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DOI: 10.1055/s-0043-1769814
Lebensbedrohliche Schulterdystokie: Das Zavanelli Manöver — Entscheidung zur Ultima ratio
Einleitung „Die Schulter folgt nicht!“ Dieser Satz löst eine Kaskade unverzüglicher Handlungsschritte des gesamten Kreißsaalteams aus. Doch was tun, wenn die üblichen externen und internen Manöver einer vital bedrohlichen Schulterdystokie nicht gerecht werden? Es fällt die Entscheidung zu Therapieoptionen, welche in Fachbüchern als „Ultima Ratio“ beschrieben werden.
Die Inzidenz der Schulterdystokie beträgt nach Literaturangaben 0,1–3,0%. Sie ist ein sehr seltener, jedoch äußerst ernstzunehmender, geburtshilflicher, nicht vorhersehbarer Notfall, mit möglichen lebensbedrohlichen Komplikationen für Kind und Mutter.
Klinische Routineerfahrungen mit den als „Ultima Ratio“ beschriebenen Vorgehensweisen, wie zum Beispiel der abdominale Rettungsversuch, das Zavanelli-Manöver und die Symphysiotomie, sind auf Grund der Seltenheit des Ereignisses rar. Nicht nur für die beteiligten Geburtshelfer, sondern für das gesamte beteiligte, interdisziplinäre Team kann diese Grenzsituation weitreichende psychische Folgen haben.
Fallvorstellung Wir berichten über eine 33-j. I.Gravida/I.Para in der 41+4.SSW, mit einer schweren Schulterdystokie ohne ante- und intrapartale Risikofaktoren. Alle vaginalen Manöver der Lösung der Schulter von vaginal gelangen nicht, letztlich Entscheidung zur abdominalen Lösung durch das Zavanelli-Manöver bei Sectio caesarea unter vaginaler manueller Hilfe. Mutter und Kind postpartal wohlauf.
Schlussfolgerung Auch nach Ausschluss aller antizipierten fetalen sowie maternalen Risiken kann der komplexe Notfall einer Schulterdystokie eintreten und das gesamte Kreißsaal-Team an medizinische und psychische Grenzen führen. Diese Erfahrung begründet die absolute Notwendigkeit, diese Notfälle interdisziplinär und interprofessionell vom Standardalgorithmus bis hin zur „Ultima Ratio“ zu trainieren. Im Rahmen von Simulationskursen sollte ebenso die fachübergreifende Kommunikation im Team geübt und gestärkt werden. Psychologische Folgen für die einzelnen Beteiligten sollten weder dramatisiert noch bagatellisiert, sondern erkannt und besprochen werden. Professionelle Hilfe sollte für alle Beteiligten angeboten werden.
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
21. Juni 2023
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Georg Thieme Verlag
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