Im Jahr 2016 haben die britischen TBC-Leitlinien des National Institute for Health
and Care Excellence (NICE) für nahestehende Kontaktpersonen von Patienten mit aktiver
Tuberkulose eine Screening-Empfehlung ausgesprochen. Diese Empfehlung gilt jedoch
nicht für Kontaktpersonen von Patienten mit extrapulmonaler TBC (ETBC). Für die vorliegende
Untersuchung hat ein TBC-Zentrum im nordwestlichen London anhand der NICE-Empfehlungen
aus dem Jahr 2011 routinemäßige Screenings bei nahen Kontaktpersonen von Patienten
mit TBC durchgeführt, unabhängig von der Krankheitslokalisation. Im Großraum London
kommen knapp 40 % aller TBC-Fälle des Vereinigten Königreichs vor; mit einer Prävalenz
von 26,2 pro 100 000 Einwohnern im Jahr 2015. Das Zentrum des NHS-Trust hat eine der
größten TBC-Einheiten im Vereinigten Königreich. Die Gegend ist gekennzeichnet durch
einen hohen Migrantenanteil. Die Untersuchung überprüfte in einem Audit die Screening-Strategie
des Zentrums. TBC-Patienten und ihre nahen Kontakte wurden anhand einer Datenbank
identifiziert. Das Screening beinhaltete einen Tuberkulintest, eine Symptom-Überprüfung
sowie ein Röntgen-Thorax.
Ergebnisse
Im Jahr 2015 wurden 189 TBC-Fälle und 698 nahe Kontaktpersonen erfasst (3,7 Kontakte
pro Fall). Es wurden nur wenige Kontakte unter 35 Jahren gescreent, da diesen Personen
aufgrund der Hepatotoxizität keine LTBC-Chemoprophylaxe angeboten wird. Die meisten
Patienten waren nicht im Vereinigten Königreich geboren; das Durchschnittsalter lag
bei 40,5 Jahren. Darunter waren 98 Patienten mit ETBC. Unter allen Kontaktpersonen
hatten 1,3 % eine aktive und 19,9 % eine latente TBC. Bei den Kontaktpersonen der
ETBC-Fälle hatten 0,3 % eine aktive und 10,4 % eine latente TBC. Von den Kontaktpersonen
der Patienten mit pulmonaler TBC hatten 2 % eine aktive und 27,1 % eine latente TBC.
Die Nachweisrate könnte eine Kombination aus neueren oder früheren Infektionen mit
dem TBC-Erreger sein.
Laut Meinung der Autoren sollten alle Kontaktpersonen von Patienten mit TBC auf eine
latente TBC gescreent werden, unabhängig von der Krankheitslokalisation der Patienten.
Die Autoren schlagen außerdem vor, dass auch andere TBC-Zentren ihre Screening-Ergebnisse
genauer untersuchen, um eine möglichst angemessene Behandlung für alle Betroffenen
zu ermöglichen.
Dr. Marion Rukavina, Berlin