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DOI: 10.1055/s-0045-1802208
Seoulvirus-Infektion durch Heimratten – Kasuistik und infektionshygienische Maßnahmen
Hintergrund: Das Seoul-Virus (SEOV) zählt zu den weltweit vorkommenden Hantaviren. Da die verschiedenen Hantaspezies jeweils mit bestimmten Nagetieren als Reservoir assoziiert sind, zeigen sich geografische Unterschiede in Ihrer Verbreitung entsprechend dem Vorkommen der jeweiligen Reservoirwirte. In Deutschland vorherrschend sind Puumala- und Dobrava-Belgrad-Viren, welche durch verschiedene Mäuse übertragen werden können. Infektionsfälle in Deutschland konzentrieren sich zumeist auf bestimmte Regionen und variieren jährlich deutlich in ihrer Anzahl.
Das ausschließlich in Ratten vorkommende Seoul-Virus ist hauptsächlich in Asien verbreitet, wobei der Erreger in mehreren Untersuchungen auch in verschiedenen Ländern außerhalb Asiens bei Zuchtratten und zu diesen exponierten Personen nachgewiesen wurde. Die Übertragung auf den Menschen erfolgt primär durch Inhalation mit infektiösen Ausscheidungen der Nager oder damit kontaminierten Materialien. Infektionen verlaufen vielfach asymptomatisch, schwere Verläufe mit Hämorrhagischem Fieber mit renalem Syndrom (HFRS) sind jedoch möglich. Erst 2020 wurde der erste Fall einer Übertragung einer Seoul-Virusinfektion von einer Heimratte auf den Menschen in Deutschland berichtet.
Kasuistik: Im März 2024 erhielt das Gesundheitsamt Leipzig die Meldung über den hantavirusspezifischen simultanen Nachweis von IgM- und IgG-Antikörpern bei einer 44-jährigen Frau, welche sich mit akuter dialysepflichtiger Niereninsuffizienz in stationärer Behandlung befand. Die Ermittlungen ergaben, dass die Frau im Vormonat vier Heimratten bei einer Züchterin erworben hatte.
Nach Bestätigung, dass es sich um das Seoul-Virus handelt, wurden vom Gesundheitsamt Leipzig infektionshygienische Maßnahmen zur Vermeidung einer Weiterverbreitung veranlasst und in Kooperation mit der Züchterin umgesetzt. Die Maßnahmen umfassten u. A. die Untersuchung (und Tötung) aller Zuchtratten und die Einleitung umfangreicher Desinfektionsmaßnahmen in der Wohnung der Züchterin. Diagnostik, Umgebungsuntersuchungen und die Umsetzung der Maßnahmen erfolgten in einem Netzwerk aus kommunalen Behörden, Bundesbehörde sowie der Klinik.
Methodik: Genaue Analyse der Falldokumentation des Gesundheitsamtes und Aufbereitung zur anschaulichen Darstellung.
Diskussion: Im Beitrag werden die vom Gesundheitsamt eingeleiteten umfangreichen infektionshygienischen Maßnahmen dargestellt und reflektiert. Implikationen für das Handeln des Öffentlichen Gesundheitsdienstes bei zukünftigen Fällen werden abgeleitet. Die Rolle des Öffentlichen Gesundheitsdienstes innerhalb eines intersektoralen Netzwerkes bei der (wissenschaftlichen) Aufarbeitung von zoonotischen Ausbruchsgeschehen wird beleuchtet.
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Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
11. März 2025
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