Wir berichten über ein Frühgeborenes der 35. Schwangerschaftswoche mit akutem Leberversagen.
Die Entbindung erfolgte als eilige Sectio bei pathologischem CTG und Verdacht auf
fetale Anämie. Die postnatale Anpassung gestaltete sich protrahiert mit Atemunterstützung
und Übernahme auf die neonatologische Intensivstation. Eine Anämie bestand postnatal
nicht. Auffällig im Kreißsaal war eine nasale Schleimhautblutung nach Absaugen und
Petechien am Körperstamm. Laborchemisch fielen ein erhöhtes IL-6 (463 pg/ml), eine
Thrombozytopenie (92 Gpt/l) und eine Laktatazidose bis 5,6 mmol/l auf.
Bei Verdacht auf eine Infektion erfolgte eine antibiotische Behandlung. Die initialen
Gerinnungswerte wurden aufgrund nicht plausibler Werte im Labor nicht validiert.
Die Patientin stabilisierte sich mit CPAP in den ersten 12 Lebensstunden. Es kam zu
einer Hypoglykämie bei Infusionspause. Am 2. Lebenstag verfiel das Neugeborene rapid.
In der erweiterten Diagnostik zeigten sich massiv erhöhte Leberwerte, eine Hyperammonämie
(Ammoniak bis 112 µmol/l), reduzierte Lebersyntheseparameter mit schwerer Koagulopathie
sowie einer Laktatazidose bis 7 mmol/l. Bei Ferritinwerten bis 230 000 µg/l bestand
der dringende Verdacht auf eine schwangerschaftsassoziierte alloimmune Hepatopathie
(oder ‚Gestational alloimmune liver disease‘ GALD). Sonografisch zeigten sich eine
inhomogene Leber und zerebrale Echogenitätsanhebungen, die im MRT als Parenchymblutungen
gesichert wurden. Die Patientin wurde durch Substitution von Gerinnungsfaktoren, Albumin
und Blutprodukten stabilisiert.
Unter der Arbeitsdiagnose einer GALD erfolgte eine immunmodulatorische Therapie mit
intravenösen Immunglobulinen (IVIG) und die Elimination zirkulierender maternaler
Antikörper durch eine Austauschtransfusion. Die Patientin stabilisierte sich unter
weiterhin hohem Substitutionsbedarf und zeigte eine progrediente Cholestase.
Infektiologische oder metabolische Ursachen wie Mitochondriopathien sowie ein Alpha-1-Antitrypsinmangel
konnten im weiteren Verlauf ausgeschlossen werden. Bildmorphologisch bestand der Verdacht
auf eine Siderose im Leber-MRT. In einer Lippen-Schleimhautbiopsie konnte jedoch keine
Eisenüberladung nachgewiesen werden [1].
Die Patientin wurde für weitere Diagnostik und eine Leberbiopsie in ein Leberzentrum
verlegt. Diese zeigte keine Siderose. Bei ausreichender Erholung konnte auf eine Transplantationslistung
verzichtet werden.
GALD ist eine der häufigsten Ursachen für ein neonatales Leberversagen. Maternale
plazentagängige Antikörper vom IgG-Typ mit Affinität zu fetalen hepatozytären Antigenen
führen bereits in-utero zu Komplementaktivierung, Leberschädigung und Eisenüberladung.
Unser Fallbericht zeigt, dass die initialen Symptome und Laborparameter der GALD oft
unspezifisch sind. Die Bestimmung des Serumferritins kann wegweisend sein. Eine konkrete
Nachweismethode für maternale Antikörper existiert aktuell nicht. Eine frühzeitige
Therapie mittels IVIG und Austauschtransfusion ist prognosebestimmend.