Gesundheitswesen 2023; 85(S 01): S37-S38
DOI: 10.1055/s-0043-1762721
Abstracts | BVÖGD/BZÖG
28.04.2023
Fachausschuss Infektionsschutz – Postersitzung
08:00 – 10:00 ‖ Fachtagungsraum 0.226

Seroprävalenz von Masern-IgG Antikörpern bei Hospitalisierten, Daten aus MERIN (Meningitis und Enzephalitis Register in Niedersachsen), 2003–2019

S. Rettenbacher-Riefler
1   Niedersächsisches Landesgesundheitsamt, Hannover
,
A. Baillot
1   Niedersächsisches Landesgesundheitsamt, Hannover
,
M. Monazahian
1   Niedersächsisches Landesgesundheitsamt, Hannover
,
K. Beyrer
1   Niedersächsisches Landesgesundheitsamt, Hannover
› Author Affiliations
 
 

    Seroprävalenzdaten helfen dabei, Infektionsschutzmaßnahmen auf bestimmte Bevölkerungsgruppen abzustimmen. Kleinkinder sind eine vulnerable Gruppe für Maserninfektionen, bleiben in Seroprävalenzstudien aber häufig unberücksichtigt. Aus diesem Grund wurden Daten hospitalisierter Patient*innen, die im Rahmen der Surveillance MERIN (Meningitis und Enzephalitis Register in Niedersachsen) erfasst wurden, deskriptiv ausgewertet.

    Das niedersächsische Landesgesundheitsamt (NLGA) bietet Krankenhäusern in Niedersachsen und Bremen seit 2003 eine unentgeltliche Diagnostik auf die wichtigsten neurotropen Viren für Patient*innen mit Verdacht auf aseptische Infektion des zentralen Nervensystems (ZNS) an. Dieses Angebot wird insbesondere von pädiatrischen Kliniken in Anspruch genommen. Die virologische Diagnostik beinhaltet auch eine qualitative Masern IgG-Antikörperbestimmung mittels Enzymimmunoassay.

    Von 2003 bis 2019 wurden 7373 Patient*innen (55% männlich) im Rahmen von MERIN serologisch untersucht. Der Altersmedian lag bei 8,5 Jahren (25-75 Quartil: 3-14,3 Jahre). 1683 Kinder waren zum Untersuchungszeitpunkt jünger als 2 Jahre. Für die Berechnung der Masern-Seroprävalenzen bei unter 2-Jährigen wurden 0 bis 6 Monate alte Kinder in 4-wöchige, danach in 8-wöchige Altersgruppen zusammengefasst. 95% Konfidenzintervalle (95% CI) wurden nach der Clopper-Pearson-Methode berechnet. Patient*innen, die zum Untersuchungszeitpunkt älter als 2 Jahre waren, wurden nach Geburtsjahrgängen drei Alterskohorten zugeordnet.

    Um den Zeitpunkt der Geburt (Alter zum Untersuchungszeitpunkt: 0 bis 4 Wochen; n=222) betrug die Seroprävalenz 82% (95% CI 77-87) und sank daraufhin kontinuierlich ab. Bei Kindern, die zum Zeitpunkt der Untersuchung zwischen 21 und 24 Wochen alt waren (n=55), zeigte sich eine Seroprävalenz von 7% (95% CI 2-18). Bei keinem der um den neunten Lebensmonat untersuchten Kinder (n=94) waren Masern IgG-Antikörper nachweisbar (Alter zum Untersuchungszeitpunkt: 41 bis 48 Wochen; Seroprävalenz: 0%; 95% CI 0-4). Die Seroprävalenz stieg bei den nachfolgenden Altersgruppen wieder an und erreichte zum Ende des zweiten Lebensjahres 83% (Alter zum Untersuchungszeitpunkt: 97-104 Wochen, n=69; 95% CI 72-91).

    Bei der Alterskohorte, die im Jahr 2000 oder später geboren wurde und zum Untersuchungszeitpunkt älter als 2 Jahre war (n= 3689), lag die Seroprävalenz bei 86% (95% CI 85-87), bei den Jahrgängen 1980 bis 1999 (n=1607) lediglich bei 83% (95% CI 81-84). Patient*innen, die 1979 oder früher geboren wurden (n=394) waren zu 97% (95% CI 95-98) seropositiv.

    Die Auswertungsergebnisse dieses convenience samples hospitalisierter Patient*innen ist vergleichbar mit Ergebnissen bisheriger Studien, welche höchste Seroprävalenzen bei den Alterskohorten beschreiben, die vor Einführung der MMR-Impfung geboren wurden. Die schlechteste Immunitätslage gegen Masern fanden wir bei erwachsenen Patient*innen, die 1980 bis 1999 geboren wurden. Zielgerichtete Interventionen sollen die Durchimpfungsrate in dieser Altersgruppe steigern ([Abb. 1]).

    Zoom
    Abb. 1  Masern IgG-Seroprävalenz bei Hospitalisierten 0 bis 2-Jährigen mit 95% Konfidenzintervall. Antikörpernachweise der 0-6 Monate alten Kinder wurden in 4-wöchige Altersgruppen zusammengefasst (dunkelblau), ab der 25. Lebenswoche in 8-wöchige Altersgruppen (hellblau).

    Unsere Datenauswertung für unter 2-Jährige, in einer für Deutschland bisher nicht gezeigten Detailtiefe und Stichprobengröße, lässt darauf schließen, dass Kinder nach dem 9. Lebensmonat über keinerlei maternale Masern-Antikörper mehr verfügen und unterstreichen somit die derzeitige Empfehlung, bei erhöhtem Expositionsrisiko zu einem früheren Zeitpunkt zu impfen.


    Publication History

    Article published online:
    08 March 2023

    © 2023. Thieme. All rights reserved.

    Georg Thieme Verlag
    Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany

     
    Zoom
    Abb. 1  Masern IgG-Seroprävalenz bei Hospitalisierten 0 bis 2-Jährigen mit 95% Konfidenzintervall. Antikörpernachweise der 0-6 Monate alten Kinder wurden in 4-wöchige Altersgruppen zusammengefasst (dunkelblau), ab der 25. Lebenswoche in 8-wöchige Altersgruppen (hellblau).