Schlüsselwörter
Kopf-Hals-Tumor - Oropharynxkarzinom - Karzinogenese - Humanes Papillomavirus - Immuntherapie
1. Einleitung und Zusammenfassung
1. Einleitung und Zusammenfassung
Das Oropharynxkarzinom (OSCC) ist der einzige Kopf-Hals-Tumor (KHT) mit deutlich steigender
Inzidenz. Hierfür sind Infektionen mit onkogenen, sogenannten hochrisiko (HR) Humanen
Papillomaviren (HPV) verantwortlich, die aktuell zunehmend häufiger in OSCC nachgewiesen
werden. Die Übertragungswege von HPV im Oropharynx sind nach wie vor nicht bekannt.
Es gibt jedoch zahlreiche Hinweise, dass die Übertragung von HR HPV durch sexuelle
Kontakte erfolgt. Die Karzinogenese beim HPV-positiven OSCC (HPV OSCC) wird vorwiegend
durch virale Onkoproteine getrieben. Jedoch spielen genetische Veränderungen ebenfalls
eine bedeutende Rolle und häufig liegen zusätzliche Risikofaktoren der klassischen
Karzinogenese (Nikotin) vor. Die genetischen Untersuchungen zeichnen bisher noch kein
eindeutiges Bild HPV OSCC-spezifischer Mutationen. In Untersuchungen epigenetischer
Veränderungen (DNA-Methylierung, microRNA, Tumormetabolismus, Immun-Escape, Gen-Expression)
sind jeweils HPV spezifische Aberrationen identifiziert, die Ansatzpunkte für zukünftige
zielgerichtete Therapien aufdecken. Patienten mit HPV OSCC sind häufig jung, relativ
gesund und haben weniger lifestyle-Risiken akkumuliert; im Vergleich zu HPV-negativen
OSCC ist das Gesamtüberleben dieser Patienten erheblich besser. Das bessere Gesamtüberleben
und weniger zusätzliche Risikofaktoren lassen daher v. a. diese Patientengruppe als
geeignet erscheinen, um von einer De-Intensivierung der Therapie oder zielgerichteten
Therapieoptionen zu profitieren. Ab Januar 2017 gelten aktualisierte TNM-Regeln und
Stadiengruppierungen für HPV OSCC. Als Testverfahren ist international der p16INK4a(p16)-Test
vorgeschlagen. Die Testung von HPV OSCC sollte jedoch, wenn möglich mittels dualem
Nachweis von HPV DNA und p16-Expression erfolgen. HPV OSCC werden dann, im Vergleich
zu früher, in kleinere UICC-Stadiengruppen eingeteilt. Nach der Therapie haben Patienten
mit HPV OSCC eine um ca. 30% bessere Prognose für das Überleben nach 5 Jahren und
zwar in allen Therapiemodalitäten. HPV ist also kein Prädiktor für Chirurgie oder
Strahlentherapie, daher haben tumorsanierende Operationen nach wie vor einen hohen
Stellenwert. Aktuell werden zahlreiche Studien mit einer weniger intensiven Therapie
durchgeführt, bisher liegen jedoch zusätzlich noch keine Ergebnisse vor. Für die neuen
Immuntherapien wird der Stellenwert beim HPV OSCC ebenfalls untersucht. Bemerkenswert
sind chirurgische Therapieoptionen bei Fernmetastasierung, es ergeben sich auch dann
häufig noch kurative Therapieansätze. Neben der Erhebung von Funktionseinschränkungen
ist dies folglich für die Nachsorge unserer Patienten bedeutsam. Zukünftig wird für
Patienten mit HPV OSCC mit hoher Wahrscheinlichkeit sowohl spezifische, als auch deintensivierte
Therapie verfügbar sein. Für die Zuordnung zu Therapieverfahren werden aktuell Risikomodelle
entwickelt und diskutiert. Möglicherweise liefert die virale Karzinogenese eine wertvolle
Option für molekulare Früherkennung und Nachsorge mittels Blutproben (sogenannte Liquid
Biopsy). Bis dahin sollten wir HNO-Ärzte für die Durchführung einer HPV Impfung bei
Mädchen und Jungen werben, weil dadurch wahrscheinlich fast alle Fälle von HPV OSCC
vermieden werden könnten.
2. Epidemiologie
2.1 Update zur Inzidenzzunahme des Oropharynxkarzinoms
Beim KHT sind steigende Inzidenzraten für HPV-getriebene Tumoren beschrieben während
die Häufigkeit aller KHT in entwickelten Ländern abnimmt. Bei vergleichender Analyse
amerikanischer Registerdaten aus 1973–2012 und 2000–2012 wurde bspw. eine Verdoppelung
für das OSCC (häufig HPV-getrieben) bei gleichzeitiger Abnahme der Inzidenzrate für
das Mundhöhlenkarzinom (selten HPV-getrieben) beschrieben [1]. Aus kanadischen Registerdaten wurde gleichfalls eine Abnahme der allgemeinen Inzidenz
für KHT bei gleichzeitiger Zunahme für das OSCC aktuell berichtet [2]. Dieser epidemiologische Trend wird auf der Grundlage nahezu aller publizierter
Originalarbeiten auf die steigende Prävalenz onkogener HPV im OSCC zurückgeführt [3]. In Abhängigkeit von Studiendesign und Nachweisverfahren reicht die Prävalenz onkogener
HPV im OSCC in aktuell publizierten Serien aus Skandinavien bis zu 85% [4]. Es ist zumindest anzunehmen, dass die in den Originalarbeiten beschriebene Prävalenzzunahme
alleine aufgrund methodischer Mängel jedoch überschätzt wird. Vom Design her wurden
bspw. ältere mit neueren Präparaten verglichen, hierdurch erklärt sich ein systematischer
Fehler. Im deutschen Sprachraum ist von einer HPV-Prävalenz für das OSCC aktuell von
20–40% auszugehen [5]
[6]
[7]. Für das Tonsillenkarzinom wurde jedoch bereits vor 15 Jahren in über 50% der Fälle
onkogene HPV detektiert [8], hier muss der Anteil HPV attributierbarer OSCC wesentlich höher angenommen werden.
Aus unserem eigenen untersuchten Kollektiv ([Abb. 1]) von Patienten mit OSCC konnte in einer vergleichenden Untersuchung an 599 Patienten
ein Anstieg der HPV Prävalenz von knapp über 20% der Patienten auf aktuell über 50%
der Patienten gezeigt werden [7]. Auch bei vergleichender Analyse der HPV Prävalenz in zervikalen Filiae beim CUP-Syndrom
konnte im Gießener Patientenkollektiv eine deutliche Zunahme auf aktuell nahezu 75%
der Patienten beobachtet werden. Zusammengefasst zeigen die publizierten Arbeiten
eine stetige Zunahme der Inzidenzzahlen für das OSCC und für diesen Inzidenzanstieg
sind nach übereinstimmenden Berichten aus der Literatur die Inzidenzunahme HPV-getriebener
Tumoren verantwortlich.
Abb. 1 Die Prävalenz onkogener HPV bei OSCC Patienten, die in Gießen behandelt wurden ist
ansteigend. Aktuell liegt die Prävalenz über 50%. Datenpunkte repräsentieren Mittelwerte
aus jeweils 4 Jahren.
2.2 Bedeutung des HPV Nachweises außerhalb des Oropharynx
Aus gesundheitsökonomischer Sicht ist der Anteil HPV-getriebener KHT in anderen anatomischen
Lokalisationen als Oropharynx ebenfalls von großem Interesse. Bspw. könnten diese
Fälle auch durch konsequente HPV-Primärprophylaxe in Form einer Impfung vermieden
werden. Weiterhin könnten Patienten in den Genuss einer deintensivierten Therapie
kommen mit entsprechend reduzierten Nebenwirkungen, denn für HPV OSCC ist zu erwarten,
dass reduzierte Therapieintensitäten in naher Zukunft etabliert sein werden. Hierzu
ist erstens die Frage relevant, ob der Nachweis von HPV in Geweben außerhalb des Oropharynx
eine echte HPV-getriebene Karzinogenese anzeigt oder ob es sich nur um zufällig nachgewiesene
Infektionen ohne weitere Relevanz handelt. Zweitens ist die Frage relevant, ob sich
der Nachweis von HPV in non-OSCC auch in einer verbesserten Prognose der Patienten
zeigt.
In einer aktuellen US-amerikanischen Arbeit aus 2015 konnte auch außerhalb des Oropharynx
eine hohe Rate HPV-positiver DNA-Testergebnisse (70.1% Oropharynx, 32.0% Mundhöhle
und 20.9% Larynx) gezeigt werden [9]. Betrachtet man jedoch die gesamte publizierte Literatur und Meta-Analysen zur Frage
von HPV-Positivität außerhalb des Oropharynx ist das Ergebnis uneinheitlich [10]
[11]
[12]. Aus einem Daten-Set einer Meta-Analyse von 12263 Patienten wurden HPV attributierbare
Fraktion für die Mundhöhle (24,2%) und Larynx (22,1%) basiert auf DNA-Nachweis berichtet.
Außerhalb des Oropharynx konnten jedoch kaum Datensätze mit dualem Testergebnis (HPV-DNA
und p16-Test) ausgewertet werden [13]. Aktuell wurden eine umfangreiche spanische Untersuchung mit Ergebnissen von 3680
Patienten mit KHT nach kombinierter Testung für DNA, RNA und p16 vorgelegt. Dabei
wurde eine HPV Prävalenz beim Mundhöhlenkarzinom von 4,4% und beim Larynxkarzinom
von 3,5% ermittelt bei Positivität aller 3 Tests waren die Ergebnisse sogar noch deutlich
geringer. Dadurch werden die zuvor berichteten teilweise sehr hohen Raten HPV-getriebener
KHT außerhalb des Oropharynx deutlich relativiert [14]. Ein Großteil positiver HPV Testergebnisse außerhalb des Oropharynx zeigt somit
wahrscheinlich keine HPV-getriebene Karzinogenese an, sondern es handelt sich dabei
um akute Infektionen oder falsch positive Testergebnisse.
Zur Relevanz des HPV-Nachweises außerhalb des Oropharynx hinsichtlich der Prognose
der Patienten liegen keine prospektiven Untersuchungen vor. Wir können jedoch anhand
retrospektiver Daten von Patienten, die mittels Radiotherapie (RT) oder kombinierter
Radiochemotherapie (RCT) im Rahmen von klinischen Studien behandelt wurden, darauf
schließen, dass ein positiver p16-Test außerhalb des Oropharynx geringe prognostische
Aussagekraft besitzt. Im DAHANCA Konsortium in Dänemark wurden 1294 Patienten mit
fortgeschrittenen KHT mittels RT oder RCT behandelt und in KHT außerhalb des Oropharynx
konnte keine prognostische Aussagekraft herausgearbeitet werden [15]. Weiterhin wurden p16 positive non-OSCC Patienten nach Behandlung im Rahmen von
3 RTOG-Studien ausgewertet. Dabei hatten im Vergleich zu p16-positiven OSCC Patienten,
non-OSCC Patienten ein um 50% erhöhtes Sterberisiko [16]. Für Patienten mit Larynxkarzinom wurden sogar schlechtere Überlebensraten publiziert,
wenn der p16 Test positiv war [17]. Serologische Untersuchungen sprechen ebenfalls gegen einen Zusammenhang zwischen
Erkrankungsrisiko an KHT (außer Oropharynx) und einer HR-HPV-Infektion. Odds Werte
für das Risiko an OSCC zu erkranken betrugen bei der Analyse von HPV-16 spezifischen
Antikörpern 14,6 für OSCC gegenüber 3,6 (Mundhöhle) und 2,4 (Larynx) [18]. In einer neueren Untersuchung (ARCAGE-Studie) wurden 1496 KHT untersucht und HPV16
L1- und E6-Antikörper mit einer Risikoerhöhung um die Faktoren 8,6 bzw. 132,0 für
die Entwicklung eines OSCC ermittelt. Demgegenüber wurden bspw. für das Larynxkarzinom
marginale Werte von 1,54 und 4,18 beschrieben [19].
Zusammengefasst ist die Prävalenz HPV-getriebener Tumoren außerhalb des Oropharynx
deutlich niedriger als angenommen und kann derzeit grob geschätzt mit unter 5% angenommen
werden. Es existiert keine belastbare Evidenz dafür, dass die Prognose dieser Patienten
vergleichbar mit OSCC Patienten deutlich besser ist.
2.3 Epidemiologie kanzerogener HPV-Infektionen
Weil nahezu alle Erwachsenen in Deutschland Kontakt zu onkogenen HPV in der Adoleszenz
haben, ist es bedeutsam zu verstehen, warum das HPV OSCC ausgerechnet in den letzten
Jahrzehnten stetig häufiger und v. a. bei männlichen Patienten auftritt. Die geläufigste
Manifestation einer HPV Infektion sind Warzen und genitale Kondylome. Beide Krankheiten
werden in über 90% der Fälle durch die nicht-onkogene HPV-Typen 6 und 11 verursacht.
Die Infektion kann bereits bei der Geburt übertragen werden und ist dem HNO-Arzt insbesondere
durch die respiratorische Papillomatose vertraut. Echte neoplastische Läsionen am
Gebärmutterhals sind gelegentlich auch durch Typ 6 und Typ 11 bedingt, hier finden
sich jedoch in der überwiegenden Zahl der Fälle die typischen onkogenen HPV-Typen
16, 18, 31 und 45.
Zur Prävalenz einer oralen Infektion mit HPV in der allgemeinen Bevölkerung liegen
Querschnittsstudien vor, über die zeitliche Dynamik haben wir jedoch kaum Daten. In
einem Review aus 18 Studien an 4581 gesunden Erwachsenen wurde die Häufigkeit für
eine orale HR-HPV Infektion mit 1,3% abgeschätzt [20]. Die Altersverteilung der oralen HPV Infektion zeigt eine bimodale Verteilung: Der
erste Peak konnte zwischen 30–34 Jahren und der zweite Peak zwischen 60–64 Jahren
ermittelt werden. Dabei waren die Infektionen signifikant häufiger bei männlichen
Probanden detektierbar [21]. Grundsätzlich ist die Datenlage jedoch keineswegs als gesichert zu betrachten,
denn Frauen hatten in einer anderen Untersuchung genauso häufig genitale onkogene
HPV Infektionen wie Männer [22], lediglich die Zeit bis zur „Clearance“ unterschied sich (geringgradig) zu Ungunsten
der Männer. Häufigkeit und Art geschlechtlicher Kontakte (Oralverkehr, Zungenküsse,
Zahl der Geschlechtspartner) sowie Alter bei der Kohabitarche, Marihuana-Konsum, Zigarettenkonsum
und genitale HPV-Infektion konnten dabei als Risikofaktoren herausgearbeitet werden
[23]. Die durchschnittliche Dauer einer oralen HPV-Infektion wurde an 1626 männlichen
Probanden untersucht und im Durchschnitt mit etwa 7 Monaten ermittelt, die Nachbeobachtungszeit
betrug dabei jedoch nur 13 Monate [24]. Die Großzahl oraler HPV Infektionen heilt also innerhalb mehrerer Monate folgenlos
aus, Reinfektionen sind selten. Bemerkenswert ist weiterhin, dass bei Partnern von
HPV OSCC Patienten die Infektionsrate auch nur knapp über 1% liegt [25]. Immundefizienz (HIV-Infektion), Zigarettenkonsum und ein hohes Lebensalter sind
als Risikofaktoren für eine persistente orale HPV-Infektion ebenfalls beschrieben
[26]. Zum Verständnis der höheren Häufigkeit oraler HPV Infektionen bei Männern tragen
weiterhin Daten bei, die eine höhere Anzahl von Geschlechtspartnern, ein jüngeres
Alter bei der Kohabitarche und zahlreichere orale sexuelle Kontakte bei Männern aufzeigten
[27]. Ein weiterer Hinweis auf die Suszeptibilität von Männern für HPV-16 verursachte
OSCC ist, dass genitale HPV Infektionen beim Mann überwiegend durch HPV-Typ 16 und
nicht Typ 18 verursacht sind [28].
Wirklich handfeste Daten warum überwiegend Männer HPV-16 getriebene OSCC entwickeln
liegen also nicht vor, jedoch gibt es zahlreiche Hinweise für eine Akkumulation von
Risiken (Kinetik der Infektion, Nikotin, sexuelle Risiken, s. Kapitel 4). In der Summe
könnte hierdurch erklärt werden, warum aktuell geschätzt 75% der Patienten mit HPV
OSCC männlich sind. Im Gegensatz zur Datenlage für den Inzidenzanstieg beim OSCC gibt
es jedoch keine Daten, die eine Zunahme oraler HR-HPV-Infektionen belegen.
2.4 Entwicklung in Regionen mit konsequenter Primärprophylaxe
Eine Primärprophylaxe gegen kanzerogene HPV steht in Form der HPV-Vakzine zur Verfügung.
Der von der Firma Sanofi Pasteur MSD hergestellte vierfach-Impfstoff Gardasil wurde
im Jahr 2006 in den USA und Europa zugelassen. Ein Jahr später erfolgte die Zulassung
des bivalenten Impfstoffes Cervarix. Beide Impfstoffe enthalten das rekombinante Kapsidprotein
L1, jeweils der HPV-Typen 16 und 18, bzw. 6, 11, 16 und 18. Ab April 2016 ist der
neunfach-Impfstoff Gardasil 9 verfügbar und schützt zusätzlich vor den HR-HPV-Typen
31, 33, 45, 52 und 58. Vorteile sind ein erweiterter Impfschutz und ein 2-Dosen-Schema
(im Abstand von 5–13 Monaten). Die HPV-Impfstoffe sind ab einem Alter von 9 Jahren
zugelassen und die Impfung soll vor dem ersten Geschlechtsverkehr durchgeführt werden.
Die Zulassung besteht für Mädchen und Jungen, allerdings empfiehlt die STIKO aktuell
nur die Impfung von Mädchen und auch nur diese wird von den Krankenkassen erstattet.
Der HPV-Impfstoff wird aktuell in Deutschland nicht breit genutzt. Nach einer Analyse
der Versichertendaten der AOK Baden-Württemberg waren von den jungen Frauen des Jahrgangs
1996 nur 37% vollständig geimpft. Zum Vergleich liegt die Impfquote bei Mumps und
Röteln laut RKI bei 92%. Vergleichbare Daten mit Vakzinierungsraten<40% bei Mädchen
wurden vom Gesundheitsministerium in 2014 publiziert [29]. Die Datenlage spricht eindeutig für eine Impfung auch von Jungen. Allerdings wurde
die Zulassungsstudie naturgemäß anhand von Krebsvorläuferstufen an der Zervix durchgeführt
und entsprechend beziehen sich Kosten-Nutzen-Analysen ebenfalls auf Erkrankungen der
uterinen Zervix [30].
In 2015 hatten 34% der Länder weltweit ein HPV-Immunisierungsprogramm. Von einer Vakzinierung
profitierten im selben Zeitraum jedoch populationsbedingt lediglich weniger als 5%
aller Frauen (in Ländern mit hoher Inzidenz häufig kein Programm). Aus Ländern mit
einer hohen Coverage sind zahlreiche Daten vorhanden, die einen Effekt auf HPV-bedingte
Erkrankungen auch abseits des Zervixkarzinoms berichten. Bspw. konnte in einer Literaturübersicht
aus 2015 in Ländern mit einer Immunisierungsrate von über 50% eine Reduktion der HR-HPV-Infektionen
um 68%, sowie anogenitaler Warzen den von über 60% herausgearbeitet werden [31]. Die höchsten Abnahmen HR-HPV bedingter Neuerkrankungen außer Zervixkarzinom wurden
konsistent aus Ländern mit Vakzinierungsprogramm und so genannter „catch-up“ Vakzinierung
älterer nicht-geimpfter Personen berichtet (Australien, Kanada, Dänemark und Neuseeland).
Die Programme wurden nahezu immer begleitend zur Schuldbildung implementiert.
Aus Australien liegen überzeugende Daten zur respiratorischen Papillomatose (RRP)
vor [32]. Von Pädiatern und HNO-Ärzten wurden zwischen 2011 und 2015 neu aufgetretene Fälle
juveniler RRP gesammelt und in einem Kongreßbericht publiziert. Lediglich 13 Fälle
wurden gemeldet (7–2012, 3–2013, 2–2014 und 1 Fall in 2015). Keine der Mütter dieser
Fälle hatte einen Impfschutz. Zwei Strategien werden zur Prophylaxe der RRP bei Kindern
zusätzlich diskutiert: erstens die Impfung von Neugeborenen, wenn bei der Mutter Kondylome
bestanden und zweitens die Impfung von Schwangeren mit nachgewiesener HPV 6 oder 11-Infektion
um ggf. durch Weitergabe von Antikörpern das Kind vor einer Infektion zu schützen.
Bei geimpften Müttern konnten vergleichbar hohe Antikörpertiter in Neugeborenen gezeigt
werden [33].
Oropharynxkarzinome treten überwiegend bei männlichen Patienten auf, bei der RRP ist
das Geschlechterverhältnis annähernd ausgeglichen. Zahlreiche weitere Erkrankungen
mit hoher Last für die Betroffenen sind durch kanzerogene und nicht-kanzerogene HPV
bedingt. Welcher Nutzen ist nun für andere Krankheiten als das Zervixkarzinom zu erwarten?
Bei konsequenter Impfprophylaxe sollte auch ein dramatischer Effekt auf die Inzidenzraten
von HPV OSCC zu erwarten sein. In vielen Publikationen ist die HPV-Impfung daher auch
für Jungen empfohlen und die Empfehlung kann nach Ansicht der Autoren uneingeschränkt
nachvollzogen werden.
3. Karzinogenese
Die Karzinogenese ist ein aus mehreren Stufen bestehender Prozess, in dem genetische
und epigenetische Veränderungen in Krebs-assoziierten Signalwegen im Laufe der Zeit
akkumulieren. Dies erzeugt den typischen Phänotyp maligner Zellen gekennzeichnet durch:
unbeschränktes Replikationspotenzial, Unabhängigkeit von Wachstumsfaktoren, unterdrückte
Apoptosefähigkeit, invasives Wachstum und Metastasierungspotenzial, sowie gesteigerter
Angiogenese [34]
[35]. Das individuelle Risiko eine Krebserkrankung zu entwickeln hängt von extrem diversen
und z. T. voneinander abhängigen Faktoren ab und kann dementsprechend schwer bestimmt
werden. Die wichtigsten Gruppen von Risikofaktoren umfassen: Umwelteinflüsse (UV-
und andere natürliche Strahlung, anthropogene Stoffe / Strahlung), Noxen (Tabak- /
Alkoholkonsum, HPV-Infektion), genetische Prädisposition (z. B. BRCA1/2 Mutationen
bei Familiärem Brust- und Eierstockkrebs), Immunfaktoren (Impfungen, Immunsuppressiva)
und Lebensalter.
Bei der Mehrzahl der KHT handelt es sich um Plattenepithelkarzinome, die im Wesentlichen
mit den Risikofaktoren Tabak- und Alkoholkonsum oder onkogenen HPV assoziiert sind.
Die Karzinogenese bei HPV-assoziierten und HPV-negativen KHT ist grundsätzlich unterschiedlich.
Beide Patientengruppen sind mit weiteren spezifischen Risikofaktoren assoziiert (siehe
Kapitel 2). Ein getrenntes Risiko eine der beiden Krebserkankungen zu entwickeln ist
schwer abzuschätzen, da keiner der Risikofaktoren isoliert auftritt und eine Überschneidung
von Risiken in individuellem Umfang nicht die Ausnahme, sondern die Regel ist.
3.1 Leukoplakien – prämaligne Veränderungen
Bei HPV-negativen KHT sind prämaligne Veränderungen seit Jahrzehnten bekannt, insbesondere
in der Mundhöhle [36]
[37]. In Abhängigkeit verschiedener Risikofaktoren (Geschlecht, Größe der Läsion und
WHO-Grad der Dysplasie) wird eine Transformationsrate von 1–2% angenommen. Genetische
Veränderungen scheinen hierbei am verlässlichsten mit der malignen Transformation
einherzugehen, wogegen HPV nur zu etwa 1% in Leukoplakien nachgewiesen wurde [38]
[39]. Grundsätzlich kann die Entartungswahrscheinlichkeit bei Krebsvorstufen nur unsicher
vorhergesagt werden und beim HPV OSCC wurden Krebsvorstufen bisher nicht eindeutig
identifiziert (s. u.).
3.2 Feldkanzerisierung
Leukoplakien sind sichtbare Veränderungen, denen makroskopisch unsichtbare Vorläuferläsionen
vorangehen. Diese nicht erkennbaren Läsionen erklären vermutlich die Neigung nach
der Behandlung lokoregionäre Rezidive zu entwickeln. Durch die Verbindung lokoregionärer
Rezidive mit dem Auftreten dysplastischer Veränderungen im Umfeld wurde 1953 der Begriff
der Feldkanzerisierung entwickelt [40]. Inzwischen ist dieser Begriff mithilfe molekularbiologischer und genetischer Methoden
näher definiert worden. Ein mehrstufiges Entwicklungsmodell aus morphologischen und
genetischen Veränderungen wurde bereits 1996 vorgeschlagen, mit typischen genetischen
Veränderungen bei Dysplasien (loss of heterozygosity (LOH) auf Chromosomen 3p, 9p
und 17p) und Karzinomen (LOH auf Chromosomen 11q, 4q und 8) [41]. Wenig später wurde gezeigt, dass in wenigstens 35% oraler und oropharyngealer Tumore
genetische Veränderungen in Schleimhautzellen im Umfeld von Karzinomen vorliegen,
wobei das Epithel in diesem Bereich normal erschien. Dies spricht dafür, dass die
Karzinogenese ein Feld von unterschiedlichen Vorstufen betrifft, die für das bloße
Auge unsichtbar über Resektionsränder hinausgehen und lokoregionäre Rezidive hervorrufen
können. Weiterhin wurden fokale Bereiche mit immunhistologischer p53-Positivität im
Umfeld von Karzinomen identifiziert, die „klonale Einheiten“ kennzeichnen und aus
einer gemeinsamen Vorläuferläsion hervorgegangen sind [42]. Mutationen in TP53 rufen die Expression (eines inaktiven) Tumorsuppressorproteins
p53 hervor und werden als eine der frühesten onkogenen Veränderungen angesehen. Zusammen
mit der Feldkanzerisierung stellt die mehrstufige Entwicklung das aktuelle Modell
der Karzinogenese bei HPV-negativen KHT dar [43].
3.3 HPV
In der klassischen Vorstellung erfolgt während einer latent persistierenden Infektion
mit onkogenen HPV die Integration der viralen DNA in das Genom der Wirtszelle. Diese
Integration erfordert eine Linearisierung der viralen DNA, die häufig als Bruchstelle
innerhalb des E2 Leserahmen auftritt. Das virale E2 Protein kontrolliert die Aktivität
der viralen Onkoproteine E6 und E7 und der Bruch des E2 Leserahmens führt zu deren
verstärkten Expression. Im natürlichen epidermalen Lebenszyklus von HPV unterbinden
E6 und E7 die Apoptose und treiben den Zellzyklus voran, wodurch die epithelialen
Zellen proliferieren und die Infektion persistent bleibt ([Abb. 2]). In der Folge werden infizierte Zellen in höhere Hautschichten geschoben, wo die
Aktivität von E6 und E7 abnimmt und Hüllproteine der viralen Kapside produziert werden.
Während der HPV-assoziierten Karzinogenese wird p53 durch die Aktivität von E6 für
den proteolytischen Abbau markiert und folglich inaktiviert. E7 bindet an das Retinoblastomprotein
(RB) wodurch der Zellzyklus angetrieben und der Transkriptionsfaktor E2F freigesetzt
wird. Dieser erhöht die Transkription von Genen, die für die Zellproliferation relevant
sind.
Abb. 2 Die molekularen Mechanismen der Karzinogene bei HPV- und Noxen-assoziierten OSCC
(vereinfacht). Dysfunktion der gleichen zellulären Programme (Apoptose, Zellzyklus,
Seneszenz und Immunsystem) führt in beiden Gruppen zur Karzinogenese. Multiple genetische
Veränderungen, die eine Reihe von Komponenten der Signalwege betreffen können, führen
bei Noxen-assoziierten OSCC zur Aktivierung von Onkogenen und Inaktivierung von Tumorsuppressoren.
Dagegen erfolgen durch die HPV-Onkoproteine E5, E6 und E7 gerichtete Eingriffe in
Signalwege, wodurch die gleichen zellulären Programme fehlreguliert werden. Charakteristisch
sind bei Noxen-assoziierten OSCC Mutationen in TP53 wodurch häufig inaktives p53 überexprimiert
vorliegt, sowie Mutationen in den Genen von Rb und p16INK4A (p16) wodurch beide Proteine
reduziert nachweisbar sind. Diese Mutationen fehlen in der Regel bei HPV-assoziierten
OSCC und aufgrund der Aktivität von E7 liegt p16 überexprimiert vor.
Im Unterschied zur schrittweisen Akkumulation genetischer Veränderungen bei HPV-negativen
KHT erfolgen diese beiden wesentlichen Schritte bedingt durch die Aktivität viraler
Onkoproteine beim HPV OSCC. Folglich sind bei HPV-assoziierten KHT Mutationen in TP53
(und dadurch bedingte Überexpression von p53) und HPV-induzierte Felder der Karzinogenese
unbekannt. Dies wurde experimentell durch die Abwesenheit von viralen E6 Transkripten
an Resektionsrändern HPV-assoziierter KHT bestätigt [44]. Im Unterschied zum Zervixkarzinom, bei dem Vorstufen durch Anfärbung durch Essigsäure
verfolgt werden können, sind Vorstufen HPV-assoziierter OSCC unbekannt.
3.4 Genetische Veränderungen
3.4.1 Mutationen
Das am häufigsten bei soliden Tumoren von Mutationen betroffne Gen ist TP53. In einer
vergleichenden Studie wurden whole-exome Analysen an 15 Typen solider Tumore durchgeführt,
in 11 davon war TP53 das häufigste mutierte Gen und in den übrigen Entitäten 2-mal
auf dem zweiten und 1-mal auf dem dritten Platz (hinter KRAS bzw. BRAF und NRAF) [45]. In HNSCC liegt die Mutationsrate von TP53 mit etwa 40% der Fälle im oberen Drittel
solider Tumore. Interessanterweise weist mit knapp 6% das Zervixkarzinom die auffallend
niedrigste TP53 Mutationsrate auf, was mit der sehr hohen Rate HPV-assoziierter Karzinome
zusammenhängt [46]. Mutationen treten an vielen Positionen von TP53 auf, wobei etwa an 12 hotspots
jeweils mehr als 1% aller Mutationen auftreten. 9 dieser hotspots betreffen Aminosäuren,
die direkt an der spezifischen DNA-Bindung von TP53, oder solche, die für die korrekte
Faltung der DNA-Bindedomäne beteiligt sind. Andere Mutationen liegen in Introns und
beeinflussen alternatives splicen/Spleißen von TP53, was Auswirkung auf Isoformen
von TP53 hat.
Neben TP53 sind Mutationen in CDKN2A und RB1 (RB, Retinoblastoma-associated protein)
bei HPV-negativen KHT häufig, sie fehlen jedoch beim HPV-assoziierten OSCC. RB1 kodiert
RB und wie bei p53 wird die Aktivität dieses Signalwegs in HPV-assoziierten KHT durch
virale Onkoproteine dysreguliert, wodurch die geringe Mutationsrate erklärt werden
kann. CDKN2A (cyclin-dependent kinase Inhibitor 2 A) kodiert das Tumorsuppressorprotein
p16, dessen Wirkung in HPV-assoziierten KHT durch Inaktivierung von RB downstream
aufgehoben ist. Aktivierende Mutationen der katalytischen Untereinheiten von PI3K
(Phosphoinositid-3-Kinasen), insbesondere in PIK3CA, sind in mehreren Studien vornehmlich
beim HPV OSCC beschrieben worden [47]
[48]. Dagegen wurden inaktivierende Mutationen im PIK3CA-Inhibitor PTEN häufiger bei
HPV-negativen HNSCC nachgewiesen [49]. PI3K ist ein Multiproteinkomplex, der an der Regulation wichtiger Funktionen wie
Zellwachstum/Zellproliferation, Zelladhäsion/Migration, Differenzierung und Überleben
beteiligt und für HPV-negative und HPV-assoziierte HNSCC offenbar gleichsam bedeutend
ist.
Weitere aktivierende Mutationen wurden in FGFR3 und FBXW7 beim HPV OSCC in mehreren
Studien detektiert [47]
[48]
[50]
[51]. Der membranständige Fibroblastenwachstumsfaktorrezeptor-3 (FGFR3) ist ein Aktivator
des PI3K-Signalwegs und FBXW7 ist an der Inaktivierung von Cyclin E, c-Jun, c-Myc
und Notch1 beteiligt. Mutationen in KRAS wurden ebenso bei HPV OSCC beschrieben [47]
[48], dies konnte jedoch durch eine eigene Studie nicht bestätigt werden [49]. Aktuell bedeutsam erscheinen Mutationen in HLA- und β2-Mikroglobulin-Genen, die
häufiger im HPV OSCC gefunden werden [50]. Dies wurde durch immunhistochemische Untersuchungen bestätigt [52] und könnte im Hinblick auf Immuncheckpoint Therapien zukünftig relevant werden.
3.4.2 Genetische Aberrationen (copy number variation, CNV)
Aufgrund ihrer Größe, die bis hin zum Verlust ganzer Chromosomen oder deren Arme reicht,
zählen chromosomale Aberrationen zu den ersten genetischen Veränderungen, die in malignen
Zellen nachgewiesen wurden. Komplexe Karyotypen mit umfassenden nummerischen und strukturellen
Chromosomenaberrationen sind charakteristisch für KHT [53]. Entsprechend dem Modell der Feldkanzerisierung konnten in CGH Analysen distinkte
chromosomale Veränderungen mit Progression einer Dysplasie bis hin zum invasiven Karzinom
korreliert werden. Der Übergang von leichter zur moderaten Dysplasie war hierbei gekennzeichnet
von Zugewinnen auf Chromosom 3q26-qter, 5p15, 8q11-21, und 8q24.1-qter und Verlusten
auf 18q22-qter. Zugewinne auf 11q13, 14q, 17q11- 22, und 20q und Verluste von 9p waren
hingegen typisch beim Übergang von moderater zur schweren Dysplasie. Invasives Wachstum
wurde mit gemeinsam auftretenden Verlusten auf Chromosom 3p14-21 und 5q12-22, die
lymphogene Metastasierung dagegen mit dem Verlust von 4p in Verbindung gebracht [54]. Für Letztere wurden ebenso Zugewinne auf Chromosom 10p11-12 und 11p, sowie Verluste
auf 4q22-31, 9p13-24, und 14q beschrieben, die bei entsprechenden Primärtumoren nicht
vorhanden waren [55]. Interessanterweise finden sich auf den genannten Bereichen Gene, die involviert
sind in der Zelladhäsion, sowie Faktoren des MAP(mitogen-activated protein)-Kinase-
und PI3K(Phosphoinositid-3-Kinasen)-Signalwegs, die ebenfalls häufig von Mutationen
betroffen sind.
Beim KHT häufig beschriebene Amplifikationen finden sich auf den Chromosomen 3q-,
8q- und 20p, unabhängig vom HPV-Status [47]
[48]
[50]
[56]. Wichtige Gene in diesen Regionen sind bspw. PIK3CA, TP63, SOX2, sowie das Onkogen
MYC, welches in Folge der Genamplifikation vermutlich verstärkte Aktivität besitzt.
Bei Karzinomen der Zervix wurde allerdings eine 3q-Amplifikation im Zusammenhang mit
der Integration des HPV-Genoms beschrieben [57]. Auch wurden Deletionen von 13q bei HPV-assoziierten und HPV-negativen HNSCC beschrieben,
jedoch insgesamt seltener bei HPV-assoziierten, was auch durch whole-genome NGS (Next
Generation Sequencing)-Analyse bestätigt werden konnte [50]. Der Chromosomenabschnitt 13q codiert Gene wie RB1 und CCNA1 (Cyclin A), die an
der Regulation des Zellzyklus beteiligt sind und in HPV OSCC offensichtlich durch
virale Onkoproteine dysreguliert werden.
Allgemein scheint eine erhöhte chromosomale Instabilität beim KHT mit einer ungünstigen
Prognose einherzugehen, was insbesondere auch bei HPV OSCC gezeigt werden konnte [58]. Obwohl bei HPV OSCC und HPV-negativen KHT weitgehend die gleichen, aber auf unterschiedliche
Weise dysregulierte Signalwege in der Karzinogenese von Bedeutung sind, können eine
Reihe spezifischer genetischer Aberrationen für beide Subgruppen genannt werden. Bspw.
konnten Amplifikationen von 5p, 7p, 8p, 11q, 12q, 17q und 18p beim HPV OSCC bisher
nicht verifiziert werden. Deutlich seltener finden sich hier ebenfalls Verluste von
3p, 4q, 5q, 18q und 9p. Auf Letzterem ist bspw. p16 kodiert, was nahelegt warum die
p16-Expression bei HPV-assoziierten Karzinomen als Marker funktioniert [8]
[59]
[60]
[61]
[62].
Eine HPV-spezifische Aberration sind Verluste auf Chromosom 16q, die mit einer günstigen
Prognose der Patienten einhergeht [50]
[56]
[63]. Interessanterweise liegt auf 16q das Tumorsuppressorgen WWOX. WWOX überspannt eine
der 3 häufigsten „common chromosomal fragile sites“ (FRA16D). Aberrationen an FRA16D
mit entsprechend dysregulierter WWOX Expression sind bei unterschiedlichen Tumortypen
bekannt und allgemein mit einer schlechten Prognose der Patienten assoziiert [64]. Aus Daten des Krebsgenom Projektes (TCGA) konnten mittels NGS an 279 KHT eine HPV-spezifische
Amplifikation auf Chromosom 20q11 (E2F1-Gen) und eine Deletion auf Chromosom 14q32.32
(TRAF3-Gen, TNF receptor-associated factor 3) identifiziert werden [50]. Eine durch Amplifikation von 20q11 hervorgerufene Überexpression könnte im Zusammenhang
mit den viralen Onkoproteinen (E6 & E7, die ebenfalls E2F aktivieren) synergistische
Wirkungen entfalten. TRAF3-Verlust interferiert mit dem NFκB Signalweg und spielt
somit eine Rolle bei Entzündungsreaktionen, sowie der angeborenen und erworbenen Immunantwort
gegen Viren [65].
3.4.3 HPV Integration
Obwohl die Linearisierung im E2 Leserahmen des HPV-Genoms als primärer Schritt im
klassischen Modell der HPV-induzierten Karzinogenese angesehen wird, ist die Expression
der Onkogene E6 und E7 unabhängig von der Kopienzahl oder Integration viraler DNA
und in mehr als 60% von HPV OSCC wurde lediglich episomale Virus-DNA mithilfe von
PCR nachgewiesen [66]
[67]. Daten aktueller Sequenzanalysen zeigen, dass alle 3 möglichen Stadien des HPV-Genoms
(rein episomal oder integriert, oder eine Mischung aus beidem) annähernd gleich häufig
vorkommen und wahrscheinlich mehrere Mechanismen zur dysregulierten Expression der
viralen Onkoproteine führen [68], inklusive Methylierung von E2-Bindestellen in der Regulatorregion von E6 und E7
(s. u.).
An HPV-transfizierten Keratinozyten konnte gezeigt werden, dass Integrationsstellen
der viralen DNA an vielen Positionen im Genom auftreten, ebenfalls aber in oder in
der Nähe wichtiger Regulatorgene der Zellproliferation [69]. An einem Fall einer malignen Transformation juveniler (HPV Typ 6 assoziierter)
RRP wurde HPV-DNA Integration in das human AKR1C3 Gen beschrieben. AKR1C3 kodiert
ein Enzym (aldo-keto reductase family 1 member C3) des Androgen- und Estrogenstoffwechsels
und ist beim Prostatakarzinom im Zusammenhang mit PSA Prodiktion beschrieben, bei
HNSCC jedoch weitgehend unbekannt [70]. Die Rolle der Virus-DNA Integration bei der HPV-assoziierten Karzinogenese ist
nicht abschließend geklärt. Es scheint ein Zusammenhang zwischen chromosomaler Instabilität
und Tumorprogression zu bestehen. Demgegenüber wurde in derselben Studie HPV-DNA Integration
mit einer besseren Prognose von Patienten mit Tonsillenkarzinomen assoziiert [58].
3.5 Epigenetische Veränderungen
3.5.1 Epigenetische Veränderungen von Nukleinsäuren
Epigenetische Veränderungen beschreiben Modifizierungen der Erbinformation, wodurch
die „Genaktivität“, jedoch nicht die Sequenz der Nukleinsäure verändert wird. Die
Modifikation der Nukleinsäure beeinflusst den Phänotyp und kann an Tochterzellen weitergegeben
werden. Die wichtigsten Formen sind Methylierung der DNA und Modifikation von Histonen.
Methylierung von DNA ist (wie die Modifikation von Histonen) reversibel und wird genutzt,
um die statische Information der Nukleinsäuresequenz variabel zu nutzen. Durch Methylierung
von Transkriptionsfaktor-Bindestellen kann die Aktivität einzelner Gene, Gruppen von
Genen, oder ganzer Chromosomen gesteuert werden, bspw. bei Geschlechts-spezifischer
Inaktivierung des X-Chromosoms oder der genetischen Prägung (genomic imprinting) in
Abhängigkeit von der elterlichen Herkunft bestimmter Allele.
Verschiedene Methylierungsmuster wurden im Zusammenhang mit Tumorviren, einschließlich
HPV beschrieben [71]
[72]. Das wichtigste Beispiel zur epigenetischen Genregulation in Bezug auf HPV ist CDKN2A,
das auf Chromosom 9p lokalisiert und das Tumorsuppressorprotein p16 kodiert. p16 inhibiert
den Zellzyklus und seine Expression ist oftmals beim KHT durch Methylierung des Genpromotors,
Mutation oder homozygote Deletion des Gens inhibiert [50]
[73]. Im Gegensatz hierzu wird in HPV OSCC eine starke Überexpression von p16 beobachtet,
die als Surrogat Marker für diese Entität angesehen wird. Entgegen früherer Annahmen
beruht diese Überexpression nicht auf der E7-bedingten transkriptionellen Aktivierung
von p16 durch die Freisetzung von E2F. Vielmehr wurde eine direkte Aktivierung der
zellulären Seneszenz durch die Expression von E7 nachgewiesen. Hierdurch wird die
Histon H3K27-spezifische Lysin Demethylase 6B (KDM6B) und dessen downstream Zielgen
CDKN2A aktiviert [74]. In HPV-assoziierten Tumorzellen liegt Rb durch E7 inhibiert vor. Demzufolge folgt
aus der Überexpression von p16 kein inhibitorischer Effekt auf Tumorzellen ([Abb. 2]). Vielmehr scheint die Aktivität der Cyclin-abhängigen Kinasen 4 und 6 (CDK4/6)
im Kontext der Rb-Inhibition von Tumorzellen nicht tolerierbar zu sein, wodurch eine
Abhängigkeit von der Expression des CDK4/6 Inhibitorprotein p16 entsteht und dessen
Überexpression für die Karzinogenese förderlich ist, im Gegensatz zu HPV-negativen
Tumoren [75].
Neben p16 entsteht durch alternatives Spleißen p14ARF, ein weiteres Genprodukt von
CDKN2A. Die Proteinsequenz von p14ARF entsteht durch ablesen eines alternativen Leserahmens
(alternative reading frame, ARF) von CDKN2A und unterscheidet sich grundlegend von
p16. p14ARF inhibiert die Ubiquitin-Ligase MDM2, wodurch p53 stabilisiert und der
Zellzyklusregulator p21 exprimiert wird. p21 interagiert und inhibiert Cyklin-CDK
Komplexe, wodurch der Zellzyklus zwischen der G2 und der Metaphase angehalten wird.
Die Regulation der p14ARF Expression erfolgt durch Modifikation von CpG Loci unterhalb
der Transkriptionsstarts von p14ARF und p16, deren Methylierung in OSCC mit positivem
HPV-Status und erhöhter Expression von p14ARF, aber nicht von p16 korreliert [76]. Ein Zusammenhang von zunehmendem Methylierungsgrad von CDKN2A mit ansteigendem
Grad von Dysplasien wurde bei der Zervix festgestellt, wobei dies nicht die entsprechende
Promotorregion betrifft [77]. Auch bei Patienten mit KHT besteht ein Zusammenhang zwischen Methylierungsmustern
und dem klinischen Verlauf. Bspw. konnte der Therapieerfolg anhand der Promotormethylierung
von lediglich 5 Genen (ALDH1A2, OSR2, IRX4, GRIA4, und GATA4) bei Patienten mit KHT
erfolgreich vorhergesagt werden [71]
[78].
Das „klassische Erklärungsmodell“ der HPV-assoziierten Karzinogenese geht von einer
Integration der viralen DNA in das humane Genom aus, wodurch der E2-Leseramen unterbrochen
und die Hemmung der viralen Onkoproteine E6 und E7 aufgehoben wird. Häufig liegen
neben integrierter HPV DNA jedoch weiterhin episomale HPV-Kopien und somit intaktes
E2-Gen vor, und bei etwa einem Drittel HPV-assoziierter OSCC wird ausschließlich episomale
Virus-DNA nachgewiesen. Das klassische Erklärungsmodell ist hier offensichtlich nicht
ausreichend und eine Methylierung der E2-Bindestelle in der Regulationsregion für
E6 und E7 im HPV-Genom wurde als weiterer, Integrations-unabhängiger Regulationsmechanismus
für die Expression von E6 und E7 ausgemacht [79]
[80].
3.5.2 microRNA Expression
microRNAs (miRNA) entstehen aus Haarnadel-Schleifen-ähnlichen Vorläufertranskripten
von 60–70 Nukleotiden, die auf eine Länge von ca. 22 Nukleotiden gekürzt werden. Zusammen
mit den Proteinen DICER1 und Argonaute (AGO) werden sie in den miRNA-induced silencing
complex (miRISC) eingebaut und leiten diesen aufgrund ihrer Sequenz an korrespondierende
Zielsequenzen der mRNA, die daraufhin enzymatisch gespalten werden. Dieser relativ
einfache Regulationsmechanismus der Genexpression ist in Realität deutlich komplexer,
da miRNAs, je nach Konservierungsgrad ihrer Zielsequenz, an unterschiedliche mRNAs
binden können und mRNA Bindestellen für mehr als eine miRNA aufweisen können.
Trotz methodischer Fortschritte in den letzten Jahren wurden bisher nur wenige vergleichende
Studien zur differentiellen Expression von miRNAs hinsichtlich des HPV-Status bei
KHT durchgeführt und nur „eine Handvoll“ miRNAs werden bisher in mehr als einer Studie
genannt [81]. In einer der aktuellsten Studien wurden 1719 miRNA Sequenzen bei 15 HPV-negativen
und 11 HPV-assoziierten OSCC mithilfe von mikroarrays untersucht. Es konnten 25 differentiell
exprimierte miRNAs identifiziert werden, deren Funktionen in silico im Zusammenhang
mit den PI3K- und Wnt-Signalwegen, der Regulation des Zytoskelett und der fokalen
Adhäsion herausgearbeitet wurden [82]. Unter den meistbekannten miRNAs ist Hsa-miR-363, die im Vergleich zu HPV-negativen
bei HPV-assoziierten HNSCC hochreguliert vorliegt [83]
[84]
[85]. Zielsequenzen von Hsa-miR-363 finden sich bspw. in CDKN1A (cyclin-dependent kinase
inhibitor 1), CASP3 (Caspase-3) und CD274 (programmed cell death 1 ligand 1, PD-L1)
und weisen auf regulatorische Funktionen in Apoptose, Zellzyklus, Transkription und
Immunologie hin. Ein weiteres Beispiel ist miRNA203, deren Expression durch das HPV
Onkoprotein E7 während der zellulären Differenzierung herunterreguliert wird. Ein
Zielgen von miRNA203 ist der Transkriptionsfaktor p63 und sowohl die Expression von
p63, als auch dessen downstream Zielgene wie CARM-1, p21, und Bax wird durch die Inhibition
von miRNA203 durch E7 erhöht [86]. Hierdurch verbleiben epitheliale Zellen proliferativ und in einem undifferenzierten
Stadium, was für den natürlichen Lebenszyklus von HPV benötigt wird. Im HPV E6/E7
induzierten Tumormodell in humanen Keratinozyten verstärkt p63 Invasivität durch Modulation
des Src-FAK (focal adhesion kinase) Signalwegs, indem fokale Zellkontakte (focal adhesion)
aufgelöst und die extrazelluläre Matrix (ECM) umgebaut wird [87].
Neben zellulären miRNAs wurden miRNAs codiert im HPV-Genom entdeckt und auch experimentell
bestätigt. Potenzielle Zielsequenzen dieser miRNAs finden sich im HPV-Genom, aber
auch im humanen Genom [88]. Interessanterweise wurden ebenfalls Zielsequenzen zweier weniger häufigen humanen
miRNAs (miR-875 und miR-3144) in HPV-E6 Gen identifiziert. In HPV16 positiven Zellkulturen
inhibieren beide das Wachstum und induzieren Apoptose [89], was die komplexen Regulationsmöglichkeiten durch miRNAs deutlich macht.
3.6 Dysregulation des Tumormetabolismus
Tumorhypoxie wurde als bedeutsam für das Überleben und Therapieansprechen von KHT
beschrieben [90]
[91]
[92]. Es ist bekannt, dass Patienten mit einer Tumorhypoxie, aufgrund verminderter Präsenz
reaktiver Sauerstoffspezies (ROS), schlechter auf eine Bestrahlung ansprechen. Während
der Bildung eines Tumors kommt es zur Entstehung eines Tumor-spezifischen Metabolismus,
um die Energieversorgung und Proliferation der Zellen zu gewährleisten. Ein spezifisches
Merkmal dieses Metabolismus ist eine gesteigerte Umsetzung von Glukose zu Laktat,
welche unter aeroben Bedingungen als „Warburg-Effekt“ erstmals im Jahre 1924 beschrieben
wurde. Die Umsetzung von Glukose zu Laktat liefert jedoch nur 2 Mole ATP pro Mol Glukose,
was durch eine gesteigerte Glykolyserate kompensiert wird [93]
[94]
[95]. Dieser angepasste Metabolismus des Tumors dient neben der Energiegewinnung dazu,
wichtige Zellbausteinen (z. B. Nukleinsäuren, Aminosäuren und Lipide) bereitzustellen
[96].
Hypoxie ist ein häufig in vielen soliden Tumoren vorkommendes Ereignis, welches dadurch
auftritt, dass die Tumorzellen schnell proliferieren, eine kritische Masse überschreiten
und dies zur Obstruktion und Kompression der Blutgefäße in der unmittelbaren Umgebung
des Tumors führt. Daraus resultiert dann schließlich eine schlechte Sauerstoffversorgung
der Tumorzentren, was dazu führt, dass sich Tumorzellen in diesen hypoxischen Regionen
an den Sauerstoffmangel adaptieren und diverse Signalwege angeschaltet werden, die
das Überleben der Zellen sichern sollen und den Glukosemetabolismus von der effizienten
oxidativen Phosphorylierung auf den ineffizienteren glykolytischen Stoffwechselweg
umstellen [97]. Eine Schlüsselrolle für die zelluläre Adaptation an hypoxische Bedingungen spielt
hierbei die Gruppe der HIF(Hypoxie-induzierbarer Faktor)-Transkriptionsfaktoren, v. a.
HIF-1 (HIF-1α & HIF-1β). HIF-1 aktiviert eine Reihe von Zielgenen, welche das Zellüberleben
sichern, der Umstellung des Metabolismus dienen, sowie Invasion, Zellproliferation,
Metastasierung, Erythropoese und Angiogenese vorantreiben [97]
[98]
[99]. Neben einer tatsächlichen Tumorhypoxie konnte interessanterweise ebenfalls für
HPV-Onkoproteine in Zelllinien nachgewiesen werden, dass diese HIF-1α stabilisieren
([Abb. 3]) [100]
[101]
[102].
Abb. 3 Häufig liegt in soliden Tumoren eine Aktivierung des Hypoxie-Signalwegs vor, die
sich in der Expression entsprechender Markerproteinen (hier Glut I) zentral in Tumornestern
äußert und immunohistochemisch nachweisbar ist („Hypoxie-bedingt“). Manche Tumore
zeigen jedoch eine einheitliche starke Expression der gleichen Marker, die auf andere
Aktivierungsmechanismen des Signalwegs schließen lassen („Endogen-bedingt“). Das zentrale
Regulatorprotein des Hypoxie-Signalwegs (HIF-1α) liegt bei HPV-assoziierten Tumorzellen
im Vergleich zu HPV-negativen Tumorzellen überexprimiert vor (Western-Blot links unten).
Analog zu [Abb. 2] führt die virale Aktivität zur Aktivierung des Hypoxie-Signalwegs und somit zu Prozessen,
die für die Karzinogenese förderlich sind.
Onkogene Viren sind somit in der Lage den Metabolismus des Tumors durch direkte und
indirekte Interaktion mit zellulären Regulatoren, wie u. a. HIF-1α zu beeinflussen,
um dies für die virale Replikation und Baustoffsynthese zu nutzen, was ebenso Karzinogenese
und Progression vorantreiben. Dieser metabolische Phänotyp ermöglicht es den Tumorzellen
trotz widriger Umstände, wie Sauerstoffmangel, zu proliferieren[103]. Aufgrund dessen stellen die für die Umstellung des Metabolismus genutzten Signalwege
und deren Regulatoren wie z. B. HIF-1 potentielle Ziele für eine Inhibition dar, insbesondere
für solche Tumoren die stark abhängig von Glukose und aerober Glykolyse sind.
3.7 Tumormilieu/Immun Escape-Mechanismen
Während der Entwicklung eines invasiven, HPV-assoziierten Plattenepithelkarzinoms
müssen mehrere Stufen von Abwehrmechanismen überwunden werden. Die erste Stufe ist
die Infektion, bei der die physikalische Barriere der Haut/Schleimhaut die wesentliche
Rolle spielt. Nach der Aufnahme von viralen Partikeln müssen diese die Zelle durchqueren
und in deren Zellkern gelangen. In der folgenden persistierenden Infektion übernehmen
die HPV-Onkoproteine E5, E6 und E7 wichtige Funktionen, um möglichst lange von dem
Immunsystem unerkannt zu bleiben und die Produktion neuer Viren in den Epithelzellen
aufrecht zu erhalten. Im Mikromillieu HPV-infizierter Zellen finden sich verstärkt
Zellen der angeborenen Immunantwort, wie dendritische Zellen (DC), Langerhans Zellen
(LC), natürliche Killer- (NK) und natürliche Killer T-Zellen (NKT) [104].
Zu einem großen Anteil heilen HPV-Infektionen von selbst ab und nur in einem kleinen
Prozentsatz entwickelt sich ein Karzinom. In diesem Fall müssen weitere Veränderungen
stattgefunden haben, durch die infizierte Zellen die physikalische Barriere der Basalmembran
überwinden und dem kontinuierlichen Angriff des Immunsystems widerstehen können. Bspw.
sind höhere Raten an HPV-Infektionen und HPV-assoziierten Karzinomen bei Personen
mit unterschiedlichen NK-Zell-Fehlfunktionen bekannt [105]. Evolutionär ist diese letzte Stufe der Karzinogenese eine Sackgasse für HPV, da
aufgrund der fehlenden Differenzierung der epithelialen Zellen keine Viruspartikel
gebildet werden und diese auch nicht nach außen abgegeben werden könnten. HPV-assoziierte
Tumore, wie auch HPV-negative Tumore, befinden sich sozusagen im steady-state mit
dem Immunsytem und wenn die Erkrankung bei den Patienten diagnostiziert wird, hat
sich dieses Gleichgewicht bereits zugunsten des Tumors verschoben und durch das Immunsystem
hat sich unkontrollierbares Wachstum eingestellt. Das Verständnis der Immun-escape
Mechanismen kann genutzt werden, um das Gleichgewicht wieder herzustellen, bzw. zugunsten
des Immunsystems zu verschieben.
Ein physikalischer Immun Escape-Mechanismus von HPV besteht darin, dass der vollständige
Lebenszyklus innerhalb der Epithelzellen abläuft und keine Viruspartikel an das Blut
oder Gewebe abgegeben werden. Demzufolge sind HPV-Antigene kaum dem Immunsystem ausgesetzt
und Antikörpertiter während einer natürlichen HPV-Infektion sind nicht hoch genug,
um einen protektiven Effekt zu haben [106]. Dennoch ist eine T-Zell-Antwort offenbar für die Regression einer Infektion erforderlich,
da diese bei Vorstufen von Zervixkarzinomen mit der Anwesenheit Granzyme B positiver
zytotoxischer T-Zellen korreliert [107]. Die Onkoproteine E5, E6 und E7 wirken auf viele zelluläre Mechanismen, u. a. unterdrücken
sie Signalwege, die für die Erkennung Virus-infizierter Zellen durch das Immunsystem
erforderlich sind. Bspw. wirkt das Oberflächenprotein CXCL14 als Chemokin und lockt
verschiedene Zellen des Immunsystems an, wie z. B. DC, LC, NK- und T-Zellen.
E7 interagiert mit der zellulären DNA Methyltransferase DNMT1 und eine E7-abhängige
Promotormethylierung und damit Repression von CXCL14 konnte gezeigt werden [108]. Weiterhin moduliert E7 die Methylierung und Acetylierung von Histonen, was u. a.
zur Erniedrigung der TLR9 (toll-like receptor 9) Expression und transkriptionelle
Aktivität von IRF1 führt. TLR9 kann virale DNA erkennen und das angeborene Immunsystem
aktivieren[109]. IRF1 Response Elemente finden sich in Promotoren von einer Reihe von Genen, wie z. B. TAP1 (Transporter
associated with Antigen Processing 1), welches eine Rolle bei Antigen-Beladung von
HLA-I im endoplasmatischen Retikulum spielt [110]. Weiterhin interagiert E7 mit NF-κB und unterbindet dessen Translokation in den
Nukleus. Hierdurch unterbleibt bspw. eine Aktivierung von IFN-α, IL-6, und TNF-α und
dadurch eine Abschwächung der Entzündungsreaktion [111].
Auch für E6 konnten entzündungshemmende Funktionen im Zusammenhang mit dem proinflammatorischen
Zytokin IL-1β nachgewiesen werden. In Abhängigkeit von E6AP bewirkt E6 die Ubiquitinierung
der Vorstufe von IL-1β (Pro-IL-1β), auf die deren proteasomaler Abbau folgt [112]. Für das E5 Protein wurde eine Interaktion mit der schweren Kette von HLA-A und
-B nachgewiesen, wodurch der HLA-I Komplex im Golgi Apparat und im endoplasmatischen
Retikulum zurückgehalten wird [113]
[114]. HLA-C und HLA-E scheinen durch andere Mechanismen herunterreguliert zu werden.
Der Verlust von HLA-I auf der Zelloberfläche korreliert mit einer verminderten Antwort
CD8+ T-Zellen in E5 exprimierenden Zellen, führt jedoch zur Attraktion und Aktivierung
von NK-Zellen, was bereits bei HPV-assoziierten OSCC beschrieben wurde und mit besserem
Gesamtüberleben der Patienten korreliert ([Abb. 4]) [115]. Neben HLA-I wird auch die funktionelle Oberflächenlokalisation von HLA-II, sowie
CD1d durch E5 unterbunden [116]
[117], was die Aktivität von T- und NKT-Zellen beeinträchtigt. Das virale Capsidprotein
L2 scheint die Reifung und Antigenpräsentation von DC und LC zu blockieren, indem
es nach der Aufnahme durch DC und LC den intrazellulären Transport und Prozessierung
von Viruspartikeln stört [118].
Abb. 4 Immunohistochemischer Nachweis der Expression von β2-Mikroglobulin (β2M) als Marker
einer funktionellen, membranständigen HLA I Expression (oben links). Der Verlust der Expression von β2M auf Tumorzellen (links unten) korreliert mit besserem Gesamtüberleben von Patienten mit OSCC (rechts).
3.8 Molekulare Subtypen & Genexpressionsprofile
Genomweite Untersuchungen der Genexpression basieren in der Regel auf einer vergleichenden
Hybridisierung (Mikroarrays) oder Sequenzierung von mRNA. Sowohl die Kapazität von
Mikroarrays, als auch die der Sequenzierungstechniken ist im Laufe der Zeit stetig
gestiegen, was zur immer höheren Abdeckung des Genoms führt, jedoch mit Einschränkungen
der Vergleichbarkeit von früheren mit heutigen Studien einhergeht.
In einer der ersten Genexpressionsstudien an KHT wurden aus 1187, auf einem cDNA Mikroarray
untersuchten Tumor-assoziierte Genen, 60 differentiell exprimierte Gene identifiziert,
die mit Radioresistenz bzw. dem Ansprechen auf eine Radiotherapie korrelierten [119]. Bereits 3 Jahre später wurden 60 KHT auf einem cDNA Mikroarray mit Sonden gegen
12814 humane Gene untersucht. In dieser Studie konnten 4 Subtypen anhand der Genexpression
ausgemacht werden. Es zeigten sich Signaturen mit einem Schwerpunkt im EGFR-Signalweg,
ein mesenchymaler Subtyp, ein Subtyp mit Expressionsmuster von normalem Epithel und
ein Subtyp mit Anreicherung von Antioxydaseenzymen [120], jedoch blieb in allen frühen Studien der HPV-Status der Proben unbeachtet. Ähnliche
Gruppen, bezeichnet als basale, mesenchymale, atypische und klassische Genexpressionstypen,
wurden auch in einer weiteren Studie mithilfe eines Agilent 44 K Mikroarrays identifiziert
und eine Anreicherung HPV-assoziierter Proben war in der Gruppe mit atypischer Genexpression
(z. B. mit erhöhter Expression von CDKN2A) zu beobachten [121]. Mit einer anderen Plattform (Illumina Expression BeadChips) wurden ebenfalls 4
Subtypen identifiziert, von denen jedoch lediglich der klassische Expressionstyp vergleichbar
zur zuvor genannten Studie bestätigt wurde [122] und vermutlich in technischen Unterschieden oder Heterogenität der Proben begründet
ist.
Eine klinisch relativ homogene Kohorte von 134 KHT, mit einem Anteil von 44% HPV-Assoziation,
wurde 2015 mit einem Agilent 4×44Kv2 Expressionsarray untersucht. Anschließend wurden
die Daten mit bereits publizierten Daten zu einer Kohorte von über 900 Patienten zusammengefasst.
In dieser Studie wurden 5 Subtypen identifiziert, die von 2 Gruppen HPV-assoziierter
und 3 Gruppen HPV-negativer KHT gebildet werden. Jeweils eine HPV-assoziierte und
HPV-negative Subgruppe zeigte einen Immun-/mesenchymalen Expressionstyp, sowie einen
zuvor als „klassisch“ beschriebenen Expressionstyp [123]
[124]
[125]. Die verbliebene HPV-negative Gruppe zeigte ein basales Expressionsmuster mit Überrepräsentation
von Hypoxie-assoziierten Genen (z. B. HIF1A, CA9, und VEGF), epithelialen Markern
(P-cadherin, Cytokeratine KRT1 und KRT9) und Komponenten des Neuregulin Signalwegs.
Im Gegensatz zu dieser basalen Expressionsgruppe zeigen die beiden HPV-assoziierten
Gruppen keine Veränderungen in der Kopienzahl oder der Expression der EGFR/HER Liganden
[126].
Die Erkenntnisse aus genomweiten Expressionsanalysen konnten bisher nicht translational
umgesetzt werden. Dies liegt zum einen an uneinheitlichen technischen Standards, was
die Vergleichbarkeit der Ergebnisse einschränkt. Zum anderen ist die Gesamtzahl analysierter
Proben noch relativ gering, um bspw. Heterogenität aufgrund von Patientencharakteristika
herausrechnen zu können. Dies könnte sich durch die retrospektive Analyse von Formalin-fixierten
Paraffin eingebetteten (FFPE) Archivproben in Zukunft ändern. In einer Pilotstudie
wurden 4 Tumorproben HPV-assoziierter und 2 HPV-negativer OSCC mithilfe eines NanoString
gene expression Assays und Ion Torrent AmpliSeq cancer panel tNGS analysiert. Aus
230 Tumor-assoziierten Genen wurden mehrere mit positivem HPV-Status korreliert (z. B.
WNT1, PDGFA und OGG1) und durch hierarchisches einordnen wurden 6 Gruppen differentiell
exprimierter Gene identifiziert [127]. Somit könnte die bisher wenig verbreitete Nutzung von FFPE-Materialien die Aussagekraft
und Zuverlässigkeit von Daten aus Expressionsanalysen erhöhen.
4. Klinische Besonderheiten
4. Klinische Besonderheiten
4.1 Ist das HPV-assoziierte OSCC eine sexuell übertragbare Erkrankung?
Die Übertragung von HPV erfolgt vorwiegend über Hautkontakt oder kontaminierte Objekte.
Danach kann es mit extrem hoher Wirtsspezifität zur Infektion von Epithelzellen kommen.
Durch Mikrowunden oder über sehr dünne Epithelien infiziert HPV undifferenzierte Zellen
direkt oberhalb der Basalmembran. Während die infizierten Zellen im Bereich der Basalmembran
verweilen, ist die virale DNA-Replikation erniedrigt. Dies liegt daran, dass die viralen
Entwicklungsprozesse mit dem Differenzierungsprozess der infizierten Zellen gekoppelt
sind, während diese zur epithelialen Oberfläche aufsteigen. Während die regulatorischen
„Early“ Proteine (E) im frühen HPV-Zyklus produziert werden, werden die späten „Late“
Proteine L1 und L2, welche die Kapselstruktur der viralen Partikel darstellen, erst
später im Lebenszyklus prozessiert. Diese formen zusammen mit viraler DNA infektiöse
Viruspartikel, die im Anschluss zusammen mit den obersten Epithelzellen an die Umwelt
abgegeben werden.
Typischerweise entwickeln z. B. Kinder nach Schwimmbadbesuchen plantare Warzen, aufgrund
einer Infektion mit den „Low Risk“ HPV-Typen 1, 2 und 4. Ein weiterer Übertragungsweg
ist die perivaginale Transmission bei Geburt, welche mit der Entwicklung laryngealer
Papillome im Säuglings-/Kleinkindalter einhergehen kann [128]. Für das HPV-assoziierte OSCC steht der sexuelle Übertragungsweg mit den „High Risk“
Papillomviren 16 und 18 im Vordergrund der Diskussion. Die stark ansteigende Inzidenz
in den letzten Jahrzehnten wird vorrangig auf ein verändertes Sexualverhalten, jüngeres
Alter beim ersten Geschlechtsverkehr, sowie auf das vermehrte Praktizieren von Oralverkehr
zurückgeführt [129]. Auch wenn die genital-genitale Infektion mit HPV bzgl. der Transmission vorzuherrschen
scheint, sind jedoch auch andere Übertragungswege wie der anal-genitale, oral-genitale,
manuell-genitale Kontakt, die Nutzung von Sex-Spielzeugen sowie die Autoinokulation
möglich [130]. In 2 Kohorten in den USA konnte gezeigt werden, dass bei Patienten mit einem HPV
OSCC die Promiskuität (vaginal, anal, oral) höher lag, im Vergleich zu Patienten mit
einem HPV-negativen Tumor. Weiterhin wurde über (Oral) Sex mit häufig wechselnde Partnern,
Gelegenheitssex sowie der seltene Gebrauch von Kondomen berichtet. Hellhäutige Patienten,
Singles, sowie geschiedene Patienten gaben eine höhere Anzahl an Geschlechtspartnern
an. Bzgl. des Einkommens konnte kein Unterschied in der Anzahl der Geschlechtspartner
nachgewiesen werden, während Patienten mit einem höheren Bildungsstand eine größere
Anzahl an Geschlechtspartnern angaben. Nach der Durchführung einer Geschlechter-Stratifizierung
konnte das veränderte Sexualverhalten prinzipiell eher bei Männern gezeigt werden
[131]
[132].
Für neue Lebenspartner scheint ein Risiko der Transmission zu bestehen. Jedoch lässt
die Datenlage bis zu diesem Zeitpunkt keinen validierten Rückschluss zu. Da ein intermittierender
bzw. fehlender Gebrauch von Präservativen mit einem erhöhten Risiko für eine orale
HPV-Infektion bzw. ein HPV-assoziiertes OSCC einhergeht, schützt die Anwendung von
Kondomen möglicherweise vor einer Übertragung mit onkogenen HPV [21]
[129]. Für Nikotin und Alkohol konnte keine Assoziation mit HPV OSCC nachgewiesen werden.
Jedoch war der Konsum von Marihuana stark mit HPV-assoziierten Tumoren verknüpft.
Patienten mit über 10 Pack-Years Tabakkonsum hatten im Verhältnis eine höhere Anzahl
an Geschlechtspartnern als Patienten ohne oder mit geringerem Nikotinabusus. Es konnte
ebenfalls keine Evidenz für multiplikative Effekte für HPV OSCC zwischen Nikotin und
Alkohol, Marihuana und Nikotin sowie Marihuana und Alkohol nachgewiesen werden [131]
[132].
Zusammenfassend wird als Grund für den Anstieg von HPV OSCC häufig ein verändertes
Sexualverhalten genannt. Fraglich ist jedoch, inwiefern und ob sich dies tatsächlich
über die Jahre verändert hat. Der kausale Grund für den Anstieg HPV-assoziierter Karzinome
im Oropharynx bleibt somit weiterhin nicht sicher zu beantworten.
4.2 Klinische Besonderheiten beim HPV
Patienten mit einem HPV-assoziierten OSCC weisen in einigen Ländern häufig ein jüngeres
Alter auf [131]
[133], wobei hier jedoch regionale Unterschiede bestehen. In unserer eigenen Kohorte konnte
an 396 Patienten, welche zwischen 2000 und 2009 in Gießen behandelt wurden, kein signifikanter
Altersunterschied bei OSCC Patienten abhängig vom HPV Status festgestellt werden ([Tab.1]). Weiter besteht häufig ein höherer soziodemografischer sowie sozioökonomischer
Status (höheres Bildungsniveau, höhere berufliche Stellung sowie Einkommenssituation)
im Vergleich zu Patienten mit HPV-negativem OSCC [134]. Besonders in den USA sind Männer grundsätzlich häufiger betroffen (Quotient Männer/Frauen:
1,5), während der Quotient in Asien und einigen Ländern Europas lediglich bei 0,7
liegt [135]. Es wird vermutet, dass dies auf eine höhere Übertragungsrate einer HPV-Infektion
beim Orogenitalsex zurückzuführen ist [130] sowie der erhöhte Nikotinabusus von Männern für eine Infektion prädisponiert [21].
Tab. 1 Klinische Unterschiede beim HPV OSCC, n=396.
|
|
non-HPV OSCC
|
HPV OSCC
|
|
N
|
N
|
%
|
N
|
%
|
p-Wert
|
|
|
|
|
308
|
80,6
|
74
|
19,4
|
|
Geschlecht
|
Männlich
|
|
306
|
238
|
80,7
|
57
|
19,3
|
0,964
|
Weiblich
|
|
90
|
70
|
80,5
|
17
|
19,5
|
Komorbidität
|
|
ECOG
|
|
|
|
|
|
0,002
|
Gesund
|
0
|
257
|
187
|
76,0
|
59
|
24,0
|
1–2
|
|
|
|
|
|
Krank
|
3–4
|
134
|
118
|
89,4
|
14
|
10,6
|
≥5
|
|
|
|
|
|
Alter
|
Jung
|
(<60 Jahre)
|
210
|
162
|
80,6
|
39
|
19,4
|
0,987
|
Alt
|
(≥60 Jahre)
|
186
|
146
|
80,7
|
35
|
19,3
|
Alkohol
|
>2 Standardgläser
|
|
161
|
144
|
92,3
|
12
|
7,7
|
0,000
|
<2 Standardgläser
|
|
123
|
69
|
59,0
|
48
|
41,0
|
Nikotin
|
>10 py
|
|
319
|
270
|
87,7
|
38
|
12,3
|
0,000
|
nein
|
|
60
|
29
|
50,0
|
29
|
50,0
|
Erste Symptome bei Patienten mit einem OSCC sind u. a. Halsschmerzen, Odynophagie
oder Globusgefühl. Im Verlauf können Dysphagie oder zervikale Schwellungen auftreten.
Häufig ist die zervikale Schwellung jedoch das erste und einzige Symptom bei HPV OSCC,
aufgrund dessen die ärztliche Vorstellung der Patienten erfolgt. Dies ist zurückzuführen
auf das meist fortgeschrittene N-Stadium bei kleinem T-Stadium. Der Primarius ist
bei Vorliegen einer HPV-Assoziation vorwiegend in der Tonsille bzw. dem Zungengrund
lokalisiert [133]
[136], während andere Lokalisationen im Oropharynx seltener betroffen sind.
Während Rauchen und Alkohol die klassischen Risikofaktoren für KHT darstellen, existieren
starke geografische Unterschiede bzgl. der Häufigkeit des Nikotinabusus und ein starker
Rückgang konnte von 1980 bis 2012 in Nordeuropa sowie Nordamerika verzeichnet werden
[137]. Während HPV-16 und Nikotinabusus noch kürzlich für unabhängige Risikofaktoren gehalten
wurden [131], konnte in einer Patientenkohorte in den USA eine erhöhte Rate von HPV OSCC bei
stattgehabtem Nikotinabusus aufgezeigt werden [138]. Bei Vorliegen eines HPV OSCC scheint ein Nikotinabusus einen negativen Einfluss
auf das Überleben zu haben, während Alkohol nur eine untergeordnete Rolle zu spielen
scheint [139]
[140]. Insgesamt ist das Sterberisiko von Patienten mit HPV-assoziierten Tumoren jedoch
um über 50% reduziert gegenüber Patienten mit einem HPV-negativen OSCC. Dieses verbesserte
Therapie-Outcome ist am ehesten auf die verbesserte lokoregionäre Kontrolle, u. a.
durch erhöhte Strahlensensibilität zurückzuführen (siehe Kapitel 6).
Zweitkarzinome bei Patienten mit HPV OSCC werden erheblich seltener beobachtet. Ob
dies möglicherweise hauptsächlich auf fehlende Risikofaktoren, wie Nikotin- oder Alkoholabusus,
zurückzuführen ist, ist ungewiss, da in neueren Studien über einen erhöhten Nikotinabusus
auch in Patienten mit einem HPV-assoziierten OSCC berichtet wird. Durch die gute Prognose
dieser Patienten erhöht sich die Anzahl der Patienten in der Nachsorge und es verlängert
sich die Dauer der Nachsorge, wodurch therapeutisch assoziierte Langzeitschäden, wie
z. B. Dysphagie, Xerostomie oder Dysgeusie besonders in den Fokus rücken. Die zukünftige
Deeskalation der Therapie spielt hier eine wichtige Rolle, um die Lebensqualität dieser
Patienten zu verbessern. Ebenfalls ist die Etablierung einer suffizienten tertiären
Prophylaxe bei diesen Patienten mit Langzeitüberleben von entscheidender Bedeutung,
um Rezidive bzw. Fernmetastasen auch im langen Nachsorgeintervall frühzeitig zu erkennen
(s. Kapitel 7).
5. Diagnostik und Staging
5. Diagnostik und Staging
Klinischer Verlauf und Biologie unterscheiden sich deutlich bei HPV-negativen und
HPV-assoziierten OSCC. Bemerkenswert ist, dass ein eindeutiges und valides Verfahren
zur Diagnose eines HPV-getriebenen KHT nicht existiert. In einzelnen Fällen ist auch
nach Durchführung umfangreicher Laboruntersuchungen nicht eindeutig, ob ein Tumor
HPV-getrieben ist oder nicht. Wahrscheinlich ist es eben so, dass in vielen Fällen
von OSCC sich die treibenden Faktoren der Karzinogenese überschneiden. Zu den etablierten
Methoden gehören die immunhistochemische p16-Färbung (p16-Test), der Nachweis von
HPV-spezifischen Nukleinsäuren (HPV DNA-Test) und die in-situ Hybridisierung (HPV-ISH)
im Gewebeschnitt.
5.1 Testverfahren für die Diagnose HPV-assoziierter Oropharynxkarzinome
Zur eindeutigen Bestimmung des HPV-Status in KHT ist sowohl die Anwesenheit von HPV,
als auch der Nachweis onkogener Aktivität in den Gewebeproben zu fordern. Die Testergebnisse
sind dann als prognostische Marker zur Patientenberatung und zukünftig auch zur Planung
der Therapie anwendbar. Die Testung beider Voraussetzungen kann aus technischen und
biologischen Gründen jeweils falsch-positive und falsch -negative Ergebnisse liefern.
Eine Fehlinterpretation eines Tests kann folglich erhebliche Auswirkungen für den
Patienten haben. Auch fehlen bislang Ergebnisse prospektiver Studien, die eine konkrete
Anpassung der Therapie aufgrund des HPV-Status rechtfertigen, wenngleich laut einer
aktuellen Studie aus den USA bereits mehr als die Hälfte der befragten Ärzte Behandlungsstrategien
von HPV-Tests abhängig machen [141].
Die labortechnische Diagnose des HPV-Status besteht in der Regel aus einem Nachweis
viraler DNA in Gewebeproben und erfolgt meist durch sensitive PCR-basierte Testverfahren
oder durch die weniger sensitive ISH [142]. Die hohe Sensitivität PCR-basierter Verfahren birgt den Nachteil, dass Kontaminationen,
bspw. durch parallele HPV-Infektionen, und biologisch inaktive HPV-DNA im Tumorgewebe
von HPV-assoziierten Tumoren nicht unterscheidbare Signale hervorrufen. Hingegen kann
die Verteilung der Signale in der HPV-ISH einen Hinweis auf die HPV-Assoziation geben,
was jedoch mit höherem Arbeitsaufwand verbunden ist und biologisch inaktive HPV-DNA
ebenfalls nicht unterscheidet. Als „Goldstandard“ für die onkogene Aktivität wird
der Nachweis viraler mRNA-Transkripte der Onkogene E6 und E7 mithilfe der RT-PCR angesehen.
Die natürliche Instabilität von mRNA bedingt hierbei eine hohe Spezifität, da freie
mRNA als Basis einer Kontamination praktisch ausgeschlossen werden kann, aber hierdurch
auch eine niedrige Sensitivität. Außerdem ist die Aufarbeitung der Proben für die
Gewinnung von mRNA anspruchsvoll, teilweise wird Frischgewebe benötigt und der Nachweis
von mRNA Transkripten muss auch nicht zwangsweise mit einer Proteinexpression viraler
Onkoproteine oder deren biologischer Aktivität korrelieren.
Das wesentliche Merkmal HPV-assoziierter Karzinogenese ist die Virus-Onkoprotein bedingte
Dysregulation des Zellzyklus über den Rb-Signalweg und die Inhibition von Apoptose
durch Inaktivierung von p53 (siehe Kap. 3). Auch in HPV-negativen Tumoren kommt es
zur Inaktivierung von p53, jedoch in der Regel durch Mutationen in TP53, was sich
immunhistologisch in Form von überexprimiertem, inaktiviertem p53 bemerkbar machen
kann. In HPV-assoziierten Karzinomen fehlt p53, und das Tumorsuppressorprotein p16
liegt bedingt durch die virale Onkoproteinaktivität überexprimiert vor ([Abb. 5]). Die Überexpression von p16 in Tumorzellen ist selten, kommt jedoch in unterschiedlichen
Krebsarten und bei etwa 5% der Oropharynxkarzinome auch HPV-unabhängig vor [59]. Aufgrund einer moderaten Spezifität ist daher der alleinige p16-Test zur Bestimmung
des HPV-Status nur bedingt ausreichend. In Kombination mit einem Nachweis viraler
Nukleinsäure kann die Sensitivität und Spezifität signifikant erhöht werden ([Abb. 6]). Die Kombination aus p16-Test und HPV DNA-Test stellt daher anerkannt die praktikabelste
Testkombination für die klinische Anwendung dar [142].
Abb. 5 Immunhistochemischer Nachweis der p16INK4A Proteinexpression in einzelnen Zellen
von gesundem Plattenepithel (links oben). In der Regel fehlt p16INK4A in HPV-negativen
Plattenepithelkarzinomen des Oropharynx (links unten). p16INK4A liegt jedoch bei HPV-assoziierten
OSCC (unten Mitte) und Dysplasien (oben rechts) stark überexprimiert vor. Einzelne
OSCC zeigen stellenweise eine schwache Expression von p16INK4A (rechts unten), die
im Rahmen der HPV-Diagnostik jedoch nicht als positiv zu bewerten ist.
Abb. 6 Im Zeitraum 2000-2015 beträgt die durchschnittliche Prävalenz HPV-assoziierter OSCC
(HR-HPV DNA und p16INK4A positive Proben) in Gießen 23%. Jeweils etwa 6% aller Fälle
zeigen diskordante Ergebnisse bei HPV-DNA und p16INK4A Tests. Das Überleben dieser
Patienten (blaue und gelbe Kurve) ist signifikant schlechter als das der Patienten
mit HPV-assoziierten OSCC, es unterscheidet sich jedoch kaum vom Überleben der Patienten
mit HPV-negativen OSCC (rote Kurve).
Die Untersuchung von Speichel wurde ebenfalls zur Feststellung einer HPV-Assoziation
evaluiert. Die Methode ist einfach, preiswert und könnte für Prophylaxe, Therapiemonitoring
und Nachsorge einetzbar sein. Die ersten Arbeiten hierzu wurden bereits vor über 20
Jahren publiziert, dabei konnte eine gute Korrelation von PCR-Testergebnissen aus
Speichel (oral rinses) und Tumorproben an 190 Patienten herausgearbeitet werden [143]. Eine wirklich überzeugende Spezifität und Sensitivität (zwischen 50 und 75%) ist
jedoch auch in den aktuellen Untersuchungen hierzu nicht berichtet [144]. Bei lokalen Tumorrezidiven konnte ebenfalls beispielhaft gezeigt werden, dass die
Detektion von HPV-Material möglich ist [145]. Die Ergebnisse werden jedoch naturgemäß durch nicht seltene (s. o.) orale HPV Infektionen
verfälscht. Der Nachweis onkogen aktiver HPV-Infektionen ist bisher ebenfalls nicht
überzeugend gelungen.
HPV-spezifische Antikörper sind bei den meisten Patienten mit HPV-assoziiertem OSCC
im Blut nachweisbar und dies bereits viele Jahre vor Diagnosestellung [146]
[147]. Die gegen die Onkoproteine von HPV gerichteten Antikörper werden wahrscheinlich
nicht während der Infektion sondern erst Jahre später im Zuge der malignen Transformation
gebildet, dies konnte in einer Untersuchung einer Kohorte junger Männer mit HPV-Infektion
gezeigt werden, die jeweils keine Seropositivität gegenüber HPV-16 E6-Protein zeigten
[148]. Der Nachweis von Antikörpern gegen HR-HPV E6 und E7 korreliert gut mit der Prognose
der Patienten, vergleichbar mit dem HPV-Test aus Gewebe [149]. In einer aktuellen Arbeit konnte an etwa 1000 Kontrollpatienten anhand jährlicher
Blutuntersuchungen das Risiko ein HPV OSCC zu entwickeln mit über 5% ermittelt werden
(über 100-mal höher als bei negativem Test), wenn zum Testzeitpunkt gegen E6 gerichtete
Antikörper detektierbar waren [150]. Ein positiver Antikörpertest kann jedoch weder zeitlich noch räumlich einer Läsion
zugeordnet werden, daher ist der diagnostische Nutzen für die Bestimmung des HPV-Status
eher gering, es ergeben sich jedoch exzellente Anwendungsmöglichkeiten für die Früherkennung.
Einschränkend kann angemerkt werden, dass die Testverfahren nicht allgemein verfügbar
sind.
5.2 Stellenwert der Tumorendoskopie
Die Tumorendoskopie dient hauptsächlich der schmerzfreien Histologiegewinnung sowie
der Einschätzung der Tumorausdehnung zwecks Bestimmung der Resektabilität des Tumors
und möglicher Rekonstruktionsverfahren. Ferner soll im Rahmen einer Tumorendoskopie
das Vorliegen eines Zweitkarzinoms ausgeschlossen werden, dies gilt v. a. für Patienten
mit Noxenabusus. Insgesamt wird die Durchführung der Tumorendoskopie oder Panendoskopie
oder Triple Endoskopie international für alle KHT allerdings kritisch betrachtet.
So gibt es kaum einen Konsens bezüglich Stellenwert und Technik. Sie wird aufgrund
Weiterentwicklung bildgebender Verfahren, dem Risiko starrer Endoskopien und unklarer
Inzidenz von Zweittumoren zunehmend negativ diskutiert [151]. Der Stellenwert der Tumorendoskopie bei HPV OSCC kann nun besonders kritisch hinterfragt
werden, weil bei diesen Patienten häufig eine positive Noxenanamnese, die ein Zweitkarzinom
begründen könnte, fehlt [152]
[153]. Daher ist die Wertigkeit der Endoskopie mit der Frage nach einem Zweitkarzinom
in diesen Fällen zurückgesetzt. In Deutschland ist die Durchführung der Tumorendoskopie
mit starrem Instrumentarium aber nach wie vor sehr verbreitet [154]. So lange keine belastbare Evidenz existiert, kann die Endoskopie so wie bislang
standardisiert durchgeführt werden, beim HPV OSCC kann jedoch ohne Bedenken auch symptomorientiert
die Biopsie in Narkose oder in örtlicher Betäubung durchgeführt werden.
5.3 Bildgebung
Die bildgebende Diagnostik für HPV OSCC entspricht der standardisierten Bildgebung
für KHT. So werden bspw. Sonografien der Halsweichteile zur Darstellung des regionären
Tumorleidens durchgeführt. Auch die Schnittbildverfahren Computertomographie (CT)
und Magnetresonanztomographie (MRT) finden routinemäßig Anwendung. Diese Verfahren
dienen der rein morphologischen Abbildung von KHT. Im Vergleich hierzu dient die Positronen-Emissions-Tomografie
(PET) in Kombination mit der CT als ein Hybridverfahren, welches eine funktionale
Abbildung der Stoffwechsellage im erkrankten Gewebe darstellt. Hierbei stellt das
radioaktive Isotop 18F des Fluors das meist verwendete Nuklid in der PET dar und kann mit diversen Pharmaka
kombiniert werden. Die Kombination, die am häufigsten Anwendung erfährt, ist der metabolische
Radiotracer 18F-2-Fluoro-2-Deoxy-Glukose (FDG), mögliche Alternativen sind hypoxische Radiotracer,
wie z. B. 18F-Fluoromisonidazol (FMISO) oder die nachfolgende Generation 18F-Fluoroazomycin Arabinosid (FAZA) [155].
Aufgrund des distinkten Tumormetabolismus HPV-assoziierter im Vergleich HPV-negativer
OSCC (Kapitel 3.6) ([Abb. 7]) sind Unterschiede in der funktionalen Bildgebung zu erwarten [156]. HPV-spezifische Tumorcharakteristika spiegeln sich so im 18F-FDG PET-CT möglicherweise wider. Bspw. konnte gezeigt werden, dass HPV-assoziierte
OSCC im Rahmen der epithelialen mesenchymalen Transition (EMT) deutlich homogenere
FDG und FAZA Traceraufnahmen aufweisen [155]
[157]. Konkordant hierzu zeigt sich ein signifikanter Anstieg der PET-Parameter HPV-negativer
OSCC mit Zunahme der Primärtumorgröße [155]. Im Vergleich hierzu zeigen HPV OSCC ein deutlich homogeneres Bild der Traceraufnahme
in den verschiedenen Tumorstadien.
Abb. 7 Die aktuelle Stadiengruppierung für HPV positive und HPV negative OSCC wurde umfangreich
verändert. Links ist ein metastasiertes HPV OSCC (ipsilateral,<6cm), somit besteht
ein Tumorstadium I, nach der alten Auflage wäre der Tumor als Stadium IVa (T1, N2b)
zu klassifizieren gewesen. Rechts ist ein T3N1 OSCC, HPV negativ abgebildet, somit
als Tumorstadium III zu klassifizieren. Anstatt größer ist das Tumorstadium für den
Patienten links nun kleiner im Vergleich zum Patienten rechts.
Die funktionale Bildgebung findet aber nicht nur im Rahmen des Stagings Verwendung,
sondern wird zunehmend auch als Therapiemonitoring aufgegriffen. Im Mittelpunkt steht
hierbei die aktuell diskutierte Therapie-Deeskalation für HPV OSCC. In einer prospektiven
Studie (DAHANCA 24) konnte kürzlich gezeigt werden, dass die Durchführung eines FAZA-PET/CTs
im Rahmen einer primären Radiotherapie als Monitoring für ein Therapieansprechen erfolgsversprechend
sein kann [158]. In einer weiteren Pilotstudie konnte für HPV-positive OSCC Patienten gezeigt werden,
dass ein FMISO PET vor und unter Therapie die Tumorlast gut widerspiegelt. Denkbar
wäre hierdurch die Strahlenreduktion bei Nachweis von Therapieansprechen [159]. Zudem ist die funktionale Bildgebung unerlässlich für das Follow-up geworden. In
einer prospektiv angelegten multizentrischen Studie konnte ein hoher Stellenwert des
18F-FDG PET-CTs für das Follow-up von primär radiochemotherapierten OSCC gezeigt werden.
Hierbei zeigte sich, dass das 18F-FDG PET-CT als Diagnostikum zur Detektion eines regionären Residuums einem Standardarm
mit posttherapeutischer salvage Neck dissection nicht unterlegen war, was in der hohen
Sensitivität dieses Testverfahrens begründet ist. Ferner konnten Komplikationen und
Kosten durch die Bildgebung reduziert werden [160].
Eine neue Möglichkeit der Bildgebung stellen Radiomics-Verfahren dar, hierbei werden
Bildmerkmale computergestützt quantifiziert, Cluster gebildet und anschließend mit
Bilddatenbanken verglichen, um hierdurch automatisiert Aussagen über Gewebeeigenschaften,
Diagnosen und Krankheitsverläufe machen zu können. Bspw. ist so eine computergestützte
Vorhersage des HPV-Status anhand eines CT Datensatzes relativ sicher möglich [161]. Radiomics-Signaturen wurden bspw. bei Mammakarzinom Patientinnen aber auch beim
Bronchialkarzinom und KHT erfolgreich als Prognostikatoren eingesetzt [162]
[163]. Durch Kombination von Radiomics Signatur und p16-Test konnte die prognostische
Trennschärfe zwischen 2 Gruppen von KHT Patienten verbessert werden [164]. „Radiomics“– Datensätze könnten daher zukünftig in prognostische Modelle mit einfließen.
5.4 Aktualisierte TNM-Klassifikation und Staging-Regeln
Die TNM-Klassifikation maligner Tumore dient insbesondere als Prognostikator. Die
steigende Inzidenz, die unterschiedliche Biologie der Erkrankung und die deutlich
bessere Prognose nach der Therapie begründen die Notwendigkeit HPV OSCC als eigenständige
Tumorentität zu werten. Wesentlicher Grund war die Tatsache, dass die etablierten
Stagingregeln die Prognose der Patienten nur unzureichend widerspiegelten. Insbesondere
für den nodalen Status wurde mehrfach herausgearbeitet, dass nach den alten TNM-Regeln
kein signifikanter Einfluss auf die Prognose der Patienten bestand [165]
[166]. Lediglich für fortgeschrittene T-Stadien wurde eine Trennschärfe für die Prognose
nach den alten TNM-Regeln berichtet [167]
[168]. Mit Herausgabe der 8. Auflage der TNM-Klassifikation maligner Tumoren findet nun
der HPV-Status von OSCC eigene Berücksichtigung. Auch die TNM-Regeln für HPV negative
OSCC wurden geändert, der Faktor extrakapsuläres/extranodales Wachstum (englisch:
extranodal extension/ENE oder extracapsular spread/ECS) wird nun berücksichtigt und
HPV negative OSCC werden wie Hypopharynxkarzinome klassifiziert und in einem eigenen
Kapitel das Cancer Staging Manuals abgehandelt. Ab dem 01. Januar 2017 unterscheiden
sich nun die TNM-Regeln zu der vorangegangenen Version insbesondere in Bezug auf den
nodalen Status beim HPV OSCC – dies hat auch essenziellen Einfluss auf das Tumorstadium
nach UICC (Union internationale contre le cancer).
Die neue Auflage orientiert sich beim HPV OSCC v. a. an Studienergebnissen der ICON-S
Gruppe (International Collaboration on Oropharyngeal cancer Network for Staging) in
Kanada, USA, Dänemark und den Niederlanden. In dieser multizentrischen Kohortenstudie
wurden 2603 Patienten mit bekanntem HPV-Status eingeschlossen. Dabei erhielten die
Patienten nahezu alle primäre Radiochemotherapie (98% der Patienten) und über 70%
der untersuchten Patienten waren HPV positiv [169]. Das Gesamtüberleben wurde für beide Gruppen nach entsprechend vorangegangener rekursiver
Partitionsanalyse mit Ableitung eines erneuerten Stagingsystems für die Gruppe der
HPV-assoziierten OSCC und HPV–negative OSCC analysiert. Die Vorschläge der Autoren
wurden unverändert in der 8. Auflage für die ohne Operation behandelten Patienten
implementiert. Weil bei der Analyse von Patienten, die tumorsanierende Operationen
erhalten die Anwendbarkeit nicht gesichert ist, wurden für diese Patienten modifizierte
Kriterien vorgeschlagen. Dabei wurden retrospektive erhobene Ergebnisse einer chirurgisch
behandelten Kohorte von 220 amerikanischen Patienten beachtet, bei denen die Anwesenheit
von 5 und mehr Lymphknotenmetastasen mit einem hohen Risiko für ein Tumorrezidiv verknüpft
war [170]. Alle Patienten waren p16-positiv und wurden transoral operiert, 80% hatten ECS-positive
Lymphknoten, dieser Faktor war ohne Relevanz für die Prognose.
Bislang wurde ECS als ungünstiger Prognostikator gewertet und nahm entscheidenden
Einfluss auf die Therapie [171]
[172]. So stellt das extranodale Wachstum eine Indikation für die adjuvante Platingabe
bei postoperativer RT dar [173]. Der Ausschluss von ECS im neuen Staging-System für HPV OSCC basiert analog zu oben
auf den Ergebnissen in anderen Publikationen. Mehrfach konnte in retrospektiven Untersuchungen
gezeigt werden, dass der Faktor ECS für das outcome bei HPV OSCC wahrscheinlich nicht
relevant ist [174]
[175]. Hinzu kommt, dass der Faktor ECS mit einer hohen interobserver Varianz erhoben
wird [176]. Durch diese Ergebnisse kann daher der Wert eine RCT im adjuvanten Setting beim
ECS-positiven HPV OSCC angezweifelt werden [177]. Die prospektive Überprüfung dieser Erkenntnis wäre dringend wünschenswert, weil
im Tumorboard diese Frage häufig diskutiert wird. Derzeit werden 3 prospektive Studien
durchgeführt, die sich mit Therapiedeeskalation, u. a. von ECS-positiven HPV-OSCC
zur Vermeidung von Akut- und Spättoxizität befassen (ECOG 3311, ADEPT, PATHOS, [Tab. 2]). Erst danach wird sich möglicherweise zeigen, ob eine Therapiedeeskalation trotz
Vorliegen von ECS beim HPV OSCC gerechtfertigt ist.
Tab. 2 Adaptive De-eskalation Behandlung in HPV positive OSCC.
Beginn der Studie
|
NCT-Code
|
Kurzbezeichnung
|
Phase
|
HPV-Diagnostik
|
Strategie für Patienten mit HPV OSCC
|
Primärziel der Studie
|
Titel der Studie
|
rekrutierend
|
laufend
|
abgeschlossen
|
2009
|
NCT01088802
|
|
2
|
HPV-DNA und/oder p16INK4a
|
Deintensivierung der strahlendosis
|
Vergleichbarer Therapieerfolg bei geringerer Langzeittoxizität
|
Treatment De-Intensification for Squamous Cell Carcinoma of the Oropharynx
|
|
X
|
|
2010
|
NCT01084083
|
|
2
|
HPV-ISH und/oder p16INK4a
|
Induktionschemotherapie, Reduktion der Strahlendosis, gefolgt von Cetuximab
|
Vergleichbarer Therapieerfolg
|
Induction Chemotherapy Followed By Cetuximab and Radiation in HPV-Associated Resectable
Stage III/IV Oropharynx Cancer
|
|
|
X
|
2011
|
NCT01302834
|
RTOG1016
|
3
|
p16INK4a
|
Ersetzen von Cisplatin durch Cetuximab in RCT
|
Vergleichbarer Therapieerfolg
|
Radiation Therapy With Cisplatin or Cetuximab in Treating Patients With Oropharyngeal
Cancer
|
|
X
|
|
NCT01530997
|
|
2
|
HPV-DNA und/oder p16INK4a
|
Reduktion der Chemotherapie und Strahlendosis, limitierte Neck dissection
|
Vergleichbarer Therapieerfolg bei geringerer Toxizität
|
Phase II Study of De-intensification of Radiation and Chemotherapy for Low-Risk HPV-related
Oropharyngeal Squamous Cell Carcinoma
|
|
X
|
|
2012
|
NCT01530997
|
|
2
|
HPV-DNA und/oder p16INK4a
|
Reduktion der Chemotherapie und der Strahlendosis
|
Vergleichbarer Therapieerfolg bei geringerer Toxizität
|
De-intensification of Radiation and Chemotherapy for Low-Risk Human Papillomavirus-related
Oropharyngeal Squamous Cell Carcinoma
|
|
X
|
|
NCT01687413
|
ADEPT
|
3
|
p16INK4a
|
Postoperative Radiotherapie mit und ohne Cisplatin (bei R0 und N>0)
|
Vergleich des Therapieerfolg und Toxizität
|
Post Operative Adjuvant Therapy De-intensification Trial for Human Papillomavirus-related,
p16+ Oropharynx Cancer (ADEPT)
|
|
X
|
|
NCT01716195
|
|
2
|
p16INK4a
|
Induktionschemotherapie (Carboplatin/Paclitaxel), Reduktion der Strahlendosis und
Chemotherapie (Paclitaxel)
|
Vergleichbarer Therapieerfolg bei geringerer Toxizität
|
Induction Chemotherapy Followed by Chemoradiotherapy for Head and Neck Cancer
|
|
X
|
|
NCT01706939
|
Quarterback Trial
|
3
|
HPV-DNA und p16INK4a
|
Reduktion der Strahlendosis (56 Gy) mit wöchentl. Carboplatin vs. 70 Gy Strahlendosis
und wöchentl. Carboplatin
|
Vergleichbarer Therapieerfolg bei reduzierter Strahlendosis
|
The Quarterback Trial: A Randomized Phase III Clinical Trial Comparing Reduced and
Standard Radiation Therapy Doses for Locally Advanced HPV Positive Oropharynx Cancer
|
|
X
|
|
NCT01663259
|
|
|
HPV-DNA und/oder p16INK4a
|
Ersetzen von Cisplatin durch Cetuximab in Radiochemotherapie
|
Vergleichbarer Therapieerfolg bei geringerer Toxizität
|
Reduced-intensity Therapy for Oropharyngeal Cancer in Non-smoking HPV-16 Positive
Patients
|
|
X
|
|
2013
|
NCT01898494
|
ECOG 3311
|
2
|
p16INK4a
|
Reduktion der Strahlendosis nach transoraler Tumorresektion (fortgeschrittene OSCC)
|
Vergleichbarer Therapieerfolg
|
Transoral Surgery Followed By Low-Dose or Standard-Dose Radiation Therapy With or
Without Chemotherapy in Treating Patients With HPV Positive Stage III-IVA Oropharyngeal
Cancer
|
|
X
|
|
NCT01874171
|
De-ESCALaTE-HPV
|
3
|
p16INK4a
|
Ersetzen von Cisplatin durch Cetuximab in Radiochemotherapie
|
Verbesserung der Lebensqualität und Verminderung der Toxizität
|
Determination of Cetuximab Versus Cisplatin Early and Late Toxicity Events in HPV+
OPSCC (De-ESCALaTE)
|
|
X
|
|
NCT01891695
|
|
1
|
p16INK4a
|
Reduktion der Strahlendosis für Halslymphknoten (39,6 Gy) bei klinisch N0
|
Vergleichbarer Therapieerfolg bei geringerer Toxizität
|
A Pilot Single Arm Study of Intensity Modulated Radiation Therapy Elective Nodal Dose
De-Escalation for HPV-Associated Squamous Cell Carcinoma of the Oropharynx
|
|
X
|
|
NCT01855451
|
TROG12.01
|
3
|
p16INK4a
|
Ersetzen von Cisplatin durch Cetuximab in Radiochemotherapie
|
Vegleich der Lebensqualität und Toxizität
|
Weekly Cetuximab/RT Versus Weekly Cisplatin/RT in HPV-Associated Oropharyngeal Squamous
Cell Carcinoma (HPVOropharynx)
|
X
|
X
|
|
2014
|
NCT02281955
|
|
2
|
HPV-DNA und/oder p16INK4a
|
Reduktion der Chemotherapie und der Strahlendosis (follow-up Studie zu NCT01530997)
|
Vergleichbarer Therapieerfolg bei geringerer Toxizität
|
De-intensification of Radiation and Chemotherapy for Low-Risk HPV-related Oropharyngeal
SCC: Follow-up Study
|
X
|
X
|
|
NCT02072148
|
SIRS TRIAL
|
2
|
HPV-DNA und p16INK4a
|
Alleinige OP bei ,,low-risk“ Patienten
|
Vergleichbarer Therapieerfolg
|
The Sinai Robotic Surgery Trial in HPV Positive Oropharyngeal Squamous Cell Carcinoma
(SCCA) (SIRS TRIAL)
|
X
|
X
|
|
NCT02254278
|
|
2
|
p16INK4a
|
Reduktion der Strahlendosis mit oder ohne Cisplatin
|
Vergleichbarer Therapieerfolg bei geringerer Toxizität
|
A Randomized Phase II Trial for Patients With p16 Positive, Non-Smoking Associated,
Locoregionally Advanced Oropharyngeal Cancer
|
|
X
|
|
NCT02215265
|
PATHOS
|
2+3
|
HPV (keine weiteren Angaben)
|
Reduktion der adjuvanten Therapie nach transoraler Resektion
|
Verbesserung der Schluckfunktion
|
Post-operative Adjuvant Treatment for HPV-positive Tumours (PATHOS)
|
|
X
|
|
2016
|
NCT02784288
|
|
2
|
p16INK4a
|
Behandlungsstratifizierung nach Pathologie der Neck dissection
|
Verbesserung der Lebensqualität
|
Phase II Treatment Stratification Trial Using Neck Dissection-Driven Selection to
Improve Quality of Life for Low Risk Patients With HPV+ Oropharyngeal Squamous Cell
Cancer
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2017
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NCT03210103
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ORATOR2
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HPV-DNA oder p16INK4a
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Primäre deintensivierte Radiotherapie vs. transorale Chirurgie mit Neckdissection
(+/- adj. Radiotherapie)
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Vergleichbarer Therapieerfolg
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A Randomized Trial of Treatment De-Escalation for HPV-Associated Oropharyngeal Squamous
Cell Carcinoma: Radiotherapy vs. Trans-Oral Surgery (ORATOR II)
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NCT03215719
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2
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p16INK4a
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Reduktion der Strahlendosis bei Respondern während Standard Radiotherapie
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Vergleichbarer Therapieerfolg
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Adaptive Treatment De-escalation in Favorable Risk HPV-Positive Oropharyngeal Carcinoma
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X
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X
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Der p16-Test ist im Cancer Staging Manual als Surrogatmarker für eine HPV Infektion
vorgeschlagen und die Kapitelüberschrift heißt auch nicht HPV-positive OSCC, sondern
p16-positive OSCC. Die Gruppe der Autoren hat sich für diese Einteilung entschieden,
weil der Nachweis einer HPV-Assoziation eben auf einer Kombination von Testverfahren
beruht, diese aufwändig und dann auch nicht immer eindeutig sind. Demgegenüber ist
der p16-Test einfach, preiswert und weitverbreitet. In zahlreichen Studien konnte
zudem die Signifikanz des p16-Testes für die Prognose von Patienten mit OSCC herausgearbeitet
werden [8]
[178]
[179]. Die naturgemäß bestehenden Probleme des Testverfahrens (hohe Subjektivität bei
der Auswertung, biologisch bedingt variable p16 Expression in zahlreichen Fällen)
führen häufig zu nicht eindeutigem Testergebnis. p16-Test-negative Patienten sollen
laut Vorschlag der Autoren im Cancer Staging Manual wie HPV-negative und Hypopharynxkarzinome
klassifiziert werden. In unserer eigenen Patientenkohorte konnten wir die Prognose
der Patienten dahingehend analysieren, dass sich ein gutes outcome eben nur für doppelt
positiv getestete Patienten zeigt ([Abb. 6]). Daher besteht beim neuen Staging System die Gefahr, dass bis zu 10% der Patienten
fälschlicherweise nach den Regeln für p16-positive OSCC klassifiziert wird. Es ist
daher empfehlenswert, den HPV-Status wenn möglich durch ein bimodales Vorgehen zu
sichern und zum immunhistochemischen Nachweis von p16 zusätzlich HPV-DNA oder mRNA
nachzuweisen (s. o.).
5.4.1 HPV-assoziierte OSCC
T-Kategorie: In p16-positiven und p16-negativen OSCC entspricht die klinische (c)
T-Kategorie der pathologischen (p) T-Kategorie. Unterschiede der einzelnen Kategorien
gibt es lediglich bezüglich der T4 Kategorie. HPV-negative OSCC werden in T4a und
T4b unterteilt, abhängig von der Tumorausdehnung. Bei den HPV OSCC hingegen erfolgt
keine weitere Unterteilung der T4 Kategorie ([Tab. 3]).
Die Unterkategorien T4a und T4b sind beim HPV OSCC abgeschafft
Tab. 3 TNM Kategorien in der 7. und 8. Auflage für OSCC.
TNM 7. Auflage
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TNM 8. Auflage
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p16 Negativ
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p16 Positiv
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c/p T1
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≤2 cm
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c/p T1
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≤2 cm
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c/p T1
|
≤2 cm
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c/p T2
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>2 cm,≤4 cm
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c/p T2
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>2 cm,≤4 cm
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c/p T2
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>2 cm,≤4 cm
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c/p T3
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>4 cm o Ausbreitung auf linguale Epiglottis
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c/p T3
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>4 cm o Ausbreitung auf linguale Epiglottis
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c/p T3
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>4 cm o Ausbreitung auf linguale Epiglottis
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c/p T4a
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Infiltration Larynx, äußere Zungenmusk., Hartgaumen, Mandibula
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c/p T4a
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Infiltration Larynx, äußere Zungenmusk., Hartgaumen, Mandibula, Lamina med. Processus
pterygoideus
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c/p T4
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Infiltration Larynx, äußere Zungenmusk., Lamina med./lat. Processus pterygoideus,
Hartgaumen, Mandibula, M. pterygoideus lateralis, Schädelbasis, ACI, lat. Nasopharynx
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c/p T4b
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Infiltration M. pterygoideus lateralis, Schädelbasis, ACI
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c/p T4b
|
Infiltration M. pterygoideus lateralis, Schädelbasis, ACI
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N
|
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c N
|
|
c N
|
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c/p N0
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keine regionären Lymphknotenmetastasen
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c N0
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keine regionären Lymphknotenmetastasen
|
c N0
|
keine regionären Lymphknotenmetastasen
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c/p N1
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Ipsilateral solitär≤3 cm
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c N1
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Ipsilateral solitär≤3 cm
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c N1
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ipsilateral solitär oder multipel≤6 cm
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c/p N2a
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Ipsilateral solitär>3–6 cm
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c N2a
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Ipsilateral solitär>3–6 cm
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c N2
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kontralateral or oder bilateral ≤ 6 cm
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c/p N2b
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Ipsilateral multipel≤6 cm
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c N2b
|
Ipsilateral multipel≤6 cm
|
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c/p N2c
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Bilateral, kontralateral≤6 cm
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c N2c
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Bilateral, kontralateral≤6 cm
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c/p N3
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Metastasen>6 cm
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c N3a
|
Metastasen>6 cm
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c N3
|
Metastasen > 6 cm
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c N3b
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ECS
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p N
|
|
p N
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p N0
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keine regionären Lymphknotenmetastasen
|
p N0
|
keine regionären Lymphknotenmetastasen
|
|
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p N1
|
Ipsilateral solitär≤3 cm
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p N1
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≤4 betroffene Lymphknoten
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p N2a
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Ipsilateral solitär,≤3 mit ECS oder≤6 cm ohne ECS
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p N2
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≥5 betroffene Lymphknoten
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p N2b
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Ipsilateral multipel≤6 cm, ohne ECS
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p N2c
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Bilateral, kontralateral≤6 cm ohne ECS
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p N3a
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Metastasen>6 cm, kein ECS
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p N3b
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Metastasen>3 cm mit ECS oder kontra-/bilateral mit ECS
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N-Kategorie: Die wichtigste Erneuerung wird in Bezug auf den nodalen Status bei p16-positivem
OSCC mit der 8. Auflage eingeführt. Dabei sind Unterschiede zwischen der c-Kategorie
und der p-Kategorie betroffener Halslymphknoten zu beachten. Die klinische Einteilung
des nodalen Status p16-positiver OSCC (cN) ist im Vergleich zu früher nun stark vereinfacht.
Ein einseitiger Befall resultiert in cN1, ein beidseitiger oder kontralateraler Befall
in cN2. Die cN3 Kategorie bleibt unverändert bei Metastasen>6 cm Ausdehnung. Die Regeln
nach Operation der Halslymphknoten (pN) lassen nun nur noch die Kategorien pN1 und
pN2 zu. Grenzwert ist der Befall von 4 Halslymphknoten. Liegen 5 oder mehr Halslymphknotenmetastasen
vor, so liegt ein pN2 Status vor. Weder die Größe noch das Vorliegen eines ECS werden
bei der Zuordnung berücksichtigt.
Die N-Kategorie für HPV OSCC unterscheidet cN und pNcN: ipsilateral → cN1 | bilateral
→ cN2 |>6 cm → cN3
pN: 4 Lymphknoten → pN1 | ≥5 Lymphknoten → pN2
5.4.2 HPV-negative OSCC
Die T-Kategorie bleibt in der neuen Auflage für HPV negative OSCC unverändert bestehen.
Für die N- Kategorie wird nun zwischen klinisch und pathologisch unterschieden und
der Faktor ECS findet jeweils in Form einer Hochstufung in die jeweilig höhere Kategorie
Berücksichtigung ([Tab. 3]). ECS ist bei cN als Hautinvasion, Infiltration von Muskulatur, Nerven oder Knochen
definiert und sollte auch nur dann verwendet werden. Die gleichen TNM Regeln gelten
auch für die Plattenepithelkarzinome des Hypopharynx.
Die N-Kategorie für HPV-negative OSCC unterscheidet cN und pN
ECS resultiert bei klinischem Staging zur neuen Kategorie cN3b
Bei pathologiebasiertem Staging führt der Faktor ECS jeweils zu einer Hochstufung
5.4.3 UICC-Stadien
Die Unterschiede der TNM-Klassifikation spiegeln sich nun auch in der UICC-Stadieneinteilung
wider. Unterschieden werden gleichsam p16-positive und -negative OSCC. Die Regeln
für die Einteilung in Tumorstadien hat sich für HPV negative OSCC nicht verändert,
beim p16-postiven OSCC erfolgt die UICC-Stadieneinteilung durch die klinisch oder
pathologisch verifizierten TNM-Kategorien. Besonders dabei ist, dass nun fortgeschritten
lymphogen metastasierte Tumore als N1 kategorisiert werden (z. B. 4 positive Lymphknotenmetastasen
mit ECS) und als Tumorstadium 1 zu klassifizieren sind ([Abb. 7], [Tab. 4]). Nur eine Fernmetastasierung rechtfertigt das Tumorstadium 4. In einer eigenen
Auswertung der neuen TNM-Regeln und UICC-Staging-Gruppen konnten wir zeigen, dass
ein erhebliches UICC-Downstaging der HPV- OSCC durch die neue TNM-Auflage erreicht
wird [7]. An einer Patientenkohorte von 150 HPV OSCC Patienten zeigt sich, dass durch die
neue UICC-Stadieneinteilung die Patientenzahl in den Stadien I und II deutlich erhöht
und eine signifikante Verringerung der Patientenzahl in dem Stadium IV hervorgerufen
wird ([Abb. 8]). Aktuell wurden die neuen TNM-Regeln bereits in mehreren Patientenkohorten überprüft
und als wertvoll beschrieben [180], bzw. Verbesserungsvorschläge gemacht [181].
Abb. 8 Durch die neuen Stagingregeln für HPV OSCC sind Stadium IV-Tumoren selten geworden,
dafür existiert nun ein erheblicher Anteil an Stadium I- und Stadium II-Tumoren.
Tab. 4 Gruppen von Tumorstadien beim Oropharynxkarzinom, 8. Auflage.
p16 negativ
|
p16 positiv
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Stadium
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Stadium
|
Klinisch
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0
|
Tis
|
N0
|
M0
|
Stadium 0
|
Tis
|
N0
|
M0
|
I
|
T1
|
N0
|
M0
|
Stadium I
|
T1, T2
|
N0, N1
|
M0
|
II
|
T2
|
N0
|
M0
|
Stadium II
|
T1, T2
|
N2
|
M0
|
III
|
T3
|
N0
|
M0
|
|
T3
|
N0, N1, N2
|
M0
|
|
T1, T2, T3
|
N1
|
M0
|
Stadium III
|
T1, T2, T3, T4
|
N3
|
M0
|
IVA
|
T4a
|
N0, N1
|
M0
|
|
T4
|
Jedes N
|
M0
|
|
T1, T2, T3, T4a
|
N2
|
M0
|
Stadium IV
|
Jedes T
|
Jedes N
|
M1
|
IVB
|
Jedes T
|
N3
|
M0
|
|
|
|
|
|
T4b
|
Jedes N
|
M0
|
|
|
|
|
IVC
|
Jedes T
|
Jedes N
|
M1
|
Stadium
|
Pathologisch
|
|
|
|
|
Stadium 0
|
Tis
|
N0
|
M0
|
|
|
|
|
Stadium I
|
T1, T2
|
N0, N1
|
M0
|
|
|
|
|
Stadium II
|
T1, T2
|
N2
|
M0
|
|
|
|
|
|
T3
|
N0, N1
|
M0
|
|
|
|
|
Stadium III
|
T3, T4
|
N2
|
M0
|
|
|
|
|
Stadium IV
|
Jedes T
|
Jedes N
|
M1
|
Zusammenfassend entspricht die Entwicklung des Stagingsystems für HPV OSCC dem hohen
Stellenwert dieser Erkrankung und führt zu einer Verbesserung der Trennschärfe prognostischer
Gruppen. Allerdings werden in Zukunft vermutlich weitere Anpassungen der aktuellen
Auflage erforderlich sein. Kritisch ist, dass durch die alleinige p16-Testung bis
zu 10% falsch eingeschätzt werden. Außerdem sollte das Downstaging bei HPV-positiven
OSCC nicht unkritisch zur Deeskalation von Therapieregimen führen. Molekulare Signaturen
und Eigenschaften (Komorbidität) bzw. Gewohnheiten (Nikotinabusus) der Patienten können
eine bedeutendere Rolle für die Einschätzung der Prognose spielen und werden vermutlich
zukünftig auf die TNM-Klassifikation Einfluss nehmen.
6. Entscheidungshilfen für die Therapie
6. Entscheidungshilfen für die Therapie
Aufgrund der erheblich besseren Prognose HPV-assoziierter OSCC sowohl für das rezidiv-freie
Überleben als auch für das Gesamtüberleben muss gefragt werden, ob dies auch Konsequenzen
für die Therapiestrategien hat. Hier gibt es grundsätzlich 2 Ansätze: Da die eingesetzten
multimodalen Therapiestrategien beim HPV OSCC offensichtlich wesentlich wirksamer
sind, ergibt sich die Frage, ob Teile dieser multimodalen Therapie bei HPV OSCC deeskaliert
werden können und ob eine weniger intensive Therapie nicht gleich gute Chancen auf
Heilung bietet. Zweitens stellt sich die Frage, ob dies für alle Patienten zutrifft,
oder nur bei Subgruppen von Patienten eine solche De-Intensivierung durchgeführt werden
kann, ohne den Therapieerfolg zu gefährden. Vor diesem Hintergrund ist die Etablierung
verschiedener prognostischer Modelle auch aus retrospektiven Kohorten zur Abschätzung
der Wertigkeit der Prädiktoren und vor dem Hintergrund verschiedener Therapiestrategien
von besonderer Bedeutung (siehe Kapitel 8). Neben dem Ansatz der Deeskalation stellt
sich die Frage, ob HPV ein prädiktiver Marker für eine spezifische Therapie darstellt.
Anhand der retrospektiven Kohorten ergibt sich hier zunächst kein Hinweis, da die
Prognose HPV-assoziierter Tumoren sowohl nach primär radiotherapeutischer als auch
nach primär chirurgischer Therapie besser ist. Problematisch ist bei dieser vergleichenden
Bewertung, dass geschätzt 80% der primär chirurgischen Patienten auch adjuvant bestrahlt
wurden.
6.1 Strahlentherapie
Aufgrund von Zellkulturmodellen ergeben sich Hinweise für eine höhere Strahlenempfindlichkeit
HPV-assoziierter OSCC im Vergleich zu HPV negativen OSCC [182]. In eigenen Untersuchungen an Zelllinien konnte nach Strahlentherapie ein signifikant
vermindertes klonogenes Überleben von HPV-positiven Tumorzelllinien gezeigt werden.
Vergleichbare Resultate wurden von mehreren Arbeitsgruppen ebenfalls beschrieben [183]. Aus einer Meta-Analyse von 30 klinischen Studien ist das bessere Überleben nach
alleiniger Radiotherapie bei HPV OSCC auch in der Klinik gesichert [184]. Dennoch ist der HPV-Nachweis alleine nicht prädiktiv für eine primäre radiotherapeutische
Therapie. Als Hinweis dafür kann gewertet werden, dass wenn Patienten mit HPV OSCC
alleine mittels Radiotherapie behandelt werden, die lokoregionäre Tumorkontrolle der
p16-positiven Tumoren nach 5 Jahren nur bei 58% und das Gesamtüberleben bei nur 62%
liegt [185]. Vergleichende Untersuchungen zu Radiochemotherapie oder zu primär chirurgischer
Therapie liegen nicht vor. Die Prognose nach alleiniger Radiotherapie beim HPV-assoziierten
OSCC kann insgesamt als 10–15% schlechter abgeschätzt werden, gegenüber Patienten,
die multimodal (z. B. mit Radiochemotherapie) behandelt werden [61]
[139]
[169].
Dies lässt den Schluss zu, dass eine Deeskalation für alle HPV-assoziierten OSCC mittels
alleiniger Radiotherapie wahrscheinlich nicht geeignet ist. Darüberhinaus haben Patienten
mit sehr fortgeschrittenen inoperablen OSCC auch unter intensivierter, definitiver
Radiochemotherapie eine schlechte Prognose von unter 40% progressionsfreiem Überleben
[186]. Möglicherweise gibt es eben Untergruppen in HPV-assoziierten OSCC, z. B. mit kleinen
Primärtumoren und nur gering ausgeprägter Halslymphknoten-Metastasierung, die mittels
einer alleinigen Radiotherapie adäquat therapiert werden können. Hinweise hierfür
gibt es aus einer retrospektiven Studien an knapp 900 Patienten. Die Patienten wurden
jedoch in erster Linie dahingehend ausgewählt, ob sie phänotypisch einen HPV-assoziierten
Tumor hatten, HPV Testergebnisse lagen nicht vor [187]. Welche zusätzlichen Prädiktoren neben HPV für eine solche gezielte Deeskalation
der Therapie geeignet sind, wird derzeit in klinischen Deeskalationsstudien geprüft
([Tab. 2]). Neben der Problematik, dass fortgeschrittene HPV OSCC mit alleiniger RT möglicherweise
nicht adäquat therapiert sind, ergibt sich für Tumore mit ausgedehnter Halsmetastasierung
(nach TNM der 7. Auflage: N2c) auch eine verhältnismäßig hohe Rate an Fernmetastasen
(geschätzt bei 30% der Patienten) nach alleiniger RT [188]. Daher sind Patienten mit fortgeschrittenem Tumorleiden beim HPV OSCC bei der Durchführung
einer RT weiterhin auf die Gabe von Chemotherapie angewiesen. Dass die Deeskalation
in der RT bereits Einzug gehalten hat, kann an mehreren publizierten retrospektiven
Serien abgelesen werden. Bei 261 Patienten wurde die Aussparung des Tumorbettes in
der adjuvanten Situation ohne reduzierte lokale Kontrolle berichtet [189]. Kontrollraten von über 97% wurden in einer Meta-Analyse beschrieben, wenn auf die
elektive Radiotherapie der Lymphabflusswege der Gegenseite bei HPV OSCC verzichtet
wurde [190].
6.2 Welche Rolle spielen Operationen?
Neben der Deeskalation durch alleinige Radiotherapie gibt es auch Ansätze mittels
chirurgischer Verfahren in der Primärtherapie bspw. eine Deeskalation der adjuvanten
Therapie herbeizuführen ([Tab. 2]). Das Grundprinzip ist, durch eine vorgeschaltete primäre chirurgische Therapie
(upfront surgery) histologisch gesicherte Prädiktoren zu erarbeiten, die eine Deeskalation
der adjuvanten Therapie ermöglichen. Darüber hinaus kann in diesen Studien geprüft
werden, ob Risikofaktoren, die bisher in der adjuvanten Situation zur Gabe einer simultanen
Chemotherapie geführt haben, beim HPV-positiven Tumor ihre Berechtigung haben (siehe
Kapitel 5.4). Den Wert einer Operation für das Überleben oder Funktion nach der Therapie
eines HPV OSCC herauszuarbeiten, wird durch die Tatsache erschwert, dass geschätzt
80% aller primär chirurgisch behandelten Patienten auf eine adjuvante Therapie angewiesen
sind. Derzeit werden klinische Studien mit Chirurgie beispielhaft mit folgenden Fragen
durchgeführt: Reduktion der adjuvanten RT-Dosis nach der Bestimmung von Risikofaktoren
postoperativ (ECOG 3311); Weglassen der Chemotherapie bei der postoperativen Bestrahlung
(ADEPT); Vergleich von keiner adjuvante Bestrahlung vs. adjuvanter Radiatio mit 50 Gy,
60 Gy oder 60 Gy plus Platin, abhängig von Risikofaktoren (PATHOS).
Von besonderer Bedeutung sind in diesem Zusammenhang die beiden zurzeit anlaufenden
von der Deutschen Krebshilfe geförderten Studien, die prospektiv beim Oropharynxkarzinom
die primär chirurgische Therapie mit der primären Strahlentherapie vergleichen. Zwar
werden hier nicht nur HPV-assoziierte Tumore eingeschlossen, dennoch wird der HPV-Status
bestimmt und Subgruppenanalysen sind möglich. Die europaweite und in Deutschland durchgeführte
EORTC Studie „Best of-1420“ hat hier die frühen Stadien des Oropharynxkarzinom mit
funktionellen Endpunkten im Fokus. Dagegen vergleicht die TopROC-Studie die verschiedenen
Therapiestrategien für fortgeschrittene OSCC und der Endpunkt ist das Überleben.
Die Wahl zwischen primär chirurgischer Herangehensweise gefolgt von risikoadaptierter
adjuvanter Therapie oder primär nicht-chirurgischer Therapie hängt derzeit mehr von
lokalen oder landesweiten Besonderheiten und Leitlinien ab. Kürzlich wurde ein Review
für histopathologische Marker publiziert, hier konnten insbesondere ein fortgeschrittenes
T-Stadium als Risikofaktor für ausbleibende Tumorkontrolle identifiziert werden [191]. Für Raucher ist in einer aktuellen retrospektiven Analyse beschrieben, dass die
Prognose eher HPV-negativen OSCC-Patienten gleicht. Für primär chirurgisch behandelte
Kohorten wird es zukünftig bedeutsam sein auch in einem prospektiven Setting Risikofaktoren
zu identifizieren, die für die Prognose der Patienten bedeutsam sind, denn in Deutschland
werden aktuell 75% aller OSCC Patienten einer primär chirurgischen Therapie zugeführt.
Beispielhaft kann die zystisch degenerierte Metastase angeführt werden, hier sind
schlechte lokale Kontrollraten nach Therapie ohne Operation beschrieben [192]. In unserer eigenen Kohorte konnte für HPV OSCC insbesondere ein junges Lebensalter
zusätzlich als Prädiktor für ein gutes outcome identifiziert werden [193].
6.3 Chemotherapie und Antikörpertherapie
Patienten mit HPV OSCC haben ein besseres outcome nach RCT als Patienten mit HPV negativen
Tumoren, dieses wurde erstmals überzeugend in der so genannten Ang-Studie gezeigt
[139]. Auch im adjuvanten Setting mit RCT wurde dieser Überlebensvorteil gezeigt [194], und nach Induktionschemotherapie ist das Ansprechen ebenfalls besser [195]. Vergleichbar mit den Ausführungen oben haben wir jedoch keine Kenntnis, ob die
HPV-Positivität ein Prädiktor für eine Chemotherapie-Gabe ist, also ob HPV OSCC Patienten
bevorzugt mit Chemotherapie behandelt werden sollten. Für die kombinierte Behandlung
mit Nimorazole und Radiotherapie konnte bspw. gezeigt werden, dass bei HPV OSCC weder
Patienten mit hypoxischen noch weniger hypoxischen Tumoren einen Überlebensvorteil
haben, während für HPV-negative hypoxische Tumoren ein Vorteil gezeigt werden konnte
[196]. In einer weiteren klinischen Studie mit einem Target für hypoxische Tumorzellen
zeigte sich in einer Subgruppenanalyse für Patienten mit HPV OSCC sogar ein schlechteres
Ansprechen [197]. Aus experimentellen Daten ergeben sich Hinweise für ein besonders gutes Ansprechen
HPV-positiver Zelllinien auf Chemotherapie, in einer eigenen Untersuchung konnten
wir bspw. eine bessere Chemosensitivtät HPV-positiver Zelllinien gegenüber einem Platinderivat
in Kombination mit Bestrahlung zeigen [198].
Studien zur Deintensivierung der Chemotherapie werden beim HPV OSCC mittels Ersatz
einer platinbasierten Chemotherapie durch eine Antikörpertherapie mit Cetuximab verfolgt.
Aus einer Analyse von HPV OSCC Patienten aus dem Kollektiv in der so genannten Bonner-Studie
wurde jedoch kein spezifischer Vorteil für Patienten mit HPV OSCC gezeigt [199] und aus einer RTOG Studie mit Hinzunahme von Cetuximab zu platinbasierter Radiochemotherapie
wurde ebenfalls kein Vorteil für Patienten mit HPV OSCC nachgewiesen [200]. Daher besteht aus klinischen Studien kein direkter Hinweis, dass HPV prädiktiv
für eine Antikörper-Therapie mit Cetuximab ist. In mehreren klinischen Studien wird
aktuell dennoch der Austausch von Cisplatin durch Cetuximab randomisiert überprüft.
Endpunkte der Studien sind analog zum fraglichen Benefit für die Tumorkontrolle eine
geringere Toxizität der Therapie. Studien zur Deintensivierung der Radiotherapie-Dosis
bei definitiver kombinierter platinhaltiger Radiochemotherapie werden aktuell mit
dem Ziel einer Dosisreduktion im Primärtumorgebiet oder im Bereich der zervikalen
Lymphabflusswege durchgeführt. Einschlusskriterien für die Deeskalationsstudien sind
dabei zusätzliche günstige Risikoprofile der Patienten (Nichtraucher oder<10 pack-years,<T3,
usw.) [201]. In einer weiteren klinischen Studie (NCT02254278) wird für eine platinbasierte
Radiochemotherapie oder alleinige Radiotherapie bei Patienten mit HPV OSCC randomisiert.
Bedeutsam sind retrospektive Studien zur adjuvanten Radiochemotherapie bei HPV OSCC.
Die Indikationskriterien hierzu sind anerkannt, nämlich die inkomplette Exzision (R1)
und das extranodale Tumorwachstum (ECS). Für HPV OSCC wurden mehrfach retrospektive
Daten publiziert, aus denen relativ sicher ableitbar ist, dass die platinbasierte
Radiochemotherapie in der adjuvanten Situation für Patienten mit HPV OSCC wahrscheinlich
keinen bedeutsamen Zugewinn bei der Tumorkontrolle bringt. An einer Kohorte von 29
Patienten mit HPV OSCC (>90% der Patienten hatten keine tumorfreien Schnittränder!)
wurden kürzlich keine Unterschiede in der Tumorkontrolle beschrieben, unabhängig davon
ob die Patienten bei der postoperativen Bestrahlung mit oder ohne Chemotherapie behandelt
wurden [202]. Zur Frage der Indikation der adjuvanten RCT bei ECS positiven Lymphknotenbefall
liegen Daten aus mehreren Studien vor, jeweils wird angegeben, dass die kombinierte
adjuvante Therapie beim HPV OSCC keinen Gewinn bei der Tumorkontrolle bringt [174]
[175]
[203]. Allerdings sind die publizierten Kollektive klein, selektioniert und retrospektiv
ausgewertet, sodass auf der Basis der bisher publizierten Arbeiten sicher keine Empfehlung
für das Weglassen der Chemotherapie bei der postoperativen Radiatio bei Vorliegen
der Risikofaktoren, bspw. bei tumorinfiltrierten Schnitträndern abgegeben werden kann.
Zur Induktionschemotherapie liegen nur begrenzt Daten zum HPV OSCC vor. In einer ECOG
Phase II Studie an resektablen KHT wurden 2 Zyklen Carboplatin und Paclitaxel gefolgt
von einer Radiatio mit 70 Gy gegeben. Bei 62 Patienten mit OSCC (38/61% HPV OSCC)
wurde für HPV-getriebene Tumoren ein besseres Ansprechen auf die Induktion (82 vs.
55%; P=0,01) und ein besseres Überleben nach 2 Jahren (95 vs. 62%; P=0,005) beschrieben
[204].
Für HPV-positive Patienten aus der TAX 324 Studie (n=56) konnte nach der Induktion
(Cisplatin 100 mg/5-FU 1000 mg/ ± Docetaxel 75 mg) gefolgt von einer RCT eine bessere
Tumorkontrolle gezeigt werden, allerdings war die Rate von Fernmetastasen nicht signifikant
geringer [195]. In einer Studie mit TPF-Induktion aus Deutschland gefolgt von Operation und adjuvanter
Therapie war der HPV-Status jedoch nicht prädiktiv für ein gutes Ansprechen auf die
Chemotherapie [205]. In prospektiven klinischen Studien wird aktuell für das HPV assoziierte OSCC überprüft,
ob eine Induktion als Schalterfunktion für eine deintensivierte Radiotherapie oder
Radiochemotherapie dienen kann (Quarterback, ECOG 1308). HPV-positive Patienten zeigten
in den beiden Studien jeweils hohe Komplettremissionen (ca. 80%) nach der Induktionschemotherapie.
6.4 Immuntherapie
Ob der HPV-Status für neue immunonkologische Therapieansätze ein prädiktiver Marker
sein kann, ist noch unbekannt. Der Programmed Death Receptor 1 (PD1) ist ein Mitglied
der T-Zell-Rezeptor-Familie und wird auf der Oberfläche von Immunzellen exprimiert.
Der Ligand von PD1 ist der Programmed Death Receptor Ligand 1 (PD-L1), und wird häufig
auf der Oberfläche von Krebszellen exprimiert. Hierdurch wird eine zytotoxische T-Zellantwort
supprimiert, was eigentlich dem Schutz vor Autoimmunkrankheiten dient. Die Wirksamkeit
einer pharmazeutischen Blockade dieser Interaktion wurde beim Melanom, Bronchialkarzinom,
Nierenzellkarzinom und weiteren Tumorentitäten überzeugend gezeigt [206]. Für HPV OSCC konnten wir in einer eigenen Untersuchung (zur Publikation eingereicht)
eine erhöhte Expression des PD-L1 Rezeptors zeigen. Analog wurde für Tonsillenkarzinome
ebenfalls eine erhöhte PD-L1-Expression gezeigt [207]. Allerdings gibt es erst in jüngerer Zeit Anstrengungen die PD-L1 Immunhistologie
zu standardisieren [208]
[209], sodass unterschiedliche Ergebnisse hier mitunter durch unterschiedliche Methodik
(Antikörper, cut-off, usw.) erklärt werden können. Nicht nur die Ergebnisse von HPV-Status
und PD-L1 Expression sind uneinheitlich, insbesondere besteht aktuell Unklarheit,
ob eine immunhistochemisch sichtbare PD-L1-Expression für sich alleine prädiktiv für
eine gegen die PD1/PD-L1-Achse gerichtete Antikörpertherapie ist [210].
Für HPV OSCC wurden differentielle Immuninfiltrate in Tumoren mehrfach beschrieben.
CD8 positive T-Zellinfiltrate [211], NK-Zellinfiltrate [115] und PD-1 positive T-Zellinfiltrate wurde jeweils mit verbessertem Outcome beim HPV
OSCC beschrieben [212]. In einer aktuellen Untersuchung wurden mittels Immunoscores (CD8, PD-L1 und CD68)
beim HPV OSCC gezeigt, dass Fälle mit dichtem CD8+ T-Zellinfiltrat im Stroma und niedrigem
PD-L1-Level im Tumor die beste Prognose hatten [213]. Derzeit ist beim HPV OSCC ungeklärt, welchen Wert eine PD-L1-Expression als Biomarker
besitzt. Wahrscheinlich können zukünftig Kombinationen immunologischer Marker das
Ansprechen auf eine Immuntherapie gerade beim HPV OSCC wirksam vorhersagen, weil die
Karzinogenese beim HPV OSCC durch eine virale Immunmodulation in besonderem Maße getriggert
wird. Die Kombination von immuntherapeutischen Medikamenten in Form einer Verstärkung
des antitumoralen Mikromilieus durch T-Lymphozyten-kostimulatorische Agentien (z. B.
CD27 Agonist), Chemokin-Rezeptor-Blockade (CXCR2, CSF1R und CCR4 Blockade) und direkten
antitumoralen Medikamenten (EGFR, STAT3) sind möglicherweise gerade beim HPV OSCC
zukünftig vielversprechend.
2 Checkpoint-Inhibitoren, Pembrolizumab (Keytruda) und Nivolumab (Opdivo) wurden bei
Patienten mit Platin-Resistenz überprüft. In der KEYNOTE-012 Studie (Pembrolizumab)
wurde ein Ansprechen von 32% bei HPV-positiven KHT gegenüber 18% bei HPV negativen
Tumoren herausgearbeitet [214]. In der CheckMate-141 Studie (Nivolumab) lagen p16-Testergebnisse bei 178 von 361
Patienten vor. Unabhängig vom p16-Status war das Überleben im Therapiearm mit Nivolumab
signifikant verlängert. HPV-positive Tumoren zeigten eine längere Tumorkontrolle (overall
survival 9,1 Monate vs. 7,5 Monate bei HPV negativen KHT) [215]. Die Ergebnisse der beiden großen Therapiestudien lassen daher nicht den Schluss
zu, dass im palliativen Setting die HPV-getriebene Karzinogenese prädiktiv ist für
eine Therapie mit allein gegen die PD1/PD-L1-Achse gerichteten Antikörpern [216].
Aktuelle klinische Studien mit dem Fokus auf viraler Karzinogenese beinhalten Kombinationen
aus Strahlentherapie, Immuntherapie, Chemotherapie und Vakzinierung ([Tab. 5]). Eine therapeutische Vakzinierung wird bspw. gegen die E6/E7 Onkoproteine oder
das p16-Protein gerichtet [217]
[218]. Ein weiterer Ansatz ist die Injektion tumorspezifischer T-Zellen bei HPV OSCC Patienten.
Therapeutische Vakzinen erlauben im Gegensatz zu prophylaktischen HPV Vakzinen die
Bekämpfung einer bestehenden Infektion oder Antigen-positiver Tumorzellen. Ein Beispiel
ist der attenuierte Bakterienstamm ADXS11-011, der das E7-Onkoprotein sezerniert und
in einer Studie an 30 Patienten vor transoraler Operation infundiert wird (NCT02002182).
Proteinbasierte Impfstoffe (ProCervix, TA-CIN) sind beim HPV OSCC bisher nicht in
klinischer Prüfung. Vakzine auf DNA Basis (VGX-3100, INO-3112) wurden bei CIN-III
Läsionen an der Zervix erfolgreich eingesetzt und befinden sich beim HPV OSCC in klinischer
Prüfung (NCT02163057), wobei der Transfer einer DNA Vakzine jedoch nicht unproblematisch
ist (Gene gun, Elektroporation).
Tab. 5 Eine Auswahl von Checkpoint-Inhibitoren mit denen aktuell oder zukünftig klinische
Studien bei HPV OSCC durchgeführt werden.
Medikament
|
Status
|
Studientitel
|
Einschlusskriterium
|
Pembrolizumab
|
Not yet recruiting
|
Pembrolizumab Combined With Chemoradiotherapy in Squamous Cell Carcinoma of the Head
and Neck
|
KHT, Stratifiziert für HPV
|
Recruiting
|
E7 TCR T Cells With or Without PD-1 Blockade for Human Papillomavirus-Associated Cancers
|
HPV getriebene Karzinome, inklusive OSCC
|
Nivolumab
|
Active, not recruiting
|
Nivolumab and HPV-16 Vaccination in Patients With HPV-16 Positive Incurable Solid
Tumors
|
HPV getriebene Karzinome, inklusive OSCC
|
Recruiting
|
HPV-16/18 E6/E7-Specific T Lymphocytes, Relapsed HPV-Associated Cancers, HESTIA
|
HPV getriebene Karzinome, inklusive OSCC
|
Recruiting
|
Oropharyngeal Tumor Induction Chemotherapy and Response-stratified Locoregional Therapy
Trial in Order to Minimize Long-term Adverse Events
|
HPV OSCC
|
Recruiting
|
An Investigational Immuno-therapy Study to Investigate the Safety and Effectiveness
of Nivolumab, and Nivolumab Combination Therapy in Virus-associated Tumors
|
HPV getriebene Karzinome, inklusive OSCC
|
Durvalumab
|
Not yet recruiting
|
Safety and Efficacy of MEDI0457 and Durvalumab in Patients With HPV Associated Recurrent/Metastatic
Head and Neck Cancer
|
HPV OSCC, rezidiviert
|
Recruiting
|
Phase 1-2 Study of ADXS11-001 or MEDI4736 Alone or Combo In Cervical or HPV+ Head
& Neck Cancer
|
HPV OSCC und Zervixkarzinom
|
Recruiting
|
Durvalumab Before Surgery in Treating Patients With Oral Cavity or Oropharynx Cancer
|
OSCC und Mundhöhle
|
Avelumab
|
Not yet recruiting
|
Phase Ib/II of TG4001 and Avelumab in HPV16 Positive R/M Cancers and Expansion Cohort
to Oropharyngeal SCCHN
|
HPV getriebene Karzinome, inklusive OSCC
|
ipilimumab
|
Recruiting
|
An Investigational Immuno-therapy Study to Investigate the Safety and Effectiveness
of Nivolumab, and Nivolumab Combination Therapy in Virus-associated Tumors
|
HPV getriebene Karzinome, inklusive OSCC
|
Zusammenfassend kann zum heutigen Zeitpunkt von der Feststellung des HPV-Status beim
Oropharynxkarzinom kein grundsätzlich geändertes Therapieregime abgeleitet werden.
Insofern sollte auch für HPV-assoziierte OSCC die primärchirurgische Therapie individualisiert
geprüft werden. Der Vorteil einer primär chirurgischen Therapie beim HPV-assoziierten
Oropharynxkarzinom ergibt sich aus folgenden Überlegungen:
-
Durch eine R0-Resektion des Primärtumors und Neck dissection kann meist auf eine adjuvante
Radiochemotherapie verzichtet werden
-
Durch die histologische Abklärung des Halses kann bei einer N0-Situation ganz auf
eine adjuvante Therapie verzichtet werden
-
Die applizierte Strahlendosis und die Strahlenfelder können möglicherweise vermindert
werden. Voraussetzung hierfür ist die sichere R0-Resektion
Insofern muss die OP-Indikation bei HPV-assoziiertem OSCC besonders sorgfältig dahingehend
gestellt werden, ob eine R0-Resektion gelingt und kann dann zu einer Optimierung des
Therapieregimes für den einzelnen Patienten führen.
6.5 Optionen nach Therapieversagen
Ein Therapieversagen beim OSCC ist allgemein mit einer schlechten Prognose verknüpft,
die Patienten erhalten daher oft eine palliative Chemotherapie oder keine tumorspezifische
Therapie. Das durchschnittliche 5-Jahresüberleben nach Versagen der Erstlinien-Therapie
kann beim OSCC allgemein etwa mit 25% und das mediane Überleben mit 1,5 Jahren nach
Feststellung der Diagnose eines Rezidivs abgeschätzt werden. Unser Wissen über das
Management beim KHT ist jedoch auf Patienten mit HPV OSCC nicht einfach übertragbar.
Therapieversagen beim HPV OSCC ist selten, und die Inzidenzunahme ist erst in den
letzten 2 Jahrzehnten erfolgt. Daher sind die publizierten Serien zum rezidivierten/metastasierten
HPV OSCC klein. Auch aus den großen Therapiestudien zur palliativen Kombinations-Chemotherapie
(EXTREME, SPECTRUM) ließen sich keine spezifischen Therapie-Empfehlungen für das HPV
OSCC ableiten weil die Patientenzahl zu gering und der HPV-Status oft nicht eindeutig
definiert war.
In den publizierten retrospektiven Serien konnte für HPV OSCC jedoch einheitlich erheblich
bessere Überlebensraten auch beim Tumorrezidiv festgestellt werden. In einer großen
Untersuchung an>1000 Patienten, die im Rahmen zweier RTOG-Studien behandelt wurden,
und ein Rezidiv hatten, war das 2-Jahresüberleben>50% (n=105 HPV OSCC) vs.<30% (n=76
HPV negativ). Interessanterweise war ein längeres Überleben signifikant mit „Salvage
Surgery“ verknüpft [219]. Hinzu kommt, dass beim HPV OSCC andere Formen des Therapieversagens mit einer Häufung
von Weichgewebs- und Fernmetastasen beschrieben sind [220]. Die Rate kann nach Auswertung unserer Patienten und anhand der publizierten Kollektive
mit über 50% abgeschätzt werden ([Abb. 9]) und auch nach längeren Zeiten von Tumorkontrolle ist eine Häufung hämatogener Metastasen
belegt [221]. Insbesondere bei hämatogener Metastasierung ist eine bessere Tumorkontrolle für
das HPV OSCC beschrieben. in einer publizierten Serie war die mittlere Überlebensdauer
beim fernmetastasierten HPV OSCC immerhin über 42 Monate [222], bzw. in einer anderen Serie 34 Monate [223]. Demgegenüber steht eine mittlere Überlebensdauer ab der Diagnose von Fernmetastasen
von etwa 4 Monaten beim sonstigen KHT [224]. Die mittlere Überlebensdauer ist beim HPV OSCC also geschätzt fast 10-mal so lange.
Abb. 9 Die Art des Therapieversagens bei HPV-assoziiertem und HPV-negativem OSCC unterscheidet
sich: Patienten mit HPV getriebenem OSCC entwickeln häufig Fernemetastasen, bei HPV-negativem
Tumor überwiegen lokale oder lokoregionäre Tumorrezidive.
Für die Salvage Therapie scheint zutreffend zu sein, dass bei lokalem Therapieversagen
auch bei HPV OSCC häufig keine dauerhafte Tumorkontrolle durch eine Operation gelingt.
In 2 publizierten retrospektiven Serien wurden bei lokalem Tumorrrezidiv oder Lymphknotenrezidiv
entsprechend keine signifikanten Unterschiede für die Prognose beim Vergleich von
HPV OSCC und HPV negativen Patienten gefunden [225]
[226]. In einer weiteren aktuell publizierten Serie wurde interessanterweise bei chirurgischer
Therapie von Fernmetastasen eine Tumorkontrolle der Fernmetastase von 100% (!) nach
3 Jahren (n=18) erreicht [227]. Auch für die systemische Therapie bei HPV OSCC sind allerdings an einer sehr kleinen
Kohorte langzeitüberlebende Patienten publiziert [228].
Es kann daher zusammenfassend aus den bisher publizierten Serien abgeleitet werden,
dass für das Therapieversagen und insbesondere bei Oligo-Fernmetastasen eine chirurgische
Rezidivtherapie oder gezielte Radiotherapie mit sogar kurativem Ansatz in Erwägung
gezogen werden kann. Geeignete Kandidaten für eine solche Salvage-Therapie sind Patienten
mit isolierten Lungen- oder Skelettmetastasen.
7. Nachsorge
7.1 Erfassung therapiebedingter Nebenwirkungen
Die kurative Therapie beim HPV OSCC führt in der Regel zur dauerhaften Heilung des
Tumorleidens. Daher kommt der Erfassung der Toxizität der Therapie eine besondere
Bedeutung zu. Die Dysphagie ist ein Leitsymptom bei Tumoren des Oropharynx, weil der
Tumor immer in der Nähe der anatomischen Überkreuzung von Luft- und Speiseweg entsteht.
Unmittelbar nach einer Operation und während einer Strahlentherapie stehen Dysphagie
und Mukositis und deren Management im Vordergrund und nach der Therapie ist die Einschränkung
der Schluckfunktion das wichtigste Symptom für die Einschränkung der Lebensqualität.
Einschränkungen der Schluckfunktion verlässlich zu evaluieren ist daher von besonderer
Bedeutung für das Therapiemanagement beim OSCC.
Ein praktikables Instrument zur Erfassung von Einschränkungen sind Patienten- oder
Arzt-bezogene Fragebögen. In einem Review-Artikel aus 2014 wurden jedoch mehr als
20 verschiedene Screening-Instrumente mit dem Schwerpunkt auf Patientenfragebögen
für Schluckstörungen beschrieben [229]. Welches Instrument ist nun am weitesten anerkannt, einfach durchführbar und liefert
valide Testergebnisse für unsere Patienten? In aktuell rekrutierenden internationalen
klinischen Studien wird auch in Europa häufig der MD Anderson Dysphagia inventory
(MDADI) angewendet Die Entwicklung erfolgte mit Fokus auf Kopf-Hals-Tumoren, eine
Validierung der Testergebnisse liegt für zahlreiche Landessprachen vor. Die 19 items
erfassen Emotion (6 Fragen), Funktion (5 Fragen), Körperfunktion (8 Fragen) und eine
Globalfrage.
Die fiberendoskopische Schluckuntersuchung (englisch: fiberendoscopic evaluation of
swallowing/FEES) ist eine Standard-Untersuchungstechnik für Patienten mit Dysphagie,
hierfür wird eine indirekte Laryngoskopie flexibel transnasal durchgeführt. Larynx
und Oropharynx werden in Ruhe und bei Schluckversuchen mit verschiedenen Konsistenzen
beobachtet. Auswertungskriterien sind im Wesentlichen die Quantifizierung von Penetration
(Eintritt von Material in den Larynx bis zur Glottis) und Aspiration (Eintritt von
Material unter die Glottisebene). Zur Vereinheitlichung der Auswertung wird in Deutschland
meist die Penetrations-Aspirations Skala nach Rosenbek angewendet. Die Skalenniveaus
wurden mittels FEES validiert [230]. Ob die FEES der radiologischen Evaluierung von Aspiration mittels klassischem Breischluck
überlegen ist, kann nicht beantwortet werden. beide Verfahren werden im Ergebnis stark
vom Probanden als auch vom Untersucher beeinflusst und sind daher naturgemäß nur eingeschränkt
valide.
Bezüglich der Toxizität und der Tumortherapie wurde für HPV OSCC Patienten mehrfach
berichtet, dass unter RCT die Rate der Spättoxizitäten erniedrigt ist, allerdings
liegen auch Literaturdaten vor, dass die Nebenwirkungen der Therapie von HPV OSCC
Patienten als besonders schwerwiegend empfunden werden [231]. Insbesondere aus Lebensqualitätsuntersuchungen ist bekannt, dass Patienten mit
HPV OSCC die Akutphase der Therapie mit stärkerer Beeinträchtigung erleben [232]. Für die tägliche Routine in der Tumornachsorge wurde im deutschen Sprachraum die
Verwendung so genannter ICF Core Sets zur standardisierten Erfassung von Nebenwirkungen
der Therapie vorgeschlagen. In einer eigenen Untersuchung haben sich die Fragebögen-Sets
als brauchbar erwiesen, es entsteht jedoch ein erheblicher Aufwand in der Tumornachsorge
[233].
7.2 Frühzeitiges Erkennen eines Therapieversagens
Mit der steigenden Inzidenz von HPV OSCC sinkt das Risiko für die Entstehung eines
Zweitkarzinoms nach stattgefundener Therapie eines OSCC [234]. Wiederauftreten eines Tumors wird meist durch den Patienten aufgrund von erhöhtem
Lokalschmerz, Entwicklung eines neuen Knotens im Halsbereich oder Gewichtsverlust
und Schluckbeschwerden entdeckt. Um bereits vor dem Auftreten neuer Symptomen Therapieversagen
feststellen zu können, wird intensiv an Methoden zur frühzeitigen Detektion von Rezidiven
und/oder Metastasen geforscht. Eine vielversprechende Methode ist die sogenannte Flüssigbiopsie
(„Liquid Biopsy“), bei der es sich um eine nicht-invasive Probenentnahme humaner Flüssigkeiten
wie Blut, Urin oder Speichel handelt. Diese Proben können auf Tumormarker untersucht
werden, bei denen es sich sowohl um zell-freie zirkulierende Tumor-DNA, zirkulierende
Tumorzellen, oder wie im Fall von HPV, um virale DNA handeln kann ([Abb. 10]) [235]
[236].
Abb. 10 Schematische Darstellung des Prinzips einer nicht-invasiven Flüssigbiopsie. Dargestellt
sind zirkulierende Tumorzellen (CTC) gesunde zell-freie DNA, Tumor-DNA, Tumor-DNA
mit integrierter HPV-DNA sowie episomal vorliegende HPV-DNA.
Zirkulierende Tumorzellen (CTCs) waren der erste Tumormarker, der in Flüssigbiopsien
untersucht wurde. Sie gelangen von soliden Tumoren in den Blutkreislauf, liegen allerdings
nur in sehr geringen Konzentrationen vor (1 Tumorzelle in etwa 1 Million gesunder
Zellen). Entsprechend muss entweder ein hohes Volumen an Blut oder extrem sensitive
Methoden angewendet werden.
Zell-freie zirkulierende DNA entsteht durch Apoptose oder Nekrose gesunder und entarteter
Zellen. Durch Apoptose entstehen vermehrt Fragmente einer Länge von 180 Basenpaaren
oder einem Vielfachen davon, wohingegen durch Nekrose unregelmäßig längere Fragmente
von über 1000 Basenpaaren entstehen [237]. Der Anteil der Tumor-DNA an der gesamten zirkulierenden zell-freien DNA kann zwischen
0,01% und bis zu 50% ausmachen. Es wurde bereits für unterschiedliche Entitäten gezeigt,
dass bei Tumorpatienten insgesamt ein höherer Gehalt zell-freier DNA im Blut vorliegt
als bei Gesunden. Interessanterweise korreliert die Konzentration mit dem Vorhandensein
von Halsmetastasen und weist auf schlechteres Überleben hin [238]. Methodisch werden Flüssigbiopsien häufig mit quantitativer oder digitaler PCR,
Sequenzierungsmethoden (Sanger Sequenzierung, Pyrosequenzierung, NGS, Whole Genome/Exome
Sequencing, CAPP-Seq (cancer personalized profiling by deep sequencing)) oder BEAMing
(beads, emulsion, amplification, and magnetics) untersucht [239]. Mit Next Generation Sequenzierungen können bestimmte Genabschnitte oder ganze Gene
sequenziert und Veränderungen im Vergleich zu einem Referenzgenom detektiert werden.
Bei der zielgerichteten Sequenzierung (targeted NGS) werden die zu untersuchenden
Genabschnitte vom Anwender gewählt. Dabei werden Regionen untersucht, die bereits
in der Literatur beschrieben wurden. Der Vorteil dieser Technologie liegt darin, dass
eine höhere Abdeckung der Zielregion und somit eine Detektion seltener Varianten erreicht
wird. Mit PCR, BEAMing und targeted NGS können somit bekannte (Punkt-)Mutationen detektiert
werden, während mit Whole Genome oder Whole Exome Sequenzierung unbekannten Mutationen,
chromosomale Aberrationen und veränderte Kopienzahlen, sowie virale DNA-Sequenzen
und deren Integrationsstellen im humanen Genom festgestellt werden können [240]. Nachteile der NGS-Technologie zur Anwendung in der Routine sind die immer noch
hohen Kosten, die Voraussetzung qualitativ-hochwertiger DNA sowie die Fülle generierter
Daten, die analysiert und interpretiert werden müssen.
Bei viralen Infektionen kann das Blut zusätzlich auf virale DNA untersucht werden.
Im Fall des Eppstein-Barr Virus konnte bei Nasopharynxkarzinomen (NPC) eine erhöhte
Viruslast in Tumorpatienten und ein Rückgang der Last nach Therapie nachgewiesen werden
[241]. Außerdem konnte kürzlich in Gebieten mit hoher Inzidenz des NPC gezeigt werden,
dass mit der Detektion von EBV-DNA im Blutplasma ein Screeningverfahren für das NPC
zur Verfügung steht [242]. In dieser Studie wurden Seren von über 20000 Fällen untersucht und damit konnten
frühzeitig NPC entdeckt werden, sodass sich die Prognose dieser Patienten erheblich
verbesserte. Diese Untersuchungen zeigen, wie die Detektion von Virus-DNA bei Virus-induzierten
Malignomen als Marker genutzt werden kann. HPV-DNA konnte in Plasma und Speichel von
Kopf-Hals-Tumor Patienten detektiert werden. In derselben Studie wurde gezeigt, dass
Tumor-DNA vor Diagnose eines Rezidivs detektiert wurde, jedoch nicht bei Rezidiv-freien
Patienten. In 3 Patienten konnte nach Behandlung des Primärtumors und 9-15 Monate
vor klinischer Diagnose des Rezidivs Tumor-DNA detektiert werden [235]. In einer eigenen Untersuchung konnten wir sowohl erfolgreiche Tumorkontrolle als
auch Therapieversagen an einzelnen Patienten mittels Nachweis von Tumor-DNA im Blut
aufzeigen ([Abb. 11]). In einer Studie, die HPV-DNA im Serum von OSCC-Patienten untersuchte, konnte ein
Rückgang der DNA unter Radiochemotherapie beobachtet werden. 4 Patienten entwickelten
einen Rückfall (1 lokoregionäres Rezidiv, 3 Fernmetastasen). Für die 3 Patienten mit
Fernmetastasen konnte zum Zeitpunkt des Rückfalls erneut HPV-DNA detektiert werden,
allerdings nicht für den Patienten mit dem lokoregionärem Rezidiv [243].
Abb. 11 Korrelation zwischen der Detektion von HPV DNA im Blut unter der Therapie sowie während
der Nachsorge.
Neben viraler DNA können in zell-freier Tumor-DNA ebenfalls Tumor-spezifische Mutationen
nachgewiesen werden. Dies ist durch die hohe Sensitivität der NGS-Technologien möglich
geworden. Auf diese Art könnten zukünftig Patienten-spezifische Tumormutationsmuster
angelegt und in Plasma und Speichel untersucht werden. Weiterhin wird zurzeit untersucht,
ob mittels Sequenzierungen von Tumorzellklonen zusätzlich erworbene Resistenzen ermittelt
werden können, und ob damit eine Adaptierung der Therapie möglich ist. Bspw. konnten
Resistenzen gegen Gefitinib und Erlotinib beim nichtkleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC)
im EGFR Gen identifiziert werden [244].
7.3 Konsequenzen für die Tumornachsorge
Die deutsche Krebsgesellschaft schlägt für Nachsorge-Besuche von Kopf-Hals-Tumorpatienten
mit geringem Risiko eine 3-monatige Frequenz im ersten Jahr, alle 4–6 Monate im zweiten
Jahr, halbjährlichen im dritten und vierten Jahr und jährlich ab dem fünften Jahr
nach Beendigung der Therapie vor. Für Tumorpatienten mit hohem Risiko für einen Rückfall
wird zu einem Besuch alle 6 Wochen im ersten Jahr, im zweiten Jahr alle 3 Monate und
ebenfalls alle 6 Monate im dritten und vierten Jahr und jährlich im fünften Jahr geraten
(www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/krebsarten/andere-krebsarten/kopf-hals-tumoren/kopf-hals-tumoren-nachsorge-und-reh.html; Stand 01.08.2017).
Patienten mit HPV OSCC können über einen längeren Zeitraum als 5 Jahre in der Tumornachsorge
verbleiben, weil Langzeitüberleben typisch und die Erfassung von Spättoxizität bedeutsam
ist. Ein besonderer Umstand ist die Häufigkeit einer hämatogenen Tumoraussaat. sie
ist nach der Therapie wegen HPV OSCC ungewohnt hoch und kann etwa mit 50% abgeschätzt
werden. Insbesondere deshalb und wegen der Möglichkeit für gute Tumorkontrolle auch
bei Oligometastasierung kann eine engmaschige Bildgebung des Körperstammes für HPV
OSCC in der Tumornachsorge empfohlen werden ([Abb. 12]). Möglicherweise wird in naher Zukunft der Nachweis von viraler DNA in der Nachsorge
bei HPV OSCC einen Stellenwert haben.
Abb. 12 Therapieversagen bei 520 Patienten mit HPV-assoziierten und HPV-negativen OSCC. Wenn
bei einem HPV-getriebenen Tumor die Tumorkontrolle misslingt, dann häufig frühzeitig
innerhalb des ersten Jahres nach Therapieende.
8. Was bringt die Zukunft?
8. Was bringt die Zukunft?
Die epidemiologische Entwicklung von KHT ist nicht mit anderen Entitäten vergleichbar.
KHT setzen sich aus 2 nach klinischen und biologischen Gesichtspunkten klar unterscheidbaren
Subentitäten zusammen. Die Prävalenz HPV-negativer KHT geht aufgrund des Erfolgs von
anti-Raucher Kampagnen und sinkendem Tabakkonsum allgemein zurück, die der HPV-assoziierten
KHT steigt jedoch stetig in vielen Ländern an. Es bleibt offen, ob der Anteil HPV-negativer
KHT in Zukunft durch HPV-assoziierte Tumore ersetzt wird, oder ob gar die jetzige
Gesamtinzidenz der KHT damit ansteigt. Nachvollziehbare und überprüfbare Gründe für
den Anstieg der HPV-Prävalenz bei KHT, wie z. B. eine maßgebliche Veränderung des
Sexualverhaltens in den vergangenen Jahrzehnten, sind unbekannt. Ebenso fehlen gezielte
Maßnahmen zur Reduktion der HPV-Prävalenz bei KHT, sodass anhand der aktuellen Daten
nur von einem weiteren Anstieg der HPV-Prävalenz bei KHT ausgegangen werden kann.
Der Wert einer Prophylaxe durch Impfung ist bei vielen Infektionskrankheiten anerkannt.
Jüngste Studien bestätigen den beeindruckenden Erfolg einer Impfung in Australien
gegen genitale HPV-Infektionen. In einem Zeitraum von etwa 10 Jahren nach der Einführung
des nationalen quadrivalenten HPV Impfprogramms bei jungen Frauen, ging die Häufigkeit
von Genitalwarzen um mehr als 90%, die von hochgradigen zervikalen Läsionen um mehr
als 50% in der untersuchten Population zurück. Inzwischen wurde die Impfung in Australien
ebenfalls auf Jungen ausgeweitet. Die wichtigsten Virustypen (HPV16 und -18) sind
beim Zervixkarzinom und bei KHT identisch und auf molekularer Ebene entsprechen sich
viele Aspekte der Karzinogenese in beiden Entitäten. Da entsprechende Gegenargumente
fehlen sollte davon auszugehen sein, dass eine primäre Prophylaxe durch die Impfung
gegen die wichtigsten Virustypen, vor einem HPV-assoziierten KHT schützen kann.
Um die Wirksamkeit der Impfung für HPV-assoziierten KHT darzustellen bestehen 2 grundlegende
Probleme. Dies sind die extrem lange Latenzzeit bis es nach einer Infektion zur Entwicklung
eines HPV-assoziierten KHT kommt und das Fehlen von KHT-Vorstufe, deren Verminderung
als Endpunkt einer Impfstudie dienen könnte. Die aktuellen Impfraten in Deutschland
liegen mit 42,5% der Frauen deutlich unter der von Australien und der für eine Herdenprotektion
benötigten Wert von ~85%. Demnach besteht nur ein individueller Schutz und ein messbarer
Schutz in der Population kann, wenn überhaupt, erst nach vielen Jahren nachweisbar
sein. Hinzu kommt, dass die Impfung vorrangig Frauen im Rahmen der Zervixkarzinomprävention
betrifft. KHT und HPV-assoziierte KHT treten jedoch meist bei Männer auf. da die Impfstoffe
auch für Jungen zugelassen sind, sollte die HPV-Impfung auch für Jungen empfohlen
werden. Dies entspricht auch der Empfehlung „Alle Jungen sollen ab dem 9. Lebensjahr,
möglichst frühzeitig gegen HPV geimpft werden.“ in der entsprechenden S3-Leitlinie
(S3-Leitlinie zur Impfprävention HPV-assoziierter Neoplasien; http://www.awmf.org). Allerdings wird zurzeit die HPV-Impfung von Jungen noch nicht von der STIKO empfohlen,
dennoch wird sie sporadisch auf Antrag auch von Krankenkassen übernommen. Erfreulicherweise
erstatten außerdem inzwischen immer mehr Krankenkassen die Kosten der Impfung auch
für Frauen über 18 Jahren und es bleibt zu hoffen, dass die Impfraten langfristig
ansteigen.
In mehreren Studien wurden Modelle entwickelt, in denen die Bedeutung von Risikofaktoren
für die Prognose von KHT untersucht wurde. Zusammenfassend wird gezeigt, dass deutlich
unterschiedliche Risikogruppen existieren, die aufgrund von klinischen und „lifestyle“
Faktoren bestimmt werden. Der bei weitem wichtigste Faktor scheint hierbei HPV sein,
gefolgt von Tumor-spezifischen Eigenschaften wie T- und N-Status, Tabak- und Alkoholkonsum
sowie dem physischen Zustand des Patienten. Die Wichtung der Faktoren in den Modellen
scheint hierbei für die Behandlungsstrategie von Bedeutung zu sein, da Unterschiede
in den Modellen bestehen, je nachdem ob sie anhand von Patientenkollektiven erstellt
wurden, die primär chirurgisch oder strahlentherapeutisch behandelt wurden. Gleich
welches Modell herangezogen wird, existieren jedoch Patienten mit niedrigem und hohem
Risiko. Erstere werden durch konventionelle Therapieverfahren möglicherweise übertherapiert,
was mit unnötigen Einschränkungen der Lebensqualität verbunden ist. Für Letztere muss
die Therapie verbessert werden. In mehreren aktuellen Studien wird derzeit eine Deeskalation
der Therapie getestet. Die Selektion der Patienten erfolgt hierbei anhand des HPV-Status
der Tumore, es ist jedoch fraglich ob für eine mögliche Deeskalation dies der einzige
Faktor von Bedeutung ist. Auch in Niedrig-Risiko Gruppen von Patienten können Unterschiede
bestehen, wodurch Therapieversagen nach einer deeskalierten Behandlung resultieren
kann. Für diese Fälle müssen weitere Optionen entwickelt und bereitgehalten werden.
Die Weiterentwicklung prognostischer Modelle und die Einbeziehung weiterer Faktoren
kann in Zukunft helfen geeignete Patienten für eine Deeskalation oder spezifischere
Therapien zu identifizieren.
Neue Behandlungsstrategien zeichnen sich derzeit insbesondere im Bereich der Modulation
von Immuncheckpoints ab. Die Aktivierung des Immunsystems scheint von enormer Bedeutung
für den Behandlungserfolg zu sein, da viele Studien zeigen, dass Tumore Immunzellen
beeinflussen und sich vor dem Erkennen durch das Immunsystem verbergen. Eine Behandlung
durch Immunotherapeutika in Kombination mit konventionellen Methoden wie Chirurgie
und Bestrahlung ist vielversprechend und die aktuellen Studien werden zeigen, welche
Patientengruppen am meisten profitieren werden.
Neben neuartigen Therapieansätzen sind die Weiterentwicklung diagnostischer Methoden
und die Definition geeigneter Tumormarker voranzutreiben, um die Sicherheit der Stratifizierung
von Patienten für unterschiedliche Therapiearme zu verbessern und Therapieversagen
möglichst frühzeitig erkennen zu können. Die Fortschritte in der Sequenzierungstechnik
ermöglichen die Bestimmung des genetischen Hintergrunds eines Tumors. Hieraus können
die betroffenen Signalwege identifiziert werden, die Zielstrukturen für molekulare
Therapieansätze bilden. Es können hieraus aber auch individuelle Marker abgeleitet
werden, die genutzt werden können, um z. B. im Rahmen von Liquid Biopsies während
der Tumornachsorge den Therapieverlauf zu überwachen und Wiederauftreten der Tumorerkrankung
frühzeitig zu erkennen. Möglicherweise können individuelle genetische Marker in Zukunft
auch genutzt werden, um eine Patienten-spezifische Therapiestrategie mit optimaler
Wirksamkeit bei minimalen Nebenwirkungen und Langzeitschäden zu ermöglichen. Jedoch
steht die klonale Selektion und „genetische Weiterentwicklung“ von Tumorzellen dem
gegenüber und eine bessere Kenntnis der molekularen Prozesse während der Karzinogenese,
sowie klinischen Studien sind unerlässlich, um die wissenschaftliche Erkenntnis in
die klinische Praxis zu bringen.