Z Gastroenterol 2023; 61(08): e401-e402
DOI: 10.1055/s-0043-1771715
Abstracts | DGVS/DGAV
Kurzvorträge
Reflux, EoE und Helicobacter
Donnerstag, 14. September 2023, 14:25–15:45, Saal 6

Neue Erkenntnisse zur zentralen Bedeutung des Herzens für das gastro-ösophageale Verschlusssystem – ein Paradigmenwechsel

E. H. Löhde
1   DRK-Klinikum Westend, D-14050 Berlin, Berliner Zentrum für Hernien- und Refluxchirurgie (ehem.), Berlin, Deutschland
› Institutsangaben
 
 

    Einleitung Als Ursache der gastro-ösophagealen Refluxkrankheit gilt die pathophysiologische Hypothese eines defekten unteren Ösophagus Sphinkters (LES). Neue klinisch-operative Daten von 1351 Patienten zeigten jedoch, dass allein die chirurgische Reposition der Speiseröhre in ihre anatomische Position die Refluxkontrolle sofort wiederherstellen kann, ohne Fundoplikatio oder andere Antireflux-Verfahren. Diese Befunde sind mit der LES-Hypothese nicht zu erklären.

    Ziele Ziel war, das Phänomen der direkten Abhängigkeit von Position und Funktion des Ösophagus zu untersuchen.

    Methodik In einer retrospektiven Fallstudie wurden 5 Hiatushernien-Patienten mit symptomatischer gastroösophagealer Refluxkrankheit und den Symptomen wie Sodbrennen, Brustschmerz, Heiserkeit, Diät und Einnahme von 40mg PPI untersucht. Alle Patienten wurden ausschließlich mittels anatomisch gerechter Reposition des Ösophagus im Hiatus erfolgreich operiert. Der prä- und postoperative Status im Hiatus wurde mittels MRT (6-mm-Cine-Mode-Sequenzen) und Röntgenkontrastschluck verglichen.

    Ergebnis Cine-mode Videos zeigten eine bislang unbekannte Interaktion von Herz und Ösophagus. Der linke Ventrikel führte gleichzeitig mit der nach cranial gerichteten systolischen Auswurfphase eine nach aboral gerichtete Abstützbewegung aus. Dadurch wurde der Ösophagus im Sinne einer peristaltischen Pumpe bis auf ca. 90% seines Lumens komprimiert und eine Herzschlag-vermittelte „Roll-out-Bewegung“ in Richtung Magen initiiert. Sowohl die Clearance-Funktion als auch die Refluxkontrolle wurden durch diese kardio-ösophageale Pumpbewegung bestimmt. Konsekutiv konnte im Kardiabereich ein kontinuierlich pulsierender Gegenstrom nachgewiesen werden, der funktionell den gastroösophagealen Reflux mit jedem Herzschlag verhinderte. Funktionell entscheidend war die 3-dimensionale Position des Ösophagus in diesem cardio-oesophago-diaphragmatic interaction system (CODIS). Bei allen Patienten war diese Position präoperativ infolge der Zwerchfelldehiszenz verschoben. Nach operativer Korrektur der Fehllage war die Verschlussfunktion sofort wieder hergestellt mit konsekutiver Symptomfreiheit der Patienten ([Fig. 1]).

    Zoom Image
    Fig. 1  Kombiniert schematische Darstellung von CODIS.

    Schlussfolgerung Das schlagende Herz wurde als zentraler Motor eines peristaltischen Pumpsystems zur Clearance- und Refluxkontrolle identifiziert. Die Daten deuten auf einen Paradigmenwechsel im Verständnis der Pathophysiologie des gastroösophagealen Refluxes hin.


    #

    Publikationsverlauf

    Artikel online veröffentlicht:
    28. August 2023

    © 2023. Thieme. All rights reserved.

    Georg Thieme Verlag
    Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany

     
    Zoom Image
    Fig. 1  Kombiniert schematische Darstellung von CODIS.