Aktuelle Dermatologie 2017; 43(06): 224-226
DOI: 10.1055/s-0043-109285
Derma-Fokus
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Doxycyclin statt Prednisolon beim bullösen Pemphigoid: pragmatische Alternative

Williams HC. et al.
Doxycycline versus prednisolone as an initial treatment strategy for bullous pemphigoid: a pragmatic, non-inferiority, randomised controlled trial.

Lancet 2017;
389: 1630-1638
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
09. Juni 2017 (online)

 

Für mehr als 50 Jahre bestand die Standardbehandlung für das bullöse Pemphigoid in oralem Prednisolon. Als Alternative hat ein britisch-deutsches Forschungsteam jetzt Doxycyclin untersucht. Das hat die Erwartungen erfüllt: Es ist nicht so (schnell) wirksam wie Prednisolon, hat dafür aber auch deutlich weniger schwere Nebenwirkungen.


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Das bullöse Pemphigoid ist die häufigste blasenbildende Autoimmunerkrankung der Haut. Typisch sind Autoantikörper gegen Strukturproteine an der Zone zwischen Dermis und Epidermis, die zum Anheben der Epidermis führen. Die Erkrankung tritt vorwiegend bei älteren Menschen auf und hat einen chronisch-progressiven Verlauf.

Mehr als 50 Jahre lang war die Standardbehandlung orales Prednisolon – wirksam, aber mit erheblichen Nebenwirkungen, und die optimale Dosierung ist bis heute nicht bekannt. Besser in punkto Morbidität und Mortalität schneidet die Ganzkörperanwendung hochpotenter topischer KortiKoide ab – bei guter Wirksamkeit. Das tägliche Eincremen ist allerdings aufwändig und für Patienten, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, nur mit fremder Hilfe möglich. Die Langzeitapplikation topischer Kortikoide hat außerdem erheblichen Einfluss auf die Hautstruktur – und ein Teil der Dosis wird über die Haut systemisch aufgenommen.

Geringere Effektivität akzeptiert

Auf der Suche nach Alternativen hat ein britisch-deutsches Forschungsteam Doxycyclin ins Visier genommen: ein Antibiotikum, das wegen seiner antiinflammatorischen Eigenschaften bereits früher beim bullösen Pemphigoid angewendet wurde, dessen Effektivität hierfür jedoch bisher praktisch nicht systematisch untersucht wurde. Wahrscheinlich, so die Forscher, ist Doxycyclin nicht so effektiv wie Prednisolon, dafür hat es vermutlich weniger (Langzeit-)Nebenwirkungen. In einer Umfrage unter britischen Dermatologen waren die meisten bereit, eine Therapie zu akzeptieren, die 25 % weniger Blasenreduktion als unter Prednisolon bietet, wenn dafür mindestens 20 % weniger schwere Nebenwirkungen auftreten.

Ähnliche Ansprüche musste das Doxycyclin in der aktuellen Studie erfüllen: Es durfte bis zu 37 % weniger effektiv sein (Anteil der Patienten mit höchstens drei Blasen nach 6 Wochen), sollte dafür aber weniger schwere Nebenwirkungen haben. 132 Patienten bekamen randomisiert Doxycyclin (200 mg täglich), 121 Prednisolon (0,5 mg/kg täglich). Die Teilnehmer waren größtenteils recht betagt (Durchschnittsalter 77,7 Jahre), mehr als zwei Drittel hatten ein mäßiges bis schweres bullöses Pemphigoid.


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… für weniger (schwere) Nebenwirkungen

Von jenen, die mit Doxycyclin starteten, hatten nach 6 Wochen 74 % drei Blasen oder weniger, in der Prednisolon-Gruppe waren es 91 %. Innerhalb von 52 Wochen traten lebensbedrohliche Nebenwirkungen bei 18 % bzw. 36 % der Patienten auf (p = 0,001).

Anforderungen erfüllt, befindet das Forschungsteam. Wegen der nicht optimalen Kurzzeit-Wirkung von Doxycyclin schlägt es vor, in künftigen Studien kurzzeitig allen Patienten eine topische oder systemische Kortikoidtherapie zukommen zu lassen und erst danach zu randomisieren – in eine Erhaltungstherapie mit Doxycyclin, Kortikosteroiden oder anderen Immunsuppressiva wie beispielsweise Methotrexat.

Fazit

Die Studie belegt einen positiven Effekt von Doxycyclin zur Therapie des bullösen Pemphigoids als Teil einer Langzeitbehandlung. Doxycyclin ist nicht so effektiv wie orales Prednisolon, hat dafür aber deutlich weniger schwere Nebenwirkungen. Es ist deshalb eine Alternative zur Kortikoidtherapie, besonders wo deren topische Anwendung nicht möglich ist. Anhand der jetzt vorliegenden Erkenntnisse können Patient und Arzt eine Entscheidung für eines der verfügbaren Therapieregimes treffen.

Dr. Nina Drexelius, Hamburg


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