Einleitung
            Die onkologische Therapie erlebt aufgrund der rasanten Fortschritte der Molekularbiologie
               gerade einen tiefgreifenden Umbruch hin zu einer an der individuellen Tumorbiologie
               ausgerichteten Behandlung. Dabei müssen sich die zielgerichteten Therapien an den
               bisher zur Verfügung stehenden Therapieoptionen messen lassen. Vor diesem Hintergrund
               und auch angesichts der Kosten dieser Innovationen erfährt die Diskussion der Begriffe
               klinischer Nutzen und klinische Relevanz derzeit neue Aktualität. Das zeigt sich unter anderem daran, dass sich auch wissenschaftliche
               Gesellschaften wie die American Society of Clinical Oncology (ASCO) und die European
               Society of Medical Oncology (ESMO) damit beschäftigen, Maßstäbe zur Beurteilung des
               klinischen Nutzens neuer Medikamente zu entwickeln [1], [2].
            Die Frage nach der klinischen Relevanz stellt sich aktuell auch für die weitere Entwicklung
               der adjuvanten systemischen Therapie des frühen Mammakarzinoms: Zwei Phase-III-Studien
               haben für neue zielgerichtete Medikamente zur systemischen adjuvanten Therapie des
               frühen HER2-positiven Mammakarzinoms positive Ergebnisse, d. h. eine signifikante
               Verbesserung bezüglich des primären Studienendpunkts krankheitsfreies Überleben berichtet
               [3], [4]. Adjuvante Studien mit CDK4/6-Inhibitoren oder Immun-Checkpoint-Inhibitoren sind
               gestartet oder in der finalen Protokolldiskussion [5], [6], [7], [8], [9], [10], [11]. Doch wonach bemisst sich der klinische Nutzen einer adjuvanten Therapie bei frühem
               Mammakarzinom? Welche Verbesserungen durch eine neue Therapie sind hier als klinisch
               relevant einzuordnen?
            Ziel dieses Übersichtsartikels ist es, den Begriff klinische Relevanz für die adjuvante
               Therapie des frühen Mammakarzinoms zu erörtern. Dies geschieht exemplarisch anhand
               der Evidenz verschiedener, etablierter adjuvanter Therapiestandards. Dabei wird bewusst
               nicht auf einzelne Studien, sondern auf große Metaanalysen Bezug genommen sowie, in
               Analogie zu den Maßstäben von ASCO, ESMO und denen der europäischen und amerikanischen
               Zulassungsbehörden EMA und FDA [12], [13], auf die Ergebnisse zu Rezidivraten und Gesamtmortalität.
         Systemische Therapie des frühen Mammakarzinoms – Rationale und medizinischer Bedarf
            Das Mammakarzinom wird heute als generalisierte Systemerkrankung angesehen. Folgerichtig
               ist die systemische Therapie integraler Bestandteil der Behandlung von Patientinnen
               mit frühem Mammakarzinom [14], [15], [16], [17], [18], [19]. Sie hat zum Ziel, die im Frühstadium bereits vorhandenen Mikrometastasen zu eliminieren,
               so ein Rezidiv zu verhindern und die Wahrscheinlichkeit einer Heilung zu erhöhen [20], [21]. Dabei sind neoadjuvante Chemotherapie vor der Primäroperation und adjuvante Chemotherapie
               danach hinsichtlich des Gesamtüberlebens vergleichbar. Auf dieser Grundlage empfiehlt
               die AGO, dass bei der Indikation für eine Chemotherapie eine neoadjuvante Gabe erwogen
               werden sollte [18].
            Das relative 10-Jahres-Überleben an einem Mammakarzinom erkrankter Frauen liegt inzwischen
               bei 82%. Insgesamt nimmt die Sterblichkeit an Brustkrebs seit den 1990er-Jahren ab
               – dennoch stellt dieser noch immer ein relevantes Gesundheitsproblem in Deutschland
               dar [22]. Im Jahr 2013 erkrankten 71 640 Frauen neu daran, 17 853 Patientinnen verstarben.
               Für das Jahr 2020 liegt die Prognose des Robert Koch-Instituts bei 77 600 Neuerkrankungen
               [22].
            Trotz aller Erfolge besteht daher noch immer ein relevanter medizinischer Bedarf für
               die Verbesserung der systemischen Therapie von Patientinnen mit einem frühen Mammakarzinom.
            Dies lässt sich am Beispiel des HER2-positiven frühen Mammakarzinoms illustrieren.
               Die adjuvante Therapie mit Trastuzumab für 1 Jahr erreichte bei Patientinnen mit HER2-positivem
               frühem Mammakarzinom eine signifikante und deutliche Verbesserung des krankheitsfreien
               Überlebens (DFS) (Hazard Ratio [HR] 0,60; 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,50 – 0,71,
               p < 0,00001) und des Gesamtüberlebens (OS) (HR 0,66; 95%-KI 0,57 – 0,77, p < 0,00001)
               [23]. Nach 10 Jahren hatten allerdings 25 – 31% der Frauen, die in den zulassungsrelevanten
               Studien eine adjuvante Therapie mit Trastuzumab erhalten hatten, ein Rezidiv entwickelt,
               davon etwa zwei Drittel Fernmetastasen als erstes Rezidiv. Bis zu 19% der Studienpatientinnen
               waren innerhalb dieser 10 Jahre verstorben [24] – [26]. Der Anteil der brustkrebsbedingten Todesfälle rangierte in den pivotalen Studien
               NCCTG 9831/NSABP B-31, BCIRG 006 und HERA je nach medianer Nachbeobachtungszeit von
               72% nach 8,3 Jahren, 83% nach 10,3 Jahren bis 91% nach 11,0 Jahren (bezogen auf die
               Gesamtzahl an Todesfällen in den Therapiearmen der jeweiligen Safety-Population) [27].
         Standards der adjuvanten systemischen Therapie
            Endokrine Therapie, Polychemotherapie und Anti-HER2-Therapie gelten als unstrittige
               Standards in der adjuvanten systemischen Therapie. Ihre Anwendung erfolgt abhängig
               vom Subtyp und von Risikofaktoren alleine, sequenziell oder in Kombination [14] – [19].
            Adjuvante endokrine Therapie
            
            Bei Patientinnen mit hormonrezeptorpositivem Mammakarzinom ist eine adjuvante endokrine
               Therapie indiziert [17], [18], [19]. Dieses Therapieprinzip wurde medikamentös mit Tamoxifen eingeführt. In der 1998
               veröffentlichten Metaanalyse der Early Breast Cancer Trialistsʼ Group (EBCTCG) wurde
               dessen Effekt auf Basis der patientenindividuellen Daten von 37 000 Frauen aus 55
               Studien untersucht. Nach Ausschluss der Daten der 8000 sogenannten ER-poor Patientinnen
               mit negativer oder geringer ER-Expression (< 10 fmol/mg zytosolischem Protein), zeigte
               die 5-jährige Therapie mit Tamoxifen eine proportionale Reduktion des Rezidivrisikos
               um 47% und des Mortalitätsrisikos um 26% [28]. Eine spätere Metaanalyse der EBCTCG auf der Basis der individuellen Daten von 10 386
               Frauen mit ER-positiver Erkrankung berichtete absolute Verbesserungen nach 5, 10 und
               15 Jahren mit 5-jähriger adjuvanter Tamoxifen-Therapie. Für die gesamte Population
               lagen sie für die Rezidivrate bei 11,4, 13,6 und 11,8%, für die Mortalitätsrate bei
               3,5, 7,6 und 7,9% ([Tab. 1]) [29]. Bei gleicher relativer Risikoreduktion von 39% wurden mit Tamoxifen bei nodal-positiven
               Patienten höhere absolute Verbesserungen erreicht als bei nodal-negativen: nach 5
               Jahren 16,1% im Vergleich zu 9,1% [29].
            
            
               
                  
                     
                     
                        Tab. 1 Relative und absolute Reduktion von Rezidiv- und Mortalitätsrisiko beim frühen Mammakarzinom
                        durch adjuvante endokrine Therapie [28], [29].
                     
                  
                     
                     
                        
                        | Intervention | Patienten (n) | Rezidive | Mortalität | 
                     
                     
                        
                        | nach 5 Jahren | nach 10 Jahren | relatives Risiko (95%-KI) | nach 5 Jahren | nach 10 Jahren | relatives Risiko (95%-KI) | 
                     
                     
                        
                        | Rate | absolute Differenz | Rate | absolute Differenz |  | Rate | absolute Differenz | Rate | absolute Differenz |  | 
                     
                  
                     
                     
                        
                        | 
                              Tamoxifen (Tam) vs. keine endokrine Therapie (ET) [28]
                                 
                               | 
                     
                     
                        
                        | keine ET | 10 386 | 26,5% | − 11,4% | 38,3% | − 13,6% |  | 13,9% | − 3,5% | 30,7% | − 7,6% |  | 
                     
                     
                        
                        | 5 Jahre Tam | 15,1% | 24,7% | 10,4% | 23,1% | 
                     
                     
                        
                        | 
                              Aromataseinhibitor (AI) vs. Tamoxifen [29]
                                 
                               | 
                     
                     
                        
                        | 5 Jahre Tam | 9 885 | 12,1% | − 3,1% | 22,7% | − 3,6% | 0,80 (0,73 – 0,88) | 9,4% | − 1,2% | 24% | − 2,7% | 0,89 (0,8 – 0,97) | 
                     
                     
                        
                        | 5 Jahre AI | 9,0% | 19,1% | 8,2% | 21,3% | 
                     
                     
                        
                        | 5 Jahre Tam | 11 798 | 12,1% | − 2,6% | 19,0% | − 2,0% | 0,82 (0,75 – 0,91) | 8,8% | − 1,7% | 17,5% | − 2,9% | 0,82 (0,73 – 0,91) | 
                     
                     
                        
                        | 2 – 3 Jahre Tam → AI bis Jahr 5 | 9,5% | 17,0% | 7,1% | 14,6% | 
                     
               
             
            
            
            Die Behandlung mit Aromatasehemmern, die für die endokrine Therapie von postmenopausalen
               Patientinnen empfohlen wird, ist eine Weiterentwicklung der adjuvanten endokrinen
               Therapie. Optionen sind die Gabe von Aromatasehemmern über 5 Jahre sowie die Therapie
               mit unterschiedlichen Sequenzen aus Tamoxifen und Aromatasehemmern (2 – 3 Jahre Tamoxifen
               gefolgt von Aromatasehemmer für insgesamt 5 Jahre, 2 – 3 Jahre Aromatasehemmer gefolgt
               von Tamoxifen für insgesamt 5 Jahre, 5 Jahre Tamoxifen gefolgt von 5 Jahren Aromatasehemmer)
               [17], [18]. Standard ist eine Therapiedauer von 5 Jahren. Eine erweiterte Therapie mit Aromatasehemmern
               über 5 Jahre endokrine Therapie hinaus erfolgt nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung
               [18].
            
            Der zusätzliche Effekt von Aromatasehemmern gegenüber Tamoxifen wurde in der 2015
               veröffentlichten Metaanalyse der EBCTCG auf Basis der Daten von 31 920 Patientinnen
               aus 9 Studien untersucht. Im Vergleich zu 5 Jahren adjuvanter Therapie mit Tamoxifen
               zeigte sich für die 5-jährige Therapie mit Aromatasehemmern eine relative Reduktion
               des Rezidivrisikos um 20% und des Mortalitätsrisikos um 11%. Die absoluten Verbesserungen
               der Rezidivrate betrugen nach 5 Jahren 3,1% und nach 10 Jahren 3,6%, die der Mortalitätsrate
               1,2 und 2,7% ([Tab. 1]) [30]. Für die Sequenz Tamoxifen für 2 – 3 Jahre gefolgt von Aromatasehemmertherapie bis
               zum Jahr 5 zeigte sich im Vergleich zur 5-jährigen adjuvanten Tamoxifen-Therapie eine
               relative Reduktion des Rezidivrisikos und des Mortalitätsrisikos um jeweils 18%. Die
               absoluten Verbesserungen der Rezidivrate betrugen hier nach 5 Jahren 2,6% und nach
               10 Jahren 2,0%, die der Mortalitätsrate 1,7 und 2,9% ([Tab. 1]) [30].
            
            Bei gleicher relativer Risikoreduktion in den unterschiedlichen Subgruppen hingen
               die absoluten Verbesserungen von der vorliegenden Risikokonstellation ab. So reduzierten
               sich die 5-Jahres-Rezidivraten für Patientinnen mit nodal-negativer Erkrankung absolut
               um 1,2%, für Patientinnen mit 1 – 3 positiven Lymphknoten um 3,7% und für die Frauen
               mit mehr als 4 Lymphknoten um 6,4% [30].
            
            Eine weitere Metaanalyse untersuchte den Effekt der Aromatasehemmer bei postmenopausalen
               Patientinnen auf der Basis publizierter Studiendaten. Sie berichtete signifikante
               Vorteile für DFS (HR 0,70; 95%-KI 0,63 – 0,77) und OS (HR 0,81; 95%-KI 0,71 – 0,93)
               für die 5-jährige adjuvante Sequenztherapie von Tamoxifen gefolgt von einem Aromatasehemmer
               gegenüber der 5-jährigen adjuvanten Therapie mit Tamoxifen. Für die erweiterte Therapie
               mit Aromatasehemmern nach 5 Jahren Tamoxifen-Therapie wurde in dieser Analyse ein
               signifikanter DFS-Vorteil (HR 0,62; 95%-KI 0,52 – 0,74), jedoch kein OS-Vorteil gezeigt
               (HR 0,87; 95%-KI 0,66 – 1,16) [31].
            
            Adjuvante Chemotherapie
            
            Mit Ausnahme von Patientinnen mit HER2-negativer, hormonrezeptorpositiver Erkrankung
               und niedrigem Risiko besteht beim frühen Mammakarzinom die Option für eine Chemotherapie
               [14], [15], [18]. Die deutsche S3-Leitlinie beschreibt als Indikation für eine adjuvante Chemotherapie
               das Vorliegen eines HER2-positiven Tumors, eines endokrin nicht oder fraglich sensitiven
               Tumors, einer nodal-positiven Erkrankung, einem Grading G3 oder ein Alter der Patientin
               < 35 Jahre [17].
            
            Mehrere Metaanalysen konnten zeigen, dass eine Polychemotherapie sowohl Rezidivrate
               als auch Gesamtüberleben signifikant verbessert. Unabhängig von Alter, Nodalstatus,
               Tumorgröße, Tumordifferenzierung, Östrogenrezeptorstatus oder adjuvanter Behandlung
               mit Tamoxifen zeigte sich eine signifikante relative Risikoreduktion [18], [19], [22]. Dabei unterschieden sich die absoluten Verbesserungen zwischen Patientinnen mit
               höherem und geringerem Grundrisiko [28], [29], [32].
            
            Die Einführung der Kombination aus Cyclophosphamid, Methotrexat und 5-Fluorouracil
               (CMF) markiert den Beginn der Entwicklung der adjuvanten Polychemotherapie [33]. Der Effekt der Kombination wurde eingehend in der auf individuellen Daten von 100 000
               Patientinnen beruhenden 2012 veröffentlichten Metaanalyse der EBCTCG untersucht. Das
               Rezidivrisiko von Patientinnen, die eine Chemotherapie mit CMF in Standarddosierung
               erhielten, verringerte sich proportional um 30% gegenüber dem von Patientinnen, die
               keine adjuvante Chemotherapie erhielten. Die absolute Verbesserung der Rezidivrate
               betrug 9,9% nach 5 Jahren und 10,2% nach 10 Jahren. Das Mortalitätsrisiko wurde proportional
               um 16% gesenkt mit absoluten Verbesserungen von 2,7 und 4,7% nach 5 und 10 Jahren
               ([Tab. 2]) [32].
            
            
               
                  
                     
                     
                        Tab. 2 Relative und absolute Reduktion von Rezidiv- und Mortalitätsrisiko beim frühen Mammakarzinom
                        durch adjuvante Polychemotherapie [30].
                     
                  
                     
                     
                        
                        | Intervention | Patienten (n) | Rezidive | Mortalität | 
                     
                     
                        
                        |  |  | nach 5 Jahren | nach 10 Jahren | relatives Risiko (95%-KI) | nach 5 Jahren | nach 10 Jahren | relatives Risiko (95%-KI) | 
                     
                     
                        
                        |  |  | Rate | absolute Differenz | Rate | absolute Differenz | Rate | absolute Differenz | Rate | absolute Differenz | 
                     
                  
                     
                     
                        
                        | C: Cyclophosphamid, M: Methotrexat, F: 5-Fluorouracil, N+: nodalpositive Patienten | 
                     
                  
                     
                     
                        
                        | 
                              Chemotherapie vs. keine Chemotherapie
                               | 
                     
                     
                        
                        | keine Chemo | 5 253 (N + 34%) | 30,2% | − 9,9% | 39,8% | − 10,2% | 0,70 (0,63 – 0,77) | 16,4% | − 2,7% | 30,7% | − 4,7% | 0,84 (0,76 – 0,93) | 
                     
                     
                        
                        | Standard CMF | 20,3% | 29,6% | 13,7% | 26,0% | 
                     
                     
                        
                        | 
                              Anthrazyklin (A) vs. CMF
                               | 
                     
                     
                        
                        | Standard CMF | 5 122 (N + 61%) | 32,9% | − 0,5% | 42,1% | − 1,1% | 0,99 (0,90 – 1,08) | 22,4% | − 0,6% | 34,6% | − 1,2% | 0,97 (0,89 – 1,07) | 
                     
                     
                        
                        | Standard 4AC | 32,4% | 41,0% | 21,8% | 33,4% | 
                     
                     
                        
                        | CMF | 9 527 (N + 53%) | 25,5% | − 3,2% | 33,8% | − 2,6% | 0,89 (0,82 – 0,96) | 15,7% | − 2,9% | 27,1% | − 3,9% | 0,84 (0,76 – 0,92) | 
                     
                     
                        
                        | A höhere Kumulativdosis | 22,3% | 31,2% | 12,8% | 23,2% | 
                     
                     
                        
                        | 
                              Taxan (T) + Anthrazyklin vs. Anthrazyklin
                               | 
                     
                     
                        
                        |  |  | 
                              nach 5 Jahren
                               | 
                              nach 8 Jahren
                               |  | 
                              nach 5 Jahren
                               | 
                              nach 8 Jahren
                               |  | 
                     
                     
                        
                        | A (More A) | 33 084 (N + 82%) | 22,0% | − 2,8% | – | – | 0,86 (0,82 – 0,91) | 12,4% | − 1,2% | – | – | 0,90 (0,84 – 0,97) | 
                     
                     
                        
                        | TA | 19,2% | – | 11,2% | – | 
                     
                     
                        
                        | A (same A) | 11 167 (N + 100%) | 27,3% | − 3,6% | 34,8% | − 4,6% | 0,84 (0,78 – 0,91) | 18,2% | − 1,9% | 26,7% | − 3,2% | 0,86 (0,79 – 0,93) | 
                     
                     
                        
                        | TA | 23,7% | 30,2% | 16,3% | 23,5% | 
                     
               
             
            
            
            Die adjuvante Polychemotherapie wurde zunächst mit der Einführung der Anthrazykline
               verbessert. Dieser Entwicklungsschritt wurde ebenfalls in der EBCTCG-Metaanalyse von
               2012 analysiert. Im Vergleich zum Standard CMF erreichte das Anthrazyklin-Schema Doxorubicin
               und Cyclophosphamid (AC) keine überlegene Wirksamkeit ([Tab. 2]). Wurden Anthrazyklin-Schemata mit einer höheren Kumulativdosis gegen CMF verglichen,
               wurde eine relative Reduktion des Rezidivrisikos um 11% erreicht. Die absoluten Verbesserungen
               der Rezidivrate gegenüber CMF lagen bei 3,2% nach 5 Jahren und 2,6% nach 10 Jahren.
               Das übersetzte sich in eine relative Reduktion des Sterberisikos um 16% und in absolute
               Verbesserungen der Mortalitätsrate von 2,9% nach 5 Jahren und 3,9% nach 10 Jahren
               ([Tab. 2]) [32].
            
            Die Hinzunahme von Taxanen stellt einen weiteren Entwicklungsschritt der adjuvanten
               Polychemotherapie dar. Eine anthrazyklin- und taxanbasierte Chemotherapie ist heute
               Standardbaustein der adjuvanten systemischen Therapie [14], [15], [16], [17], [18], [19].
            
            Mehrere Metaanalysen haben den Stellenwert von Taxanen auf Basis publizierter und
               damit aggregierter Ergebnisse untersucht, mit ähnlichen Ergebnissen bezüglich der
               relativen Reduktionen von Rezidiv- und Mortalitätsrisiko [34] – [38]. Exemplarisch seien die Resultate der Cochrane-Metaanalyse angeführt, die 12 Studien
               mit insgesamt 21 191 Patienten einschloss. Diese fand für taxanhaltige gegenüber nicht
               taxanhaltigen adjuvanten Regimen eine signifikante Verbesserung von DFS (HR 0,81;
               95%-KI 0,77 – 0,86) und OS (HR 0,81; 95%-KI 0,75 – 0,88). Es konnte keine Subgruppe
               identifiziert werden, die mehr oder weniger von der adjuvanten Taxangabe profitierte
               [35].
            
            Die Metaanalyse der EBCTCG von 2012 untersuchte den Effekt der Taxane auf Basis patientenindividueller
               Daten. Danach erreichte die zusätzliche Gabe eines Taxans im Anschluss an eine Anthrazyklin-Kombination
               gegenüber der gleichen Anthrazyklin-Therapie ohne Taxan eine relative Reduktion des
               Rezidivrisikos um 16% und des Mortalitätsrisikos um 14%. Die absoluten Verbesserungen
               der Rezidivraten lagen nach 5 Jahren bei 3,6% und nach 8 Jahren bei 4,6%, die absoluten
               Verbesserungen der Mortalitätsrate bei 1,9% nach 5 Jahren und 3,2% nach 8 Jahren.
               Wurden Taxan-Anthrazyklin-Kombinationen gegen Anthrazyklin-Regime getestet, deren
               Zyklenzahl im Kontrollarm kompensatorisch gesteigert wurde, dann wurden relative Reduktionen
               des Rezidivrisikos von 14% und des Mortalitätsrisikos von 10% erreicht. Die absolute
               Verbesserung der Rezidivrate lag dabei nach 5 Jahren bei 2,8%, die der Mortalitätsrate
               bei 1,2% ([Tab. 2]) [32]. Im Vergleich zu den Ergebnissen der Patientinnen in dieser Metaanalyse, die keine
               adjuvante Chemotherapie erhielten, erreichte die moderne anthrazyklin- und taxanhaltige
               Chemotherapie absolute Verbesserungen der Rezidivrate 10,9% nach 5 Jahren und 17,2%
               nach 10 Jahren und der Mortalitätsrate von 6,8% bzw. 16,1% [32].
            
            Adjuvante Anti-HER2-Therapie
            
            Bei Patientinnen mit HER2-positivem frühem Mammakarzinom ist nach den aktuellen klinischen
               Therapieleitlinien die adjuvante Therapie mit Trastuzumab für 1 Jahr indiziert. Bei
               nodal-negativer Erkrankung wird die Indikation in Abhängigkeit von der Tumorgröße
               definiert: nach einigen Leitlinien bereits ab einer Tumorgröße von > 5 mm [15], [16], [18] bei allen Leitlinien ab einer Größe von 1 cm [15], [16], [17], [18].
            
            Die adjuvante zielgerichtete Therapie gegen HER2 wurde mit Trastuzumab eingeführt.
               Es liegen eine Reihe von Metaanalysen vor, darunter bisher allerdings keine auf Basis
               patientenindividueller Daten. Sie zeigen alle signifikante Steigerungen von DFS und
               OS durch die adjuvante Anti-HER2-Therapie mit Trastuzumab [39], [40], [41]. Die umfassendste Analyse stellt die Cochrane-Metaanalyse mit 8 Studien beim frühen
               HER2-positiven Brustkrebs dar. In dieser betrug die relative Reduktion des Rezidivrisikos
               für die Therapie mit Trastuzumab gegenüber der Therapie ohne Trastuzumab 40% (HR für
               DFS 0,60; 95%-KI 0,50 – 0,71) und die des Mortalitätsrisikos 34% (HR für OS 0,66;
               95%-KI 0,57 – 0,77) [23]. Aus den Metaanalysen gibt es keine Angaben zu absoluten Verbesserungen. In den
               zulassungsrelevanten Studien lagen sie für DFS nach 5 Jahren bei 5,9 – 9% und nach
               10 Jahren bei 5,1 – 11,5%, für OS nach 5 Jahren bei 2,4 – 5% und nach 10 Jahren bei
               4,6 – 8,8% [24], [25], [26], [42], [43].
            
            Eskalation und Deeskalation der adjuvanten systemischen Therapie
            
            Das Beispiel der Eskalation der adjuvanten systemischen Therapie in Form der dosisdichten
               Chemotherapie zeigt deutlich, dass die Höhe des zusätzlichen Nutzens einer neuen adjuvanten
               Therapie vom Basisrisiko der Patientinnen abhängt. Die dosisdichte Chemotherapie ist
               die Therapie der Wahl in der Hochrisiko-Subpopulation von Patientinnen mit frühem
               Mammakarzinom und hoher Tumorlast [18]. Es liegen bisher lediglich Metaanalysen auf Basis publizierter Daten vor [44], [45], [46], die konsistent einen Vorteil der dosisdichten gegenüber der konventionellen Chemotherapie
               zeigen. Die umfassendste Analyse mit insgesamt 17 188 Patientinnen aus 8 Studien berichtete
               eine relative Reduktion des Rezidivrisikos um 16% (DFS HR 0,84; 95%-KI 0,77 – 0,91)
               und des Mortalitätsrisikos um 14% (OS HR 0,86; 95%-KI 0,79 – 0,93) [46]. Dabei war das Risikoprofil der untersuchten Studienpopulationen unterschiedlich.
               In einzelnen Studien, in die Patientinnen mit einem besonders hohen Basisrisiko eingeschlossen
               wurden, war der Vorteil für die Patientinnen größer [47]. So wurden in die deutsche ETC-Studie nur Patientinnen mit mehr als 4 positiven
               Lymphknoten eingeschlossen [48], [49]. Deren Rezidivrisiko wurde mit intensivierter dosisdichter Chemotherapie gegenüber
               konventioneller Chemotherapie nach 5 bzw. 10 Jahren proportional um 28% bzw. 26% gesenkt;
               dies entspricht einem absoluten Benefit von 8% bzw. 9%. Das Mortalitätsrisiko der
               Patientinnen reduzierte sich nach 5 bzw. nach 10 Jahren proportional um 24% bzw. 28%,
               dies entspricht einem absoluten Zugewinn von 5 bzw. 10% [48], [49].
            
            Es sollte nicht unerwähnt bleiben, dass für Subgruppen von Patientinnen mit frühem
               Mammakarzinom aufgrund eines sehr geringen Rezidivrisikos eine Deeskalation der systemischen
               Therapie diskutiert oder bereits empfohlen wird [14], [18]. So betrugen in einer großen Phase-II-Studie, in der Patientinnen mit HER2-positivem
               frühem Mammakarzinom, negativem Nodalstatus und Tumoren < 3 cm eine deeskalierte Chemotherapie,
               d. h. lediglich Paclitaxel in Kombination mit Trastuzumab ohne zusätzliche Anthrazykline,
               erhielten, die 7-Jahres-Raten für DFS 93,3% (95%-KI 90,4 – 96,2%) und für das brustkrebsspezifische
               Überleben 98,6% (95%-KI 97,0 – 100%). Nur 1% der Patientinnen erkrankten an Fernmetastasen
               [50].
            
            Multigensignaturen
            
            Eine Reihe von Multigensignaturen wurden mit dem Ziel entwickelt, Patientinnen mit
               frühem Mammakarzinom zu identifizieren, deren Prognose so günstig ist, dass der Verzicht
               auf eine adjuvante Chemotherapie diskutiert werden kann [51]. Nach den Empfehlungen der AGO können methodisch standardisierte und klinisch validierte
               Multigentests bei Frauen mit einem hormonrezeptorpositiven, HER2-negativen, nodal-negativen
               frühen Mammakarzinom bei der Entscheidung für oder gegen eine adjuvante Chemotherapie
               herangezogen werden, wenn die konventionellen Prognoseparameter einschließlich Ki-67
               keine eindeutige Entscheidung erlauben [18]. Grundlage dieser Empfehlung sind Daten aus großen prospektiv-retrospektiven Studien
               und erste Ergebnisse prospektiver Studien [52], [53], [54], [55], [56], [57], [58], [59], [60], [61], [62], [63], [64], [65], [66], [67]. So betrug das 3-Jahres-DFS von Patientinnen mit frühem hormonrezeptorpositivem
               HER2-negativem Mammakarzinom und einem niedrigen Recurrence Score (RS) ≤ 11 mit rein
               endokriner Therapie auch ohne adjuvante Chemotherapie 98% [65]. Eine weitere Studie berichtete für Patientinnen mit hormonrezeptorpositiven, HER2-negativen
               und nodal-negativen Tumoren mit einem niedrigen RS (< 11) unter reiner endokriner
               Therapie nach 5 Jahren ein DFS von 93,8% und ein OS von 98% [66].
            Instrumente zur Beurteilung des klinischen Nutzens in der Onkologie
            Die Definition des Begriffs klinischer Nutzen ist eine aktuelle Herausforderung für die Therapie des frühen Mammakarzinoms.
            Es gibt verschiedene nationale Institutionen, die gesundheitsrelevante Technologien
               systematisch bewerten. Beispiele sind das National Institute for Health and Care Excellence
               (NICE) in Großbritannien, die Haute Autorité de Santé (HAS) in Frankreich oder der
               Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) mit Unterstützung des Instituts für Qualität und
               Wirtschaftlichkeit (IQWiG) in Deutschland. Am Ende der Bewertung durch NICE stehen
               indikationsunabhängige, normierte gesundheitsökonomische Kennzahlen wie QALY (lebensqualitätsadjustiertes
               Lebensjahr) und ICER (incremental cost-effectiveness ratio) [68]. HAS ermittelt unter Einbeziehung von Schwere der Erkrankung, Effektivität, Nebenwirkungen,
               therapeutischem Stellenwert im Vergleich mit anderen verfügbaren Therapien und Public
               Health Benefits einen sogenannten tatsächlichen klinischen Nutzen, der als nicht ausreichend
               oder ausreichend mit den 3 Kategorien niedrig, moderat und beträchtlich gewertet wird.
               Es wird ferner basierend auf einer vergleichenden Betrachtung von Effektivität und
               Sicherheit ein klinischer Zusatznutzen in den 5 Kategorien bedeutend, beträchtlich,
               moderat, gering und keine Verbesserung ermittelt. Kenngrößen, welche die Zuordnung
               zu den einzelnen Kategorien bedingen, werden nicht genannt [69]. Das IQWiG benennt konkrete Schwellenwerte in Form der oberen Grenzen der 95%-Konfidenzintervalle
               für das relative Risiko und formuliert daraus die Größe des Zusatznutzens in den Kategorien
               Mortalität, Morbidität, gesundheitsbezogene Lebensqualität und Nebenwirkungen. In
               diesen kann ein bedeutender (Wert für Gesamtmortalität < 0,85, für schwerwiegende
               Symptome, Nebenwirkungen und Lebensqualität > 0,75), beträchtlicher (Wert für Gesamtmortalität
               < 0,95, für schwerwiegende Symptome, Nebenwirkungen und Lebensqualität > 0,90, für
               nicht schwerwiegende Symptome und Nebenwirkungen < 0,80), geringer (Wert für Gesamtmortalität
               < 1,00, für schwerwiegende Symptome, Nebenwirkungen und Lebensqualität > 1,00, für
               nicht schwerwiegende Symptome und Nebenwirkungen < 0,90), kein oder geringerer Zusatznutzen
               erreicht werden, wobei aufgrund dieser Bewertungen dann eine Gesamtbewertung für den
               Zusatznutzen einer Intervention ausgesprochen wird [70]. Einen definierten Algorithmus für die Ermittlung dieses Zusatznutzens haben weder
               IQWiG noch G-BA veröffentlicht.
            Die Bewertungsmethodik dieser und weiterer HTA-Institutionen erfolgt ohne Unterscheidung
               nach medizinischen Therapiegebieten. Spezifische Methoden oder Kenngrößen für die
               Bewertung systemischer onkologischer Therapien wenden sie nicht an [48], [49], [50].
            In der jüngeren Vergangenheit entwickelten jedoch 2 renommierte medizinische Fachgesellschaften
               Instrumente, die zum Ziel haben, den klinischen Nutzen neuer systemischer onkologischer
               Therapien standardisiert und systematisch zu bewerten: das Value Framework der ASCO
               und die Medical Oncology Magnitude Clinical Benefit Scale (MCBS) der ESMO [1], [2].
            Zur Beurteilung adjuvanter Therapien berücksichtigt ASCO für den Vergleich einer neuen
               Therapie gegenüber der Kontrolltherapie die Hazard Ratio für OS. Wurde diese nicht
               berichtet, wird die HR für DFS herangezogen. Je nach Größe wird die Hazard Ratio einer
               von 5 Kategorien zugeordnet. Daraus ergibt sich ein bestimmter Punktwert von maximal
               80 Punkten. Eine Therapie mit einer HR für DFS > 0,85 wird dabei 0 Punkte, eine mit
               einer HR für DFS zwischen 0,84 und 0,71 15 Punkte und eine mit einer HR < 0,20 80
               Punkte erreichen. Im 2. Schritt wird der Unterschied der beiden Therapien in Bezug
               auf Grad-3 – 5-Toxizität einer von 5 Kategorien zugeordnet, was wiederum einem bestimmten
               Punktwert von + 20 bei deutlich geringerer Toxizität bis − 20 bei deutlich höherer
               Toxizität entspricht. Der aus beiden Skalen resultierende Punktwert wird als Net Health
               Benefit (NHB) bezeichnet und kann maximal 100 Punkte betragen. Das Ergebnis wird lediglich
               deskriptiv als Punktzahl x von 100 maximal möglichen Punkten zusammen mit den Kosten
               des neuen Medikaments in den USA für die gesamte Therapie berichtet. Es werden keine
               Schwellenwerte für einen klinisch relevanten Nutzen definiert oder Wertungen vorgenommen
               [1].
            Die ESMO hat die MCBS als Instrument zur Bestimmung des klinischen Nutzens neuer systemischer
               Therapien entwickelt und validiert. Im Gegensatz zum vorher beschriebenen Instrument
               wird hier eine Bewertung des klinischen Nutzens bezüglich klinischer Relevanz vorgenommen.
               Für adjuvante Therapien gibt es die drei Kategorien A, B, C, wobei Kategorie C bedeutet,
               dass kein klinisch relevanter Nutzen vorliegt. Die Einteilung erfolgt anhand von Vorteilen
               der neuen Therapie hinsichtlich der Endpunkte OS oder DFS, wenn ersteres nicht verfügbar.
               Toxizität, Lebensqualität und Therapiekosten werden dann in die Bewertung einbezogen,
               wenn für die neue Therapie Nichtunterlegenheit von OS und DFS gezeigt wurde ([Abb. 1]). Der höchste klinisch relevante Nutzen (Kategorie A) liegt vor, wenn die absolute
               Verbesserung der Mortalität nach mindestens 3 Jahren mehr als 5% beträgt. Bei unreifen
               OS-Daten muss zum Erreichen dieser Kategorie eine signifikante DFS-Verbesserung vorliegen,
               bei der das untere Ende des 95%-Konfidenzintervalls (KI) kleiner als 0,65 ist. Ein
               klinisch relevanter Nutzen der zweithöchsten Kategorie B wird bei einer absoluten
               Verbesserung der Mortalität nach mindestens 3 Jahren von 3 – 5% erreicht. Bei unreifen
               OS-Daten qualifiziert für das Erreichen der Kategorie B eine signifikante DFS-Verbesserung,
               bei der das untere Ende des 95%-KI 0,65 – 0,8 beträgt. Sind bei Non-Inferiority-Studien
               OS oder DFS der Kontrolle nicht unterlegen, muss entweder eine geringere Toxizität
               oder eine bessere Lebensqualität gemessen worden sein oder in der betreffenden Studie
               müssen geringere Therapiekosten berichtet worden sein, um einen klinisch relevanten
               Nutzen der Kategorie B zu erreichen [2].
             Abb. 1 ESMO Medical Oncology Magnitude of Clinical Benefit Scale (MCBS) – Bewertungskriterien
                  für neue adjuvante, neoadjuvante und potenziell kurative Therapien [2].
                  Abb. 1 ESMO Medical Oncology Magnitude of Clinical Benefit Scale (MCBS) – Bewertungskriterien
                  für neue adjuvante, neoadjuvante und potenziell kurative Therapien [2].
            
            Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
            Das Ziel einer adjuvanten Therapie ist die weitere Verbesserung der kurativen Option.
            Vor diesem Hintergrund erfolgt die Beurteilung des klinischen Nutzens einer adjuvanten
               Therapie bei frühem Brustkrebs maßgeblich anhand von Wirksamkeitsendpunkten, auch
               wenn Ergebnisse zu Toxizität und Lebensqualität in die Entscheidung für oder gegen
               eine bestimmte adjuvante Therapie einfließen.
            Angesichts der heute erreichten reduzierten Mortalitätsrate lässt sich ein Vorteil
               im Gesamtüberleben erst nach einer langjährigen Beobachtungszeit nachweisen. Das krankheitsfreie
               Überleben, als Surrogatmarker für Gesamtüberleben akzeptiert [2], [71], [72], wird daher für die Beurteilung wichtiger [1], [2], [12], [13]. Daher ist im kurativen Setting ein Rückfall mit Wiederauftreten der Erkrankung
               per se ein relevantes Ereignis für die Patientinnen.
            Für die Beurteilung des klinischen Nutzens einer neuen adjuvanten Therapie von Patientinnen
               mit frühem Mammakarzinom bietet die Orientierung an der Evidenz bestehender adjuvanter
               Therapiestandards einen guten Maßstab. Dabei ist zu beachten, dass sich ein Vorteil
               hinsichtlich des Rezidivrisikos für die etablierten adjuvanten Therapiemodalitäten
               erst nach 2 bis 3 Jahren Nachbeobachtung abzuzeichnen begann und sich dann weiter
               bis zum Jahr 5 steigerte [28] – [30], [32]. Die Einführung der Therapieprinzipien adjuvante endokrine Therapie, Polychemotherapie
               oder Anti-HER2-Therapie resultierte in einer Senkung des Rezidivrisikos um jeweils
               30 – 50%. Dabei betrugen die absoluten Unterschiede in der Rezidivrate nach 5 Jahren
               bis zu 11,4% [23], [28], [29], [30], [32]. Aktuelle Therapiestandards wie die Chemotherapie mit Anthrazyklinen und Taxanen
               oder die endokrine Therapie mit Aromatasehemmern über 5 Jahre sind Weiterentwicklungen
               adjuvanter Therapieprinzipien. Mit ihnen wurden moderatere Reduktionen des Rezidivrisikos
               von 11 – 16% bzw. 18 – 30% erzielt. Die absoluten Verbesserungen nach 5 Jahren erreichten
               dann bis zu 3,6% [28], [29], [30], [31], [32]. Der MCBS der ESMO fordert Verbesserungen in ähnlichen Größenordnungen, zieht zur
               Bewertung des DFS jedoch nicht absolute Verbesserungen zu bestimmten Zeitpunkten,
               sondern die Hazard Ratio heran. Danach liegt ein klinischer Nutzen für eine neue adjuvante
               Therapie vor, wenn die untere Grenze des 95%-KI für DFS < 0,8 beträgt [2]. Nicht unerwähnt sollte bleiben, dass Verbesserungen in diesen Größenordnungen für
               Taxane und Aromataseinhibitoren Grundlage für die Zulassung und für die Aufnahme in
               Leitlinienempfehlungen waren [73], [74], [75].
            Folgerichtig sollte neuen Medikamenten für die Behandlung von Patientinnen mit frühem
               Mammakarzinom ein klinischer Nutzen zugesprochen werden, wenn sie eine weitere Reduktion
               des Rezidivrisikos in einem auch von den heutigen Therapiestandards erreichten Ausmaß
               erzielen. Nach längerer Beobachtung sollte sich die Reduktion des Rezidivrisikos auch
               konkret in einen Überlebensvorteil übersetzen, ohne dass die Patientin durch Toxizitäten
               nachhaltig beeinträchtigt wird.
            Am Ende ist die Frage der klinischen Relevanz einer neuen Therapie gemeinsam mit jeder
               Patientin individuell zu beantworten. Dabei ist die Bandbreite der Erwartungen groß.
               Das und eine hohe Diskrepanz in den Erwartungen von Patientinnen und Ärzten an den
               Nutzen adjuvanter Therapien zeigt unter anderem eine deutsche Studie, in der 2155
               Patientinnen und 527 Ärzte befragt wurden. Ein Drittel der Patientinnen, aber auch
               ein beträchtlicher Anteil der Ärzte hatten unrealistische Annahmen bezüglich der erwarteten
               Steigerungen der 5-Jahres-Überlebensraten durch eine adjuvante Chemotherapie, endokrine
               Therapie oder Antikörpertherapie [76]. Gerade vor diesem Hintergrund ist es hilfreich für eine informierte Entscheidung,
               den zu erwartenden Nutzen im Kontext der Kenngrößen akzeptierter Therapiestandards
               zu betrachten.