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DOI: 10.1055/s-0044-1788494
Zur Rolle der psychologischen Begleitung im Rahmen der Spezialisierten Ambulanten Palliativversorgung für Kinder und Jugendliche – Eine Interviewstudie mit betroffenen Eltern
Hintergrund In der SAPV-KJ werden lebensverkürzend erkrankte Kinder und Jugendliche sowie ihre Familien von einem multiprofessionellen Team in ihrer vertrauten Umgebung betreut. Die Gesetzgebung umfasst allerdings nur ärztliche und pflegerische Leistungen, während psychosoziale Leistungen unerwähnt bleiben. Mit Inkrafttreten des Rahmenvertrages zur SAPV-KJ Anfang 2023 werden erstmalig psychosoziale Mitarbeitende als fester Teambestandteil etabliert und ihre Vergütung zulasten der Krankenkassen ermöglicht. Vor diesem Hintergrund zielt die Studie darauf ab, die Rolle der psychologischen Begleitung im Rahmen der SAPV-KJ aus Sicht der Betroffenen zu verstehen. Davon ausgehend sollen Verbesserungsvorschläge unterbreitet und die neuen Regelungen im Rahmenvertrag evaluiert werden. Somit soll ein Beitrag zur Verankerung einer betroffenenorientierten psychologischen Begleitung im Rahmen der SAPV-KJ erbracht werden.
Methode Es wurden Methoden qualitativer Forschung eingesetzt. Zur Datenerhebung wurden offene, halbstrukturierte Leitfadeninterviews mit 16 betroffenen Elternteilen durchgeführt. Anschließend wurden die Audioaufnahmen transkribiert und mit der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring mithilfe von MAXQDA ausgewertet.
Ergebnisse Die Interviewten waren fast ausschließlich Mütter chronisch erkrankter Kinder. Die Lebenssituation beinhaltete zahlreiche Herausforderungen, deren Wahrnehmung unterschiedlich ausfiel. In jeder Personengruppe war die Anzahl jener, welche die psychologische Begleitung im Rahmen der SAPV-KJ in Anspruch nahmen, geringer als die Anzahl jener, welche dies nicht taten. Als Einflussfaktoren auf die Inanspruchnahme zeigten sich Bedarf und Bereitschaft, wobei diese aus diversen Gründen bejaht oder verneint wurden. Das Angebot besaß einen enormen Mehrwert, der sich insbesondere in Relation zu externen psychologischen Hilfen und Hilfen durch andere Personen ergab. Dennoch äußerten die Eltern Kritik, Erwartungen und Wünsche.
Schlussfolgerung Die Rolle der psychologischen Begleitung im Rahmen der SAPV-KJ erweist sich als ambivalent, indem sie wichtig, jedoch unzureichend an den Bedürfnissen der Betroffenen ausgerichtet ist. Als zehn Merkmale einer betroffenenorientierten psychologischen Begleitung im Rahmen der SAPV-KJ ergeben sich Niederschwelligkeit, Involviertheit, Da-Sein, Vertrauen und Distanz, Empathie, Reflexion und Selbstreflexion, Umfänglichkeit, Präsenz, Austausch und Individualität. Um das Angebot zu verbessern, werden regelmäßige psychosoziale Assessments, die Erhöhung personeller Kapazitäten und Elterngruppen vorgeschlagen. Obgleich die Etablierung psychosozialer Mitarbeitender durch den Rahmenvertrag als Schritt in die richtige Richtung zu werten ist, wird empfohlen, die psychologische Berufsgruppe obligatorisch zu integrieren und die Mindestpersonalausstattung zu erhöhen.
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
26. August 2024
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