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DOI: 10.1055/s-0045-1806771
Seltene Lungenerkrankung – oder doch nicht?
Hintergrund Chronische Lungenerkrankungen stellen bereits im Kinderalter oft diagnostizierte Krankheitsbilder dar. Während das Asthma bronchiale und rezidivierende Bronchitiden zu den häufigen Erkrankungen zählen, werden chronisch-obstruktive Lungenerkrankungen mit Lungenstrukturveränderungen bei Kindern und Jugendlichen nur selten verzeichnet, in der Literatur sind nur einzelne Fälle beschrieben. Hierbei sind eine genaue Anamneseerhebung und eine ausführliche Diagnostik unerlässlich, um die korrekte Diagnose stellen und eine adäquate Therapie einleiten zu können.
Kasuistik Ein 15-jähriger, ursprünglich aus Venezuela stammender Patient wird aufgrund einer chronisch-obstruktiven Ventilationsstörung der Abteilung für Kinderpneumologie zugewiesen. Der Jugendliche leidet unter Belastungsdyspnoe und Leistungsminderung, eine auswärtige Bodyplethysmographie hatte bereits eine schwere bronchiale Obstruktion gezeigt. Ein aufgrund der partiell positiven Bronchospasmolyse durchgeführter Therapieversuch mit ICS/LABA über mehrere Wochen hatte keine wesentliche Besserung erbracht.
Anamnestisch war vor vier Jahren in Venezuela eine pulmonale TBC diagnostiziert und für drei Monate mit einer 4-fach-Therapie behandelt worden. Die bisherige Entwicklung des Jugendlichen war bis dato unauffällig und die Familienanamnese ohne wesentliche Auffälligkeiten.
Im klinischen Status stellt sich eine ausgeprägte Thoraxasymmetrie dar. Ein CT Thorax weist zusätzlich eine inhomogene Lungenüberblähung rechts sowie eine Volumenminderung links mit Lungenstrukturveränderungen nach. Die hier durchgeführte Bodyplethymographie bestätigt erneut eine mittelschwere bis schwere obstruktive Ventilationsstörung, diesmal mit negativer Bronchospasmolyse, das FeNO ist unauffällig.
Zur Komplettierung der Diagnostik wird eine Bronchoskopie angeschlossen, welche eine generalisierte Schleimhautentzündung ohne anatomische Auffälligkeiten zeigt. Ein Schweißtest bleibt unauffällig.
Aufgrund der multiplen pulmonalen Auffälligkeiten werden verschiedene mögliche ursächliche Erkrankungen diskutiert. Nach Ausschluss einer zugrundeliegenden Grunderkrankung werden die Befunde letztlich als klassischer, wenn auch im Jugendalter und unserer Region seltener Befund einer Defektheilung bei unzureichend therapierter TBC eingeordnet. Hierbei sind in der Literatur insbesondere die Obstruktion und Dilatation der Atemwege, Emphysem, Kavernenbildung sowie pulmonale Gefäßveränderungen beschrieben.
Zusammenfassung Auch heute noch ist die Tuberkulose trotz moderner Therapiemöglichkeiten ein häufiges Krankheitsbild. Die Inzidenz beträgt ca. 6,7/100.000 Einwohner pro Jahr. Insbesondere bei erwachsenen Patienten wird nach nicht ausreichend langer Therapie häufiger eine Defektheilung beobachtet, bei Kindern wird dies nur selten verzeichnet. Zur optimalen Therapie der Patienten ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit, insbesondere auch bei Transition in der Erwachsenenmedizin erforderlich. Die Patienten sollten an Spezialambulanzen angebunden werden und regelmäßige klinische Kontrollen erhalten.
Publication History
Article published online:
28 February 2025
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