Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/s-0043-1776670
Resilienz der stationären perinatalmedizinischen Versorgung in Zeiten wiederholter sozioökonomischer Schocks
Einleitung Seit der COVID-19-Pandemie wurden europäische Gesundheitssysteme durch eine Reihe sozioökonomischer Schocks auf die Probe gestellt, darunter wirtschaftliche Rezessionen sowie Energie- und Flüchtlingskrisen infolge eines intensivierten russisch-ukrainischen Konflikts. Das Versagen der Resilienz von Gesundheitssystemen hat eine neue zentrale Rolle in der Versorgungsforschung eingenommen. Die Perinatalmedizin wurde bei der differenzierten Bewertung der Resilienz und der Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringer vernachlässigt. Vor diesem Hintergrund war es Ziel dieser Studie, die Resilienz der stationären Versorgung eines perinalatmedizinischen Zentrums Level I in Mitteldeutschland anhand standardisierter Versorgungsindikatoren und der ökonomischen Kernprofitabilität zu evaluieren.
Material und Methoden Die Datenextraktion erfolgte durch das Leistungscontrolling-System Qlikview für alle stationären Fälle der Abteilung für Geburtshilfe und Perinatalmedizin im Zeitraum von 2017 bis 2022. Zudem wurden die jährlichen Gewinn- und Verlustrechnungen (GuV) aus der internen Finanzbuchhaltung analysiert. Die standardisierten Indikatoren des Case-Mix-Index (CMI) und der durchschnittlichen Verweildauer (AvLoS) wurden nach aG-DRG-Standards berechnet. Die Analyse der ökonomischen Kernprofitabilität (Gross Profit) erfolgte nach mehrstufiger Deckungsbeitragsrechnung anhand der GuV ([Abb. 1]).


Ergebnisse Die Daten der 25598 Patientinnen (NObstetrics) zeigen einen Rückgang der AvLoS und des CMI in Kombination mit einem steigenden Patientenaufkommen. Die ökonomische Kernprofitabilität (Gross Profit) bricht im Jahr 2022 ein.
Diskussion Die Kombination eines Verwässerungseffekts durch abnehmende Fallkomplexität, aufgrund von Versorgungszentralisierung und zunehmenden Patientenaufkommen, hat die wirtschaftliche Effizienz nach Wegfall pandemiebedingter staatlicher Kompensationszahlungen kritisch werden lassen. Obwohl seit vielen Jahren eine Umstrukturierung der geburtshilflichen Versorgung gefordert wird, z.B. durch Bündeln von Fällen geringerer Komplexität in ambulanten Zentren, stehen unsere Ergebnisse diesen Vorschlägen entgegen [1] [2]. Finanzielle Solidität und interoperable Netzwerke müssen gestärkt werden, um die Resilienz zu erhöhen damit die Perinatalmedizin künftig Auswirkungen sozioökonomischer Schocks wirksamer auffangen kann.
Publication History
Article published online:
15 November 2023
© 2023. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany
-
Literatur
- 1 Augurzky B., Kreienberg R., Mennicken R.. Future of inpatient care in gynecology and obstetrics. Gynäkologe 2015; 48: 495-500
- 2 Mennicken R., Kolodziej I.W., Augurzky B., Kreienberg R.. Concentration of gynaecology and obstetrics in Germany: Is comprehensive access at stake?. Health Policy 2014; 118: 396-406