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DOI: 10.1055/s-0044-1781846
Die neue Meldepflicht für Respiratory Syncytial Virus (RSV) in Deutschland
Hintergrund: Im Sommer 2023 wurde in Deutschland eine namentliche Meldepflicht für Respiratory Syncytial Virus (RSV) eingeführt. Als Ziele wurden angegeben: 1) Verbesserung der Datengrundlage (zur Verhütung der Überlastung des Gesundheitssystems), 2) Durchführung zielgerichteter und frühzeitiger Ermittlung und Maßnahmen der Gesundheitsämter vor Ort zur Verhinderung der Weiterverbreitung und 3) Beurteilung der Impfstoffe nach der zu erwartenden Zulassung einer RSV-Impfung [1].
Methoden: Diese Ziele sollen vor dem Hintergrund der Daten der seit mehr als 20 Jahren bestehenden RSV-Meldepflicht in Sachsen sowie der Daten aus dem ARE-Survey betrachtet werden unter Berücksichtigung a) der grundsätzlichen rechtlichen und fachlichen Anforderungen und Möglichkeiten des Infektionsschutzgesetzes [2], b) der Anforderungen der EU-Kommission zur Erfassung von Infektionserkrankungen, sowie der Experten der Europäischen Gesundheitsbehörde [3] [4], c) der Möglichkeiten für individuelle oder allgemeine Präventionsmaßnahmen durch die Gesundheitsämter und d) der bisherigen Erfahrungen zu den Bewertungsmöglichkeiten der Meldedaten (insbesondere im Hinblick auf die Effektivität vom Impfungen)
Ergebnisse und Diskussion: Eine Hochrechnung der bisherigen Meldedaten aus Sachsen auf ganz Deutschland zeigt, dass mit über 100.000 Meldungen pro Jahr gerechnet werden muss (mehr als die Meldungen an Rota- und Noroviren zusammen). Weder in den Anforderungen der EU-Kommission [3] noch nach den Betrachtungen der EU-Experten ist eine RSV-Meldepflicht empfohlen. Eine namentliche Meldepflicht ist auch aus rechtlichen Betrachtungen nicht angezeigt [2]. Hier wäre – um die Gesundheitsämter nicht unnötig zu überlasten – ein Sentinel, das auch zur Beurteilung von Impfungen besser geeignet ist, grundsätzlich sinnvoller [2]. Darüber hinaus haben erste Erfahrungen mit Abwassersentinels bzgl. RSV gezeigt, dass hiermit lokale und regionale RSV-Infektionsgeschehen erfasst werden können – allerdings ohne Angaben zur Erkrankungsschwere und damit zur Belastung des Gesundheitssystems [5].
Vor diesem Hintergrund erscheint die Meldepflicht für RSV nicht sachgerecht. Stattdessen sollten die vorhandenen Sentinels weiter aufgestockt und fortgeführt werden, ggf. ergänzt durch RSV-Abwassermonitoring
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References
- 1 Deutscher Bundestag Drucksache 20/7235 https://dserver.bundestag.de/btd/20/072/2007235.pdf
- 2 Bales S, Baumann HG, Schnitzler N. (2003) Infektionsschutzgesetz. Kommentar und Vorschriftensammlung. 2. Überarbeitete Auflage. Kohlhammer Verlag Stuttgart; 2003
- 3 EU Kommission (2018):. Amtsblatt der Europäischen Union 6.7.2018; L 170/1 https://eur-lex.europa.eu/legal-content/de/TXT/?uri=CELEX:32018D0945
- 4 Bijkerk P. et al.. Euro Surveill 2015; 20 (34) 30003 PMID: 26530302
- 5 Boehm AB. et al. Environ Sci Technol Lett 2023; 10 (08) 622-627
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
10. April 2024
© 2024. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany
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References
- 1 Deutscher Bundestag Drucksache 20/7235 https://dserver.bundestag.de/btd/20/072/2007235.pdf
- 2 Bales S, Baumann HG, Schnitzler N. (2003) Infektionsschutzgesetz. Kommentar und Vorschriftensammlung. 2. Überarbeitete Auflage. Kohlhammer Verlag Stuttgart; 2003
- 3 EU Kommission (2018):. Amtsblatt der Europäischen Union 6.7.2018; L 170/1 https://eur-lex.europa.eu/legal-content/de/TXT/?uri=CELEX:32018D0945
- 4 Bijkerk P. et al.. Euro Surveill 2015; 20 (34) 30003 PMID: 26530302
- 5 Boehm AB. et al. Environ Sci Technol Lett 2023; 10 (08) 622-627