Zusammenfassung
In der beruflich orientierten psychosomatischen Rehabilitation sollen Patienten u. a.
lernen, ihre Widerstands- und Durchhaltefähigkeit, d. h. Resistenz gegenüber beruflichen
Stressoren zu erhöhen, als eine Voraussetzung für eine verbesserte berufliche Leistungsfähigkeit.
In der vorliegenden Studie wurde untersucht, wie sich die Resistenzorientierung im
Verlauf einer stationären Rehabilitationsmaßnahme verändert und wie dies mit der Arbeitsfähigkeit
bei Entlassung korreliert. Zugleich wurde auch erfasst, wie sich die Tendenz verändert,
bei Belastung zunächst an Selbstpflege und Stressvermeidung, d. h. Regeneration zu
denken. Es wurden 121 unausgewählte Patienten einer psychosomatischen Rehabilitationsklinik
mit der ReRe-Skala (Resistenz-Regenerations-Skala) zu Beginn und Ende des Aufenthalts
untersucht, einschließlich der Selbsteinschätzung der Arbeitsfähigkeit bei Entlassung.
Im Prä-Post-Vergleich fand sich eine Abnahme der Resistenzorientierung und Zunahme
der Regenerationsorientierung. Eine höhere Regenerationsorientierung war im Gegensatz
zur Resistenzorientierung bei Entlassung mit einer höheren Bereitschaft zur Wiederaufnahme
der Arbeit assoziiert. Die Abnahme der Resistenz- und deutliche Zunahme der Regenerationsorientierung
im Verlauf einer medizinisch-beruflich orientierten Rehabilitation widerspricht auf
den ersten Blick den Erwartungen und könnte sogar als Nebenwirkung eines Reha-Aufenthaltes
verstanden werden. Bei Berücksichtigung des Endparameters Arbeitsfähigkeit scheint
die Förderung von Selbstpflege und Regenerationsorientierung jedoch keine Nebenwirkung,
sondern eine zielführende therapeutische Entwicklung zu sein. Die Ergebnisse werfen
Fragen auf bzgl. der Therapiestrategien in der Behandlung von Stress im Allgemeinen,
wie auch der medizinisch-beruflich orientierten Rehabilitation (MBOR) im Speziellen.
Des Weiteren illustriert es die Problematik, was die Kriterien von Haupt- und Nebenwirkungen
in der Psychotherapie sind.
Abstract
In rehabilitation medicine an important goal is to restore the ability to work by
improving resistance to stress. We observed the development of resistance orientation
on one hand and the tendency of self-care, stress avoidance, and regeneration orientation
on the other, in the course of a 5 week psychosomatic inpatient rehabilitation. A
convenience sample of 121 inpatients of a psychosomatic rehabilitation unit filled
in the ReRe-Scale (Resistance-Regeneration-Scale) at the beginning and end of a 5
week inpatient treatment. Also patients rated their ability to work before discharge
from the hospital. There was a decline in resistance orientation and a clear increase
in regeneration orientation. Regeneration orientation, in contrast to resistance orientation,
was associated with a greater ability to work. The reduction in resistance and increase
in regeneration orientation was unexpected and could be seen as an unwanted effect
of inpatient rehabilitation. When taking into account the disposition to go back to
work, promotion of regeneration seems to be the better way. This raises questions
in respect to treatment strategies for stress tolerance, and occupational rehabilitation
but also for the definition of positive or negative treatment effects in psychotherapy.
Schlüsselwörter Rehabilitation - Stressbewältigung - Regeneration - Resistenz - Nebenwirkungen
Key words rehabilitation - stress management - regeneration - resistance - side effects