Deutsche Heilpraktiker-Zeitschrift 2017; 12(05): 11-13
DOI: 10.1055/s-0043-117525
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Politik
© Karl F. Haug Verlag in Georg Thieme Verlag KG

Der Heilpraktikerberuf: Das sagen die Parteien

Wie steht die Politik zum Beruf des Heilpraktikers?
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Publication Date:
23 August 2017 (online)

 

Summary

Am 24. September 2017 sind Bundestagswahlen. Die letzten 12 Monate waren für Heilpraktiker turbulent. Es gab zahlreiche Diskussionen in den Medien und der Öffentlichkeit rund um den Beruf, die Ausbildung, aber auch von Heilpraktikern angewandte Verfahren wie die Homöopathie. Viele Heilpraktiker sind dadurch verunsichert. Sie fragen sich, was ihr Beruf aus Sicht der Politiker für einen Stellenwert hat, ob und wie sich die Parteien nach der Wahl für sie und ihren Berufsstand einsetzen werden. Wir haben fünf Fragen ausgewählt und sie an die gesundheitspolitischen Sprecher der CDU, der SPD, der Grünen und der FDP zugesandt.


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Am 24. September 2017 sind Bundestagswahlen. Die letzten 12 Monate waren für Heilpraktiker turbulent. Es gab zahlreiche Diskussionen in den Medien und der Öffentlichkeit rund um den Beruf, die Ausbildung, aber auch von Heilpraktikern angewandte Verfahren wie die Homöopathie. Viele Heilpraktiker sind dadurch verunsichert. Sie fragen sich, was ihr Beruf aus Sicht der Politiker für einen Stellenwert hat, ob und wie sich die Parteien nach der Wahl für sie und ihren Berufsstand einsetzen werden. Wir haben fünf Fragen ausgewählt und sie an die gesundheitspolitischen Sprecher der CDU, der SPD, der Grünen und der FDP zugesandt.

Die Fragen

  1. In Deutschland gab es 2014 etwa 40 000 Heilpraktiker, davon praktizierten 15 700 in eigener Praxis. Angesichts dieser Zahlen: Welche Rolle spielen Heilpraktiker im deutschen Gesundheitssystem?

  2. Was braucht es, damit Heilpraktiker ihre Position im Gesundheitssystem dauerhaft festigen können?

  3. Wie beurteilt Ihre Partei das Recht selbstzahlender Patienten, frei wählen zu können, ob sie lieber von einem Arzt oder einem Heilpraktiker behandelt werden wollen?

  4. Was unternimmt Ihre Partei dafür, dass heilpraktikertypische Verfahren wie Homöopathie, Akupunktur oder Phytotherapie erhalten und von Heilpraktikern auch weiterhin uneingeschränkt ausgeübt werden können?

  5. Waren Sie schon einmal bei einem Heilpraktiker in Behandlung oder sind Sie es? Oder würden Sie sich von einem Heilpraktiker behandeln lassen?

Alternative Frage 5: Wie steht Ihre Partei zu dem Berufsstand Heilpraktiker?


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Die Antworten

Die Antworten der CDU, der Grünen und der SPD haben uns rechtzeitig erreicht. Auch der FDP haben wir die Interviewfragen zur selben Zeit wie den anderen Parteien zukommen lassen. Leider haben wir trotz Nachfrage bei der Bundesgeschäftsstelle der FDP bis Redaktionsschluss keine Antwort erhalten.


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Maria Michalk, gesundheitspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

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Foto: © Laurence Chaperon

Zu Frage 1: Viele Patienten messen der Naturheilmedizin und Naturheilmitteln große Bedeutung zu. Ihre Entscheidungsfreiheit muss gewahrt bleiben. Deshalb sollen gesetzliche Krankenkassen auch künftig die Möglichkeit haben, ihren Versicherten diese Leistungen beispielweise über Bonus-Modelle und Selbstbehalttarife anzubieten. Hierdurch wird es Versicherten ermöglicht, über den regulären Versorgungsumfang in der gesetzlichen Krankenversicherung hinaus Leistungen, zum Beispiel Naturheilverfahren, hinzuzuwählen. Die Existenzgrundlage der freien und selbstständigen Heilpraktiker bleibt gesichert, wenngleich wir eine Reformierung des Berufsstands, zum Beispiel in Bezug auf einheitliche Kriterien der Berufsausübung, als notwendig erachten.

Zu Frage 2: Damit Heilpraktiker ihre Position im Gesundheitssystem dauerhaft festigen können, müssen – wie in anderen Bereichen auch – klare Qualitätskriterien eingehalten werden. Um die Qualität der Heilpraktikerleistungen bundesweit zu verbessern, müssen die Ausbildung und Ausübung der Heilpraktiker vereinheitlicht werden. Dafür sind gleiche Standards notwendig. Mit dem Dritten Pflegestärkungsgesetz haben wir deshalb die Voraussetzungen geschaffen, die Leitlinien zur Überprüfung der Heilpraktikeranwärterinnen und -anwärter weiterzuentwickeln und verbindlicher auszugestalten. Das Gesundheitsministerium muss die Leitlinien bis zum 31. Dezember 2017 überarbeiten und veröffentlichen. Diese gesetzlichen Vorgaben sind grundsätzlich geeignet, um den Patientenschutz im Bereich der Zulassung zu verbessern. Den weiteren Prozess der Leitlinienentwicklung werden wir aufmerksam verfolgen und darüber diskutieren, inwieweit das Heilpraktikergesetz novelliert werden muss. Einheitliche Qualitätsvorgaben müssen eine größere Rolle spielen.

Zu Frage 3: Jeder Mensch muss selbst entscheiden, wem er sich im Krankheitsfall anvertraut. Aufklärungspflichten sind aber von Heilpraktikerinnen und Heilpraktikern sowie von der Ärzteschaft gleichermaßen einzuhalten. Das gilt auch für die Beratungs- und Dokumentationspflichten. Selbstzahlende Patientinnen und Patienten müssen sich darauf verlassen können, dass sie umfassend informiert und aufgeklärt werden. Dazu gehört auch, dass sie dann an eine Ärztin oder einen Arzt verwiesen werden, wenn es der Gesundheitszustand notwendig macht. Das sollte auch bei einem Zweifel der Fall sein. Wir müssen hier mehr Vertrauen schaffen. In jedem Fall muss aber verhindert werden, dass Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker Behandlungen durchführen, für die sie nicht ausreichend qualifiziert sind. Das kam in der Vergangenheit immer wieder vor. Fakt ist, dass die Verantwortung bei den Patienten liegt, denn sie schließen mit dem Heilpraktiker einen privatrechtlichen Behandlungsvertrag.

Zu Frage 4: Zum Heilpraktikergesetz sind Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen worden, die die aktuelle Rechtspraxis berücksichtigen. Es ist klar geregelt, was der Berufsstand darf und was nicht. Wenn die überarbeiteten Leitlinien zur Überprüfung von Heilpraktikeranwärtern Ende dieses Jahres vorliegen, werden wir auch darüber diskutieren, welche zusätzlichen Kriterien nötig sind, die Rahmenbedingungen für die Ausübung des Berufs anzupassen. Im Mittelpunkt steht aber nach wie vor eine konsequente Gesundheitsüberwachung und Aufsichtsbefugnis über Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker. Die Diskussion über mögliche Verbote muss sachlich und ausgewogen geführt werden. Eine besondere Rolle kommt auch den internen Diskussionen zu. Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker müssen sich auch untereinander darüber einig sein, wer wann welches Verfahren anwendet. Zwischenzeitlich sind mehrere Untergliederungen des Heilpraktikerberufes entstanden. Die differenzierten eigenständigen Teilbereiche, für die eine Zulassung existiert, sind für viele Hilfesuchende nicht nachvollziehbar. Deshalb halte ich eine öffentlich zugängliche Listung der Zulassungen für hilfreich.

Zu Frage 5: Nein, war ich noch nicht. Jahrhundertealte Erkenntnisse aus der Naturheilkunde prägen die Erfahrungen der heutigen Naturmedizin. Deshalb nimmt wohl die Anwendung von naturheilkundlichen Therapien für viele Bürgerinnen und Bürger einen hohen Stellenwert ein. Die Naturheilkunde wird von ihnen als sinnvolle Ergänzung zur Schulmedizin angesehen. Hierin sehen wir unseren politischen Ansatz, denn der fachliche Austausch muss zwischen der Ärzteschaft und den Heilpraktikern intensiver erfolgen. Werden die Diskussionen verstärkt geführt, können auch bestehende Irritationen, etwa bei sektoral arbeitenden Heilpraktikerinnen und Heilpraktikern, schneller ausgeräumt werden. Vor allem sind Berufsverbände und Kammern in der Pflicht. Heute und in Zukunft müssen die Grenzen des Könnens und Handelns von Heilpraktikerinnen und Heilpraktikern eindeutig öffentlich und erkenntlich sein. Wir wollen die Überprüfung und Überwachung der Berufsausübung konsequenter umsetzen. Die Novellierung des Berufsstandsgesetzes und bundeseinheitliche Kriterien für die Berufsausübung sind notwendig. Daraus erkennen Sie, dass wir zu dem Berufsstand stehen.


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Maria Klein-Schmeink, Sprecherin für Gesundheitspolitik der grünen Bundestagsfraktion

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Foto: © Maria Klein-Schmeink

Zu Frage 1: Die von den Heilpraktikerinnen und Heilpraktikern geleistete Verbindung von schulmedizinischen und komplementärmedizinischen Verfahren ist ein charakteristisches Element des deutschen Gesundheitswesens. Leistungen von Heilpraktikerinnen und Heilpraktikern werden von vielen Menschen in unserem Land nachgefragt. Den Heilpraktikerberuf als freien Beruf auf Grundlage des Heilpraktikergesetzes wollen wir sichern und erhalten.

Zu Frage 2: Die bestehenden gesetzlichen Regelungen zum Heilpraktikerberuf stammen noch aus dem Jahr 1939. Vor diesem Hintergrund halten wir eine zeitgemäße Modernisierung für angebracht, um die Position der Heilpraktiker zu festigen. So sollten zum Beispiel Inhalt, Struktur und Dauer der Ausbildung wie bei vielen anderen Gesundheitsberufen auch bundesweit einheitlich geregelt werden. Zudem wollen wir bei den Ländern darauf hinwirken, dass bei anderen Gesundheitsberufen übliche Pflichten wie die zur Dokumentation, zum Abschluss einer Haftpflicht sowie zur regelmäßigen Fortbildung und zur Teilnahme an der Qualitätssicherung auch für die Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker gelten.

Zu Frage 3: Patientinnen und Patienten haben das Recht, frei zu wählen, ob sie lieber von einem Arzt oder einem Heilpraktiker behandelt werden möchten. Einschränkungen gibt es nach geltendem Recht bei der Verordnung von Arzneimitteln sowie bei invasiven Eingriffen. Aus unserer Sicht sollte es keine generellen Kompetenzvorbehalte für bestimmte Berufsgruppen geben. Voraussetzung für die Wahrnehmung von bestimmten Aufgaben in der Patientenversorgung ist der Erwerb hierfür erforderlicher fachlicher Kenntnisse.

Zu Frage 4: Diese Verfahren müssen auch künftig durch Heilpraktiker ausgeübt werden können. Wir wollen das Berufsrecht der Heilpraktiker weiterentwickeln. Dazu gehört wie beschrieben auch eine Modernisierung der Ausbildung mit dem Ziel von bundeseinheitlichen Regelungen für Inhalt, Struktur und Dauer der Ausbildung.

Zu Frage 5: Ich habe einen ganzheitlich behandelnden Hausarzt und brauche deshalb keinen Heilpraktiker in Anspruch zu nehmen. Ich kenne aber viele, die dies tun.


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Hilde Mattheis, Sprecherin der Arbeitsgruppe Gesundheit der SPD-Bundestagsfraktion

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Foto:© Tobias Pietsch

Zu Frage 1: Die Tatsache, dass es offensichtlich einen Markt für Heilpraktiker gibt, kann als Beleg gedeutet werden, dass es eine Nische im Versorgungssystem gibt, die mit den spezifischen Angeboten von Heilpraktikern ausgefüllt wird.

Zu Frage 2: Die Position der Heilpraktiker im Gesundheitssystem sollte auf Dauer ausschließlich von der Qualität der erbrachten Leistungen abhängen.

Zu Frage 3: Die SPD spricht sich dafür aus, dass gut informierte Patientinnen und Patienten eigenverantwortliche Entscheidungen treffen können, ob und von wem sie behandelt werden wollen.

Zu Frage 4: Die SPD beurteilt die genannten Verfahren ausschließlich danach, was sie den Patientinnen und Patienten im konkreten Behandlungsfall nutzen. Die Frage, von welchen Berufsgruppen die Verfahren angeboten werden, steht dabei hinter der Qualität der Leistungen zurück.

Zu Frage 5: Die SPD richtet ihre Gesundheitspolitik zuallererst an den Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten aus und nicht an den Wünschen und Bedürfnissen einzelner Berufsgruppen.

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http://dx.doi.org/10.1055/s-0043-117525


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