Z Gastroenterol 2017; 55(12): 1536-1538
DOI: 10.1055/s-0043-122510
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Endoskopische Abtragung eines neuroendokrinen Tumors im Duodenum mittels Vollwandresektion

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Publication Date:
06 December 2017 (online)

Wir berichten über eine 62 Jahre alte Patientin, die sich erstmalig im Juni 2016 in unserer Praxis vorstellte. Grund der Zuweisung war eine auswärtig festgestellte Veränderung im Bulbus duodeni, die von den Kollegen als submucös gelegen beschrieben wurde. Tiefe Biopsien aus dem Tumor hatten die Diagnose eines neuroendokrinen Tumors erbracht. Eine Flush-Symptomatik, Diarrhöen oder B-Symptomatik wurden anamnestisch verneint. Die Histologie zeigte einen gut differenzierten Tumor, die in der auswärtigen Gastroskopie beschriebene Größe der Veränderung betrug etwa ein Zentimeter.

Die Entfernung kleiner neuroendokriner Neoplasien (NEN) eröffnet die Möglichkeit, solche Tumoren in einem frühen Tumorstadium bereits definitiv zu entfernen. Allerdings sind nur kleine, auf die Mucosa begrenzte NET sicher durch konventionelle Verfahren endoskopisch abzutragen. Wenn NEN bereits tiefere Wandschichten des Gastrointestinaltraktes befallen haben, wird immer eine chirurgische Resektion erforderlich sein.

Wir führten bei der Patientin zunächst eine Endosonografie durch. Dabei zeigte sich, dass der Tumor auch die Submucosa betraf. Vergrößerte Lymphknoten oder Hinweise auf eine Metastasierung waren weder in dieser Untersuchung noch in der anschließenden CT-Untersuchung des Abdomens und des Thorax zu finden. Der Chromogranin A Wert lag im Normbereich.

Wir besprachen mit der Patientin ausführlich die Situation und diskutierten neben der klassischen chirurgischen Entfernung auch die Möglichkeit einer Entfernung mit dem FTRD-System. Bei dem genannten System, dessen Abkürzung für „full-thickness resection device“ steht, handelt es sich um die kommerziell erwerbliche Methode zur endoskopischen Vollwandresektion. Die Patientin entschied sich auch nach Aufklärung über die noch begrenzten Erfahrungen im oberen Gastrointestinaltrakt für das endoskopische Verfahren.

Da keine Zulassung des Systems für den oberen Gastrointestinaltrakt bestand, wollten wir die Patientin erneut einbestellen, sobald das System für diese Indikation zugelassen sei. Nach Rücksprache mit der Firma sollte diese Anfang 2017 erfolgen. Allerdings kam es scheinbar zu Verzögerungen, die Patientin drängte ihrerseits jedoch auf eine rasche Behandlung. So entschlossen wir uns im September dieses Jahres zu einer Resektion mit dem zugelassenen FTRD System für den unteren Intestinaltrakt.

Das FTRD-System-Set ist ein Instrument für die flexible Endoskopie zur Vollwandentfernung und diagnostischen Gewebegewinnung durch Resektion geeigneter Läsionen. Es basiert auf dem bekannten OTSC-System und ermöglicht die Entfernung geeigneter Läsionen unter Einbeziehung aller Wandschichten, bis zur Serosa. Die reinen Materialkosten liegen bei ungefähr 1000 Euro und können nur im stationären Bereich abgerechnet werden. Wir haben seit geraumer Zeit Erfahrungen mit dem System im unteren Intestinaltrakt und rechnen aufgrund der Kosten diese Patienten stets über die Hauptabteilung unseres Hauses ab. Die belegärztliche Abrechnung führt zu Verlusten, was die grundsätzliche Problematik der Abrechnung belegärztlicher Leistungen zeigt.

Wir sind zurzeit in dem Marienkrankenhaus Kassel belegärztlich tätig. Kostenträchtige Maßnahmen sind im Rahmen dieser Belegarzttätigkeit nur schwierig durchzuführen, weil bei belegärztlich untergebrachten Patienten ein Abschlag berechnet wird. Wir führen diese Eingriffe daher über die vollstationäre Abteilung durch und berechnen unsere Leistung konsiliarisch.

Trotz der fehlenden Zulassung des jetzigen Systems für den oberen GI Trakt sind mehrere Fälle zur Entfernung von Duodenaladenomen und auch subepithelialen Tumoren publiziert. Die letzte Fallserie mit 16 Patienten wurde anlässlich der DGVS Tagung von der Arbeitsgruppe um Prof. Caca (Ludwigsburg) vorgestellt. In allen Publikationen erwies sich das System als sicher und effektiv, der limitierende Faktor ist nur die relative Enge am oberen Ösophagussphincter, was für die verwendete Kappe problematisch sein kann.

Am 7.9.2017 führten wir die Resektion durch. Das Einführen des Systems war dabei unproblematisch, die Läsion ließ sich mit Hilfe der Fasszange gut ergreifen und in die Kappe ziehen. Die vollständige Abtragung war möglich. In den folgenden Tagen entwickelte die Patientin eine funktionelle Magenausgangsstenose, die eine parenterale Flüssigkeitsgabe und auch Ernährung über einen ZVK erforderlich machte. Eine gastroskopische Kontrolle zeigte einen korrekt sitzenden Clip auf der Abtragungsstelle. Die Schleimhaut war deutlich geschwollen, die Passage nur mit geringem Druck möglich. In den folgenden Tagen besserten sich die Beschwerden der Patientin, die in erster Linie als Übelkeit geäußert wurden, deutlich, so dass sie nach Hause entlassen werden konnte. Die Histologie zeigte ein gut differenziertes neuroendokrines Karzinom mit der Klassifikation pT2, pNX,pMX, L0,V0, R0.

Zusammenfassend zeigt sich, wie auch in den Vorpublikationen vor allem aus der Ludwigsburger Arbeitsgruppe (Bauder M. et al. Z Gastroenterol 2017; 55(08): e57-e299) berichtet, dass mit dem FTRD-System auch im oberen GI-Trakt submucöse Tumoren unter Berücksichtigung der Größe und Lokalisation sicher und effektiv abgetragen werden können. Den Patienten kann damit ein operatives Verfahren erspart werden, was nicht nur eine Reduktion der perioperativen Risiken bedeutet, sondern auch den Erhalt einer uneingeschränkten Lebensqualität mit sich bringt.