Pneumologie 2017; 71(09): 560-561
DOI: 10.1055/s-0043-111819
Pneumo-Fokus
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Der Bauernhof-Effekt: Einfluss auf Lungenfunktion und Allergierisiko

Campbell B. et al.
The effects of growing up on a farm on adult lung function and allergic phenotypes: an international population-based study.

Thorax 2017;
72: 236-244
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Publication History

Publication Date:
31 August 2017 (online)

 

Aus vergangenen Studien weiß man, dass eine Kindheit auf dem Land sowie der Kontakt mit möglichst vielen Keimen einen positiven Einfluss auf die Lungenfunktion und auf das Allergierisiko haben. Nun konnten Forscher aus 14 Ländern in einer großangelegten Studie zeigen, dass sowohl eine Kindheit auf dem Bauernhof als auch eine frühe Betreuung in der Kita oder anderen Einrichtungen Allergien und einem überempfindlichen Bronchialsystem entgegenwirken.


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Die Studie „European Community Respiratory Health Survey II“ beschäftigte sich u. a. mit der Häufigkeit, den Risikofaktoren und den Therapieoptionen für Asthma, Allergien und Atemwegssymptomen im Rahmen von weltweiten prospektiven Kohortenstudien an Erwachsenen. Die Arbeitsgruppe der hier genannten Publikation befasste sich mit dem frühkindlichen Ort des Aufwachsens und dessen Einfluss auf Lungenfunktion, bronchiale Hyperreagibilität, atopische Sensibilisierung, Asthma und allergische Rhinitis. Dazu untersuchten die Forscher 10 201 Teilnehmer aus 14 Ländern im Alter von 26 bis zu 54 Jahren. In die Analyse ging der Ort des Aufwachsens (Bauernhof, ländliche Gegend oder Stadtgebiet) bis zum fünften Lebensjahr ein. Außerdem wurde mithilfe der folgenden Fragen ein sogenannter „Biodiversity score“ ermittelt:

  • Gab es einen frühkindlichen Kontakt zu Katzen und/oder Hunden?

  • Fand eine frühe Betreuung in der Kita oder anderen Einrichtungen statt?

  • Gab es ältere Geschwister und wurde das Kinderzimmer geteilt?

Ergebnisse

Verglichen zu Stadtkindern ging der frühkindliche Einfluss eines Bauernhofs mit weniger atopischen Sensibilisierungen (adjustierte OR: 0,46; 95 %-KI 0,37 – 0,58), bronchialer Hyperreagibilität, Asthma und Rhinitis einher. Dieser Effekt war für nicht atopische Reaktionen jedoch nicht gegeben. Auch das Aufwachsen auf dem Land wirkte Allergien entgegen, allerdings weniger stark ausgeprägt als beim Bauernhof. Frauen, die auf einem Bauernhof aufwuchsen, hatten eine bessere Lungenfunktion als diejenigen aus den anderen Gruppen, und zwar unabhängig von allergischen Sensibilisierungen und Asthma. Insgesamt galt auch für Stadtkinder, dass neben dem Vorhandensein von Tieren und Geschwistern eine frühe Betreuung in einer Kita oder Krippe mit weniger allergischen Sensibilisierungen assoziiert war.

Fazit

Je bunter durcheinander, desto besser: Laut dieser Studie schwächt eine frühkindliche Nähe zu Keimen die Allergieneigung ab. Dies galt sowohl für Asthma und Allergien als auch für ein überempfindliches Bronchialsystem. Vor diesem Hintergrund profitieren auch Stadtkinder, wenn sie mit Haustieren und/oder mehreren Geschwistern aufwuchsen, so die Autoren.

Dr. rer. nat. Marion Rukavina, Berlin

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Eine Kindheit auf dem Bauernhof vermindert das Risiko für atopische Sensibilisierungen, Asthma und bronchiale Überempfindlichkeit. Aber auch Stadtkinder profitieren von einer Nähe zu Tieren und anderen Kindern. Bildnachweis: ccvision.

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Eine Kindheit auf dem Bauernhof vermindert das Risiko für atopische Sensibilisierungen, Asthma und bronchiale Überempfindlichkeit. Aber auch Stadtkinder profitieren von einer Nähe zu Tieren und anderen Kindern. Bildnachweis: ccvision.