Hamostaseologie 2023; 43(01): 008-010
DOI: 10.1055/s-0043-1764062
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Tranexamsäure hemmt Fibrinolyse nach Kaiserschnitt

Roullet S. et al.
Hemostatic Effects of Tranexamic Acid in Cesarean Delivery: An Ancillary Study of the TRAAP2 Study.

Thromb Haemost 2022;
DOI: 10.1055/s-0042-1755379.
 

    Postpartale Hämorrhagien gehören weltweit zu den häufigsten Geburtskomplikationen. Als mögliche Ursache wird unter anderem eine postpartale Hyperfibrinolyse diskutiert. In einer aktuellen Studie wurde bei Patientinnen nach Kaiserschnittentbindung eine vermehrte globale fibrinolytische Aktivität nachgewiesen, die durch Tranexamsäure gehemmt werden konnte.


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    Das GFC/LT-Device (Global Fibrinolytic Capacity/ Lysis Timer) erlaubt als Handheld-Gerät die einfache und schnelle Bestimmung der globalen fibrinolytischen Kapazität. Gemessen wird auf photometrischer Basis die zur Gerinnselauflösung notwendige Zeit (Clot Lysis Time). Thrombin und Calcium bewirken in Anwesenheit von mikronisiertem Siliciumoxid eine in-vitro-Gerinnselbildung und eine definierte Menge an tPA (tissue Plasminogen Activator) beschleunigt die endogene Lyse des Thrombus. Eine Hyperfibrinolyse ist nach dem System als Clot Lysis Time ≤30 Minuten definiert, während eine normale Fibrinolyse zwischen 31 und 59 Minuten in Anspruch nimmt und von einer Hypofibrinolyse gesprochen wird, wenn die Clot Lysis Time ≥60 Minuten beträgt.

    In die monozentrische BIO-TRAAP2-Studie, die zum TRAAP2-Studieprogramm (TRAnexamic Acid for Preventing postpartam hemorrhage after cesarian delivery) gehört, wurden zwischen Januar und Dezember 2019 insgesamt 33 schwangere Frauen eingeschlossen, die mindestens 34 Gestationswochen erreicht hatten und bei denen eine Kaiserschnittentbindung geplant war. Sowohl Einlings- als auch Mehrlingsschwangerschaften waren zur Teilnahme zugelassen. Ausschlusskriterien waren unter anderem ein erhöhtes hämorrhagisches bzw. thrombotisches Risiko sowie eine relevante Anämie (präpartale Hämoglobinkonzentration ≤9g/dl). Es erfolgte eine doppelt verblindete 1:1-Randomisierung in zwei Studienarme: Die eine Studiengruppe erhielt innerhalb von 3 Minuten nach der Entbindung 1g/10ml Tranexamsäure intravenös und Teilnehmerinnen der Vergleichsgruppe wurde jeweils 10ml physiologische Kochsalzlösung verabreicht. Vor sowie 15 bzw. 120 Minuten nach der Tranexamsäuregabe (TREF, T15, T120) erfolgten jeweils Blutentnahmen zur Bestimmung der Clot Lysis Time sowie verschiedener weiterer gerinnungsphysiologischer Parameter.

    In beiden Studiengruppen fanden die Autoren in den ersten zwei Stunden nach der Entbindung signifikante Fluktuationen der Plasmakonzentrationen von fibrinolytischen Mediatoren als Hinweis auf die postpartale Aktivierung der Fibrinolyse. In der Placebogruppe wurde zwischen der ersten und der dritten Blutentnahme (TREF, T120) ein signifikanter Abfall der Clot Lysis Time verzeichnet (44 Minuten versus 34 Minuten), was als Ausdruck des zunehmenden fibrinolytischen Prozesses gewertet werden kann. Die Fibrinolyse war dabei insgesamt stärker auf einen Abfall fibrinolytischer Inhibitoren zurückzuführen als auf einen Anstieg von Aktivatoren. In der Interventionsgruppe wurde ein rascher Anstieg der Clot Lysis Time innerhalb von 15 Minuten nach der Tranexamsäuregabe dokumentiert. Zwischen dem Messzeitpunkt T15 und T120 nahm die Clot Lysis Time dann langsam wieder ab. Der Effekt der Tranexamsäureapplikation zeigte sich auch beim Vergleich der Clot Lysis Time zwischen den beiden Studiengruppen: In der Interventionsgruppe lag die Clot Lysis Time 15 bzw. 120 Minuten nach der Tranexamsäuregabe signifikant über der in der Placebogruppe (120 versus 36 Minuten bzw. 113 versus 34 Minuten).

    Fazit

    Mit einer einfachen Messung der globalen fibrinolytischen Kapazität konnte gezeigt werden, dass es im Rahmen von Kaiserschnittentbindungen zur Aktivierung der maternalen Fibrinolyse kommt. Die Gabe von Tranexamsäure war mit einer Verlängerung der Clot Lysis Time verbunden. Die Studiendaten liefern damit Erkenntnisse zu den biologischen Mechanismen, die hinter der Wirksamkeit von Tranexamsäure im Rahmen postpartaler Hämorrhagien stehen, so die Autoren.

    Dr. Katharina Franke, Darmstadt


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    No conflict of interest has been declared by the author(s).


    Publication History

    Article published online:
    20 February 2023

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