TumorDiagnostik & Therapie 2017; 38(05): 277
DOI: 10.1055/s-0043-103991
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Welche Frauen lehnen die adjuvante Bestrahlung bei Endometriumkarzinom ab?

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Publication Date:
08 June 2017 (online)

Hintergrund Bei Endometriumkarzinom mit auf den Uterus beschränkter Erkrankung und niedrigem Risikoprofil ist der Stellenwert einer adjuvanten Radiotherapie nicht gesichert. Das gilt sowohl für die externe Bestrahlung als auch für die vaginale Brachytherapie. Allerdings scheint die Lokalrezidivrate ohne Bestrahlung höher zu liegen, sodass Onkologen oft eine adjuvante Radiatio empfehlen. Patientinnen folgen dieser Empfehlung allerdings nicht immer. Koskas et al. untersuchten Prädiktoren für die Ablehnung einer Radiotherapie in diesem Kontext.

Methoden Die Wissenschaftler zogen für ihre retrospektive Auswertung die Datenbank SEER (Surveillance, Epidemiology, and End Results) des US-amerikanischen National Cancer Institute heran. Darin suchten sie zunächst nach allen Frauen, die zwischen 1988 und 2012 wegen eines endometrioiden Endometriumkarzinoms Stadium I oder II nach FIGO operiert worden waren. Aus der Gesamtgruppe von mehr als 84 000 Patientinnen suchten sie im nächsten Schritt nach Frauen, denen eine adjuvante Bestrahlung empfohlen worden war (n = 16 014) und unterschieden hier die Gruppe, die sich hatte bestrahlen lassen, von der, die die Nachbestrahlung abgelehnt hatte. Der Gruppe ohne Bestrahlung wurde im Verhältnis 2:1 eine Kontrollgruppe gegenübergestellt, gematcht im Hinblick auf demografische Faktoren, Tumorgröße und intraoperatives Vorgehen (Lymphadenektomie ja / nein), die die Bestrahlung hatte durchführen lassen.

Koskas et al. bestimmten mittels multivariater Regressionsanalyse Faktoren, die unabhängig mit der Entscheidung gegen eine adjuvante Radiatio verknüpft waren, und verglichen außerdem krankheitsspezifische und Gesamtüberlebensraten.

Ergebnisse 1580 Frauen waren nachbestrahlt worden, davon 43,6 % über externe Felder, 35,0 % über eine Brachytherapie und 21,4 % mit einer Kombination beider Verfahren. 434 Patientinnen hatten dagegen die Bestrahlung abgelehnt (2,7 %). Sie waren im Vergleich zur Kontrollgruppe älter (Odds Ratio [OR] 1,04 / Jahr), seltener verheiratet (OR 0,71), ihre Diagnose lag weniger lange zurück (OR 2,07 bei Diagnose in den Jahren 2010 – 2012 vs. frühere Zeiträume), und das Karzinom hatte seltener das Zervixstroma beteiligt (OR 0,58).

Dabei war die karzinomspezifische 5-Jahres-Überlebensrate bei den bestrahlten Frauen mit 95,7 vs. 88,9 % zwar signifikant höher, die Gesamtsterblichkeit allerdings war vergleichbar: Nach 5 Jahren lebten noch 76,4 % der Frauen in der nicht bestrahlten und 83,7 % der Frauen in der bestrahlten Gruppe (p = 0,23).

Zoom Image
Etwa 8000 Frauen erkranken in Deutschland pro Jahr an einem Ovarialkarzinom. Als Standard gilt die operative Tumorentfernung mit adjuvanter Chemotherapie. Ob eine neoadjuvante, dosisdichte Paclitaxel-Gabe die Prognose der Überlebenszeit verbessern kann, bleibt zu untersuchen (Symbolbild).
Fazit

Diese Daten geben Medizinern Informationen an die Hand, die bei der Aufklärung von Frauen zu einer adjuvanten Nachbestrahlung bei Endometriumkarzinom mit geringem Risiko hilfreich sein könnten, meinen die Verfasser. Weiterhin könnten die Überlebensdaten auch die behandelnden Ärzte beruhigen, wenn Patientinnen die Bestrahlung ablehnen: Zwar liegen die Rezidivraten und Todesfälle durch das Karzinom nach Bestrahlung niedriger, die Gesamtüberlebensraten als patientenrelevantes Outcome dagegen sind unabhängig von der Radiatio.

Dr. Elke Ruchalla, Bad Dürrheim