitätenknochen (<5. Perzentile) sowie ein enger, schmaler Thorax aufgrund verkürzter Rippenknochen (Glockenthorax). Die Familienanamnese war leer, Risikofaktoren waren ein Nikotinabusus und ein dGDM. Eine durchgeführte Amniozentese mit genetischer Diagnostik ergab einen unauffälligen Karyotyp (46,XY) und eine compound-heterozygote Variante im DYNC2H1-Gen. Molekulargenetisch erfolgte der Nachweis der maternalen pathogenen Variante c.9044A>G p.(Asp3015Gly) und der paternalen Variante unklarer Signifikanz c.999G>A p.(Glu333=). Im externen humangenetischen Gutachten wird auf das Vorliegen einer letalen Skelettdysplasie geschlossen.

Bei regelrechtem Lungenvolumen im pränatalen MRT erfolgt die Planung einer termingerechten Entbindung und die Durchführung einer primären Sectio in SSW 38+3. Klinisch zeigte sich ein bei einem Geburtsgewicht von 2.600 g (4. Perzentile) hypotrophes Neugeborenes mit Thoraxhypoplasie, verkürzt erscheinenden proximalen Extremitäten und einem akzessorischen Fingerendglied neben dem fünften Finger der linken Hand. Die initiale CPAP-Therapie konnte rasch reduziert und am 2. Lebenstag beendet werden. Nach komplikationslosem weiterem Verlauf erfolgte die Entlassung nach Hause.

Diskussion: Mutationen im DYNC2H1-Gen (dynein heavy chain, isotype 1B) sind eine bekannte Ursache autosomal-rezessiver genetischer Skeletterkrankungen [2]. Teils werden die Begriffe asphyxierende Thoraxdysplasie und Kurzrippen-Polydaktylie-Syndrom Typ 3 synonym verwendet [3], teils werden sie als unterschiedlich stark ausgeprägte Varianten derselben Krankheitsentität gewertet [4]. Hierbei können bei ATD und SRP Typ 3 ein schmaler Thorax, kurze Extremitäten und eine Polydaktylie auftreten; beim stärker ausgeprägten und eher letalen SRP Typ 3 können ausgeprägtere Fehlbildungen des Skeletts sowie von Gesicht, Harnwegen, Magen-Darm-Trakt, Gehirn und Herz auftreten [5]. Im vorliegenden Fall war pränatal von einem SRP Typ 3 ausgegangen worden, aufgrund des guten postnatalen Verlaufs scheint das Vorliegen einer ATD jedoch wahrscheinlicher. Betroffene Eltern sollten daher auf den variablen Verlauf der Erkrankung hingewiesen werden. Ferner zeigt dieser Fall, dass ein Zusammenhang zwischen der Variante bislang unklarer Signifikanz c.999G>A p.(Glu333=) im DYNC2H1-Gen und einer ATD/SRP Typ 3 wahrscheinlich ist.


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Interessenskonflikte

keine Interessenskonflikte


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Article published online:
19 May 2025

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