Pneumologie 2017; 71(11): 709
DOI: 10.1055/s-0043-118416
Pneumo-Fokus
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Frühe Antibiotikatherapie bei Atemwegsinfekt: Einfluss auf Komplikationsrate?

Little P. et al.
Antibiotic prescription strategies and adverse outcome for uncomplicated lower respiratory tract infections: prospective cough complication cohort (3C) study.

BJM 2017;
357: j2148
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Publication History

Publication Date:
13 November 2017 (online)

 

    Eine frühe Behandlung mit Antibiotika bei akuten unkomplizierten Infekten der unteren Atemwege kann seltene Komplikationen wie Hospitalisation oder Tod bei Erwachsenen nicht reduzieren. Zu diesem Ergebnis kommen Little und Kollegen in einer prospektiven Kohortenstudie an über 28 000 ambulanten Patienten. Sie verglichen dabei den Einfluss unterschiedlicher Verschreibungsstrategien auf die Komplikationsrate.


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    Akute Infekte der unteren Atemwege zählen zu den häufigsten Konsultationsanlässen in der ambulanten Versorgung der Industrienationen. Sie werden immer noch regelmäßig mit Antibiotika behandelt. Allerdings werden Resistenzen zunehmend zu einem globalen Problem, und große Studien haben keinen Vorteil einer Antibiotikatherapie in Bezug auf die Symptomatik bei unkomplizierten Atemwegsinfekten zeigen können. Nun haben Little und Kollegen verschiedene Verschreibungsstrategien im Hinblick auf Komplikationen wie Hospitalisationsrate oder Tod miteinander verglichen. In dieser prospektiven Kohortenstudie wurden 28 883 ambulante Patienten ab einem Alter von 16 Jahren mit Symptomen eines akuten Infektes der unteren Atemwege (neu aufgetretener Husten für weniger als 3 Wochen) für insgesamt 30 Tage nach der Erstkonsultation beobachtet. Neben Anamnese und Klinik wurde dabei erhoben, ob und ab wann die Patienten ein Antibiotikum verschrieben bekamen. Patienten mit bekannten anderen Ursachen für Husten, wie z. B. Herzinsuffizienz, und nicht einwilligungsfähige Patienten wurden ausgeschlossen. Endpunkte waren erneute Arztbesuche mit Symptomenverschlechterung, Krankenhausaufenthalte und Tod. Bei den Verschreibungsstrategien unterschieden die Autoren im Beobachtungszeitraum drei Gruppen:

    • keine,

    • sofortige sowie

    • verzögert begonnene Antibiotikatherapie.

    28 779 Patienten erfüllten die Kriterien, davon erhielten 25,5 % keine, 61,3 % eine sofortige und 13,3 % eine verzögerte Antibiotikatherapie. Patienten, die bereits bei Erstkonsultation eine Verschreibung erhielten, waren im Vergleich älter, hatten häufiger Zweiterkrankungen und zeigten stärkere Symptome wie Fieber oder purulenten Auswurf. Zu Hospitalisation oder Tod kam es bei 0,3 % in Gruppe 1, bei 0,9 % in Gruppe 2 und bei 0,4 % der Patienten in Gruppe 3. Eine ambulante Wiedervorstellung aufgrund von Symptomenverschlechterung gab es am häufigsten bei den Patienten der Gruppe 2 (25,3 %), während eine verzögerte Verschreibungsstrategie (Gruppe 3) mit einer geringen Anzahl an Wiedervorstellungen mit stärkeren Beschwerden verbunden war (14,1 %). Patienten der Gruppe 1 benötigten nur in 19,7 % der Fälle mindestens einen zweiten Arztbesuch.

    Fazit

    In der ambulanten Versorgung werden akute Atemwegsinfekte immer noch häufig schon bei Erstkonsultation mit Antibiotika behandelt, obwohl eine sofortige Verschreibung Krankenhausaufnahmen oder den Tod im Vergleich zum Antibiotikaverzicht in der Studie nicht reduzieren konnte. Nach Meinung der Autoren hätte höchstens die verzögerte Verschreibung von Antibiotika einen gewissen Vorteil, da sie mit einer geringen Anteil an Wiedervorstellungen mit Symptomenverschlechterung verbunden war.

    Dipl.-Psych. Annika Simon, Hannover


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