Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/s-0043-125045
„Das Thema künstliche Intelligenz ist in der Radiologie angekommen“
Interview mit Prof. Dr. Michael Forsting, Tagungsleiter des ETIM 2018 UK EssenPublication History
Publication Date:
11 January 2018 (online)
Zum zweiten Mal nach 2017 findet im Februar 2018 der Kongress Emerging Technologies in Medicine – ETIM statt. Initiator des Zukunftskongresses ist Prof. Dr. Michael Forsting, Direktor der Universitätsradiologie Essen. Im Interview skizziert er die Themen der kommenden Tagung und welche Bedeutung sie für die Radiologie haben.


Herr Prof. Forsting, erneut geht es 2018 um Artificial Intelligence (AI) – was hat
sich auf dem Feld in den vergangenen Monaten getan?
Das Thema AI ist in der Radiologie angekommen. Es gibt Start-ups, die gerade nicht
aus dem medizinischen Bereich kommen, die aber das Interesse und das Know-how mitbringen,
unsere radiologischen Daten zu managen. Die tummeln sich mittlerweile auf radiologischen
Kongressen, in Amerika, Asien, Europa. Auf Vorträgen zum Thema künstliche Intelligenz
sind die Säle voll. Und: Mittlerweile geht es nicht mehr um Spielereien und Experimente,
sondern um die Potenziale für die Anwendung. Ein Beispiel aus China: Dort diskutiert
man, ob man für die Einführung eines Lungenscreenings auf künstliche Intelligenz setzen
soll – das Land hätte gar nicht die erforderliche Zahl an Radiologen, um diese hochspezialisierte
Reihenuntersuchung mit menschlicher Hilfe auf die Beine stellen zu können.
Was verbirgt sich hinter dem zweiten Themenschwerpunkt Robotics?
Das Thema Robotics ist primär ein Thema für die Chirurgie, Stichwort assistiertes
Operieren. Für die Radiologie sehe ich die Entwicklung auf dem Roboter-Markt vor allem
im Pflege- und Servicebereich. Radiologie ist ein Fach mit enorm hohem Durchlauf an
pflegebedürftigen Patienten, die nicht nur geröntgt werden müssen, sondern zuvor auch
ordnungsgemäß auf dem Untersuchungstisch gelagert werden. Für diese Arbeit kann ich
mir die Unterstützung durch Pflegeroboter sehr gut vorstellen.
Ein Erfolgsrezept des ETIM scheint zu sein, dass nicht nur medizinische Referenten
sprechen, sondern auch Entwickler, Ingenieure, Grundlagenforscher…
Die nicht nur im Podium zu finden sind, sondern auch im Publikum! Eine der Aufgaben
unseres Kongresses ist es, der Industrie von den Bedürfnissen der Medizin zu erzählen.
Ein Unternehmen wie KUKA (führender Hersteller für Roboter und Automatisierungslösungen,
die Red.) hat seine primären Märkte in der industriellen Fertigung. Wir wollen denen
erzählen, was unsere medizinischen Anforderungen an Robotertechnik sind. Hier müssen
Branchen und Denkwelten zusammengebracht werden, die zuvor wenig miteinander zu tun
hatten.
Ein Vortrag – es ist der erste Vortrag am Freitagmorgen – greift eine Frage auf, die
gerade viel in der radiologischen Community diskutiert wird. Should we be afraid of
AI? von Dr. Felix Nensa. Was ist Ihre Meinung: Should we?
Wir sollten Respekt vor der künstlichen Intelligenz haben. Und bereit sein, die neuen
Technologien anzugehen. AI wird uns Radiologen viel Routine-Arbeit abnehmen können.
Ich kann mir vorstellen, dass wir in einigen Jahren, sinnvollerweise über das PACS,
AI-Applikationen abrufen, die uns sagen, wieviel entzündliche Herde ein MS-Patient
hat, Applikationen, die uns beim Tumorstaging helfen oder die Bandscheibenvorfälle
auf den Bildern markieren. Das nimmt uns keine Arbeit weg, es ist ein bisschen wie
die Lehrbuchsammlung, die jeder Radiologe heute im Regal stehen hat. Diese Anwendungen
entlasten uns, und das verbessert unsere Medizin. Die Diskussion um den Einsatz von
künstlicher Intelligenz darf nicht über Rationalisierungsängste geführt werden, sondern
es muss um Qualität gehen. Und wenn künstliche Intelligenz die Qualität der Radiologie
verbessert – wovon ich überzeugt bin – dann wird sie sich in den Gesundheitssystemen
der westlichen Welt durchsetzen.
Weitere Informationen zu dieser Veranstaltung:
Emerging Technologies in Medicine (ETIM 2018) – Artificial intelligence and robotics.
16.–17.02.2018 in Essen, Lehr- und Lernzentrum der Medizinischen Fakultät.
Anmeldung und weitere Informationen unter https://etim.uk-essen.de/

