Aktuelle Dermatologie 2018; 44(04): 134
DOI: 10.1055/s-0043-122618
Derma-Fokus
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Körperschmuck bei Jugendlichen erhöht Risiko für Kontaktallergien

Lagrelius M. et al.
A population-based study of self-reported skin exposures and symptoms in relation to contact allergy in adolescents.

Contact Dermatitis 2017;
77: 242-249
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Publication History

Publication Date:
11 April 2018 (online)

 

    Kontaktallergien können durch chronische Exposition der Haut gegenüber einer Reihe von chemischen Substanzen entstehen, beispielsweise Metall aus Schmuck- oder Kleidungsstücken, Kosmetika und Haarfärbemittel. Die Untersuchungen dazu stammen aber vor allem aus dermatologischen Zentren – Angaben über die Häufigkeit solcher Expositionen, die sich dabei entwickelnden Symptome und Allergien in der Allgemeinbevölkerung sind rar.


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    Schwedische Mediziner haben daher Daten von mehr als 3000 Teilnehmern der BAMSE-Kohorte daraufhin ausgewertet. Bei dieser Kohorte handelt es sich um zwischen 1994 und 1996 in einem Stockholmer Stadtteil geborene Kinder, bei denen im Verlauf Risikofaktoren für verschiedene Erkrankungen aus dem allergischen Formenkreis ermittelt werden sollen. Die Kinder bzw. Jugendlichen wurden im Alter von 1 Jahr, 2, 4, 8 und 16 Jahren nachuntersucht, und für die jetzige Auswertung zogen Maria Lagrelius und ihre Kollegen Ergebnisse der letzten Kontrolle im Alter von 16 Jahren (15,7 – 19 Jahre) heran.

    Dabei füllten die Jugendlichen u. a. einen webbasierten Fragebogen aus, in dem es um das Tragen von Körperschmuck (Piercing, Tattoos) und die Verwendung von u. a. Kosmetika, Haarfärbemitteln und Hygieneprodukten ging. Darüber hinaus sollten die Befragten angeben, ob nach solchen Expositionen Beschwerden von Seiten der Haut aufgetreten waren. In einer Subgruppe von 2285 Teilnehmern war außerdem ein Epikutantest zum Nachweis von häufigen Kontaktallergien erfolgt. Dabei waren Metall, Duftstoffe, Konservierungsmittel, chemische Substanzen aus Kunststoffen und Gummi, p-Phenylendiamin (PPD) und Glukokortikoide als Allergene eingesetzt worden.

    Die Wissenschaftler suchten nun nach Assoziationen der erfragten Expositionen, Symptomen und, soweit vorhanden, Ergebnissen im Epikutantest. Die Auswertung ergab

    • ein Piercing bei 55 % der Jugendlichen (92,7 % der Mädchen und 16,5 % der Jungen) und

    • die Verwendung von Haarfärbemitteln bei 50,1 % (77,4 % der Mädchen und 21,8 % der Jungen),

    während Tattoos seltener getragen wurden (2,4 % insgesamt).
    Ein juckender Hautausschlag bzw. Ekzeme waren vielfach angegebene Symptome nach Kontakt mit Metall (16,4 % insgesamt, 26,6 % der Mädchen und 6,2 % der Jungen). Am häufigsten handelte es sich dabei um Piercing-Schmuckstücke. Ähnliche Beschwerden traten ebenfalls, wenn auch seltener, auf nach Verwendung von Hygieneprodukten oder Makeup (14,9 %) und Parfüm (14,5 % der Mädchen).

    Berücksichtigte man nun die Ergebnisse der Epikutantests, so fand sich

    • bei 73,5 % der Jugendlichen mit positiver Reaktion auf Nickel ein Piercing, im Vergleich zu 55,3 % bei den Jugendlichen mit negativer Reaktion;

    • bei 64,5 % der Jugendlichen mit positiver Reaktion auf Nickel die Verwendung von Haarfärbemitteln, aber nur bei 48,7 % der Jugendlichen mit negativer Reaktion, und

    • bei 23,9 % der Jugendlichen mit juckendem Hautausschlag nach Verwendung von Hygieneprodukten oder Makeup eine positive Reaktion auf Duftstoffe, im Vergleich zu 15,3 % der Jugendlich mit negativer Duftstoffreaktion.

    Insgesamt errechneten sich nach Adjustierung für das Geschlecht ein erhöhtes Risiko für eine Nickel-Kontaktallergie nach Piercing (Odds Ratio [OR] 1,77) und nach Auftreten eines juckenden Ausschlags nach Metallkontakt (OR 2,25). Ebenso war eine Duftstoffallergie wahrscheinlich bei Probanden, die nach Verwendung von Hygieneprodukten oder Makeup einen juckenden Ausschlag angegeben hatten (OR 2,11). Und schließlich bestand ein stark erhöhtes Risiko für eine Kontaktallergie gegenüber PPD bei denjenigen Teilnehmern, die nach dem Haarefärben Symptome wie Juckreiz, Schwellungen und Blasenbildung beschrieben hatten (OR 6,73).

    Fazit

    Ein Großteil der untersuchten Jugendlichen hat im Alter von 16 Jahren bereits Kontakte mit Piercings und mit Haarfärbemitteln hinter sich, vor allem die Mädchen, fassen die Autoren zusammen. Daraus resultieren erhöhte Risiken für eine Reihe von Allergien, u. a. auf Nickel, Duftstoffe und PPD. Dieses erhöhte Risiko für häufig im Alltag verwendete Substanzen könnte sich im späteren Leben negativ bei verschiedenen beruflichen Tätigkeiten und ganz allgemein auf die Lebensqualität auswirken.

    Dr. Elke Ruchalla, Bad Dürrheim

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    Ein Großteil der Jugendlichen hat im Alter von 16 Jahren bereits Kontakte mit Piercings und mit Haarfärbemitteln hinter sich. Daraus resultieren erhöhte Risiken für eine Reihe von Allergien, u. a. auf Nickel, Duftstoffe und PPD. Quelle: PhotoDisc

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    Ein Großteil der Jugendlichen hat im Alter von 16 Jahren bereits Kontakte mit Piercings und mit Haarfärbemitteln hinter sich. Daraus resultieren erhöhte Risiken für eine Reihe von Allergien, u. a. auf Nickel, Duftstoffe und PPD. Quelle: PhotoDisc