Deutsche Heilpraktiker-Zeitschrift 2017; 12(05): 42-43
DOI: 10.1055/s-0043-114698
Praxis
4 Fachleute – 4 Behandlungsstrategien
© Karl F. Haug Verlag in Georg Thieme Verlag KG

Nachlassendes Hörvermögen


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Publication Date:
23 August 2017 (online)

 

Summary

Behandlungskonzepte aus der TCM, der Phytotherapie, der Ozontherapie und Osteopathie stellen Ihnen vier Expertinnen vor.


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1 Akupunktur: Fülle- oder Leere-Muster behandeln

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Aus der Sicht der TCM sind bei nachlassendem Hörvermögen hauptsächlich die Zang-Organe Niere und/oder Leber beteiligt. Beispielhaft werden folgende Muster vorgestellt:

Fülle-Muster Leber-Qi-Stagnation und aufsteigendes Leber-Feuer

Frustration und Ärger können die Leber schädigen und den freien Fluss des Leber-Qi beeinträchtigen. Die Qi-Stagnation und der damit einhergehende Druck erzeugen Stagnationshitze. Schwillt diese zu einem Feuer an, kann sie über die Gallenblasenleitbahn das Ohr schädigen. Therapeutisches Prinzip: Leber-Qi bewegen und/oder Hitze aus Leber und Gallenblase klären.

Als klassische Rezeptur zum Verteilen und Bewegen des Leber-Qi gilt Xiao Yao San. Beispiele für geeignete Akupunkturpunkte sind: Dü 19 (Ting Gong), Gb 2 (Ting Hui), SJ 21 (Er Men) oder SJ 17 (Yi Feng) in Kombination mit einer Auswahl der Punkte Le 3 (Tai Chong), Di 4 (He Gu), Bl 18 (Gan Shu), Pe 6 (Nei Guan), Gb 20 (Feng Chi), SJ 6 (Zhi Gou), Ying Tang (M-HN-3). Bei Vorliegen von Leber-Feuer empfiehlt sich die Rezeptur Long Dan Xie Gan Tang. Geeignete Akupunkturpunkte sind unter anderem SJ 17 (Yi Feng), SJ 3 (Zhong Zhu), SJ 5 (Wai Guan), Gb 40 (Qiu Xu), Gb 20 (Feng Chi), Gb 34 (Yang Ling Quan), Le 3 (Tai Chong), Le 2 (Xing Jian), Di 5 (Yang Xi).


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Leere-Muster Nieren-Mangel

Nieren-Schwäche ist häufig bei älteren Patienten, kann aber zum Beispiel auch die Folge von Krankheit sein. Therapeutisches Prinzip: Nieren beziehungsweise Nieren-Yin und/oder -Yang tonisieren. Eine Rezeptur bei Nieren-Yin-Schwäche ist Er Long Zuo Ci Wan, bei Nieren-Yang-Schwäche Bu Gu Zhi Wan.

Beispiele für geeignete Akupunkturpunkte sind bei Nieren-Yin-Schwäche: Bl 23 (Shen Shu), Ni 3 (Tai Xi), Ni 7 (Fu Liu), Dü 19 (Ting Gong), Gb 2 (Ting Hui), Lu 7 (Lie Que), Ni 6 (Zhao Hai); bei Nieren-Yang-Schwäche: Bl 23 (Shen Zhu), RM 4 (Guan Yuan), LG 4 (Ming Men), Ni 3 (Tai Xi), Gb 2 (Ting Hui), SJ 17 (Yi Feng), Ma 36 (Zu San Li), Dü 3 (Hou Xi), Dü 4 (Wan Gu), Bl 62 (Shen Mai).

Dr. rer. nat. HP Martina Bögel
Liethberg 6
24576 Bad Bramstedt
E-Mail: martinaboegel@agtcm-therapeut.de


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2 Phytotherapie: Nicht nur Ginkgo

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Beim nachlassenden Hörvermögen kann eine Behandlung mit Heilpflanzen hilfreich sein. Um das Gehör zu stärken, verfolgt die Pflanzenheilkunde zwei Ziele. Sie versucht, die Versorgung der Sinneszellen im Innenohr zu verbessern sowie degenerative Prozesse der Hörbahn zu verlangsamen. Einer besseren Versorgung der Sinneszellen dienen: Heilpflanzen,

  • die traditionell zur Stärkung der Sinnesleistung angewendet werden.

  • welche die Fließeigenschaften des Blutes verbessern.

Zur ersten Gruppe kann die Braunwurz (Scrophularia nodosa) gezählt werden. Sie wird traditionell bei Ohrenbeschwerden und Schwerhörigkeit eingesetzt. Ihre Wirkung ist mit der des Augentrostes (Euphrasia officinalis) vergleichbar, der auch bei Schwerhörigkeit eine Option ist. Generell gilt: Heilpflanzen, die traditionell zur Stärkung des Sehvermögens eingesetzt werden, kommen auch bei Schwerhörigkeit in Betracht. Das gilt unter anderem für den Safran (Crocus sativus), den Baldrian (Valeriana officinalis) und die chinesische Beerentraube (Schisandra chinensis). Safran kann als Crocus-Urtinktur rezeptiert werden. Er findet sich auch im sogenannten „kleinen Schwedenbitter“ nach Maria Treben, der auch bei Schwerhörigkeit empfohlen wird.

Zur zweiten Gruppe zählen unter anderem rutinhaltige Heilpflanzen wie die Weinraute (Ruta graveolens) und der Buchweizen (Fagopyrum esculentum). Durch eine Interaktion mit dem plättchenaktivierenden Faktor (PAF) fördert Ginkgo (Ginkgo biloba) die Durchblutung. Ginkgo hat auch neuroprotektive Eigenschaften. Diese können sich positiv auf mögliche degenerative Prozesse der Hörbahn auswirken. Rosmarin (Rosmarinus officinalis) wirkt über seine campherhaltigen ätherischen Öle durchblutungsfördernd. Er ist besonders bei Patienten mit niedrigem Blutdruck eine Option.

Eine einfache Teekomposition kann hergestellt werden aus zwei Teilen Buchweizenkraut und je einem Teil Augentrostkraut, Braunwurzwurzel und Baldrianwurzel. Wer gerne zu Fertigpräparaten greift, ist beim nachlassenden Hörvermögen mit Ginkgo- und Rutin-Präparaten gut bedient.

HP Sebastian Vigl
Heilpraktiker Wanitschek & Vigl
Nansenstr. 31
12047 Berlin
E-Mail: info@sebastianvigl.de


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3 Ozontherapie: Durchblutung verbessern

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In vielen Fällen geht nachlassendes Hörvermögen mit einer verminderten Durchblutung im fortgeschrittenen Alter einher. Hier bietet die Ozontherapie in Form der großen Eigenblutbehandlung (GEB) einen idealen Behandlungsansatz. Sie verbessert die Sauerstoffversorgung des Gewebes, den Zellstoffwechsels und die Durchblutung.

Die GEB durchführen

Man benötigt einen Ozongenerator und steriles Einwegmaterial. Nach der Punktion einer Vene entnimmt man 50–100 ml Blut. Dieses hemmt man in der Gerinnung durch Zugabe von 10 ml zur Ozontherapie zugelassenem Natriumcitrat. Anschließend bringt man das Blut über ein Infusionsset in eine sterile Vakuumflasche und reichert sie dort mit Ozon an (Aktivierung des Blutes). Dann erfolgt die sofortige Reinfusion des angereicherten Blutes. In meiner Praxis besteht die Möglichkeit, das Blut bei der Entnahme und Reinfusion mit einem speziell dafür vorgesehenen Farblaser zu bestrahlen. Ich nutze hier das Farbspektrum der bekannten Farblichttherapie. Zum Einsatz kommt vor allem der Rotlichtlaser, um eine zusätzliche Aktivierung des Blutes zu erreichen.

Man sollte die Behandlung zu Beginn 2-mal wöchentlich durchführen.

10 Behandlungen in Serie sind sinnvoll. Da man die Durchblutung verbessern will, sollte die Behandlung mit einer niedrigen Dosis Ozon pro ml beginnen (11 μg/ml) und schrittweise bis auf 27 μg/ml gesteigert werden (11, 11, 13, 15, 17, 19, 21, 23, 25, 27).

Ältere Menschen haben oft sehr gut sichtbare und große, aber sehr harte Venen. Diese neigen dazu, bei der Punktion zu kollabieren. Um die Venen wieder elastisch zu machen, empfehle ich den Einsatz der Borthim Mineralstoff-Creme Nr. 5 (Fa. Orthim). Es handelt sich um eine Mineralstoffmischung speziell für die Venen. Man cremt die Haut über der Vene 2 × tgl. ein. Nach 2–3 Wochen sind die Venen in der Regel wieder elastisch und schön zu punktieren. Bei schwer zu findenden Venen ist auch eine Darmbegasung möglich, die von der Wirkung her der großen Eigenblutbehandlung gleicht.

HP Hansjürgen Helbing
Birkenweg 1a
06846 Dessau
E-Mail: heilpraktikerhelbing@gmx.de


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4 Osteopathie: Zirkulation und Lymphfluss unterstützen

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Störungen der Zirkulation oder ein gestauter Lymphabfluss im Bereich des Schädels können die Hörleistung mindern. Osteopathische Techniken können wie folgt helfen.

Arterielle Zirkulation

Die Zirkulation über die zuführenden Gefäße kann man verbessern, indem man vor allem die bindegewebigen Aufhängungen des Atlas behandelt. Das entspannte Bindegewebe gibt den Gefäßen Raum, sich zu entfalten. Denn werden Gefäße auch nur leicht eingeengt, ändert sich der Gefäßwiderstand so stark, dass die Zirkulation eingeschränkt ist.


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Venöse Zirkulation

Für die Verbesserung der venösen Zirkulation sollte man sich bei der Behandlung auf das Foramen jugulare fokussieren. Zentral liegende myofasziale Strukturen, die von unten an der Schädelbasis ansetzen, haben eine indirekte Wirkung auf die venösen Passagen durch die Schädelbasis. Auch hier gilt es, den Zug der bindegewebigen Anteile zu lockern. Eine Behandlung des Sphenobasilargelenks kann hilfreich sein. Die Temporal-Roll-Technik aus der Kraniosakralen Osteopathie ist ebenfalls eine erfolgversprechende Behandlungsmöglichkeit.

Zu berücksichtigen sind weiterhin verkürzte Strukturen des Schlunds und des Mediastinums sowie viszerale Probleme des Abdomens und veränderte Beckenbodenverhältnisse. Diese wirken sich negativ auf die Position der Halswirbelsäule und daraus resultierend auf die Beanspruchung des Sphenobasilargelenks aus. Ein ständiger Zug von kaudal über das Abdomen auf das Mediastinum führt zu einer Hyperkyphose der BWS und Hyperlordose der HWS (Witwenbuckel). Es lohnt sich ein genauer Blick auf diese Strukturen.


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Lymphfluss fördern

Die lymphatische Entstauung findet vor allem über Techniken auf das Sternum, zum Beispiel die Recoil-Technik, statt. Hierbei drückt man das Sternum (Patient in Rückenlage) in der Exspiration nach dorsal und hält es in der Inspiration. Dies wiederholt man zwei- bis dreimal, um dann bei der forcierten Inspiration plötzlich loszulassen. Das Aufschnellen des Brustkorbs bewirkt, dass die Lymphe von der Peripherie in Richtung Herz gesogen wird.

HP Christian Blumbach
Sterkrader Str. 10
47166 Duisburg
E-Mail: info@blumbach.de

Dieser Artikel ist online zu finden:
http://dx.doi.org/10.1055/s-0043-114698


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