Gesundheitswesen 2025; 87(S 01): S31
DOI: 10.1055/s-0045-1801951
Abstracts │ BVÖGD, BZÖG, DGÖG, LGL
01.04.2025
Umweltmedizin
11:30 – 13:00

Low-Cost-Sensoren zur Ermittlung der Luftqualität in Innenräumen

A Fernandez Lahore
1   Umweltbundesamt, Innenraumhygiene, gesundheitsbezogene Umweltbelastungen, Berlin
,
W Birmili
1   Umweltbundesamt, Innenraumhygiene, gesundheitsbezogene Umweltbelastungen, Berlin
,
S Schumacher
2   Institut für Umwelt & Energie, Technik & Analytik e.V. (IUTA), Filtration & Aerosolforschung, Duisburg
,
C Asbach
2   Institut für Umwelt & Energie, Technik & Analytik e.V. (IUTA), Filtration & Aerosolforschung, Duisburg
,
T Schultze
3   Universität Duisburg-Essen, Fachgebiet Nachrichtentechnische Systeme, Duisburg
› Institutsangaben
 
 

Die Luftqualität in Innenräumen spielt eine wichtige Rolle für Gesundheit und Wohlbefinden des Menschen, da sich die Bevölkerung in unserer Klimazone ca. 90 % der Zeit in geschlossenen Räumen aufhält. Zu den Innenraumschadstoffen zählen Ausgasungen aus Bauprodukten, Konsumgütern und Reinigungsmitteln (z.B. VOC), menschliche Ausdünstungen (z.B. CO2), Radon, aber auch Fein- und Ultrafeinstaub sowie anorganische Gase, die sowohl aus der Innenraumluft als auch aus der Außenluft stammen können. Die Qualität der Außenluft wird traditionell an stationären Messstationen und mit teuren Messsystemen erfasst, die in der Regel nicht für den Innenraum oder für mobile Messungen geeignet sind. Innenraumluftmessungen mit klassischen direkt anzeigenden oder hochauflösenden Messgeräten sind auch deshalb so selten, weil sie in der Regel als Eingriff und/oder Störung in die Nutzung der Innenräume angesehen werden.

Low-Cost-Sensoren eröffnen seit einigen Jahren völlig neue Möglichkeiten für Luftmessungen. Kostengünstige, kompakte, geräuscharme und leicht integrierbare Technologien können zur räumlich aufgelösten Überwachung in Innenräumen und in der Außenluft eingesetzt werden. Zwischen den kommerziell erhältlichen und selbst konstruierten Geräten gibt es erhebliche Unterschiede hinsichtlich der Transparenz der Datenverarbeitung, der Messunsicherheiten und der Eignung für den wissenschaftlichen Langzeiteinsatz.

Im Rahmen von Forschungsprojekten [1] [2] wurde ein Multiparameter-Messsystem entwickelt, das möglichst viele der in Innenräumen relevanten Schadstoff- und Klimaparameter erfasst. Die Messgrößen umfassen Feinstaub (PM2,5, PM10, Anzahlkonzentration), Gase (CO2, CO, NO, NO2, O3), flüchtige organische Verbindungen (VOC), Radon und Klimaparameter. Eine erste Pilotstudie in einer Grundschule hat gezeigt, dass das Gerät geräuscharm in den Messalltag integriert werden kann und für die meisten Parameter zufriedenstellende Ergebnisse innerhalb der geforderten Toleranzen liefert. Gleichzeitig bestätigte eine umfangreiche Validierung im Labor für einige Sensortypen bekannte Grenzen der Sensortechnik hinsichtlich Sensitivität und Spezifität, die auch Auswirkungen auf die erreichbaren Ziele von Innenraumuntersuchungen haben. Insbesondere bei anorganischen Gasen (O3, NO, NO2) bestehen Querempfindlichkeiten, die zu hohen Messunsicherheiten im niedrigen Konzentrationsbereich führen.

Derzeit wird das Messsystem weiter optimiert2 und eine Kleinserie unter Verwendung von Open-Source-Software gefertigt, wobei insbesondere folgende Fragestellungen adressiert werden:

Welche gesundheitsrelevanten Parameter in Innenräumen können durch Low-Cost-Sensoren erfasst werden?

Welche Sensortypen eignen sich hierfür und wie können diese in ein transportables und für Innenraummessungen akzeptables System eingebettet werden?

Wie können die Qualität und Rückführbarkeit der Messungen in transparenter Form gesichert werden?

Wie überführt man die mit hoher Zeitauflösung erfassten Daten in leicht verständliche und bewertbare Information?

Der Vortrag beschreibt den aktuellen Stand des Messsystems, welches demnächst in einer Pilotstudie mit 60 Haushalten getestet wird und in Zukunft in Bevölkerungsstudie (z.B. Deutsche Umweltstudie zur Gesundheit) seinen Einsatz finden soll.

Die Bestimmung der Möglichkeiten und Grenzen des Messsystems ermöglicht es, wissenschaftliche Fragestellungen zur Innenraumluft gezielt zu definieren, Erwartungen an die Geräte realistisch einzuschätzen sowie die gewonnenen Daten fundiert zu interpretieren, um deren Einsatz optimal auf die jeweiligen Fragestellungen abzustimmen.


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  • Literatur

  • 1 Ressortforschungsplan des BMUV, "Mobile Messsysteme für die Lösung von Innenraumschadstoffproblemen", FKZ 3717 62 205 0, Laufzeit 2018-2022.
  • 2 Ressortforschungsplan des BMUV, "Ein neues Innenraummesssystem zur hochaufgelösten Erfassung von Klima- und Schadstoffparametern: Vorbereitung zum Einsatz in Bevölkerungsstudien", FKZ 3723 62 207 0, Laufzeit 2024-2027.

Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
11. März 2025

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  • Literatur

  • 1 Ressortforschungsplan des BMUV, "Mobile Messsysteme für die Lösung von Innenraumschadstoffproblemen", FKZ 3717 62 205 0, Laufzeit 2018-2022.
  • 2 Ressortforschungsplan des BMUV, "Ein neues Innenraummesssystem zur hochaufgelösten Erfassung von Klima- und Schadstoffparametern: Vorbereitung zum Einsatz in Bevölkerungsstudien", FKZ 3723 62 207 0, Laufzeit 2024-2027.