Pneumologie 2018; 72(01): 9
DOI: 10.1055/s-0043-119695
Pneumo-Fokus
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TBC-Screening bei Kontaktpersonen von Patienten mit extrapulmonaler Tuberkulose?

Humphrey A.
Screening contacts of patients with extrapulmonary TB for latent TB infection.

Thorax 2017;
DOI: 10.1136/thoraxjnl-2016-209639.
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Publication History

Publication Date:
16 January 2018 (online)

 

Eine TBC-Infektion führt nur in seltenen Fällen zu einer aktiven Tuberkulose. Häufiger kommt es zu einer latenten TBC (LTBI). Gemäß Leitlinien sollten sich nahe Kontaktpersonen von Patienten mit einer aktiven Tuberkulose auf eine LTBI untersuchen lassen. Für Kontaktpersonen von Patienten mit extrapulmonaler TBC gilt diese Empfehlung nicht. Basierend auf ihren Ergebnissen stellt eine englische Arbeitsgruppe dieses Vorgehen nun jedoch infrage.


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Im Jahr 2016 haben die britischen TBC-Leitlinien des National Institute for Health and Care Excellence (NICE) für nahestehende Kontaktpersonen von Patienten mit aktiver Tuberkulose eine Screening-Empfehlung ausgesprochen. Diese Empfehlung gilt jedoch nicht für Kontaktpersonen von Patienten mit extrapulmonaler TBC (ETBC). Für die vorliegende Untersuchung hat ein TBC-Zentrum im nordwestlichen London anhand der NICE-Empfehlungen aus dem Jahr 2011 routinemäßige Screenings bei nahen Kontaktpersonen von Patienten mit TBC durchgeführt, unabhängig von der Krankheitslokalisation. Im Großraum London kommen knapp 40 % aller TBC-Fälle des Vereinigten Königreichs vor; mit einer Prävalenz von 26,2 pro 100 000 Einwohnern im Jahr 2015. Das Zentrum des NHS-Trust hat eine der größten TBC-Einheiten im Vereinigten Königreich. Die Gegend ist gekennzeichnet durch einen hohen Migrantenanteil. Die Untersuchung überprüfte in einem Audit die Screening-Strategie des Zentrums. TBC-Patienten und ihre nahen Kontakte wurden anhand einer Datenbank identifiziert. Das Screening beinhaltete einen Tuberkulintest, eine Symptom-Überprüfung sowie ein Röntgen-Thorax.

Ergebnisse

Im Jahr 2015 wurden 189 TBC-Fälle und 698 nahe Kontaktpersonen erfasst (3,7 Kontakte pro Fall). Es wurden nur wenige Kontakte unter 35 Jahren gescreent, da diesen Personen aufgrund der Hepatotoxizität keine LTBC-Chemoprophylaxe angeboten wird. Die meisten Patienten waren nicht im Vereinigten Königreich geboren; das Durchschnittsalter lag bei 40,5 Jahren. Darunter waren 98 Patienten mit ETBC. Unter allen Kontaktpersonen hatten 1,3 % eine aktive und 19,9 % eine latente TBC. Bei den Kontaktpersonen der ETBC-Fälle hatten 0,3 % eine aktive und 10,4 % eine latente TBC. Von den Kontaktpersonen der Patienten mit pulmonaler TBC hatten 2 % eine aktive und 27,1 % eine latente TBC. Die Nachweisrate könnte eine Kombination aus neueren oder früheren Infektionen mit dem TBC-Erreger sein.

Fazit

Laut Meinung der Autoren sollten alle Kontaktpersonen von Patienten mit TBC auf eine latente TBC gescreent werden, unabhängig von der Krankheitslokalisation der Patienten. Die Autoren schlagen außerdem vor, dass auch andere TBC-Zentren ihre Screening-Ergebnisse genauer untersuchen, um eine möglichst angemessene Behandlung für alle Betroffenen zu ermöglichen.

Dr. Marion Rukavina, Berlin


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