PPH 2017; 23(06): 310
DOI: 10.1055/s-0043-119392
Rund um die Psychiatrie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

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Publication Date:
21 November 2017 (online)

Psychotherapeutische Hilfe für Flüchtlinge

In Deutschland leben laut Statistischem Bundesamt über eine Millionen Ausländer mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus. Viele davon sind Geflüchtete aus Krisenregionen, denen aufgrund erlittener traumatischer Erlebnisse eine Psychotherapie zuteilwird oder werden sollte. Doch ihre Unsicherheit über das Bleiberecht erschwert den Behandlungserfolg erheblich.

Die Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin (DGPM) setzt sich daher für deutlich zügigere Entscheidungen über den Aufenthaltsstatus ein, um die knappen Ressourcen der Helfer bestmöglich einsetzen zu können und ohnehin traumatisierte Flüchtlinge vor möglichen Schäden durch einen frühzeitigen und ungeplanten Therapieabbruch zu schützen.

„Der Erfolg unserer Arbeit basiert auf größtmöglichem Vertrauen, Sicherheit und positiven Perspektiven für den Patienten. Fallen diese Anker weg, ist eine erfolgreiche Therapie aussichtslos. Bei von Abschiebung bedrohten Patienten sind diese Gegebenheiten nicht existent und die Arbeit wird ineffektiv, ja sogar absurd und zynisch“, kritisiert die DGPM-Expertin Professorin Dr. med. Yesim Erim, Leiterin der Abteilung für Psychosomatische und Psychotherapeutische Medizin am Universitätsklinikum Erlangen. Denn ein Teil der Arbeit sei es, dem Patienten mithilfe von stabilisierenden therapeutischen Maßnahmen, dem Aufbau einer Tagesstruktur sowie darauf aufbauender Aktivitäten eine positive Einstellung nahezubringen. Gerate er wieder in seine alte, politisch wie gesellschaftlich unsichere Umgebung, sei dies natürlich auch psychotherapeutisch meist ein drastischer Rückschlag und die therapeutische Arbeit dann umsonst, wenn nicht sogar schädlich.

Die DGPM fordert daher von allen politischen Entscheidungsträgern einen bestmöglichen Umgang mit personellen und finanziellen Ressourcen. Aktuelle Untersuchungen, die unter Leitung von Erim an der Universität Erlangen durchgeführt wurden, zeigen, dass nahezu 70 Prozent der professionellen und ehrenamtlichen Helfer, die mit Geflüchteten zusammenarbeiten, unter dem mangelnden Handlungsspielraum aufgrund gesetzlicher Regulierungen leiden. Darunter sind neben der Verunsicherung und Inaktivität in der Wartezeit auf die Aufenthaltsbewilligung beispielsweise Probleme bei der Wahl des Wohnortes, wiederholte Verlegungen, erschwerte Zusammenführung von Familien, lange Wartezeiten auf Integrationskurse, räumliche Entfernung von Wohnort und Kurs zu subsumieren.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie (DGPM)