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DOI: 10.1055/s-0045-1802199
Anstieg der Keuchhusten-Fälle im Land Brandenburg – Erkenntnisse aus den Meldedaten nach Infektionsschutzgesetz
Einleitung: Keuchhusten ist eine hochansteckende aber impfpräventable Infektionskrankheit. Sie wird üblicherweise durch das Bakterium bordetella pertussis verursacht und betrifft alle Altersgruppen. Brandenburg erlebt seit Beginn des Jahres 2024 einen außergewöhnlich drastischen Anstieg der Fallzahlen.
Methoden: Als Datengrundlage dienten die gemäß Infektionsschutzgesetz gemeldeten Keuchhusten-Fälle, die seit 2013 (Einführung der bundesweiten Meldepflicht) an die zuständige Landesstelle in Brandenburg gemeldet wurden und der RKI-Referenzdefinition entsprachen.
Ergebnisse: Bis Ende September 2024 wurden in Brandenburg insgesamt 1.061 Keuchhusten-Fälle bzw. 41,2 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner*innen übermittelt. Dies entspricht einem Anstieg von fast 300% im Vergleich zum Median der 10 Vorjahreszeiträume und damit der höchsten Keuchhusten-Inzidenz in Brandenburg seit Einführung der bundesweiten Meldepflicht im Jahr 2013. Mit 226,4 bzw. 208,9 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner*innen waren die Altersgruppen der 10-14-Jährigen bzw. der 15-19-Jährigen am stärksten betroffen. In den erwachsenen Altersgruppen hingegen befanden sich die Inzidenzen größtenteils auf dem Niveau der prä-pandemischen Jahre.
Unter den übermittelten Keuchhusten-Fällen mit Angabe zur Labordiagnostik konnte im Zeitverlauf außerdem ein Shift in der Nachweismethode beobachtet werden. Während der labordiagnostische Nachweis der Keuchhusten-Fälle zwischen 2014 und 2022 überwiegend durch Antiköpernachweise (IgA bzw. IgG) erfolgte, stieg der Anteil der mittels PCR nachgewiesenen Meldefälle von 2022 auf 2023 sprunghaft von 11,6% auf 45,7% und im Jahr 2024 weiter auf 56,2% an und ist seit 2023 die vorrangige Labormethode.
Diskussion: Der Anstieg der Keuchhusten-Fälle in Brandenburg im Jahr 2024 zeichnet sich durch die höchste Inzidenz seit Einführung der bundesweiten Meldepflicht aus. Zyklische Anstiege der Keuchhusten-Fälle werden immer wieder, auch in Ländern mit hohen Impfquoten, alle 4-6 Jahre beobachtet (1). Darüber hinaus führte die reduzierte Zirkulation von Keuchhusten während der COVID-19-Pandemie möglicherweise zu einer erhöhten Empfänglichkeit der Bevölkerung, insbesondere bei Kindern im schulpflichtigen Alter durch geschlossene Gemeinschaftseinrichtungen (2). Zudem könnten fehlende Auffrischungsimpfungen zur erheblichen Krankheitslast bei Kindern und Jugendlichen beigetragen haben. So hatten im Jahr 2022 nur 65,4% der Schulabgänger in Brandenburg die zweite Keuchhusten-Auffrischimpfung zwischen 9 und 16 Jahren (3). Abschließend deutet die rapide Zunahme an PCR-Nachweisen seit 2023 außerdem auf den vermehrten Einsatz von Multiplex-PCR-Geräten hin. Die Möglichkeit zur zeitgleichen Testung auf ein breites Spektrum von respiratorischen Erregern, könnte somit zu vermehrter Testung bzw. einem Anstieg in der Falldetektion geführt haben.
Zusammenfassend kann auf Basis der Meldedaten ein multifaktorieller Hintergrund des starken Anstiegs der Keuchhusten-Fälle in Brandenburg angenommen werden. Die wirksamste Maßnahme zum Schutz vor einer Keuchhusten-Infektion bleibt die Schutzimpfung. Aus diesem Grund sollten hohe Impfquoten für alle Grundimmunisierungs- und Auffrischimpfungen erreicht werden. Die niedrige Impfquote für die zweite Auffrischungsimpfung in Brandenburg weißt auf Informationsbedarf über die Wichtigkeit der Keuchhusten-Impfung, insbesondere der Auffrischungsimpfungen, in der Allgemeinbevölkerung hin.
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
11. März 2025
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