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DOI: 10.1055/s-0045-1802304
Wissenschaftliche Begleitung des Projekts DIGITALIS im Landkreis Lüneburg
Einleitung: Der Demografische Wandel und der damit verbundene Fachkräftemangel sowie knappe finanzielle Ressourcen stellen die Verwaltung des Landkreises Lüneburg vor große Herausforderungen. Für den Landkreis rücken Digitalisierungsstrategien in den Vordergrund. Das Gesundheitsamt des Landkreises Lüneburg konzentriert sich in seiner Digitalisierungsstrategie auf die Einrichtung von digitalen und bürgernahen Leistungen. Dazu wurde das Bürgerportal „DIGITALIS“ geschaffen. Eine verbesserte digitale Interaktion soll den Zugang zu den Leistungen des Gesundheitsamts für Bürger:innen jeden Alters erleichtern. In diesem Zusammenhang ist es besonders wichtig, die Bedürfnisse der Bürger:innen hinsichtlich Inhalte, Art und Nutzung von Angeboten sowie der bevorzugten (u.a. digitalen) Interaktionsform mit dem Gesundheitsamt zu berücksichtigen.
Methodik: Von Juni bis Ende Juli 2024 wurde eine Bürger:innenbefragung im Landkreis Lüneburg durchgeführt. Der Fragebogen wurde in einem iterativen Prozess auf Basis des theoretischen Rahmenwerks „Conceptual Framework For Identifying Unmet Health Care Needs” [1] entwickelt. Der Fragebogen umfasste mehrere Module zu den Themen wahrgenommene Aufgaben des Gesundheitsamtes, situationsspezifische und allgemeine Präferenzen bei der Interaktion mit dem Gesundheitsamt sowie das Interesse an zusätzlichen Leistungen. Die Befragung wurde mittels Online-Fragebogen umgesetzt. Für die Datenanalyse wurden je nach Skalenniveau Maße der zentralen Tendenz und Streuung verwendet. Zudem wurden Subgruppenanalysen für verschiedene Altersgruppen durchgeführt.
Wichtigste Ergebnisse: Insgesamt nahmen 675 Personen an der Bürger:innenbefragung teil, davon haben 487 den Fragebogen vollständig ausgefüllt. Die untersuchte Stichprobe zeigt eine große Offenheit gegenüber verschiedenen Interaktionskanälen mit dem Gesundheitsamt, jedoch auch klare Präferenzen: Digitale Kanäle werden bei standardisierbaren Prozessen wie der Terminvereinbarung bevorzugt. Für die Übermittlung strukturierter Informationen wird hingegen häufiger der telefonische Kontakt gewünscht. Bei sensiblen Themen im Rahmen von Beratungen bevorzugt die Mehrheit den persönlichen Kontakt, während Videotermine insgesamt weniger beliebt sind. Eine Subgruppenanalyse zeigt zudem, dass insbesondere jüngere Altersgruppen die digitale Interaktionskanäle bevorzugen, ältere Generationen den telefonischen oder postalischen Kontakt. Die Befragung zeigt außerdem, dass vielen Befragten das Leistungsspektrum des Gesundheitsamtes nicht bekannt ist. Großes Interesse zeigt sich bei neuen Angeboten wie etwa einer interaktiven Karte zu Gesundheitsleistungen oder Angebote zur gesundheitlichen Vorsorge.
Diskussion: Die Ergebnisse zeigen, dass digitale Lösungen je nach Interaktionsart unterschiedlich genutzt werden sollten. Besonders für standardisierbare Prozesse wie der Terminvereinbarung, werden digitale Kanäle von den Befragten bevorzugt. Gleichzeitig zeigt die Subgruppenanalyse, dass alternative Kanäle wie der telefonische oder persönliche Kontakt für bestimmte Zielgruppen, insbesondere ältere Bürger:innen, weiterhin eine zentrale Rolle spielen. Diese sollten daher entsprechend berücksichtigt werden.
Ein weiteres Ergebnis der Befragung ist, dass vielen Teilnehmenden das Leistungsspektrum des Gesundheitsamtes nicht bekannt ist. Maßnahmen wie Informationskampagnen und eine klarere Darstellung der Zuständigkeiten könnten die Sichtbarkeit verbessern.
Besonderes Interesse wurde an neuen Angeboten wie einer interaktiven Karte zu Gesundheitsleistungen gezeigt. Da jedoch nur das Interesse an einer solchen Leistung erfragt wurde, sollten der tatsächliche Bedarf und die Umsetzbarkeit in einer vertiefenden Analyse geprüft werden.
Nach unserem aktuellen Kenntnisstand gibt es bisher keine vergleichbaren Studien zur Interaktion zwischen Bürger:innen und Gesundheitsamt in Deutschland. Wir sehen den Aufbau von vergleichbaren Studien, über einen Landkreis hinaus, als Möglichkeit eine Evidenzgrundlage für die effektive, nutzerorientierte Digitalisierung des ÖGDs in Deutschland herzustellen.
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Literatur
- 1 Diwan S., Moriarty D.. 1995; A Conceptual Framework For Identifying Unmet Health Care Needs of Community Dwelling Elderly. Journal of Applied Gerontology 14 (01) 47-63
Publication History
Article published online:
11 March 2025
© 2025. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany
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Literatur
- 1 Diwan S., Moriarty D.. 1995; A Conceptual Framework For Identifying Unmet Health Care Needs of Community Dwelling Elderly. Journal of Applied Gerontology 14 (01) 47-63