Pneumologie 2017; 71(11): 710
DOI: 10.1055/s-0043-119698
Pneumo-Fokus
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Hypersensitivitätspneumonitis zu selten erkannt

Vasakova M. et al.
Hypersensitivity pneumonitis: Perspectives in diagnosis and treatment.

Am J Respir Crit Care Med 2017;
DOI: 10.1164/rccm.201611-2201PP.
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Publication History

Publication Date:
13 November 2017 (online)

 

    Die immunvermittelte, interstitielle Lungenerkrankung Hypersensitivitätspneumonitis (HP) wird oft fälschlich als idiopathische interstitielle Pneumonie/Lungenfibrose diagnostiziert. Symptome sind oft ähnlich, die HP wird allerdings bei genetisch entsprechend veranlagten Personen durch einen exogenen Faktor ausgelöst. Auch um die Therapie zu verbessern, schlagen Vasakova et al. eine neue HP-Klassifikation vor, die auf klinischen, radiologischen und histologischen Befunden beruht.


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    Für die HP lassen sich Inzidenzen von 0,3 – 0,9/100 000 feststellen. In Studien jedoch, in denen Experten auch auf die HP als Differenzialdiagnose achteten, stellten sich zwischen 18 % und fast 50 % der neu aufgetretenen idiopathischen Lungenkrankheiten als HP heraus: Die korrekte Diagnose erfordert also eine hohe Aufmerksamkeit des Arztes. Auch die Suche nach dem potenziellen Auslöser verlangt Geduld und ist in bis zu 60 % der Fälle erfolglos. Entsprechende Agenzien können zuhause, bei Freizeitaktivitäten oder am Arbeitsplatz vorkommen; Bettfedern und -daunen sind ein häufig übersehener Trigger.

    Aufgrund der Klinik und radiologischen sowie histologischen Befunde schlagen die Autoren 2 Hauptgruppen vor: die akute/inflammatorische und die chronische/fibrotische HP. Die erste Form dauert ≤ 24 Wochen an und ist meist erfolgreich zu behandeln oder gar reversibel, sobald der Auslöser erkannt und zu vermeiden ist. Länger andauernde Symptome und radiologische sowie histopathologische Befunde einer Fibrose kennzeichnen die chronische Form mit einer ungünstigen Prognose. Diagnostisch sind neben der sorgfältigen körperlichen Untersuchung ein Thorax-HRCT, eine Bronchiallavage und ggf. Lungenbiopsie bei weiter unklarer Diagnose erforderlich. Entscheidend für die Diagnose ist es, den Trigger zu identifizieren, und zwar per Anamnese, Bestimmung des spezifischen IgG sowie der Provokation mittels Inhalationstest. Lässt sich der Auslöser trotz intensiver Diagnostik nicht identifizieren, schlagen die Autoren für eine ansonsten klar diagnostizierte HP den Begriff „kryptogene HP“ vor.

    Therapeutisch steht die Vermeidung des Auslösers, falls bekannt, im Vordergrund, was umfassende Maßnahmen zuhause erfordern kann. Bei der chronischen Form kommen pharmakologisch Kortikosteroide zum Einsatz, wobei es zur Dosierung keine Studiendaten gibt. Weitere Optionen sind Immunmodulatoren wie Azathioprin, Mycophenolat-Mofetil oder andere, die jedoch als Off-label-Therapie eingesetzt werden und für die kaum Daten aus randomisierten Studien vorliegen. Bei progressiver Erkrankung ist eine Lungentransplantation in Erwägung zu ziehen.

    Fazit

    Die HP werde häufig nicht erkannt; als mögliche Differenzialdiagnose sollte sie Pneumologen präsenter sein, meinen die Autoren. Forschungsbedarf bestünde hinsichtlich der Kausalität zwischen Trigger und Erkrankung, möglichen Biomarkern, molekularen Signaturen und genetischer Prädisposition. Neue antifibrotisch wirksame Substanzen seien zudem erforderlich.

    Dr. med. Susanne Meinrenken, Bremen


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