Gesundheitswesen 2025; 87(S 01): S8
DOI: 10.1055/s-0045-1801902
Abstracts │ BVÖGD, BZÖG, DGÖG, LGL
01.04.2025
Neues aus der GBE des Bundes
09:30 – 11:00

Gesundheit von alleinerziehenden Müttern und Vätern

P Rattay
1   Robert Koch-Institut, Abteilung Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring, Berlin
2   Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Universitätsklinikum, Institut für Medizinische Soziologie, Düsseldorf
,
Y Öztürk
3   Deutsches Jugendinstitut, München
,
R Geene
4   Alice Salomon Hochschule, Berlin
5   Berlin School of Public Health, Berlin
,
S Sperlich
6   Medizinische Hochschule Hannover, Medizinische Soziologie, Hannover
,
R Kuhnert
1   Robert Koch-Institut, Abteilung Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring, Berlin
,
H Neuhauser
1   Robert Koch-Institut, Abteilung Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring, Berlin
,
U Hapke
1   Robert Koch-Institut, Abteilung Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring, Berlin
,
A Starker
1   Robert Koch-Institut, Abteilung Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring, Berlin
,
C Hövener
1   Robert Koch-Institut, Abteilung Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring, Berlin
› Author Affiliations
 
 

    Einleitung: Die Lebenslagen Alleinerziehender zeichnen sich heute durch eine große Heterogenität aus. Spezifisch für die Lebenssituation Alleinerziehender sind jedoch die zumindest zeitweise alleinige Verantwortung für Familie und Haushalt und oftmals damit einhergehende Probleme der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie ein hohes Armutsrisiko. Unter Berücksichtigung von Unterschieden in der sozialen Lage wurde die Gesundheit von alleinerziehenden Müttern und Vätern in vergleichender Perspektive zu Eltern in Partnerhaushalten analysiert.

    Methodik: Die Analysen basieren auf Daten der GEDA-Studien 2019 – 2023 (7.999 Mütter, 6.402 Väter). Für die selbsteingeschätzte allgemeine Gesundheit, depressive Symptomatik, chronische Krankheiten, Rauchen sowie Bedarf/Inanspruchnahme professioneller Hilfe aufgrund psychischer Probleme wurden Prävalenzen für alleinerziehende und in Partnerhaushalten lebende Mütter und Väter berechnet. In Poisson-Regressionen wurde für Anzahl und Alter der Kinder sowie Einkommen, Bildung, Erwerbsstatus und soziale Unterstützung adjustiert. Darüber hinaus wurden in die Modelle für die Mütter Interaktionen zwischen der Familienform und Einkommen, Erwerbsstatus und sozialer Unterstützung einbezogen.

    Ergebnisse: Für alleinerziehende Mütter und Väter finden sich bei allen Gesundheitsindikatoren höhere Prävalenzen als für in Partnerhaushalten lebende Eltern. Einkommen, Bildung, Erwerbstätigkeit und soziale Unterstützung variieren zwischen den Familienformen. Sie können Unterschiede in der Gesundheit zwischen den beiden Familienformen zum Teil, aber nicht gänzlich erklären. Die Gesundheit alleinerziehender Mütter variiert zudem teils stärker mit dem Einkommen, dem Erwerbsstatus und der sozialen Unterstützung als dies bei in Partnerhaushalten lebenden Müttern der Fall ist. Eine weniger gute allgemeine Gesundheit sowie eine depressive Symptomatik finden sich insbesondere bei nicht erwerbstätigen oder armutsgefährdeten alleinerziehenden Müttern und bei jenen mit geringer sozialer Unterstützung. Professionelle Hilfe aufgrund psychischer Probleme nahmen vor allem alleinerziehende Mütter in Anspruch, die nicht erwerbstätig waren oder nur eine geringe soziale Unterstützung erhielten.

    Diskussion: Auch während der COVID-19-Pandemie war die Gesundheit von Alleinerziehenden häufiger beeinträchtigt als von in Partnerhaushalten lebenden Eltern. Ob Unterschiede in der Gesundheit zwischen den Familienformen während der Pandemie zu- oder abgenommen haben, wurde aufgrund der geringen Fallzahl bei den Alleinerziehenden nicht analysiert. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass Alleinerziehende keine homogene soziale Gruppe sind und ihre Gesundheit in hohem Maße von sozialen Ressourcen abhängig ist.

    Alleinerziehende sind eine wichtige Zielgruppe für Gesundheitsförderung und Prävention. Ein besonderer Fokus sollte auf der Förderung der Gesundheit sozial benachteiligter, mehrfach belasteter Alleinerziehender liegen. Neben Maßnahmen zur Stärkung persönlicher Kompetenzen braucht es politische und settingbasierte Maßnahmen, um sozialen und gesundheitlichen Benachteiligungen von Alleinerziehenden entgegenzuwirken.


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    Publication History

    Article published online:
    11 March 2025

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