Gesundheitswesen 2024; 86(S 02): S95
DOI: 10.1055/s-0044-1781846
Abstracts | BVÖGD, BZÖG, DGÖG
26.04.2024
Infektionsschutz – Postersitzung 08:00 – 10:00 | Saal X.3

Die neue Meldepflicht für Respiratory Syncytial Virus (RSV) in Deutschland

U. Heudorf
1   Institut für Hygiene und Umweltmedizin, Justus Liebig Universität Giessen
,
A. Marcic
2   Abteilung Infektionsschutz, Amt für Gesundheit, Landeshauptstadt Kiel
,
K. Steul
3   Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Universitätsmedizin Mainz
› Institutsangaben
 
 

Hintergrund: Im Sommer 2023 wurde in Deutschland eine namentliche Meldepflicht für Respiratory Syncytial Virus (RSV) eingeführt. Als Ziele wurden angegeben: 1) Verbesserung der Datengrundlage (zur Verhütung der Überlastung des Gesundheitssystems), 2) Durchführung zielgerichteter und frühzeitiger Ermittlung und Maßnahmen der Gesundheitsämter vor Ort zur Verhinderung der Weiterverbreitung und 3) Beurteilung der Impfstoffe nach der zu erwartenden Zulassung einer RSV-Impfung [1].

Methoden: Diese Ziele sollen vor dem Hintergrund der Daten der seit mehr als 20 Jahren bestehenden RSV-Meldepflicht in Sachsen sowie der Daten aus dem ARE-Survey betrachtet werden unter Berücksichtigung a) der grundsätzlichen rechtlichen und fachlichen Anforderungen und Möglichkeiten des Infektionsschutzgesetzes [2], b) der Anforderungen der EU-Kommission zur Erfassung von Infektionserkrankungen, sowie der Experten der Europäischen Gesundheitsbehörde [3] [4], c) der Möglichkeiten für individuelle oder allgemeine Präventionsmaßnahmen durch die Gesundheitsämter und d) der bisherigen Erfahrungen zu den Bewertungsmöglichkeiten der Meldedaten (insbesondere im Hinblick auf die Effektivität vom Impfungen)

Ergebnisse und Diskussion: Eine Hochrechnung der bisherigen Meldedaten aus Sachsen auf ganz Deutschland zeigt, dass mit über 100.000 Meldungen pro Jahr gerechnet werden muss (mehr als die Meldungen an Rota- und Noroviren zusammen). Weder in den Anforderungen der EU-Kommission [3] noch nach den Betrachtungen der EU-Experten ist eine RSV-Meldepflicht empfohlen. Eine namentliche Meldepflicht ist auch aus rechtlichen Betrachtungen nicht angezeigt [2]. Hier wäre – um die Gesundheitsämter nicht unnötig zu überlasten – ein Sentinel, das auch zur Beurteilung von Impfungen besser geeignet ist, grundsätzlich sinnvoller [2]. Darüber hinaus haben erste Erfahrungen mit Abwassersentinels bzgl. RSV gezeigt, dass hiermit lokale und regionale RSV-Infektionsgeschehen erfasst werden können – allerdings ohne Angaben zur Erkrankungsschwere und damit zur Belastung des Gesundheitssystems [5].

Vor diesem Hintergrund erscheint die Meldepflicht für RSV nicht sachgerecht. Stattdessen sollten die vorhandenen Sentinels weiter aufgestockt und fortgeführt werden, ggf. ergänzt durch RSV-Abwassermonitoring


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Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
10. April 2024

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