Opium stillt Schmerzen, indem es Ionenkanäle in schmerzempfindlichen Zellen blockiert
– daher empfehlen sich diese Kanäle als Ansatzpunkte einer Schmerzbehandlung, die
ohne Opiumverabreichung auskommt. Das zeigt eine Forschungsgruppe aus der Marburger
Universitätsmedizin gemeinsamen mit deutschen und amerikanischen Beteiligten in einer
aktuellen Studie. Das Team um den Biologen Professor Dr. Johannes Oberwinkler klärte
das Zusammenwirken von Molekülen auf, die an der Schmerzempfindung beteiligt sind.
Die Ergebnisse sind soeben im Forschungsmagazin „e-Life“ erschienen (Dembla S et al.
Anti-nociceptive action of peripheral mu-opioid receptors by G-beta-gamma protein-mediated
inhibition of TRPM3 channels, e-Life 2017, doi:10.7554 /eLife.26280).
„Wie die zellulären Mechanismen funktionieren, durch die Opioidrezeptoren auf die
Schmerzempfindlichkeit der Haut wirken, war bislang nicht bekannt“, erklärt Professor
Dr. Johannes Oberwinkler vom Institut für Physiologie und Pathophysiologie der Philipps-Universität,
der die Untersuchungen leitete.
Um herauszufinden, welchen Einfluss die sog. TRPM3-Kanäle auf das Schmerzempfinden
ausüben, führten Oberwinkler und sein Team Experimente an Zellkulturen durch: Sie
aktivierten Opioidrezeptoren, indem sie Morphin zusetzten – dieser Opiumbestandteil
ist seit langem als Kopplungspartner der Rezeptoren bekannt. Außerdem testete die
Forschungsgruppe die Wirkung der morphinähnlichen, synthetischen Substanz DAMGO.
Das Ergebnis: Schaltet man Opioidrezeptoren an, indem man sie durch Morphin oder DAMGO
reizt, so hemmen sie die Aktivität der TRPM3-Kanäle. Diese sind dann zum Beispiel
weniger durchlässig für Kalzium- und Natrium-Ionen als normalerweise. Wie die Forschungsgruppe
weiter ermittelte, lassen sich auf diese Weise Schmerzempfindungen tatsächlich lindern.
Das Team identifizierte darüber hinaus weitere Moleküle, die an der Wechselwirkung
zwischen Opioidrezeptoren und TRPM3-Kanälen beteiligt sind. Diese Moleküle vermögen
die Kanalproteine ebenfalls zu hemmen.
Die Schlussfolgerung: Wenn es gelingt, die TRPM3-Kanäle auf andere Weise als durch
Opiumbestandteile zu blockieren, erzielt man ebenfalls schmerzstillende Ergebnisse,
aber unter Umständen mit weniger nachteiligen Folgen als bei einer Opiumverabreichung.
„Bei Mäusen zeigen sich keine unerwünschten Nebenwirkungen, wenn ihnen das TRPM3-Gen
fehlt“, führt das Autorenteam um Oberwinkler hierzu aus. „Medikamente, die sich gegen
TRPM3-Kanäle richten, könnten daher ein brauchbares Mittel gegen Schmerz sein.“
Nach Angaben der Philipps-Universität Marburg
Abb. 1 Gibt es bald Alternativen zu Opium? Quelle: merian/istockphoto