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DOI: 10.1055/s-0045-1801957
HIV-PrEP – Vernetzung der Angebotsstrukturen im ÖGD
Hintergrund: Die HIV-Präexpositionsprophylaxe (PrEP) ist empfohlen für Menschen mit hohem Risiko, sich mit HIV zu infizieren (Leitlinie AWMF-Register-Nr.: 055-008 Klasse S2k). Sexarbeitende, insbesondere Transpersonen bzw. Mann/Männliche Sexarbeitende haben epidemiologisch gesehen ein hohes Risiko. Diese Gruppe kennt und nutzt die Angebote zur sexuellen Gesundheit des öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) (2024, Willems et al.).
Die Verordnung der PrEP setzt eine Adhärenz zur regelmäßigen HIV- und STI-Testung und Zuverlässigkeit der Einnahme voraus. Ein Großteil der Sexarbeitenden ist sehr mobil und arbeitet in verschiedenen Großstädten, sodass eine regelmäßige Testung an einem Ort nicht immer verlässlich zu realisieren ist.
Durch eine persönliche Vernetzung über den Qualitätszirkels sexuelle Gesundheit der Großstadtgesundheitsämter sollte es möglich gemacht werden, die Betreuung von PrEP-Patient:innen städteübergreifend zu organisieren. So wurde einer Trans-Sexarbeiterin nach Testung in Hamburg eine PrEP-Verordnung in Köln ermöglicht.
Umsetzung: Die Patientin war im ÖGD in Hamburg (CASAblanca, Centrum für HIV und sexuell übertragbare Infektionen in Altona) zwecks Rezeptierung der PrEP vorstellig geworden. Es wurden eine Blutentnahme für den HIV-Test und die Serum-Kreatinin-Bestimmung sowie ein STI-Check durchgeführt. Die Patientin hätte in der darauffolgenden Woche ihre Befundmitteilung und – bei unauffälligen Befunden – die PrEP-Verordnung in Hamburg erhalten können. Sie gab allerdings an, sich dann bereits in Köln zu befinden.
Durch den, aus der fachlichen Vernetzung im Qualitätszirkel resultierenden persönlichen Kontakt zum Fachdienst STI und sexuelle Gesundheit des Gesundheitsamtes der Stadt Köln, konnte vereinbart werden, dass die Patientin bei unauffälligen Befunden aus Hamburg zur PrEP-Beratung und -Verordnung im Kölner Fachdienst vorstellig werden könnte.
Hierzu wurde bei der Blutentnahme eine schriftliche, auf das Gesundheitsamt Köln bezogene Schweigepflichtentbindung eingeholt. Die Befunde wurden per E-Fax übermittelt, als die Person diese telefonisch erfragte und um die Übermittlung bat.
Basierend auf diesen Befunden war die PrEP-Verordnung in Köln möglich, ohne eine erneute Diagnostik vor Ort in Köln initiieren und abwarten zu müssen.
Diskussion: Eine städteübergreifende Versorgung von Sexarbeitenden ist möglich, aber aufwendig. Das hier geschilderte Vorgehen basiert auf persönlicher Vernetzung. Wünschenswert ist eine strukturelle Vernetzung, um die PrEP für die sehr mobile Klientel mit hohen Ansteckungsrisiken im ÖGD niederschwellig verfügbar zu machen. Die Zusammenarbeit der Gesundheitsämter über Stadtgrenzen hinaus ist ressourcenschonend, da aufwendige und kostenintensive Diagnostik nicht unnötig wiederholt werden muss.
Zu beachten sind mögliche Hürden im Bereich des Datenschutzes und die Gefahr des Missbrauchs des anonymen Testangebotes. Durch die Verwendung des E-Fax ist eine Festlegung auf eine konkrete Stadt zur Verordnung notwendig, damit die entsprechende Schweigepflichtentbindung ausgefüllt werden kann. Das könnte zum Beispiel durch Entwicklung einer elektronischen Befundübermittlung an die Patient:innen vereinfacht werden. So könnten die Befunde durch die Patient:innen selbst abgerufen und bei der verordnenden Stelle vorgezeigt werden.
Aktuell wird in verschiedenen Großstadtgesundheitsämtern die Möglichkeit geprüft bzw. geschaffen, die PrEP für Menschen ohne belastbaren Krankenversicherungsschutz und mit relevantem Risiko einer HIV-Infektion auf einem Privat-Rezept zu verordnen. Um die HIV-PrEP Menschen mit Zugangshürden niederschwellig zur Verfügung stellen zu können, sind eine strukturelle Vernetzung der ÖGD-Angebote und die Vereinheitlichung des Vorgehens erstrebenswerte Ziele.
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Publication History
Article published online:
11 March 2025
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