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DOI: 10.1055/s-0044-1785319
Diabetestechnik und Abfallaufkommen: Eine real-world Studie aus einer Diabetesschwerpunktpraxis
Einleitung und Fragestellung: Diabetestechnik (Insulinpumpen, Glukosesensoren, etc.) und Hilfsmittel sind eine tragende Säule der modernen Diabetestherapie. Mit ihrer zunehmenden Verbreitung steigt jedoch auch die Menge an therapieassoziiertem Abfall. Dieser ist komplex und beinhaltet neben biologischem Material auch Plastik, Batterien und wertvolle Rohstoffe. Er wird weder systematisch gesammelt und getrennt, noch konsequent recycelt. Bemerkenswerterweise liegen bisher keine real-world-Daten über die Menge des im Rahmen der Diabetestherapie anfallenden Mülls vor. Ziel unserer Studie war es daher, dem im Rahmen der antidiabetischen Therapie anfallenden Müll unter realen Bedingungen in einer Diabetesschwerpunktpraxis zu quantifizieren. Darüber hinaus wurde das Bewusstsein der Patient*innen und ihre Meinungen und Wünsche zur Thematik mittels Fragebögen abgefragt.
Methodik: 68 Patient*innen mit Diabetes mellitus und einer Insulintherapie nahmen an der Studie teil. Sie sammelten ihre therapiebezogenen Abfälle (Pens, Insulinpatronen, Lanzetten, Nadeln, Sensoren, Katheter, etc.) über drei Monate und gaben diese in der Praxis ab. Dort wurden die Bestandteile des Mülls kontrolliert und gezählt. Die Einstellung der Teilnehmenden zu Nachhaltigkeitsaspekten ihrer Diabetestherapie und dem entstehenden Abfall sowie ihr eigenes Mülltrennungs- und Reduktionsverhalten wurden abgefragt.
Ergebnisse: Insgesamt wurden rund 4.300 Teststreifen, 500 Glukosesensoren, 12.600 Lanzetten, 500 Insulinpatronen, 550 Pens und 1.000 Hilfsmittel für die Insulinpumpentherapie gesammelt. Extrapoliert man diese Daten anhand der in Deutschland lebenden Menschen mit Diabetes mellitus und ICT bzw. CSII/AID-Therapie, entstehen pro Jahr geschätzt mindestens 1,2 Milliarden Teile an therapieassoziiertem Abfall. Von der Zusammensetzung her ist dieser ausgesprochen heterogen und unterscheidet sich deutlich nach Diabetestyp und der Art der antidiabetischen Therapie.
Die meisten Studienteilnehmenden (75%) waren von der Menge des entstehenden Abfalls überrascht, was interessanterweise zu einer erhöhten Sensibilität gegenüber dem Ressourcenverbrauch ihrer Therapie (69%), einer verstärkten Bereitschaft zur Mülltrennung (83%) und einer klaren Forderung nach der Reduzierung und Möglichkeiten des Recyclings von Hilfsmitteln (97%) führte. Die Menschen mit Diabetes wünschten sich zudem die Möglichkeit der Entsorgung bzw. Recycling durch die Hersteller (76%), Sammelstellen für therapieassoziierte Abfälle in Praxen, Kliniken und Apotheken (86%) sowie mehr Einsatz für Nachhaltigkeit in der Diabetestherapie durch die medizinischen Fachgesellschaften (97%).
Schlussfolgerung: Mit dieser real-world-Evaluierung wurde erstmals dokumentiert, wieviel Abfall im Rahmen einer Diabetestherapie anfällt. Die Teilnehmenden äußersten den Wunsch nach nachhaltigeren Medizinprodukten und Möglichkeiten des Recyclings.
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Interessenkonflikt
Die Autoren geben an, dass keine Interessenkonflikte bestehen.
Publication History
Article published online:
18 April 2024
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Georg Thieme Verlag KG
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