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DOI: 10.1055/s-0044-1789743
Pathologische zentrale Schmerzverarbeitung bei Patienten mit duktalem Adenokarzinom des Pankreas
Einleitung: Das duktale Adenokarzinom des Pankreas (PDAC) ist häufig mit Schmerzen und dadurch bedingter Reduktion der Lebensqualität vergesellschaftet. Trotz dieses bedeutenden Problems hat sich die Schmerztherapie in den letzten Jahren nicht relevant weiterentwickelt.
Ziele: Durch pankreasspezifische quantitative sensorische Testung (P-QST), bei der nach standardisierter Stimulation die evozierte Schmerzreaktion erfasst wird, soll eine Charakterisierung der Schmerzverarbeitung bei Patienten mit PDAC erfolgen.
Methodik: Im Rahmen einer multizentrischen Querschnittsstudie wurden Patienten mit schmerzhaftem PDAC und gesunde Probanden mittels P-QST charakterisiert. P-QST umfasste die quantifizierbare Applikation von Druck am pankreasspezifischen Dermatom T10 (Rücken und Abdomen), sowie in C5, L1 und L4, der bei steigender Intensität schließlich einen Schmerzreiz auslöst. Zudem wurde die Dauer des Tolerierens und Schmerzintensität nach Eintauchen der Hand in Eiswasser bestimmt. Die physiologische zentrale Schmerzsuppression wurde z.B. durch wiederholte Nadelstich-Stimulation untersucht.
Ergebnis: Es wurden 104 Patienten mit schmerzhaftem PDAC und 122 gesunde Kontrollpersonen untersucht ([Tabelle 1]). PDAC-Patienten wiesen im Vergleich zu den Kontrollen insgesamt signifikant niedrigere Schwellen für die Detektion und Toleranz von Druckschmerz auf. Der Eiswasserversuch wurde von PDAC-Patienten signifikant kürzer toleriert. Zudem war die wiederholte Nadelstich-Stimulation signifikant schmerzhafter. 19% der Patienten wiesen eine segmentale, d.h. auf Pankreasregion bezogene, Hyperalgesie und 19% eine ausgebreitete, d.h auch außerhalb der Pankreasregion bestehende, Hyperalgesie auf. Diese Phänotypen der pathologischen Schmerzverarbeitung waren signifikant häufiger bei PDAC-Patienten im Vergleich zur Kontrollgruppe (p<0.001). Die ausgedehnte Hyperalgesie war bei Patienten mit größerem Primärtumor signifikant häufiger als bei kleineren Tumoren (T1/2: 6% vs T3/4: 26%, p=0.04). Im Bezug auf die Lokalisation des Primärtumors (Kopf vs Korpus/Schwanz), sowie auf das Vorhandensein von Metastasen gab es keine Unterschiede.
Gesunde Probanden (n=122) |
PDAC (n=104) |
P-Wert |
|
---|---|---|---|
Eiswasserversuch (Dauer in Sekunden, Median (IQR)) |
120 (60) |
89 (80) |
0.0046 |
Konditionierte Schmerzmodulation, Median % (IQR) |
18.9 (20.5) |
15.7 (30.8) |
0.3583 |
Druckschmerz Detektionsschwelle, Mittelwert kPa (SD) |
|||
C5 |
282 (146) |
264 (135) |
0.3406 |
T10 Rücken |
465 (241) |
429 (185) |
0.2219 |
T10 Abdomen |
252 (142) |
197 (93) |
0.0008 |
L1 |
310 (149) |
236 (107) |
<0.0001 |
L4 |
456 (204) |
436 (215) |
0.4570 |
Summe |
1766 (767) |
1561 (618) |
0.0302 |
Ratio |
1.03 (0.21) |
1.04 (0.24) |
0.6995 |
Druckschmerz Toleranzschwelle, Mittelwert kPa (SD) |
|||
C5 |
569 (315) |
426 (232) |
0.0002 |
T10 Rücken |
798 (399) |
650 (260) |
0.0014 |
T10 Abdomen |
423 (222) |
301 (159) |
<0.0001 |
L1 |
482 (225) |
379 (174) |
0.0002 |
L4 |
730 (327) |
611 (264) |
0.0032 |
Summe |
2987 (1316) |
2365 (936) |
<0.0001 |
Ratio |
1.03 (0.22) |
1.02 (0.21) |
0.6480 |
Nadelstich-Stimulation, Median VAS (IQR) |
|||
Unterarm |
1.0 (2.0) |
1.0 (3.0) |
0.0333 |
Abdomen |
1.0 (2.0) |
1.0 (2.0) |
0.0063 |
P-QST Phänotyp, n (%) |
|||
Normal |
102 (84) |
64 (62) |
<0.0001 |
Segmentale Hyperalgesie |
15 (12) |
20 (19) |
|
Ausgebreitete Hyperalgesie |
5 (4) |
20 (19) |
Abkürzungen: IQR: Interquartilsabstand; kPa: Kilopascal; SD: Standardabweichung; P-QST: pankreasspezifische quantitative sensorische Testung.
Schlussfolgerung: Erstmalig konnte gezeigt werden, dass eine pathologische Schmerzverarbeitung bei ca. 40% der PDAC-Patienten mit Schmerzen vorliegt. Weitere Studien zum prädiktiven Stellenwert von P-QST hinsichtlich des Ansprechens auf bestimmte analgetische Maßnahmen wären der nächste Schritt hin zu einer individualisierten und gezielten Schmerztherapie.
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
26. September 2024
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