Zeitschrift für Palliativmedizin 2024; 25(05): e58
DOI: 10.1055/s-0044-1788485
Abstracts │ DGP
Wenn es palliativ wird in der Alten- und Eingliederungshilfe

Standards für die Begleitung von Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung am Lebensende – eine internationale Studie zur Umsetzung des „White Paper“ der EAPC

Authors

  • A L Roemer

    1   Katholische Hochschule NRW, Institut für Teilhabeforschung, Münster
  • S Schäper

    1   Katholische Hochschule NRW, Institut für Teilhabeforschung, Münster
 
 

    Hintergrund Im Jahr 2015 veröffentlichte die EAPC mit den „Consensus Norms for Palliative Care of People with Intellectual Disabilities in Europe“ fachliche Standards für eine gute Begleitung von Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung – ein Meilenstein für die Sichtbarmachung dieses Personenkreises in der Palliativversorgung. Mitglieder der „Reference Group Intellectual Disability“ haben sich 2019 in einer Gruppe zusammengefunden, um die Umsetzung dieser Standards 5 Jahre nach deren Veröffentlichung international vergleichend zu erheben.

    Methode Die Forschungsgruppe „PEPIC-19“ aus 15 Forschenden aus 10 Ländern entwickelte einen teilstandardisierten Online-Survey, der über die EAPC und die DGP sowie weitere nationale Fachgesellschaften verbreitet wurde. Adressat:innen des Survey waren Fachkräfte und An- und Zugehörige sowohl in Diensten für Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung als auch in Palliativdiensten. Der Fragebogen wurde in einem abgestimmten Verfahren in verschiedene Landessprachen übersetzt. Die quantitativen Ergebnisse wurden zusammengeführt. Um eine Vergleichbarkeit und eine gemeinsame qualitative Inhaltsanalyse der offenen Antworten zu ermöglichen, wurden die in den Landessprachen eingegangenen Antworten wiederum ins Englische rückübersetzt und gemeinsam ausgewertet.

    Ergebnisse Der Online-Fragebogen wurde von 726 Personen aus 22 Ländern ausgefüllt, im Schwerpunkt aus Nordwest-Europa (Niederlande, Großbritannien, Norwegen, Deutschland). Etwa 60% der Antworten stammen von Fachkräften aus Diensten und Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen. Insgesamt zeigte sich in der quantitativen Auswertung die höchste Übereinstimmung mit den Consensus Norms in Bezug auf den möglichen Zugang zur Krankenhausbehandlung und zu Angeboten der Palliativversorgung sowie zum Einbezug der Familien in Behandlungsentscheidungen. Die qualitative Auswertung der offenen Antworten zeigte dagegen deutliche Verbesserungsbedarfe in Bezug auf die adäquate Versorgung im Gesundheitssystem und der Palliativversorgung. Deutlicher Entwicklungsbedarf besteht auch in der Weiterbildung von Fachkräften in Diensten für Menschen mit Behinderungen und Palliativdiensten. Als Hindernis für eine gute Kooperation zwischen den verschiedenen Akteuren stellen sich u.a. wechselseitige Vorbehalte in Bezug auf die Kompetenz der jeweils anderen Seite dar.

    Schlussfolgerung Der internationale Vergleich zeigt sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede in der Umsetzung der Consensus Norms. Eine gute Begleitung von Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung am Lebensende ist von einer Reihe von Faktoren in der jeweiligen nationalen Gesundheitspolitik abhängig – ein Umstand, der dem Anspruch vergleichbarer und guter Standards bislang deutlich entgegensteht. Hier besteht auch politischer Handlungsbedarf.


    Publication History

    Article published online:
    26 August 2024

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