Hamostaseologie 2023; 43(04): 242
DOI: 10.1055/s-0043-1774285
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Postthrombotisches Syndrom: SOX-PTS-Score und Méan-Modell zeigen beste Prädiktion

Pradier M. et al.
Performance and Head-to-Head Comparison of Three Cinical Models to Predict Occurrence of Postthrombotic Syndrome: A Validation Study.

Thromb Haemost 2023;
DOI: 10.1055/a-2039-3388.
 

    Das postthrombotische Syndrom stellt die häufigste Komplikation einer tiefen Venenthrombose dar: 20-50% der Patienten mit proximaler tiefer Venenthrombose der unteren Extremität sind davon betroffen. Von drei verschiedenen etablierten Risikoprädiktionsmodellen für die Manifestation eines postthrombotischen Syndroms wiesen zwei eine gute Prädiktion auf.


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    Die Analysen basieren auf Daten der randomisierten SAVER-Pilotstudie, in der untersucht wurde, ob die Durchführung einer größeren randomisierten Studie zum Einsatz von Rosuvastatin bei der Prävention eines postthrombotischen Syndroms sinnvoll ist. In die SAVER-Pilotstudie waren zwischen 2016 und 2019 unter anderen 181 Patientinnen und Patienten mit akuter proximaler tiefer Beinvenenthrombose eingeschlossen worden (172 unilaterale und 12 bilaterale Thrombosen, 196 betroffene Beine). Das mittlere Alter lag in der Kohorte bei 48 Jahren und 40% waren Frauen. Klinische Untersuchungen im Hinblick auf ein mögliches postthrombotisches Syndrom erfolgten innerhalb von 30 Tagen nach der Diagnose der tiefen Beinvenenthrombose und 180 Tage nach Studienbeginn; dabei wurde jeweils der Villalta-Score an beiden Beinen bestimmt. In diesen gingen die Symptome Schmerzen, Krämpfe, Schweregefühl, Parästhesien, Juckreiz, prätibiale Ödeme, Hautverhärtung, Hyperpigmentierung, Röte, Venenektasie sowie Schmerzen bei der Wadenkompression ein und wurden auf einer Skala von 0-3 bewertet. Drei verschiedene Risiko-Scores für die Manifestation eines postthrombotischen Syndroms wurden im Hinblick auf ihre prädiktive Performance ausgewertet. Diese waren das SOX-PTS-Modell (Body Mass Index, Thromboselokalisation in der V. iliaca, Basis-Villalta-Score), das Amin-Modell (Body Mass Index, Alter, iliofemorale Thrombose, Varikosis, provozierte Thrombose, Vorgeschichte mit tiefen Beinvenenthrombosen, Nikotinabusus, weibliches Geschlecht) sowie das Méan-Modell (Alter ≥75 Jahre, Varikosis-Operation in der Vergangenheit, Einnahme von nicht-steroidalen Antirheumatika/ Thrombozytenaggregationshemmern, Anzahl der Symptome im Bein).

    In der Kohorte wurden insgesamt 68 postthrombotische Syndrome (35% der Beine) verzeichnet, welche in 25 Beinen (13%) mittelgradig oder schwer ausgeprägt waren. Alle Risikomodelle zeigten mit jeweils zunehmendem Score eine steigende Prävalenz und Schwere von postthrombotischen Syndromen. Das Méan-Modell erwies sich als das sensitivste für die Vorhersagen eines postthrombotischen Syndroms (88% versus 52% des Amin-Modells bzw. 12% der SOX-PTS-Modells) und hatte den höchsten negativen prädiktiven Wert (88% versus 69% bzw. 59%). Auf der anderen Seite wies das SOX-PTS-Modell die höchste Spezifität (98% versus 61% des Amin-Modells bzw. 48% des Méan-Modells) und den höchsten positiven prädiktiven Wert auf (73% versus 43% bzw. 48%). Insgesamt zeigten das SOX-PTS-Modell und das Méan-Modell eine höhere diagnostische Genauigkeit als das Amin-Modell (AUROC 0,72; 95%-KI 0,65-0,80 bzw. 0,74; 95%-KI 0,67-0,82 versus 0,58; 95%-KI 0,49-0,67).

    Fazit

    Das SOX-PTS und das Méan-Modell zeigte eine gute prädiktive Genauigkeit für die Auftretenswahrscheinlichkeit eines postthrombotischen Syndroms, während das Amin-Modell kein guter Prädiktor war. Das SOX-PTS-Modell war dabei besonders spezifi sch und wies einen hohen positiven prädiktiven Wert auf. Das Méan-Modell war hingegen besonders sensitiv und wies einen hohen negativen prädiktiven Wert auf. Es sollten Studien folgen, die die Genauigkeit der Modelle im längerfristigen Verlauf sowie deren Implementierung in die klinische Praxis auswerten, so die Autoren.

    Dr. Katharina Franke, Darmstadt


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    No conflict of interest has been declared by the author(s).


    Publication History

    Article published online:
    23 August 2023

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