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DOI: 10.1055/s-0044-1791987
iTTP in der Schwangerschaft: Erfolgreiche Behandlung mit Caplacizumab
Eine Schwangerschaft ist potentieller Auslöser einer akuten thrombotisch-thrombozytopenischen Purpura (TTP). Die Behandlung der immunvermittelten TTP (iTTP) kann, insbesondere bei einer Refraktärität gegenüber der Standardtherapie, eine Herausforderung darstellen. R. R. Schimmer und Kollegen beschrieben nun die erfolgreiche Off-Label-Behandlung mit Caplacizumab während der Schwangerschaft und Entbindung bei einer Patientin mit refraktärer iTTP.
Die immunvermittelte thrombotisch-thrombozytopenische Purpura ist eine lebensbedrohliche Mikroangiopathie. Sie wird durch einen schweren Mangel an ADAMTS13-Aktivität ausgelöst, der durch inhibitorische oder clearance-verstärkende Autoantikörper verursacht wird. Caplacizumab, ein Nanokörper gegen den von-Willebrand-Faktor (VWF), der dessen A1-Domäne blockiert, ist eine wertvolle neue Therapieoption. Seine Anwendung ist jedoch während der Schwangerschaft und Stillzeit bisher nicht zugelassen.
Die vorliegende Studie widmete sich einer 27-jährigen Frau, bei der 8 Jahre vor dem aktuellen Vorfall eine iTTP diagnostiziert worden war. Trotz schwerem ADAMTS13-Mangel und hochtitriger ADAMTS13-inhibitorischer Autoantikörper konnte mit täglichem TPE und Glukokortikoiden zum damaligen Zeitpunkt eine klinische Remission erreicht werden. Auch bei einem Rückfall der iTTP, zu diesem Zeitpunkt war die Patientin in der Schwangerschaftswoche (GW) 25 + 6, brachte diese Therapie vorübergehenden Erfolg.
Nach erneuter Verschlimmerung der iTTP wurde in GW 29 + 0 eine Anti-CD20-Therapie mit Rituximab eingeleitet. Bei GW 30 + 3 zeigte die Überwachung des fetalen Zustands nun jedoch eine Verschlechterung des intrauterinen Wachstums von der 11. auf die 6. Perzentile und in GW 32 + 3 kam es zu einer erneuten iTTP-Exazerbation. Trotz Behandlung in Form von täglichem TPE und hochdosierten Glukokortikoiden sank die Thrombozytenzahl weiter. In GW 32 + 5 erschwerten Uteruskontraktionen und eine abnorme fetale Herzfrequenz den Verlauf zusätzlich und das fetale Monitoring zeigte eine weitere Wachstumsretardierung auf die 4. Perzentile.
Aufgrund der Refraktärität der iTTP unter Standardtherapie und der damit verbundenen Verschlechterung des fetalen Gesundheitszustands wurde, mit Einwilligung der Patientin, bei GW 32 + 5 eine Off-Label-Therapie mit täglicher Gabe von Caplacizumab begonnen. Diese führte bereits nach 2 Tagen zu einem schnellen Anstieg der Thrombozytenzahl. Bei GW 33 + 2 (Tag 5 der Caplacizumab-Therapie) wurde ein Bluthochdruck von bis zu maximal 154/95mmHg in Verbindung mit Proteinurie und Kopfschmerzen beobachtet. Aufgrund des Verdachts auf Präeklampsie, wurde die Entscheidung für eine Entbindung per Kaiserschnitt getroffen (GW 33 + 3). Dieser Eingriff war möglich, nachdem sich am fünften Tag der Caplacizumab-Therapie die Thrombozytenzahl fast normalisiert hatte.
Unmittelbar vor der Entbindung wurde eine weitere TPE-Sitzung durchgeführt. Da Caplacizumab aufgrund seiner starken VWF-hemmenden Wirkung das Risiko für Blutungen erhöht, wurde vor und nach der Entbindung VWF substituiert, um eine minimale VWF-Aktivität von 30% aufrechtzuerhalten. Infolgedessen traten weder bei der Mutter noch bei ihrem Kind schwere hämorrhagische oder thrombotische Komplikationen auf. Das Kind zeigte eine normale Adaptation, wies aber Anzeichen einer intrauterinen Wachstumseinschränkung auf (Gewicht < 3. Perzentile, Länge < 3. Perzentile, Kopfumfang 5-10. Perzentile). Die Thrombozytenzahl des Kindes war normal, und es gab keine Hämorrhagien, die auf eine transplazentare Übertragung von Anti-ADAMTS13-Antikörpern hätten hindeuten können.
Es wird über die erfolgreiche Off -Label-Gabe von Caplacizumab während Schwangerschaft und Entbindung bei einer Patientin mit refraktärer iTTP berichtet. Das günstige Ergebnis ohne signifi kante thrombotische oder hämorrhagische Komplikationen deutet darauf hin, dass Caplacizumab in Kombination mit VWF-Substitution eine gute Behandlungsoption bei refraktärer iTTP während der Spätschwangerschaft und Entbindung sein könnte. Weitere Studien sind notwendig, um Wirksamkeit und Sicherheit zu überprüfen.
Britta Brudermanns, Köln
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
23. Oktober 2024
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