Gesundheitswesen 2025; 87(S 01): S68-S69
DOI: 10.1055/s-0045-1802027
Abstracts │ BVÖGD, BZÖG, DGÖG, LGL
02.04.2025
Gesundheit von Geflüchteten
15:00 – 16:30

Einsatz digitaler Tools: Optimierung des Prozesses bei der Untersuchung Geflüchteter aus der Ukraine

M Dell
1   Landratsamt Altötting, Gesundheitsamt Altötting, Altötting
,
K Sutter-Urbanke
1   Landratsamt Altötting, Gesundheitsamt Altötting, Altötting
,
F Schuhbeck
1   Landratsamt Altötting, Gesundheitsamt Altötting, Altötting
,
A K Filser
1   Landratsamt Altötting, Gesundheitsamt Altötting, Altötting
› Author Affiliations
 
 

    Hintergrund: Vor der Erstaufnahme in Einrichtungen der gemeinschaftlichen Unterbringung (EgU) müssen geflüchtete Menschen aus der Ukraine gemäß §36 Abs.4 und Abs.5 IfSG unverzüglich ein aktuelles ärztliches Zeugnis vorlegen, das bestätigt, dass keine ansteckungsfähige Lungentuberkulose besteht. Kann ein solches Zeugnis nicht vorgelegt werden, müssen sich die Personen einer entsprechenden Untersuchung unterziehen. Im Landkreis Altötting führt das Gesundheitsamt in Kooperation mit einer Praxis für Röntgendiagnostik dieses Screening durch.

    Für den Untersuchungsprozess kommen zunehmend digitale Anwendungen zum Einsatz.

    Ziel der vorliegenden Arbeit ist der Vergleich hinsichtlich Effizienz und Praktikabilität zwischen analogem und digitalem Vorgehen.

    Umsetzung: Im Landkreis Altötting wurden n=619 Personen >14 Jahre und n=330 Kinder ≤14 Jahre untersucht. Von N=949 Personen erhielten alle eine körperliche Untersuchung, n=580 zusätzlich eine Röntgen-Thorax-Untersuchung, n=18 einen IGRA, und jeweils n=6 Personen eine CT-Thorax- und/oder Sputum-Untersuchung zur weiteren Abklärung und Ausschluss einer ansteckungsfähigen Lungentuberkulose.

    Im Folgenden wird der Ablauf vor Beginn des Digitalisierungsprozesses beschrieben. Die Regierung von Oberbayern übermittelt die Personenliste nach Zuteilung in den Landkreis Altötting. Nach Ankunft der Geflüchteten in der Unterkunft erhält jede Person von der Unterkunftsleitung einen Laufzettel mit dem Untersuchungstermin. Am Tag der ärztlichen Untersuchung, die in der EgU stattfindet, füllen die zu Untersuchenden mit Hilfe einer Mitarbeiterin des Gesundheitsamtes einen Anamnesebogen aus. Anschließend findet die körperliche Untersuchung durch eine Amtsärztin statt. Diese dokumentiert die Befunde auf dem Anamnesebogen. Die Termine zur Röntgen-Thorax-Untersuchung werden durch das Gesundheitsamt mit der radiologischen Praxis vereinbart und den entsprechenden Personen durch die Unterkunftsleitung mitgeteilt. Schwangere erhalten einen Termin für einen IGRA, Kinder ≤14 Jahren nur bei Auffälligkeiten der körperlichen Untersuchung. Die Röntgenbefunde werden per Fax von der Praxis an das Gesundheitsamt übermittelt. Nach Abschluss der Untersuchung und Ausschluss einer ansteckungsfähigen Lungentuberkulose wird den Geflüchteten über die Hauspost das ärztliches Zeugnis zugestellt.

    Mittlerweile wurden erste digitale Maßnahmen in den Ablauf integriert. Über einen QR-Code auf dem Laufzettel gelangen die Geflüchteten zu einem Formularserver, auf welchem sie den Anamnesebogen vorab digital ausfüllen und absenden können. Dieser wird mittels Workflow an das E-Mail-Postfach des Gesundheitsamtes übermittelt. Zum Untersuchungstermin in der Unterkunft kann der Anamnesebogen über ein Tablet aufgerufen werden. Dort kann die Ärztin einen Untersuchungsbogen freischalten und die erhobenen Befunde dokumentieren. Nach Abschluss der Untersuchung werden Anamnese- und Untersuchungsbogen direkt in die E-Akte übermittelt. Für die Erstellung des ärztlichen Zeugnisses kann in der Nachbereitung auf die Daten der E-Akte zugegriffen werden.

    Diskussion: Digitale Tools können zu einer ressourcenschonenden und effizienten Prozessgestaltung beitragen. Der gesamte Prozess ist jedoch von der digitalen Infrastruktur abhängig und bedarf einer intensiven Schulung der Mitarbeiter.

    Dank der finanziellen Mittel des „Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst“ kann die Umsetzung erheblich beschleunigt werden. Bereits jetzt konnten durch die digitalen Maßnahmen die Personalstärke sowie der Zeit- und Organisationsaufwand reduziert werden. Durch den fortschreitenden Ausbau der Digitalisierung im ÖGD könnten zukünftig weitere digitale Anwendungen zum Einsatz kommen, besonders in Bezug auf datenschutzkonforme Übermittlung und Kommunikation.


    Publication History

    Article published online:
    11 March 2025

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