Einleitung: Spätestens seit der Sars-CoV-2-Pandemie ist der Bedarf an digitaler Transformation
im Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) deutlich geworden. Im Rahmen des Paktes für
den ÖGD werden von 2021 bis 2026 über 800 Millionen Euro für den Ausbau der Digitalisierung
bereitgestellt. In mehreren Förderrunden können auch die ca. 380 Gesundheitsämter
Fördermittel beantragen. Im ersten und zweiten Förderaufruf wurde zwar eine hohe Anzahl
an Modellprojekten gefördert, jedoch stellten nicht alle Gesundheitsämter einen Antrag
oder es wurden eingereichte Vorhaben nicht gefördert. Ein Forschungs- und Lehrprojekt
der Hochschule Fulda in Kooperation mit dem Amt für Gesundheit und Gefahrenabwehr
des Main-Kinzig-Kreises richtet daher den Blick insbesondere auf die nicht geförderten
Gesundheitsämter. Ziel des Projekts ist neben der Identifikation dieser Gesundheitsämter
die Analyse der Gründe für die nicht erhaltene Förderung sowie der Hürden und Bedarfe
bei der Umsetzung von mehr Maßnahmen der Digitalisierung aus Sicht der Amtsleitungen.
Methoden: Unter Einbezug und Auswertung der Projektliste „Gesundheitsamt 2025“ des Bundesministeriums
für Gesundheit wurden nicht geförderte Gesundheitsämter und weitere Rahmendaten identifiziert.
Entlang einer umfassenden Literaturrecherche zur digitalen Transformation des ÖGD
in Deutschland und zu internationalen Referenzmodellen wurde ein Online-Survey entwickelt.
Die Durchführung der Befragung der Amtsleitungen ist für Herbst 2024 geplant. Die
Ergebnisse werden deskriptiv analysiert und georeferenziert mittels eines Geographischen
Informationssystems dargestellt, um regionale Unterschiede zu visualisieren.
Ergebnisse: Rund die Hälfte der Gesundheitsämter führen kein Modellprojekt durch. Unter Berücksichtigung
der geringen Anzahl relevanter verfügbarer Literatur können bereits zentrale Barrieren
bei den Digitalisierungsvorhaben des ÖGD beschrieben werden wie: Heterogene Zentralisierungsgrade
zur Steuerung der Digitalisierung, nicht ausreichende Personalausstattung und bürokratische
Hürden in der Antragsstellung. Unterschiedliche Zentralisierungsgrade könnten bei
der Beantragung der Modellprojekte zu regionalen Unterschieden im föderalen System
geführt haben. In Europa konnte Dänemark als Vorreiter der Digitalisierung im Öffentlichen
Gesundheitswesen identifiziert werden. Die finalen Ergebnisse aus dem Online-Survey
der Gesundheitsämter werden diese Erkenntnisse konkretisieren und ergänzen.
Diskussion: Das Projekt ermöglicht einen bundesweiten Einblick in die unteren Gesundheitsbehörden
vor Ort und nimmt dabei insbesondere die Perspektive der Verantwortlichen zur zielgerichteten
Digitalisierung von Gesundheitsämtern in den Blick. Während zu erwarten ist, dass
ein großer Anteil der Gesundheitsämter einen Bedarf an digitaler Weiterentwicklung
hat, wird diskutiert, warum zeitgleich ein relevanter Anteil der Gesundheitsämter
keine direkte Digitalisierungsförderung aus dem Pakt für den ÖGD erhalten hat. Die
Erkenntnisse können dazu beitragen, künftig Hürden und Bedarfe in der Praxis der Gesundheitsämter
sachgerecht zu adressieren.