Aktuelle Dermatologie 2018; 44(03): 89-91
DOI: 10.1055/s-0044-100937
Histologisches Quiz
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

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J. Ter-Nedden
Gemeinschaftspraxis für Dermatologie und Pathologie (Dres. Reusch, Reusch und Mielke)
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Korrespondenzadresse

Dr. med Jan Ter-Nedden
Tibarg 7 – 9
22459 Hamburg

Publication History

Publication Date:
12 March 2018 (online)

 


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Anamnese

Ein 44-jähriger Patient stellt sich mit Hautveränderungen auf der Stirnmitte vor. Diese bestünden seit ca. 10 Tagen. Klinisch wurde an eine Sarkoidose, ein Granuloma eosinophilicum faciei oder ein Lymphom gedacht.


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Klinischer Befund

An der Stirn findet sich eine ca. 8 × 3 cm große erythematöse Plaque mit seröser Kruste ([Abb. 1]).

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Abb. 1 Erythematöse Plaque an der Stirn.

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Histologischer Befund

An der Oberfläche fokal flache Schuppenkruste mit serösen Einlagerungen und kompakte Parakeratose. In der Dermis dichtes, überwiegend lymphozytäres Entzündungsinfiltrat ([Abb. 2 a]). Einzelne Lymphozyten zeigen teils deutlich ausgeprägte Atypien. Multifokal kleine Nekrosezonen innerhalb der Follikel der Terminalhaare mit in den Randbereichen angedeuteter Akantholyse. Die umgebenden Keratinozyten zeigen auffällige Zellkerne und ein trübes Nukleoplasma. Einzelne Keratinozyten scheinen mehrere Zellkerne zu haben.

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Abb. 2 a Überwiegend lymphozytäres Entzündungsinfiltrat (HE). b Deutliche Vermehrung MIB-1 positiver Zellen (Immunhistochemie).

Die immunhistochemischen Färbungen der Infiltrate zeigen eine überwiegend T-zellige Differenzierung mit deutlicher Vermehrung MIB-1-positiver Zellen ([Abb. 2 b]); nur einzelne B-Zellen und keine CD30-positiven Blasten. CD68 färbt viele Zellen des entzündlichen Infiltrats positiv an.

FRAGEN
  • Wie lautet Ihre Diagnose?


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Diagnose

Pseudolymphom in Herpes simplex Infektion.


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Typisch für virusinduzierte Veränderungen sind zytopathische Veränderungen der Keratinozyten mit milchglasartigem Nukleoplasma und marginalisiertem Chromatin. Häufig lassen sich synzytiale mehrkernige Keratinozyten nachweisen ([Abb. 3 a]); diese sind charakteristisch für virusinduzierte Veränderungen. Flankiert werden die virustypischen Veränderungen durch ein dichtes lymphozytäres Infiltrat, welches häufig atypische lymphozytäre Veränderungen erkennen lässt ([Abb. 3 b]) [3]. Auch die fokalen Nekrosezonen und Akantholysebereiche sind typisch für virusinduzierte Veränderungen. Beweisend für eine Herpes-simplex-Infektion ist der Nachweis HSV-positiv angefärbter Keratinozyten in der immunhistochemischen Anfärbung ([Abb. 3])

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Abb. 3 a Synzytiale mehrkernige Keratinozyten (HE). b Lymphozytäre Infiltrate und HSV-positiv angefärbte Keratinozyten (Immunhistochemie).

Der lichtmikroskopische Befund erlaubt keine sichere Unterscheidung zwischen einer HSV- und VZV-Infektion; die histologischen Veränderungen der beiden Erkrankungen sind nahezu gleich. Hinweisend kann bei einer VZV-Infektion ein tiefer reichendes entzündliches Infiltrat vorliegen. Verfügbare immunhistochemische Antikörper weisen virale DNA oder Antigene nach, zeigen jedoch gelegentlich eine Kreuzreaktivität (v. a. zwischen HSV 1 und 2); die Unterscheidung zwischen HSV und VZV ist jedoch mittels der verfügbaren immunhistochemischen Antikörper zuverlässig möglich [4]. Eine genaue Differenzierung der Virustypen ist durch eine PCR (Polymerase-Kettenreaktion) oder ISH (In-situ-Hybridisierung) möglich.

Histologisch auffällig ist die dichte, lymphozytär geprägte Entzündungsreaktion. Diese kann durch häufig ausgeprägte Atypien das histologische Bild eines Lymphoms vortäuschen [3]. Die typischen viruszytopatischen Veränderungen der Keratinozyten finden sich in Lymphomen jedoch nicht. Im Zweifelsfall helfen bei der Differenzierung gegenüber einem Lymphom immunhistochemische Färbungen.

Das typische klinische Bild eines Herpes simplex zeigt gruppierte, stecknadelkopfgroße Bläschen und in der Anamnese wird häufig von einem chronisch-rezidivierenden Verlauf berichtet. Typisch für einen Herpes simplex recidivans in loco ist das wiederholte Auftreten der schmerzenden Hautveränderungen an gleicher Lokalisation; als provozierende Faktoren sind psychische und physische Stresssituationen häufig anamnestisch zu erheben [1]. Am häufigsten tritt der Herpes simplex nach UV-Exposition oder nach Infekten auf.

In dem vorliegenden Fall zeigt das klinische Bild keine Vesikel, sondern lediglich eine erythematöse Plaque ([Abb. 1]). In der erweiterten Anamnese wird ein Bestehen der Hautveränderungen seit 10 Tagen angegeben. Dieses Zeitintervall ist länger als die in der Literatur beschriebenen 7 Tage im Mittel bis zur Abheilung eines Herpes simplex [2]. Eine Abheilung ist in dem hier vorliegenden Fall nur andeutungsweise erkennbar.


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Interessenkonflikt

Der Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

  • Literatur

  • 1 Whitley RJ, Gnann JW, Roizmann B. et al. The epidemiology and clinical manifestations of herpes simplex virus infections, the human herpesviruses. New York: Raven; 1993: 69-105
  • 2 Simmons AI. Clinical manifestations and treatment considerations of herpes simplex virus infection. J Infect Dis 2002; 186 Suppl 1: S71-S77
  • 3 Leinweber B, Kerl H, Cerroni L. Histopathologic features of cutaneous herpes virus infections (herpes simplex, herpes varicella/zoster): a broad spectrum of presentations with common pseudolymphomatous aspects. Am J Surg Pathol 2006; 30: 50-58
  • 4 Kempf W, Flaig MJ, Kutzner H. Molecular diagnostics in infectious skin diseases. J Dtsch Dermatol Ges 2013; 11: 50-58

Korrespondenzadresse

Dr. med Jan Ter-Nedden
Tibarg 7 – 9
22459 Hamburg

  • Literatur

  • 1 Whitley RJ, Gnann JW, Roizmann B. et al. The epidemiology and clinical manifestations of herpes simplex virus infections, the human herpesviruses. New York: Raven; 1993: 69-105
  • 2 Simmons AI. Clinical manifestations and treatment considerations of herpes simplex virus infection. J Infect Dis 2002; 186 Suppl 1: S71-S77
  • 3 Leinweber B, Kerl H, Cerroni L. Histopathologic features of cutaneous herpes virus infections (herpes simplex, herpes varicella/zoster): a broad spectrum of presentations with common pseudolymphomatous aspects. Am J Surg Pathol 2006; 30: 50-58
  • 4 Kempf W, Flaig MJ, Kutzner H. Molecular diagnostics in infectious skin diseases. J Dtsch Dermatol Ges 2013; 11: 50-58

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Abb. 1 Erythematöse Plaque an der Stirn.
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Abb. 2 a Überwiegend lymphozytäres Entzündungsinfiltrat (HE). b Deutliche Vermehrung MIB-1 positiver Zellen (Immunhistochemie).
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Abb. 3 a Synzytiale mehrkernige Keratinozyten (HE). b Lymphozytäre Infiltrate und HSV-positiv angefärbte Keratinozyten (Immunhistochemie).